Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 27. Januar 2015
Aktenzeichen: I-20 U 114/14

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 27.01.2015, Az.: I-20 U 114/14)

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegner wird das am 4. Juni 2014 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin entwickelt und vertreibt Akkumulatoren und elektrische Batterien für Fahrzeuge. Sie ist im Jahr 2000 unter der Firma X. GmbH als Tochtergesellschaft der X. AG gegründet und im Jahr 2002 an das US-amerikanische Unternehmen Y. Inc. verkauft worden.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der am 19. Dezember 2004 angemeldeten und am 10. Februar 2006 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke "X", Registernummer CTM ...5, sowie der am 13. Dezember 2004 angemeldeten und am 27. Februar 2006 eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke mit der Registernummer CTM ...1, die beide unter anderem für Akkumulatoren und elektrische Batterien, soweit diese als Teile oder Zubehör von Landfahrzeugen bestimmt sind, eingetragen sind.

Die Antragsgegnerin zu 1. ist ein schweizerisches Industrie-Beteiligungsunternehmen, der Antragsgegner zu 2. ist ihr Vorstandsvorsitzender. Die Antragsgegnerin hat ebenfalls X.-Gesellschaften übernommen, so 2007 die X.M. GmbH sowie 2011 die aller operativen Geschäftsbereiche entkleidete X. AG. Diese haben ihr die Nutzung der ihnen zustehenden Zeichenrechte gestattet.

Die X. AG und ihre Tochtergesellschaften haben 2002 zum Zwecke der Abgrenzung der jeweiligen Markenrechte die als Anlagen BB 3 und BB 4 vorgelegten "Trademark and Domain Names Protection and Delimitation Agreement(s)" vom 1. und vom 31. Oktober 2002 geschlossen. Beide Vereinbarungen weisen der Antragstellerin, die damals noch als X.A. GmbH firmierte, ein Benutzungsrecht an "X" für "Fahrzeugwaren" zu, die als alle Fahrzeugteile und jegliches Fahrzeugzubehör, die sich auf elektrische Systeme in Fahrzeugen wie Akkumulatoren und Batterien beziehen, definiert sind (§ 1 Abs. 1 lit. c. BB 3, § 1 Abs. 1 lit. a. BB 4). Demgegenüber weisen die Verträge der X.M. GmbH die Nutzung des Zeichens für kleine Batterien bis zu 25 mm Höhe, aber auch für Akkumulatoren auf Lithium-Ionen-Basis zu (§ 1 Abs. 1 lit. b. BB 3, § 1 Abs. 1 lit. c BB 4). Ob hiervon auch Batterien für Elektrofahrzeuge erfasst werden, wenn es sich um solche auf Lithium-Ionen-Basis handelt, ist streitig und Gegenstand eines zwischen der Antragstellerin und der X.M. GmbH anhängigen ICC Schiedsverfahrens.

Im Jahr 2012 hat die Antragstellerin die X.M. GmbH wegen eines ihr zugerechneten Presseberichts vor dem Landgericht K. in Anspruch genommen, der mit "X. will mit Wunder-Akku ins E-Car-Geschäft einsteigen" überschrieben und in dem über den "Traum" des nunmehrigen Antragsgegners zu 2., 200.000 E-Car-Batterien auf Lithium-Ionen-Basis pro Jahr zu produzieren, berichtet worden war, vor dem Landgericht K. auf Unterlassung des Inverkehrbringens von Batterien für Elektroautos unter dem Zeichen "X" in Anspruch genommen, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach einem Hinweis des erstinstanzlichen Gerichts aber später wieder zurückgenommen. Nach erfolglosen Verhandlungen hat die Antragstellerin mit Klageschrift vom 19. November 2013 das für Streitigkeiten zwischen den ehemaligen X.-Gesellschaften vorgesehene ICC Schiedsverfahren eingeleitet, dessen Gegenstand unter anderem die Frage ist, ob dem Vertrag ein auch Batterien für Elektroautos umfassendes Nutzungsrecht der X.M. GmbH an dem Zeichen "X" für Lithium-Ionen-Batterien zu entnehmen ist.

