Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 1. September 2005
Aktenzeichen: 1 S 1635/05

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 01.09.2005, Az.: 1 S 1635/05)

Auch nach der Neufassung des GKG (GKG 2004) durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004 (BGBl. I, 718) besteht für die Streitwertbeschwerde kein Vertretungszwang.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2005 - 1 K 1578/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde, mit der der Antragsteller eine Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 5.000,-- EUR festgesetzten Streitwerts erstrebt, ist gemäß § 68 Abs. 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie ohne anwaltliche Vertretung eingelegt worden ist; denn die Streitwertbeschwerde unterliegt auch nach der Neuregelung des Gerichtskostenrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG -) vom 05.05.2004 (BGBl. I, 718) nicht dem Vertretungszwang. Zwar erstreckt § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO, auf den § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO verweist, den Vertretungszwang ausdrücklich auf Beschwerden und sonstige Nebenverfahren, bei denen in der Hauptsache Vertretungszwang besteht, mit Ausnahme der Beschwerden gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe. Hinsichtlich der Streitwertbeschwerde enthält das GKG jedoch weiterhin eine dem § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO als lex specialis vorgehende (Sonder-)Regelung, die diesen Rechtsbehelf vom Vertretungszwang ausnimmt (vgl. zur alten Rechtslage VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.04.2002 - 9 S 797/02 -, VBlBW 2003, 17). Denn § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG bestimmt, dass die Beschwerde auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann, was gemäß § 78 Abs. 3 ZPO eine Vertretung nicht erfordert. Angesichts dieser Regelung ist es unbeachtlich, dass der Gesetzgeber in der Neufassung des GKG eine der Regelung des § 5 Abs. 5 GKG a.F. entsprechende Vorschrift, wonach es im Verfahren über die Beschwerde der Mitwirkung eines Bevollmächtigten nicht bedarf, nicht übernommen hat. Dieser Regelung bedurfte es nämlich nach der alten Gesetzeslage deswegen, weil § 25 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 GKG a.F. nur die Einlegung der Erinnerung und der Beschwerde, nicht aber sonstige Prozesshandlungen erfasste, so dass erst aufgrund der Einfügung des § 5 Abs. 5 GKG a.F. durch das Kostenrechtsänderungsgesetz vom 24.06.1994 (BGBl. I, 1325) auch die der Einlegung der Beschwerde nachfolgenden Verfahrenshandlungen nicht mehr dem Vertretungszwang unterlagen (vgl. Bader, VBlBW 1997, 401 <404>). § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG beschränkt sich indessen nicht mehr auf die Einlegung des Rechtsbehelfs, sondern erfasst alle €Anträge und Erklärungen€; diese Vorschrift stellt demnach das gesamte Beschwerdeverfahren vom Vertretungszwang frei (zur insoweit ähnlichen Regelung in § 19 Abs. 6 BRAGO vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2003 - 12 S 2675/02 -, VBlBW 2003, 241). Durch den Wegfall der ausdrücklichen Regelung des § 5 Abs. 5 GKG a.F. hat sich folglich der Sache nach nichts geändert (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 157; Meyer, GKG, 6. Aufl. 2004, § 66 Rn. 52, 54; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 67 Rn. 28; Bader in: Bader, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 67 Rn. 18).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zutreffend festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung entspricht dem Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung. Maßgebend ist der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (BVerwG, Beschluss vom 16.02.1995 - 1 B 205.93 -, Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 84). Bietet der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte, um die Bedeutung der Sache nach dem Klageantrag in einem Geldbetrag auszudrücken, ist nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festzusetzen (sog. Auffangwert). Hiernach ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einem Streitwert von 5.000,-- EUR ausgegangen; denn es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise sich das Interesse des Antragstellers an dem von ihm begehrten Ausschluss des Bürgermeisters von der Verhandlungsleitung im Gemeinderat betragsmäßig bemessen ließe. Von der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (hier § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG) in der Regel vorzunehmenden Halbierung des Streitwerts hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgesehen. Denn in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die - wie hier - die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, kann der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben werden (vgl. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung vom Juli 2004, abgedruckt in NVwZ 2004, 1327).

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG), einer Kostenentscheidung bedarf es deshalb nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 01.09.2005
Az: 1 S 1635/05


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