Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Dezember 2009
Aktenzeichen: 8 W (pat) 354/05

(BPatG: Beschluss v. 10.12.2009, Az.: 8 W (pat) 354/05)

Tenor

Das Patent 101 01 255 wird mit folgenden Unterlagen gemäß Hauptantrag beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung, korrigierte Seite 2, eingereicht am 16. November 2009, korrigierte Seite 3, eingereicht am 8. Februar 2007, und Seiten 4 bis 7 gemäß Patentschrift sowie 4 Seiten Zeichnungen, Figuren 1 bis 4 gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Das Patent 101 01 255 mit der Bezeichnung "Extruderantriebsvorrichtung" wurde am 12. Januar 2001 unter Inanspruchnahme der Unionspriorität (P2000-006997, JP) beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet. Mit Beschluss vom 17. Januar 2005 wurde das Patent erteilt, die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 23. Juni 2005.

Jeweils am 22. September 2005 haben die Firmen R... AG in A...

Einsprechende 1 und F... AG in B... Einsprechende 2 Einspruch erhoben.

Beide Einsprechenden stützen sich dabei insgesamt auf folgende Druckschriften:

D1: DE 197 36 549 A1 (seitens der Einsprechenden 2 wurde die entsprechende Patentschrift DE 197 36 549 C2 genannt)

D2: DE 198 24 866 A1 (seitens der Einsprechenden 2 wurde versehentlich DE 198 24 886 A1 genannt)

D3: EP 0 716 914 B1.

Die D2 und die zur Familie der D1 gehörende JP 11-115035 AA waren bereits im Prüfungsverfahren herangezogen worden.

Die Einsprechende 1 hat in ihrer Einspruchsbegründung mit Eingang vom 22. September 2005 ausgeführt, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der DE 197 36 549 C2 (D1) nicht neu und somit das Patent zu widerrufen sei. Die Einsprechende 2 hat ihren Einspruch insbesondere auf die Entgegenhaltungen DE 198 24 866 A1 (D2) und DE 197 36 549 C2 (D1) gestützt und die Auffassung vertreten, das Streitpatent sei aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der beiden Einsprechenden widersprochen. Sie hat im Hinblick auf die Definition des Begriffs "Geschwindigkeitswechselgetriebe" am 30. Juli 2007 noch ein Dokument D4: Kopie des Auszugs der Internationalen Patentklassifikation, IPC7, Bd. 6, Sektion F, Seiten 82, 88 und 89 mit Gültigkeit ab dem 1.1.2000 eingereicht.

Sie verteidigt das Patent zuletzt mit den in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009 vorgelegten Patentansprüchen 1 bis 9.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zum Antrieb eines Mehrwellenextruders, mit: einem Hauptmotor (4); einem Planetengetriebe (5), das durch den Hauptmotor (4) angetrieben wird und dessen Abtriebswelle (A) eine geringere Drehzahl aufweist als seine Antriebswelle (G); einem als Stirnradgetriebe ausgebildeten Geschwindigkeitswechselgetriebe (9) zur Änderung der von dem Planetengetriebe abgegebenen Drehzahl, das aus einem mit der Abtriebswelle (A) des Planetengetriebes (5) gekoppelten Antriebszahnrad (16) und einem mit einem Verteilergetriebe (8) verbundenen Abtriebszahnrad (17) besteht, wobei sich die Drehzahl durch Tausch des Antriebszahnrads (16) und des Abtriebszahnrads (17) gegen ein anderes Zahnradpaar mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis ändern lässt; mehreren parallel zueinander angeordneten Schneckenantriebswellen (6, 7), auf die die Abtriebskraft von dem Verteilergetriebe (8) verteilt wird und die an ihrem extruderseitigen Ende jeweils mit einer Kupplungseinheit (18) zur Verbindung mit einer Schnecke (2, 3) versehen sind; und Drucklagern (19, 20) zur Lagerung der Schneckenantriebswellen (6, 7) auf der dem Extruder entgegengesetzten Seite."

Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 7 lautet:

