Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Mai 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 138/00

(BPatG: Beschluss v. 09.05.2000, Az.: 27 W (pat) 138/00)

Tenor

1. Die Beschwerde wird verworfen.

2. Die Beschwerdegebühr ist an den Beschwerdeführer zurückzuzahlen.

Gründe

I Der Beschwerdeführer hat im Jahr 1996 eine Marke (Wort-Bild-Marke "PFP") angemeldet, die im Januar 1997 eingetragen worden ist. Die Eintragung wurde am 10. April 1997 veröffentlicht. Innerhalb der bis zum 10. Juli 1997 laufenden Widerspruchsfrist sind zwei Widersprüche eingegangen, die jedoch von der Markenstelle nicht beachtet wurden. Statt dessen ist am 27. August 1997 dem Anmelder mitgeteilt worden, daß kein Widerspruch eingegangen sei; das Verfahren ist dann durch die Markenstelle abgeschlossen worden. Auf eine Nachfrage der Widersprechenden hin ist der Markeninhaber im Juli 1999 von dem Irrtum der Markenstelle und seiner Berichtigung unterrichtet worden; gleichzeitig wurde die Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens angekündigt. Hiergegen hat der Markeninhaber am 19. Juli 1999 "Protest" eingelegt, wobei er ua ausführt, er habe sich auf die Mitteilung vom Abschluß des Eintragungsverfahrens verlassen und im Vertrauen hierauf erhebliche Aufwendungen getätigt. Etwas später, im August 1999, hat er dies nochmals bekräftigt und "besonders auch wegen der Fristenunstimmigkeiten" um baldigen Bescheid gebeten. Mit Beschluß vom 30. September 1999, per Einschreiben an den Markeninhaber am 12. Oktober 1999 abgesandt, hat die Markenstelle durch einen Beamten des höheren Dienstes den "Protest" des Markeninhabers vom 19. Juli 1999 gegen die im Bescheid vom 14. Juli 1999 mitgeteilte Berichtigung im Markenblatt zurückgewiesen und festgestellt, daß die Widersprüche nicht durch Zeitablauf unwirksam geworden seien. Dieser Beschluß ist - nach Auskunft des Markeninhabers - am 15. Oktober 1999 in seinem Betrieb zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1999, eingegangen am 9. Dezember, hat der Markeninhaber mitgeteilt, daß wegen geschäftlicher Aktivitäten in Südeuropa ihm der Bescheid erst jetzt persönlich zugegangen sei, und um Verlängerung der Beschwerdefrist gebeten. Nach einem telefonischen Hinweis der Markenstelle hat er am 14. Dezember 1999 (Eingang 17. Dezember 1999) unter Zahlung der Beschwerdegebühr um Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist gebeten. Zur Begründung ist angeführt, daß er als Kleinunternehmer ohne Anwalt arbeite und vom 12. Oktober bis zum 5. Dezember 1999 geschäftlich in Spanien und Portugal unterwegs gewesen sei, was er auch belegen könne. Daher sei er nicht imstande gewesen, die Beschwerdefrist wahrzunehmen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist unzulässig, da sie verspätet eingelegt worden ist (MarkenG § 66 Abs 2). Der angefochtene, am 12. Oktober 1999 abgesandte Beschluß ist dem Markeninhaber am 15. Oktober 1999 in seinem Betrieb zugegangen (MarkenG § 94, VwZG § 4), wobei es unerheblich ist, ob die Sendung den Markeninhaber an diesem Tag persönlich erreicht hat (vgl zB Schulte, Patentgesetz, 5. Aufl, § 127 Rdn 27).

Die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist (MarkenG § 91) konnte nicht gewährt werden, da die - wegen längerer geschäftlicher Abwesenheit - erst im Dezember 1999 erlangte verspätete Kenntnis von diesem Beschluß nicht als unverschuldet iSd genannten Vorschrift angesehen werden kann. Die Rechtsprechung (vgl zB Benkard, Patentgesetz, 8. Aufl, § 123 Rdn 41 mwN; BGH VersR 1995, 310; 1983, 1082; 1979, 231 und 573; 1975, 344; BFH DB 1982, 836) geht grundsätzlich davon aus, daß bei längerer Ortsabwesenheit vom Betroffenen Vorkehrungen zu treffen sind, daß prozessuale Fristen (trotz Abwesenheit) eingehalten werden können; dies ist besonders dann erforderlich, wenn damit gerechnet werden konnte, daß ein behördliches Schreiben eingehen könnte. Das ist hier der Fall, weil der Markeninhaber nach seinem "Protest" vom Juli 1999 und der nachfolgenden Bitte um baldigen Bescheid (vom August 1999) durchaus ein Tätigwerden des Patentamts in nächster Zeit erwarten mußte.

Der Senat weist jedoch darauf hin, daß die (sonach nicht zu gewährende) Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist dem Markeninhaber sachlich keine andere Position würde verschaffen können, die eingelegte Beschwerde müßte als (in der Sache) unbegründet angesehen werden. Denn ein Widerspruch gegen eine Markeneintragung wird - wie dies auch die Markenstelle richtig ausgeführt hat - nicht durch Zeitablauf hinfällig. Selbst wenn hier der Grund für diesen Verfahrensverlauf ausschließlich beim Patentamt zu suchen ist, das fälschlicherweise das Verfahren für abgeschlossen erklärt hatte (obgleich noch die Entscheidung über zwei Widersprüche ausstand), kann das - in einem zweiseitigen Verfahren - nicht dazu führen, daß nunmehr (auch) der Gegner (dh der Widersprechende) einen Nachteil erleiden müßte. Durch das Fehlverhalten des Patentamts sind auch nicht etwa irreversible Tatsachen entstanden, die von Gesetzes wegen nicht mehr geändert werden könnten. Vielmehr richten sich die beiden Widersprüche (auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch) gegen die eingetragene Anmeldemarke, weshalb auch im derzeitigen Verfahrensstadium (trotz langem Zeitablauf) darüber entschieden werden kann und muß. In diesem Verfahren wird der Markeninhaber Gelegenheit haben, zur Sache - dh zu den eingelegten Widersprüchen - Stellung zu nehmen. Trotz der Erfolglosigkeit der vorliegenden Beschwerde bleibt ihm diese Möglichkeit selbstverständlich unbenommen.

Die Beschwerde war nach allem zu verwerfen.

Anlaß zur Einlegung dieser Beschwerde hat letztlich das Verhalten des Patentamts gegeben, das dem Markeninhaber irrtümlicherweise mitgeteilt hatte, es seien keine Widersprüche eingegangen. Es entspricht sonach der Billigkeit, dem Beschwerdeführer die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen (MarkenG § 71 Abs 3).

Hellebrand Viereck Albert Ko






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Beschluss v. 09.05.2000
Az: 27 W (pat) 138/00


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