Am 8. April 2014 veranstaltete die Antragsgegnerin zu 1. in W. eine Pressekonferenz, auf der sich der Antragsgegner zu 2. über deren künftige geschäftliche Aktivitäten äußerte. In den daraufhin in österreichischen und deutschen Medien sowie bei Z. erschienenen, als Anlage BB 10 bis BB 15 vorgelegten Presseberichten finden sich die Aussagen:

"X. plant gigantische Batteriefabrik für E-Autos (...) Der Q-Konzern, zu dem auch der ... Batterie-Hersteller X. gehört, (möchte) groß in den Markt für Batterien von Elektroautos einsteigen"

"A. plant Riesen-X.-Fabrik in Europa für E-Auto-Batterien (...). Die ... X.-Gruppe (...) will heuer mit allen großen deutschen Autoherstellern verhandeln"

"(...) A. schwebt für Europa eine riesige Fabrik, die Batterien für Elektroautos herstellt, vor. Die ... X.-Gruppe (...) will heuer mit allen großen deutschen Autoherstellern verhandeln"

"A.€s X. will Batterien für E-Autos liefern. Vor allem aber will der 80-Prozent-Aktionär mit der Energiespeichersparte X. in der deutschen Autoindustrie reüssieren.(...) €Die C.-Prototypen fahren bereits mit X-Antriebsbatterien€"

"X-Elektroauto-Sparte"

"X Car battery business"

Die Antragstellerin, die in den Presseberichten einen Beleg für entsprechende Äußerungen des Antragsgegners zu 2. in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender der Antragsgegnerin zu 1. sieht, die sie für markenverletzend erachtet, hat die Antragsgegner auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Antragsgegner zur Unterlassung der Benutzung des Zeichens X für Batterien für Elektroautos wie geschehen in den Presseveröffentlichungen Anlage BB 10 bis BB 15 verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin habe durch die Vorlage der Presseartikel entsprechende Äußerungen des Antragsgegners zu 2. hinreichend glaubhaft gemacht. Die Antragsgegner treffe insoweit eine sekundäre Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen seien. Das Zeichen "X" sei markenmäßig verwandt und nicht nur firmenmäßig benutzt worden.

Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrer Berufung. Sie tragen vor, der Antrag sei schon unzulässig, da der Unterlassungsantrag in Ermangelung einer Klarstellung, welche Passagen in den Presseberichten beanstandet würden, unbestimmt sei. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht seine internationale Zuständigkeit bejaht, der Presserklärung fehle der Inlandsbezug. Es sei auch kein Verfügungsgrund gegeben, die Antragstellerin wisse seit 2012 vom maßgeblichen Sachverhalt; damals habe sie ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen. Zudem sei die Vorgreiflichkeit in Bezug auf das laufende Schiedsverfahren in die Interessenabwägung einzustellen. Im Übrigen fehle es am Verfügungsanspruch, es sei allein Sache der Antragstellerin nachzuweisen, dass die Äußerungen wie behauptet gefallen seien. Auch sei die Verwendung des Zeichens keine markenmäßige, jedenfalls aber von der Vertragslage gedeckt. Die einstweilige Verfügung sei aber auch wegen Versäumens der Vollziehungsfrist aufzuheben, der zugestellten Abschrift seien die Anlagen BB 10 bis BB 15 nicht beigefügt gewesen.

Die Antragsgegner beantragen,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2014 abzuändern und den auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Die Antragstellerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie trägt vor, die Berufung sei bereits unzulässig, die Frist sei durch die Zustellung des Urteils im Parteibetrieb in Lauf gesetzt worden. Die einstweilige Verfügung sei auch vollzogen, der Beifügung der Anlagen habe es zur Vollziehung der vorliegenden Urteilsverfügung nicht bedurft. Die internationale Zuständigkeit ergebe sich aus Art. 97 Abs. 2 GMV. Der Antrag sei auch hinreichend bestimmt, die Presseartikel seien nur erfasst, soweit die Verwendung von X für Batterien für Elektroautos belegen. Ihr Verhalten im Verfahren 2012 stehe der Eilbedürftigkeit schon deshalb nicht entgegen, weil damals die X.M. GmbH Antragsgegnerin gewesen sei. Zudem seien die seinerzeitigen Äußerungen nicht kerngleich und auch weniger intensiv gewesen.

Der Senat hat in Ergänzung eines vorterminlich erteilten Hinweises mit den Parteien den Verfügungsgrund erörtert. Es bedürfe eines Überwiegens der Interessen der Antragstellerin, eine Dringlichkeitsvermutung gebe es Markenrecht nicht. Dabei sei grundsätzlich jedes Verhalten des Markeninhabers problematisch, welches zeige, dass ihm der Erhalt der Kennzeichnungskraft seines Zeichens selbst nicht so wichtig sei. Vorliegend habe die Antragstellerin nicht nur den Verfügungsantrag vor dem Landgericht K. zurückgenommen, sondern auch das zur Klärung der nicht eindeutigen Vertragslage vorgesehene ICC Schiedsverfahren erst Ende 2013 eingeleitet, obwohl die Auffassung der Antragsgegnerseite seit 2012 bekannt gewesen sei. Die X.M. GmbH sei kein unabhängiger Dritter, sondern die Gesellschaft, von der die Antragsgegner ihre Berechtigung ableiteten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 88 ff. d. GA., wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Antragsgegner ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Berufung ist zulässig, die Berufungsfrist ist gewahrt. Die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung nach § 517 ZPO beginnt mit der Zustellung des Urteils, die nach § 317 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen erfolgt (BGH, NJW 2010, 2519 Rn. 6). Eine wirksame Zustellung ist nur dann gegeben ist, wenn das Gericht mit Zustellungswillen gehandelt hat (BGH, NJW 2003, 1192). Von daher war die zuvor erfolgte Zustellung im Parteibetrieb für den Lauf der Berufungsfrist irrelevant (vgl. a. Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 317 Rn. 10).