"Vorrichtung zum Antrieb eines Mehrwellenextruders, mit: einem Hauptmotor (4); einem Planetengetriebe (5), das durch den Hauptmotor (4) angetrieben wird und dessen Abtriebswelle (A) eine geringere Drehzahl aufweist als seine Antriebswelle (G) und das ein drehbares, innenverzahntes Hohlrad (15) und einen Drehmomenteingabeabschnitt auf seinem Außenumfang umfasst, wobei das Hohlrad (15) mit sämtlichen Planetenrädern (13) in Eingriff zu bringen ist und der Drehmomenteingabeabschnitt mit einem Hilfsantriebsmechanismus (10) verbunden ist, um unabhängig von dem Hauptmotor (4) eine Antriebskraft auf das Planetengetriebe (5) aufzubringen; einem als Stirnradgetriebe ausgebildeten Geschwindigkeitswechselgetriebe (9) zur Änderung der von dem Planetengetriebe abgegebenen Drehzahl, das antriebsseitig mit dem Planetengetriebe (5) und abtriebsseitig mit einem Verteilergetriebe (8) verbunden ist; mehreren parallel zueinander angeordneten Schneckenantriebswellen (6, 7), auf die die Abtriebskraft von dem Verteilergetriebe (8) verteilt wird und die an ihrem extruderseitigen Ende jeweils mit einer Kupplungseinheit (18) zur Verbindung mit einer Schnecke (2, 3) versehen sind; und Drucklagern (19, 20) zur Lagerung der Schneckenantriebswellen (6, 7) auf der dem Extruder entgegengesetzten Seite, wobei eine der mehreren Schneckenantriebswellen (6) durch das jeweilige Drucklager (19) hindurchgeht und antriebsseitig direkt mit dem Geschwindigkeitswechselgetriebe (9) verbunden ist und ihre Achse (B) mit der Achse (F) einer Ritzelwelle (35) des Hilfsantriebsmechanismus' (10) zusammenfällt."

Wegen der weiteren geltenden abhängigen Patentansprüche 2 bis 6 sowie 8 und 9 wird auf die Akten verwiesen.

Die Patentinhaberin trägt zu dem geltenden Patentanspruch vor, dass der nun vorliegende Patentgegenstand sowohl neu sei als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent gemäß Hauptantrag mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung Beschreibung, korrigierte Seite 2, eingereicht am 16. November 2009 und die am 8. Februar 2007 eingereichte korrigierte Seite 3, Seiten 4 bis 7 gemäß Patentschrift sowie 4 Seiten Zeichnungen, Figuren 1 bis 4 gemäß Patentschrift.

Die Einsprechenden 1 und 2 stellen jeweils den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Einsprechenden halten ihren Angriff auf das Streitpatent auch im Hinblick auf den geltenden Anspruchssatz aufrecht.

Die Einsprechende ist hinsichtlich des Patentanspruchs 1 der Auffassung, dass der Tausch eines Wechselgetriebes gegen ein anderes Wechselgetriebe ("Tausch des Antriebszahnrads (16) und des Abtriebszahnrads (17) gegen ein anderes Zahnradpaar mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis") kein gegenständliches Merkmal sei. Dieses Merkmal (bzw. Formulierung) sei lediglich eine "Anweisung an den menschlichen Geist" und die damit verbundene Lehre würde sich insofern als gedankliche Tätigkeit erschöpfen (PatG § 1 Abs. 3 Nr. 3). Überdies sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der geltenden Fassung nicht ursprungsoffenbart und gegenüber der D1 nicht neu. Zum Gegenstand des Patentanspruchs 7 führt die Einsprechende 1 weiter aus, dass dieser nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende 2 schließt sich den Ausführungen der Einsprechenden 1 an und führt zudem aus, dass die in der Aufgabenstellung aufgeführte Geräuschproblematik in der Realität kein Problem darstelle, sondern vielmehr die Schmierung sowie der Verschleiß der Zahnräder. Ein Fachmann würde ein derartiges Wechselgetriebe nicht "nachschalten".

II.

Über die Einsprüche, die nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 formund fristgerecht eingelegt worden sind, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG a. F. zu entscheiden, da die mit der Einlegung der Einsprüche begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren I und II; bestätigt durch BGH -Ventilsteuerung -GRUR 2009, 184 -185).

Die beiden Einsprüche sind substantiiert auf einen der Einspruchsgründe gemäß § 21 PatG gerichtet und daher zulässig. Sie sind insofern auch sachlich gerechtfertigt, als sie zur beschränkten Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents führen.

1. Der Patentgegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 betrifft eine Vorrichtung zum Antrieb eines Mehrwellenextruders mit den Hauptkomponenten Hauptmotor, Planetengetriebe, einer weiteren Getriebestufe, die als Geschwindigkeitswechselgetriebe in Form eines Stirnradgetriebes ausgebildet ist, mehreren parallel zueinander angeordnete Schneckenantriebswellen sowie Drucklagern zur Aufnahme der hohen axialen Druckkräfte. Das Sonnenrad des Planetengetriebes wird direkt (Ausführungsbeispiel 1, Fig. 1) oder indirekt (Ausführungsbeispiel 2, Fig. 4) über eine zwischengeschaltete Übersetzungsstufe ("Untersetzungsräder") durch den Hauptmotor angetrieben. Die Ausgangsdrehzahl des Planetengetriebes ist dabei niedriger als die Eingangsdrehzahl und soll dabei als "Hauptuntersetzung" dienen ([0015]).

