Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. August 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 62/01

(BPatG: Beschluss v. 13.08.2002, Az.: 33 W (pat) 62/01)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist gegen die - am 9. April 1998 veröffentlichte - Eintragung der Marke 397 55 738 DICNET für die Waren

"Klasse 7: Verpackungsmaschinen;

Klasse 9: elektronische Steuerungen, Datenverarbeitungsgeräte, Computer"

vom 5. März 1998 auf Grund der für die Waren und Dienstleistungen

"EDV-Anlagen und Telekommunikationssysteme; Analyse und Beratung für die Anschaffung von EDV-Anlagen und Telekommunikationssystemen; Installation, Betreuung und Wartung von EDV-Anlagen und Telekommunikationssystemen; Entwicklung und Programmierung von Anwendersoftware; Schulung und Betreuung von Anwendern von EDV-Anlagen und Telekommunikationssystemen"

am 17. August 1995 eingetragenen Marke 394 07 731 Diginet Widerspruch erhoben worden, und zwar beschränkt auf die Waren der Klasse 9 der angegriffenen Marke.

Die Markenstelle für Klasse 7 hat den Widerspruch durch den von einem Hilfsmitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 11. Juli 2000 gemäß §§ 9 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, die beiderseitigen Waren seien zwar teils identisch und teils zumindest hochgradig ähnlich. Der Widerspruchsmarke könne aber nur ein äußerst geringer Schutzumfang zugebilligt werden. Daher genügten bereits geringste Abweichungen der jüngeren Marke, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Der schriftbildliche und klangliche Gesamteindruck beider Marken sei deutlich verschieden.

Die Widersprechende hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, der Widerspruchsmarke komme zumindest normale Kennzeichnungskraft zu. Die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit lehne sich an keine dem Verkehr verständliche Angabe an, vielmehr handele es sich um eine reine Phantasiebezeichnung. Für eine Zergliederung des Phantasiewortes in die Bestandteile "Digi" und "net" bestehe für den Durchschnittsverbraucher kein Anlaß. Die sich gegenüberstehenden Marken seien wegen ihrer Gemeinsamkeiten schriftbildlich hochgradig ähnlich und klanglich nahezu identisch.

Sie beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang der Waren "elektronische Steuerungen, Datenverarbeitungsgeräte, Computer" anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt konkludent, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie stelle seit Jahrzehnten "elektronische Steuerungen" her, bei denen es sich nicht um Computer handele. Es liege kein Grund vor, die angegriffene Marke für "elektronische Steuerungen" zu löschen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet.

Der Senat muß - insoweit ebenso wie die Markenstelle des Patentamts - feststellen, daß eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der jüngeren Marke 397 55 738 "DICNET" im angegriffenen Umfang und der Widerspruchsmarke "Diginet" (394 07 731) nicht gegeben ist. Die Markenstelle hat den Widerspruch somit im Ergebnis zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Da sich der Widerspruch ausdrücklich nur gegen die Waren der Klasse 9 der angegriffenen Marke richtet, wie die Markenstelle anscheinend übersehen hat, ist der Beschwerdegegenstand dementsprechend beschränkt.

Die umfassende, alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Beurteilung der Verwechslungsgefahr beruht auf der Würdigung aller in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander; so kann unter Umständen ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Marken durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Waren ausgeglichen werden (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA).

Die Waren "elektronische Steuerungen, Datenverarbeitungsgeräte, Computer" der angegriffenen Marke und die Waren "EDV-Anlagen und Telekommunikationssysteme" der Widerspruchsmarke sind teilweise identisch und können im übrigen sehr ähnlich sein. Einer genaueren Bestimmung des Warenähnlichkeitsgrades bedarf es im vorliegenden Fall nicht, weil der Senat hier zu Gunsten der Widersprechenden zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr von Warenidentität ausgeht.

Der Auffassung der Widersprechenden, die Widerspruchsmarke besitze bereits ursprünglich normale Kennzeichnungskraft, vermag auch der Senat allerdings nicht zu folgen. Vielmehr bewertet der Senat - ebenso wie schon die Markenstelle - die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als äußerst gering (vgl dazu: BGH MarkenR 2001, 307, 309 f - CompuNet/ComNet). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Bezeichnung "Diginet" - insbesondere hinsichtlich "Telekommunikationssystemen" - um eine glatt beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt. Jedenfalls fassen die angesprochenen Verkehrskreise - in erster Linie Fachleute, Unternehmen und gewerbliche Betriebe, aber auch das breite Publikum - den Ausdruck "Diginet" ohne weiteres lediglich als fachsprachlich üblich gebildetes Kurzwort für "digitales Netz" auf und sehen darin regelmäßig einen offensichtlich beschreibenden Hinweis. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart abzustellen ist (vgl EuGH aaO Ez 25, 26 - Lloyd; EuGH Urteil vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C-299/99 Philips./.Remington, Ez 63). Das Bestimmungswort "Digi-" für "digital" ist in Wortverbindungen schon seit längerer Zeit gebräuchlich und allgemein geläufig (vgl zB BPatG Mitt 1989, 94, 95 - DIGIPHON; Beschluß des Senats vom 19. Februar 2002 - 33 W (pat) 328/01 - digiMedia). Anhaltspunkte, die für eine Stärkung der Kennzeichnungskraft sprechen könnten, hat die Widersprechende nicht vorgetragen.

Da der Widerspruchsmarke auf Grund der geringen Kennzeichnungskraft nur ein sehr eingeschränkter Schutzumfang zukommt, reichte trotz Warenidentität an sich schon eine kleinere erkennbare Abweichung der jüngeren Marke, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die angegriffene Marke "DICNET" hält von der Widerspruchsmarke "Diginet" allerdings sogar einen darüber hinausgehend deutlichen Abstand ein.

Schriftbildlich erscheinen die Unterschiede in der Wortmitte - bei Groß- oder Kleinschreibweise gleichermaßen - durchaus auffällig und unübersehbar. Auch klanglich ergeben die abweichende Vokalfolge und Silbenzahl einen markant andersartigen Gesamteindruck (vgl auch zB BGH aaO S 310 - CompuNet/ComNet). Im übrigen trägt der leicht verständliche und merkfähige Sinngehalt der Widerspruchsmarke "Diginet", insbesondere ihr Bestandteil "Digi", dazu bei, Verwechslungen mit der angegriffenen Marke "DICNET" zu verhindern.

III Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Winkler Dr. Hockv. Zglinitzki Cl






BPatG:
Beschluss v. 13.08.2002
Az: 33 W (pat) 62/01


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