Der Senat ist für Entscheidung über die geltend gemachten gemeinschaftsmarkenrechtlichen Ansprüche zuständig. Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 97 Abs. 2 GMV. Gemäß Art. 97 Abs. 2 GMV sind, wenn der Beklagte weder einen Wohnsitz noch eine Niederlassung in einem der Mitgliedstaaten hat, die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Kläger seinen Wohnsitz hat. Vorliegend hat die Antragsgegnerin zu 1. ihren Sitz in der Schweiz und damit nicht in einem Mitgliedsstaat der Union; zu einer Niederlassung ist nichts bekannt. Für den Antragsgegner zu 2. ist kein vom Geschäftssitz abweichender Wohnsitz vorgetragen, auch die Schutzschrift nimmt auf die Geschäftsanschrift der Antragsgegnerin zu 1. Bezug. Die Antragstellerin hat ihren Sitz in H. und damit in Deutschland. Ob eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben ist, kann dahinstehen, da auf Mängel bei der Annahme der örtlichen Zuständigkeit die Berufung ausweislich § 513 Abs. 2 ZPO nicht gestützt werden kann.

Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Ein Unterlassungsantrag und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH, GRUR 1998, 489, 491 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III, GRUR 2011, 1043 Rn. 36 - TÜV II). Vorliegend ist der Tenor schon deshalb hinreichend bestimmt, weil er auf die konkreten Verletzungshandlungen und auf diese allein Bezug nimmt (vgl. BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 16 - Tribenuronmethyl). Dabei stellt der Obersatz, wonach die Antragsgegner die Benutzung des Zeichens X für Batterien für Elektroautos zu unterlassen haben, klar, dass lediglich markenmäßige Verwendungen erfasst werden. Durch das Beispiel der konkreten Verletzungsform wird das Charakteristische der Verletzung erläutert und verdeutlicht (BGH, GRUR 2008, 702 Rn. 26 - Internetversteigerung III). Ob die einzelnen Äußerungen dem Obersatz unterfallen, ist eine Frage der Begründetheit.

Gleichwohl hat die Berufung der Antragsgegner Erfolg, weil eine Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung vorliegend nicht gegeben ist; es fehlt an dem nach §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund.

Der Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Den Nachteilen, die dem Antragsteller aus einem Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung entstehen können, sind die Nachteile gegenüberzustellen, die dem Antragsgegner aus der Anordnung drohen. Das Interesse des Antragstellers muss so sehr überwiegen, dass der beantragte Eingriff in die Sphäre des Antragsgegners auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens gerechtfertigt ist (Senat, GRUR-RR 2012, 146, 147 E- Sky; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl. [2015], Rnrn 109, 110).

Eine Dringlichkeitsvermutung besteht für kennzeichenrechtliche Auseinandersetzungen nicht, § 12 Abs. 2 UWG ist bei Kennzeichenverletzungen nicht anwendbar (Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl. [2015], Rn. 130). Der Gesetzgeber hat die Dringlichkeitsvermutung anlässlich der Übernahme des § 16 UWG a.F. in das Markengesetz nicht auf das Markenrecht ausgedehnt, obwohl der Streit, in welchem Umfang eine Analogie zu § 25 UWG a.F. (jetzt § 12 Abs. 2 UWG) möglich ist, schon lange bestand (vgl. Senat, GRUR-RR 2002, 212 - TopTicket).

Ein Überwiegen der Interessen der Antragstellerin ist nicht gegeben. Grund für eine Entscheidung im Wege der einstweiligen Verfügung ist es in Fällen wie dem vorliegenden, dass der Antragstellerin bei einem Zuwarten eine unter Umständen nachhaltige Schwächung der Originalität und Unterscheidungskraft ihrer Kennzeichnung "X" droht (vgl. Senat GRUR-RR 2012, 146, 147 - E-Sky). Dieses Interesse vermag einen Eingriff in die Sphäre des Antragsgegners aber nur dann zu rechtfertigen, wenn die Antragstellerin ihrerseits alles in ihrer Macht stehende getan hat, um die Unterscheidungskraft des Zeichens zu sichern. Die Antragstellerin hat jedoch durch ihr eigenes Verhalten gezeigt, dass ihr deren Erhalt nicht so wichtig ist.