Der Patentanspruch 1 lässt sich vorteilhaft durch Zuordnung zu diesen Hauptkomponenten in folgende Merkmale gliedern:

1. Die Vorrichtung dient zum Antrieb eines Mehrwellenextruders.

1.1 Die Vorrichtung weist einen Hauptmotor auf.

1.2 Die Vorrichtung weist ein Planetengetriebe auf.

1.2.1 Das Planetengetriebe wird durch den Hauptmotor angetrieben.

1.2.2 Die Abtriebswelle des Planetengetriebes weist eine geringere Drehzahl als seine Antriebswelle auf.

1.3 Die Vorrichtung weist ein Geschwindigkeitswechselgetriebe zur Änderung der von dem Planetengetriebe abgegebenen Drehzahl auf.

1.3.1 Das Geschwindigkeitswechselgetriebe ist als Stirnradgetriebe ausgebildet.

1.3.2 Das Geschwindigkeitswechselgetriebe besteht aus einem mit der Abtriebswelle des Planetengetriebes gekoppelten Antriebszahnrad.

1.3.3 Das Geschwindigkeitswechselgetriebe besteht aus einem mit einem Verteilergetriebe verbundenen Abtriebszahnrad.

1.3.4 Die Drehzahl des Geschwindigkeitswechselgetriebes lässt sich durch Tausch des Antriebszahnrads und des Abtriebszahnrads gegen ein anderes Zahnradpaar mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis ändern.

1.4 Die Vorrichtung weist mehrere parallel zueinander angeordnete Schneckenantriebswellen auf.

1.4.1 Auf die Schneckenantriebswellen wird die Abtriebskraft von einem Verteilergetriebe verteilt.

1.4.2 Die Schneckenantriebswellen sind an ihrem extruderseitigen Ende jeweils mit einer Kupplungseinheit zur Verbindung mit der Schnecke versehen.

1.5 Die Vorrichtung weist Drucklager zur Lagerung der Schneckenantriebswellen auf der dem Extruder entgegengesetzten Seite auf.

Der nebengeordnete Patentanspruch 7 lässt sich wie folgt gliedern:

7. Die Vorrichtung dient zum Antrieb eines Mehrwellenextruders.

7.1 Die Vorrichtung weist einen Hauptmotor auf.

7.2 Die Vorrichtung weist ein Planetengetriebe auf.

7.2.1 Das Planetengetriebe wird durch den Hauptmotor angetrieben.

7.2.2 Die Abtriebswelle des Planetengetriebes weist eine geringere Drehzahl als seine Antriebswelle auf.

7.2.3 Das Planetengetriebe umfasst ein drehbares, innenverzahntes Hohlrad.

7.2.3.1 Das Hohlrad ist mit sämtlichen Planetenrädern in Eingriff zu bringen.

7.2.3.2 Das Hohlrad umfasst auf seinem Außenumfang einen Drehmomenteingabeabschnitt.

7.2.3.2.1 Der Drehmomenteingabeabschnitt ist mit einem Hilfsantriebsmechanismus verbunden, um unabhängig von dem Hauptmotor eine Antriebskraft auf das Planetengetriebe aufzubringen.

7.3 Die Vorrichtung weist ein Geschwindigkeitswechselgetriebe zur Änderung der von dem Planetengetriebe abgegebenen Drehzahl auf.

7.3.1 Das Geschwindigkeitswechselgetriebe ist als Stirnradgetriebe ausgebildet.

7.3.2 Das Geschwindigkeitswechselgetriebe ist antriebsseitig mit dem Planetengetriebe verbunden.

7.3.3 Das Geschwindigkeitswechselgetriebe ist abtriebsseitig mit dem Verteilergetriebe verbunden.

7.4 Die Vorrichtung weist Drucklager zur Lagerung von Schneckenantriebswellen auf der dem Extruder entgegengesetzten Seite auf.

7.5 Die Vorrichtung weist mehrere parallel zueinander angeordnete Schneckenantriebswellen auf.

7.5.1 Auf die Schneckenantriebswellen wird die Abtriebskraft von dem Verteilergetriebe verteilt.

7.5.2 Die Schneckenantriebswellen sind an ihrem extruderseitigen Ende jeweils mit einer Kupplungseinheit zur Verbindung mit der Schnecke versehen.