So hat die Antragstellerin aufgrund eines mit "X. will mit Wunder-Akku ins E-Car-Geschäft einsteigen" überschriebenen Presseberichts, in dem über das Vorhaben des nunmehrigen Antragsgegners zu 2., 200.000 E-Car-Batterien auf Lithium-Ionen-Basis pro Jahr zu produzieren, berichtet worden war, zwar am 27. November 2012 beim Landgericht K. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, mit der der X.M. GmbH das Inverkehrbringen oder Ankündigen von Batterien für den Einsatz in Elektroautos unter dem Zeichen "X" untersagt werden sollte. Diesen Antrag hat sie jedoch mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 wieder zurückgenommen, nachdem der Vorsitzende wohl Bedenken hinsichtlich einer Erstbegehungsgefahr geäußert hatte. Den Versuch, die Kammer doch noch zu überzeugen oder mit ihrem Begehren in zweiter Instanz durchzudringen, hat sie nicht unternommen. Maßnahmen gegenüber dem Antragsgegner zu 2. hat sie seinerzeit überhaupt nicht ergriffen.

Noch schwerer wiegt, dass die Antragstellerin den Vorfall aus 2012 nicht zum Anlass genommen hat, die Frage, ob die X.M. GmbH zur Nutzung des Zeichens "X" für Elektroautobatterien auf Lithium-Ionen-Basis aufgrund des Vertrages berechtigt ist, einer umgehenden Klärung zuzuführen. Die Antragstellerin hat den Pressebericht ausweislich der am 27. November 2012 eingereichten Antragsschrift schon damals als Versuch des Antragsgegners zu 2. und der von ihm kontrollierten Unternehmen gewertet, das Zeichen "X" im Zusammenhang mit Batterien, die zum Antrieb von Fahrzeugen bestimmt sind, zu verwenden. Die nunmehr angekündigten Maßnahmen waren bereits 2012 geplant, wie die von der Antragstellerin selbst erstellte Gegenüberstellung auf Seite 14 ihrer Berufungserwiderung (Bl. 166 d. GA.) zeigt. Die streitgegenständliche Problematik lag folglich bereits 2012 offen zu Tage und musste über kurz oder lang zum Konflikt führen.

Die Antragstellerin hätte daher allen Grund gehabt, umgehend das ICC Schiedsverfahren einzuleiten. Eventuelle Vergleichsverhandlungen hätten parallel hierzu oder in dessen Rahmen geführt werden können. Tatsächlich hat die Antragstellerin ihre Klage vor dem Schiedsgericht jedoch erst unter 19. November 2013 eingereicht. Wer sehenden Auges die rechtliche Klärung eines sich absehbar intensivierenden Konflikts nicht oder nur zögerlich betreibt, kann sich nicht auf eine besondere Dringlichkeit berufen, wenn die erwartete Intensivierung eingetreten ist. Die Antragstellerin hätte vielmehr alles in ihrer Macht stehende tun müssen, um eine abschließende Klärung herbeizuführen, bevor es zu einer solchen kommt.

Dies gilt umso mehr, als die Klärung vorliegend nur im Rahmen des ICC Schiedsverfahrens möglich ist. Wegen der zwischen der Antragstellerin und der X.M. GmbH bestehenden Schiedsvereinbarung ist insoweit allein das Schiedsgericht zur Entscheidung berufen, wobei diese Entscheidung auch in Bezug auf die Antragsgegner vorgreiflich ist, da sie ihre Berechtigung von der X.M. GmbH ableiten. Ein Hauptsacheverfahren wäre folglich nach § 148 ZPO auszusetzen. Auch wenn eine Schiedsvereinbarung vorläufige Maßnahmen der ordentlichen Gerichte nicht ausschließt, § 1033 ZPO, ist in die Interessenabwägung doch einzustellen, dass das ordentliche Gericht nicht das zur abschließenden Beantwortung der Streitfrage berufene ist. Der Wille der Parteien, die Klärung nicht den staatlichen Gerichten zu überantworten (was sich auch darin zeigt, dass die Parteien die vorgreifliche Auslegung der Verträge in ihren Schriftsätzen nicht vertieft behandelt haben), ist zu berücksichtigen. Die durch die Schiedsabrede gebundene Antragstellerin war daher im besonderen Maße gehalten, die Gefahr divergierender Entscheidung im Rahmen des Möglichen zu vermindern; dem ist sie mit ihrer verzögerten Einreichung der Schiedsklage nicht gerecht geworden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, die Sache ist kraft Gesetzes nicht revisibel, § 542 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert wird in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Festsetzung auf 250.000,00 Euro festgesetzt, wobei auf jeden der beiden Antragsgegner jeweils 125.000,00 Euro entfallen.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 27.01.2015
Az: I-20 U 114/14


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