7.5.3 Eine der mehreren Schneckenantriebswellen geht durch das jeweilige Drucklager hindurch.

7.5.3.1 Diese eine Schneckenantriebswelle ist antriebsseitig direkt mit dem Geschwindigkeitswechselgetriebe verbunden.

7.5.3.2 Ihre Achse fällt mit der Achse einer Ritzelwelle des Hilfsantriebsmechanismus' zusammen.

Bei der Vorrichtung nach Patentanspruch 7 ist somit der Austausch der Zahnräder gemäß Merkmal 1.3.4 des Anspruchs 1 nicht als Merkmal vorhanden. Unterschiedlich zum Patentanspruch 1 ist die Merkmalsgruppe 7.2.3, die das Planetengetriebe zur Einleitung der Antriebskraft eines Hilfsmotors über den Außenumfang des Hohlrads konkretisiert. Ebenso enthalten ist mit der Merkmalsgruppe 7.4.3 die Positionierung der einen Schneckenantriebswelle (Merkmale 7.4.3 und 7.4.3.2), die die Kraft über das Geschwindigkeitswechselgetriebe in das Verteilergetriebe einleitet.

Das Streitpatent will gemäß seiner Aufgabenstellung eine Extruderantriebsvorrichtung zur Verfügung stellen, bei der ein Geschwindigkeitswechselgetriebe in einer Position angeordnet sei, die es erlaube, dieses Getriebe "mit viel geringerer Drehzahl zu drehen". Dadurch würde der Geräuschpegel gesenkt und Schwierigkeiten durch Festfraß sicherer vermieden werden (Absatz [0009] des Streitpatents). Letzteres ergäbe sich dadurch, dass der Wert dn (d = Lagerinnendurchmesser, n = Drehzahl) des das jeweilige Zahnrad tragenden Lagers verringert werden würde (Abs. [0013]). Diese neuen Vorteile würden "entgegen den allgemeinen Grundsätzen" dadurch erreicht, dass das Geschwindigkeitswechselgetriebe zwischen dem Planetenund dem Verteilergetriebe vorgesehen sei (Abs. [0015]). Ein weiterer Vorteil ergäbe sich zudem durch die Möglichkeit eines derartigen Aufbaus, durch Ausbildung einer Schrägverzahnung der entsprechenden Zahnräder, die Last zumindest eines Drucklagers zu verringern. Damit könne ein kleineres Drucklager eingesetzt werden und folglich Größe und Kosten der Antriebsvorrichtung gesenkt werden (Abs. [0016] bis [0018]).

Die Analyse der Merkmale erfordert im Allgemeinen und insbesondere im Vergleich zum Stand der Technik eine Auslegung des Begriffs "Geschwindigkeitswechselgetriebe". Gemäß den Merkmalsgruppen 1.3 und 7.3 weisen die Vorrichtungen ein als Stirnradgetriebe ausgebildetes Wechselgetriebe auf, das ebenfalls eine Reduzierstufe für die Geschwindigkeit darstellt und zwischen dem Planetengetriebe und dem Verteilergetriebe angeordnet ist (Merkmale 1.3, 1.3.1, 1.3.2 und 1.3.3 sowie 7.3, 7.3.1, 7.3.2 und 7.3.3).

Aus der Streitpatentschrift selbst wird nicht ganz klar, was mit diesem Begriff gemeint ist. Einerseits ist in den Absätzen [0011] und [0035] der Streitpatentschrift gesagt, dass "... zwischen dem Planetengetriebe und dem Verteilergetriebe ein Geschwindigkeitswechselgetriebe zur Anpassung der Drehzahl der Schneckenantriebswellen durch Tausch eines Zahnradpaars gegen ein anderes Paar mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis vorgesehen ist" ([0011]). Andererseits wird in Absatz [0015] auf den "geschilderten Stand der Technik" (äquivalente DE 197 36 549 A1, D1) verwiesen, bei dem "... das Geschwindigkeitswechselgetriebe ... auf der Antriebsseite des Planetengetriebes angeordnet" ist. Dort ist zwar auch ein Tausch der Getriebezahnräder vorgesehen (Sp. 5, Z. 8 ff.). Doch erfolgt dort der Austausch der Zahnräder oder gar das Weglassen beider Zahnräder (Sp. 5, Z. 16 f.) und damit der gesamten Getriebestufe in Abhängigkeit davon, welche Drehzahl der entsprechend eingesetzte Motor aufweist (bzw. bei welcher Frequenz dieser eingesetzt wird).

Grundsätzlich wird gemäß Merkmal 1.3.4 des Patentanspruchs 1 der Streitpatentschrift gesagt, dass sich die Drehzahl des Geschwindigkeitswechselgetriebes "durch Tausch des Antriebszahnrads und des Abtriebszahnrads gegen ein anderes Zahnradpaar mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis ändern" lässt. Damit ist bereits offensichtlich, dass mit Geschwindigkeitswechselgetriebe der Geschwindigkeitswechsel durch die (konstante) Übersetzungsstufe an sich nicht gemeint sein kann (Reduzierung der Drehzahl), sondern die Veränderungsmöglichkeit des Übersetzungsverhältnisses. Dies wird im fachmännischen Verständnis allgemein ebenso gesehen, da unter Wechselgetriebe im allgemeinen Sinne ein Getriebe mit veränderlichem Übersetzungsverhältnis verstanden wird (in der Regel übliche Schaltoder Automatikgetriebe). Diese Sichtweise hat die Patentinhaberin zudem bekräftigt, indem sie im schriftlichen Vorbringen noch die D4 (Kopie des Auszugs der Internationalen Patentklassifikation, IPC7, Bd. 6, Sektion F, Seiten 82, 88 und 89 mit Gültigkeit ab dem 1.1.2000) in das Verfahren eingeführt hat, um genau diese Sichtweise zu bekräftigen. Ein derartiges Wechselgetriebe ist also im vorliegenden Fall ein Getriebe, das sich zwar nicht "schalten" lässt, schon gar nicht während des Betriebs der Vorrichtung, das jedoch bestimmungsgemäß für den Austausch von Zahnrädern ausgelegt ist und demzufolge entsprechende Ausgestaltungen getriebeseitiger Art aufweisen muss. Dies hat die Patentinhaberin ausdrücklich auch so in der mündlichen Verhandlung ausgeführt. Damit muss das als Stirnradgetriebe ausgebildete Geschwindigkeitswechselgetriebe derart ausgestaltet sein, dass ein geändertes Übersetzungsverhältnis bei Bedarf durch Austausch von Zahnrädern seitens des Anwenders eingerichtet werden kann und nicht nur konstruktiv geänderte Zahnräder "austauschbar" eingesetzt werden, um eine Anpassung bauseits in Abhängigkeit der eingesetzten Motoren (Drehzahl), beim Anwender verwendete Frequenzen (50 bzw. 60 Hz) oder auch spezifischer Anwendungsfälle seitens der Kunden vorzunehmen. Das Wechselgetriebe muss demzufolge konstruktiv für den vom Anwender durchzuführenden Zahnradwechsel geeignet bzw. ausgelegt sein.

2. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 9 sind in den ursprünglichen und erteilten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart und daher zulässig.

Der erteilte Patentanspruch 1 wurde im Prüfungsverfahren inhaltlich nicht verändert, lediglich zur Klarstellung wurden einige Änderungen eingefügt. Die "Ausgabe" (des Planetengetriebes) wurde mit "Abtriebswelle" (A) (des Planetengetriebes) bezeichnet, wobei die Bezeichnung (A) u. a. aus der Figur 1 zu entnehmen ist. Die "Rotorantriebswellen" wurden sinngemäß als "Schneckenantriebswellen" bezeichnet und das "Tragen" der Schneckenantriebswellen wurde als "Lagerung" klargestellt. Druckseitig wurde in der Patentschrift nach "Planetengetriebe (5) und" fälschlicherweise "antriebsseitig" geschrieben. Hier muss es korrekt "abtriebsseitig" heißen, wie es auch den Erteilungsunterlagen zu entnehmen ist. Insofern stimmt der erteilte Patentanspruch 1 mit dem Inhalt der in den ursprünglichen Unterlagen eingereichten Fassung des Patentanspruchs 1 überein.

Die erteilten Patentansprüche 2 bis 6 sind in den ursprünglich eingereichten sowie erteilten Patentansprüchen 2 bis 6 offenbart, hier wurden lediglich klarstellende Korrekturen aufgrund der Übersetzungsproblematik durchgeführt, die keine inhaltlichen Änderungen zur Folge haben.

Der geltende Patentanspruch 1 geht auch über den Inhalt des erteilten Patentanspruchs 1 nicht hinaus. Das Merkmal 1.3.4 der Merkmalsgliederung, das seine Offenbarung in den Absätzen [0011] und [0035] findet wurde in den Patentanspruch 1 aufgenommen. Zudem wurde noch im Merkmal 1.3.1 ergänzt, dass das Geschwindigkeitswechselgetriebe ein Stirnradgetriebe ist. Im Hinblick auf den geltenden Patentanspruch 5 ist nämlich ein koaxiales Planetengetriebe auszuschließen. Offenbart ist ein Stirnradgetriebe in den Figuren 1, 3a und 4 mit der Darstellung der Zahnräder (16) und (17) der Patentschrift. Die zur Klarstellung eingeführten Begriffe "Antriebszahnrad" und "Abtriebszahnrad" in den Merkmalen 1.3.2 und 1.3.3 sind dem erteilten Patentanspruch 3 zu entnehmen.

Somit ist der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sowohl in der ursprünglichen als auch der erteilten Fassung offenbart.

Auch der geltende Patentanspruch 7 liegt im Rahmen der Ursprungsoffenbarung. Er enthält die Merkmale der erteilten Patentansprüche 1, 2, 4 und 5. Zusätzlich zu den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 sind die Merkmale 7.4.3 und 7.4.3.1 aus dem Patentanspruch 2, die Merkmale 7.2.3 bis 7.2.3.2.1 aus dem Patentanspruch 4 und das Merkmal 7.4.3.2 aus dem Patentanspruch 5 jeweils aus der Patentschrift entnehmbar.

Die auf den Patentanspruch 7 rückbezogenen Ansprüche 8 und 9 entsprechen inhaltlich den erteilten Ansprüchen 6 und 3 und liegen ebenfalls im Rahmen der Ursprungsoffenbarung.

3.

Die Neuheit der zweifellos gewerblich anwendbaren Vorrichtungen nach den geltenden Patentansprüchen 1 und 7 ist gegeben.

Keine der im Stand der Technik aufgeführten Druckschriften weist ein als Stirnradgetriebe ausgebildetes Geschwindigkeitswechselgetriebe auf, das zwischen dem Planetengetriebe und dem Verteilergetriebe angebracht ist. In Patentanspruch 1 begründen die Merkmale 1.3.1 bis 1.3.3 und in Patentanspruch 7 die Merkmale 7.3.1 bis 7.3.3 die Neuheit. Die DE 197 36 549 A1 (D1) beschreibt und zeigt vor dem Verteilergetriebe eine Planetengetriebeanordnung (8) (Patentanspruch 1 und Figur 1). Die DE 198 24 866 A1 (D2) zeigt ein Stirnradgetriebe vor dem Planetengetriebe, so dass der Abtrieb des Planetengetriebes mit dem Antrieb des Verteilergetriebes in Verbindung steht. Die EP 0 716 914 B1 (D3) besitzt gar kein Planetengetriebe, so dass ein Stirnradgetriebe zu einem solchen auch nicht nachgestellt sein kann. Überdies weist keine der Druckschriften ein Wechselgetriebe im Sinne der unter 1. zugrunde gelegten Definition auf.

4.

Der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn für die im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale vermittelt der Stand der Technik keine Anregungen.

Die dem Patentgegenstand nächst kommende DE 197 36 549 A1 (D1) beschreibt nach dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 eine Extruder-Antriebsvorrichtung für einen Doppelschneckenextruder, die ebenfalls ein Planetengetriebe aufweist (Merkmale 1. und 1.2 der unter Punkt 1. aufgeführten Merkmalsgliederung des geltenden Gegenstands des Patentanspruchs 1 des Streitpatents). Nach der Ausführung des Planetengetriebes (Fig. 1 der D1) sowie dem allgemeinen fachlichen Verständnis hat die Abtriebswelle des Planetengetriebes eine geringere Drehzahl im Vergleich zur Antriebswelle (Merkmal 1.2.2). Nach Patentanspruch 10 stellt der Motor (16 bzw. 16') zum Antrieb des Antriebseingangs des Planetengetriebes einen "Hauptmotor" dar (Merkmal 1.1 und 1.2.1).

Die Vorrichtung der D1 weist ebenfalls zwei parallel zueinander angeordnete Ausgangswellen (60, 84; entsprechend Schneckenantriebswellen im Streitpatent) auf, wobei sich die Abtriebskraft von dem Leistungsgetriebe (10; entsprechend Verteilergetriebe) verzweigt (Merkmale 1.4 und 1.4.1). Ein Anschlussmittel (86; entsprechend Kupplungseinrichtung) zur Anbindung der Ausgangswellen mit den Schneckenwellen (2) des Doppelschneckenextruders ist ebenfalls vorgesehen (Patentanspruch 1; Merkmal 1.4.2). Auch separate Axialdrucklager (88, 92; Patentansprüche 7 und 8) zur Aufnahme der hohen Axialkräfte der Schneckenwellen sind in der D1 beschrieben (Merkmal 1.5).

Aus der D1 nicht bekannt und somit unterschiedlich sind alle Merkmale der Merkmalsgruppe 1.3, da die Extruder-Antriebsvorrichtung kein "Wechselgetriebe" im Sinne der Definition gemäß Punkt 1. (Seiten 10 und 11) aufweist. Es ist zwar offensichtlich ein Reduziergetriebe (14, Planetengetriebe, 2. Stufe) zwischen dem Planetengetriebe (12, 1. Stufe) und dem Leistungsgetriebe (10, Verteilungsgetriebe gemäß Streitpatent) eingesetzt, doch ist dieses nicht als Stirnradgetriebe ausgebildet und nicht derart ausgelegt, dass ein veränderliches Übersetzungsverhältnis erzielt werden kann. Insbesondere ist ein Tausch des Antriebszahnrads und des Abtriebszahnrads (Merkmal 1.3.3) nicht vorgesehen und im fachmännischen Verständnis bei der vorliegenden Ausbildung als Planetenstufe auch nicht möglich.

Ein hier angesprochener Fachmann, der ein Getriebespezialist ist, einen Abschluss als Ingenieur einer Fachhochschule oder Universität besitzt und zudem bereits einige Jahre betriebliche Praxis in der Konstruktion von Getrieben dieser Art und in diesem Leistungsbereich aufweisen kann, entnimmt der D1 und dort insbesondere der Beschreibung der verschiedenen Betriebsarten des Ausführungsbeispiels zu Figur 5 (Sp. 4, Z. 53 ff.) kein Wechselgetriebe im Sinne der dem Streitpatent zugrunde zu legenden Definition. Gemäß den Ausführungen in Spalte 5, Zeile 8 ff. erfolgt im Hinblick auf das Leistungs-Drehzahl-Diagramm der Figur 5 ein Austauschen der Zahnräder (19) und (20) lediglich "zur Drehzahlanpassung", sofern Motoren mit unterschiedlicher Drehzahl ("von 1200 oder 1000 U/min") verwendet werden. Gleichzeitig wird ausgeführt, dass bei einem "Motor mit 1500 U/min" diese Zahnräder (19) und (20) "auch weggelassen werden können" (Sp. 5, Z. 16 f.) und somit das vorgeschaltete Getriebe ganz entfallen kann. Der Fachmann schließt hieraus, dass bauseits (beim Getriebehersteller) eine Getriebeanpassung in Abhängigkeit der eingebauten Motoren (bzw. der beim Anwender verwendeten Netzfrequenz) erfolgt. Da die Ausrüstung der Vorrichtung patentgemäß jeweils mit Hauptund ggf. auch mit Hilfsmotoren erfolgt (Patentansprüche 1 und 7), muss also die Anpassung der Zahnräder bereits bauseits beim Hersteller erfolgen. Diese Anpassung erfolgt gemäß der Beschreibung (Sp. 5, Z. 3 f.) gerade deshalb, damit "der gesamte Drehzahlbereich der Schneckenwellen (2) und (4) ... zwischen 0 und 200 U/min" liegt und somit konstante Bedingungen hinsichtlich Drehzahl und Betriebsleistung vorliegen. Angestrebt wird somit gerade keine Veränderung des Übersetzungsverhältnisses, wie es im Sinne des Streitpatents der Fall ist. Eine Variabilität im Sinne eines Wechselgetriebes mit einer Veränderung des Übersetzungsverhältnisses durch Austausch von Zahnrädern beim Anwender wird dem Fachmann durch diese Druckschrift somit nicht nahegelegt.

Der D1 sind darüber hinaus gehend auch keine weiteren Anregungen zu entnehmen, bereits ein Stirnradgetriebe grundsätzlich an die Stelle zwischen Planetenund Verteilergetriebe zu positionieren. Schon gar keine Veranlassung hat demzufolge der Fachmann, ein als Stirnradgetriebe ausgebildetes Wechselgetriebe dort zu platzieren.

Auch aus der DE 198 24 866 A1 (D2) kann der Fachmann hierzu keine Anregungen entnehmen. Sie geht inhaltlich nicht über die D1 hinaus.

Auch die D2 betrifft nach Patentanspruch 1 ein Getriebe für einen Doppelwellenextruder, das u. a. aus einem Reduktionsgetriebe (1, Planetengetriebe) und einem Verteilergetriebe (2) besteht. Weiterhin wird das Sonnenrad (21) über einen Hauptmotor angetrieben, wodurch die Drehzahl durch das Planetengetriebe reduziert wird (Merkmale 1. bis 1.2.2). Anschaulich sind diese Merkmale in der Figur 1 dargestellt.

Das Getriebe der D2 weist zudem zwei parallele Abtriebswellen (4, 5) auf, deren Abtriebskraft von dem Verteilergetriebe "über zwei beidseitig angeordnete Verteilerwellen (11, 12)" verteilt wird (Patentanspruch 1, sowie Fig. 1; Merkmale 1.4 und 1.4.1). Selbstverständlich ist an den Abtriebswellen (Schneckenantriebswellen) an ihren extruderseitigen Enden jeweils eine Kupplungseinheit vorhanden, was in Spalte 2, Zeilen 26, 27 ausdrücklich beschrieben und in Figur 1 angedeutet ist (Merkmal 1.4.2). Das Getriebe weist an beiden Abtriebswellen je ein Axiallager (6, 7) auf (Sp. 2, Z. 65), die als Drucklager die hohen Axialkräfte aus dem Extrudierprozess aufnehmen (Merkmal 1.5). Alternativ ist bei der Vorrichtung nach der D2 vorgesehen, vor dem als Planetengetriebe ausgelegten Reduktionsgetriebe noch eine Stirnradstufe (16) vorzuschalten.

Ein Wechselgetriebe, zum vorgesehenen Ändern des Übersetzungsverhältnisses ist an keiner Stelle der Vorrichtung der D2 entnehmbar. Die alternative Bauweise des Getriebes für einen Doppelwellenextruder ohne (Patentanspruch 1) oder alternativ mit Stirnradstufe (16, Patentanspruch 2), kann nicht im Sinne eines patentgemäßen Wechselgetriebes gesehen werden. Eine bestimmungsgemäße Veränderung der Drehzahl durch z. B. den Austausch von Zahnrädern ist bei der D2 nicht möglich, sondern wird lediglich bauseits oder durch Umbau vorgesehen. Somit erhält der Fachmann auch durch die D2 keine Anregung, zwischen Planetenund Verteilergetriebe ein Stirnradgetriebe anzuordnen, das überdies noch als Wechselgetriebe mit austauschbaren Zahnrädern zum Ändern des Übersetzungsverhältnisses ausgelegt ist.

Die EP 0 716 914 B1 (D3) liegt vom Anmeldungsgegenstand weiter ab, sie beschreibt bereits kein Planetengetriebe und gibt auch keinen Hinweis auf ein Wechselgetriebe.

Der entgegengehaltene Stand der Technik konnte somit weder für sich noch in einer Zusammenschau betrachtet, dem Fachmann den Gegenstand nach Patentanspruch 1 nahelegen. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch zusätzliche einfache fachübliche Erwägungen auffindbar, sondern es waren darüber hinaus gehende Gedanken und Überlegungen notwendig, zu denen es einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist somit patentfähig und hat Bestand.

5. Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 7 ist entsprechend dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu bewerten, da die Merkmale 7.3 bis 7.3.3 des Patentanspruchs 7 (Merkmalsauflistung II. 1) weitestgehend inhaltlich gleich den Merkmalen 1.3 bis 1.3.3 des Patentanspruchs 1 sind. Somit ist die erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf die Verwendung eines als Stirnradgetriebes ausgelegten Wechselgetriebes und die Positionierung desselben zwischen dem Planetenund Verteilergetriebe entsprechend dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu bewerten. Der geltenden Patentanspruch 7 hat somit ebenfalls Bestand.

6.

Dem seitens der Einsprechenden 1 zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemachten Vorbringen, dass der "Tausch des Antriebszahnrads (16) und des Abtriebszahnrads (17) gegen ein anderes Zahnradpaar mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis" kein gegenständliches Merkmal sei, sondern lediglich eine "Anweisung an den menschlichen Geist" (§ 1 Abs. 3 Nr. 3), kann nicht gefolgt werden. Diese Formulierung des Merkmals 1.3.4 gibt dem Fachmann gerade im Hinblick auf die unter II. 1. vorgenommene Definition des Wechselgetriebes einen klaren Hinweis, dass dieses derart ausgestaltet sein muss, dass ein Zahnradwechsel durch konstruktive Maßnahmen erst möglich gemacht wird, ohne dass, wie es die Einsprechende 1 formuliert hat, ein Getriebe gegen ein anderes ausgetauscht werden muss. Damit hat das Merkmal konkrete gegenständliche Ausgestaltungen, anhand derer erkennbar ist, ob ein Tausch von Zahnrädern im Sinne eines Wechselgetriebes zur Änderung des Übersetzungsverhältnisses möglich ist.

7.

Auch ist es unerheblich, ob die seitens der Patentinhaberin in ihrer Aufgabenstellung zum Ziel gesetzte Reduzierung des Geräuschpegels inhaltlich korrekt bzw. ausreichend relevant sei, oder ob nicht vielmehr die Verschleißproblematik einer solchen Getriebeanordnung praktisch relevanter wäre, wie die Einsprechende 2 in der mündlichen Verhandlung vortrug. Ferner ist die Aussage der Einsprechenden 2, dass ein Fachmann ein derartiges Stirnradgetriebe nicht (dem Planetengetriebe) "nachschalten" würde, gegebenenfalls lediglich eine andere Betrachtungsweise oder eine unterschiedliche Auffassung der vorliegenden technischen Lehre. Beide Aspekte jedoch sind für sich genommen weder Einspruchsgrund noch ein Beleg dafür, ob die technische Lehre der unabhängigen Patentansprüche 1 und 7 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten oder nicht. Eine Lehre entgegen der üblichen Auffassung des Fachmanns könnte vielmehr unter Umständen sogar als Beweisanzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit aufgefasst werden.

8.

Mit den Patentansprüchen 1 und 7 haben auch die abhängigen Patentansprüche 2 bis 6 sowie 8 und 9 Bestand, da sie über selbstverständliche Maßnahmen hinausgehen.

Dehne Dr. Huber Pagenberg Dr. Dorfschmidt Cl






BPatG:
Beschluss v. 10.12.2009
Az: 8 W (pat) 354/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b78cf29809b7/BPatG_Beschluss_vom_10-Dezember-2009_Az_8-W-pat-354-05




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