Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. August 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 420/02

(BPatG: Beschluss v. 02.08.2005, Az.: 33 W (pat) 420/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Am 18. November 1999 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke BarCodeDNA für folgende Waren angemeldet worden:

"Kl. 1: chemische Erzeugnisse zur fälschungssicheren Markierung fester, flüssiger und gasförmiger Stoffe sowie chemische Erzeugnisse zur Identifizierung der vorgenannten Markierung, ausgenommen DNA markiert mit einem Barcode;

Kl. 5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; ausgenommen DNA markiert mit einem Barcode;

Kl. 9: elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Datenverarbeitungsgeräte und Computer; magnetische und optische Datenträger; Teile von elektrischen Apparaten und Instrumenten, nämlich Chips zum Nachweis von organischen Molekülen; jeweils ausgenommen Barcode und Herstellungs- und Lesereinrichtungen"

(Warenverzeichnis in der Fassung des Schriftsatzes vom 7. August 2000).

Mit Beschluss vom 6. Juli 2000 hat der Erstprüfer die Markenanmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, dass auf vielen Gebieten Barcodes eingesetzt würden. In der Medizintechnik würden etwa DNA-Untersuchungen in Messgeräten hergestellt, die mit einem Barcode-Label versehen seien. Die Anmelderin selbst verwende die Bezeichnung "Barcode-DNA" als beschreibenden Hinweis im Zusammenhang mit einer Methode zur fälschungssicheren Markierung von Objekten über einen molekularen Code.

Nachdem die Anmeldung im Erinnerungsverfahren auf Veranlassung einer Erinnerungsprüferin zunächst hinsichtlich der Klassen 1 und 9 wegen Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG beanstandet worden ist, hat eine andere Erinnerungsprüferin mit Erinnerungsbeschluss vom 10. September 2002 den Beschluss des Erstprüfers unter Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen teilweise aufgehoben, nämlich für die Waren

"pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; ausgenommen DNA markiert mit einem Barcode".

Dabei hat sie die Beanstandung wegen Täuschungsgefahr fallengelassen, jedoch die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG angenommen. Zur Begründung der Teilzurückweisung der Erinnerung führt sie aus, dass die angemeldete Marke für die betroffenen Waren, die sich ausschließlich an Fachkreise auf dem Gebiet der Kodierung und Identifikation richteten, eine beschreibende Angabe darstelle. Auf dem Gebiet der molekularbiologischen Markierungen würden verschiedenste Stoffe mit Nukleinsäuresequenzen markiert. Dies erlaube eine eindeutige und durch ein einfaches Gerät überprüfbare Authentifizierung. Die entsprechende Technologie werde "Barcode-DNA-Methode" bezeichnet. Wenngleich die von der Markenstelle aufgefundenen Belege auf die Anmelderin hinwiesen, so werde die angemeldete Bezeichnung - auch von dieser selbst - doch als beschreibender Hinweis verwendet. Auch Dritte würden die Bezeichnung beschreibend verwenden, wobei die Erinnerungsprüferin auf eine Veröffentlichung des Internet-Magazins "golem" verweist. Damit liege für die betreffenden Waren ein Verständnis als schlagwortartiger Hinweis auf die Art bzw. Bestimmung der Waren auf der Hand. Auch der Warendisclaimer rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Markierung bestehe selbst aus DNA, so dass der Disclaimer den beschreibenden Gehalt der angemeldeten Bezeichnung nicht ausräumen könne. Damit fehle der Marke insoweit jegliche Unterscheidungskraft, die auch durch ihre Schreibweise nicht begründet werden könne. Außerdem ließen die Rechercheergebnisse erkennen, dass an der Kennzeichnung ein Freihaltebedürfnis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für Mitbewerber bestehe. Hinsichtlich der übrigen Waren habe nicht festgestellt werden können, dass ein unmittelbar beschreibender Bezug vorliege, da die Waren der Klasse 5 nicht der Identifizierung dienten.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2000 und vom 10. September 2002 im Umfang der Zurückweisung der Anmeldung aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass die Markenstelle zu Unrecht das Vorliegen von Eintragungshindernissen angenommen habe. Die angemeldete Marke sei aus den Bestandteilen "BarCode" (Strichcode, z.B. auf Preisschildern) und "DNA" (Abkürzung für "Desoxiribonukleinsäure") zusammengesetzt, wobei der Bestandteil "BarCode" für die Waren der Klasse 1 und 5 bereits für sich genommen keine freihaltebedürftige Angabe darstelle, da ein Barcode mit diesen Waren nichts zu tun habe. Dies gelte erst recht für die gesamte angemeldete Wortneuschöpfung, denn ein Barcode, bei dem es sich um eine maschinenlesbare Kennzeichnung eines Produkts handele, weise keinen Bezug zu einem Makromolekül wie Desoxiribonukleinsäure auf. Die Kombination dieser beiden Begriffe führe zu einer fantasievollen Wortneuschöpfung ohne klaren Bedeutungsgehalt. Die Anmelderin verweist auf die Entscheidungen BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH; HABM - Procter & Gamble und EuGH - Babydry. Der Zeichenbestandteil "BarCode", bei dem es sich um eine makroskopisch erkennbare Abfolge unterschiedlich dicker Balken handele, werde nicht zur Bezeichnung irgendeiner Art oder Beschaffenheit einer Desoxiribonukleinsäure verwendet. Die Anmelderin verwende das angemeldete Zeichen seit dem Anmeldetag. Bei den von der Markenstelle zitierten Belegen handele es sich um Veröffentlichungen der Anmelderin oder um Berichte über sie. Daher bestehe kein konkretes Freihaltebedürfnis. Im übrigen verfüge die Anmeldemarke über Unterscheidungskraft, da es sich bei ihr um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung handele. Die von der Markenstelle angewandte zergliedernde Betrachtungsweise sei nicht zulässig.

Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die angemeldete Marke ist auch nach Auffassung des Senats für die noch streitgegenständlichen Waren der Klassen 1 und 9 nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Soweit die Markenstelle im Erinnerungsverfahren zunächst den Eindruck vermittelt hat, dass sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren nur noch Bedenken im Hinblick auf das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sieht (Bescheid vom 27. September 2005), dann aber ohne weiteren vorherigen Hinweis ihre Erinnerungsentscheidung wieder auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG gestützt hat, wobei sie eine Merkmalsbeschreibung unter einem anderen Aspekt angenommen hat, als der Erstprüfer, liegt zwar eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Nachdem der Senat jedoch der Anmelderin das Ergebnis seiner Recherche mitgeteilt hat, das die im Erinnerungsbeschluss zum Ausdruck kommende tatsächliche Auffassung stützt, ist die erforderliche Gewährung des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren nachgeholt worden.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Nach dem Ergebnis der Senatsrecherche liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bezeichnung "barcode DNA" zur beschreibenden Bezeichnung einer DNA (Desoxiribonukleinsäure) verwendet wird, die zu Markierungs- und Identifizierungszwecken dient. Dabei handelt sich um eine künstlich erzeugte DNA, die sich etwa zur Früherkennung von Krankheiten eignet. So soll nach veröffentlichten Forschungsergebnissen in der Medizintechnik etwa eine solche "barcode DNA" auf (metallischen, insbesondere Gold-) Nanopartikeln aufgebracht werden können. An diesen sind zugleich Antikörper von Krankheitserregern oder -indikatoren (Biomarkern) angebracht, an die sich im Blut des Patienten wiederum krankheitsspezifische Proteine anheften. Eine Probe, in der die Nanopartikel mit Hilfe magnetischer Felder ausgesondert werden, zeigt dann, ob die Krankheit im Frühstadium vorhanden ist. Wie die "barcode DNA" dabei technischbiologisch genau eingesetzt wird und - etwa bei der Verstärkung des Signals der Biomarker - wirkt, bedarf für die hier maßgebende Frage der sprachlichen Verwendung keines vertieften Eingehens mehr.

Es lässt sich jedenfalls feststellen, dass eine zu Markierungs- und Identifizierungszwecken eingesetzte DNA zwar keinen technischen Bezug zu herkömmlichen Barcodes aufweist, weshalb der Begriff "barcode DNA" in entsprechenden Fachtexten bei der erstmaligen Nennung häufig in Anführungszeichen gesetzt wird. Insofern kann dieser Begriffsbildung eine ursprünglich durchaus phantasievolle Entlehnung aus dem Bereich der Strichcodes zugrunde liegen. Jedoch zeigt die Verwendung des Begriffs "barcode DNA" in den gesamten Fachtexten, dass er sich inzwischen dennoch als Fachbegriff eingebürgert hat oder zumindest im Begriff ist, sich als solcher einzubürgern. Als Beispiele seien genannt:

www.smalltimes.com/print_doc.cfm€ doc_id=7177:

"... the new technique uses gold nanoparticles and short strands of "barcode" DNA to detect the presence of deseasespecific molecules in the human body. ... and a magnetc field is applied to separate out the barcode DNA."

http://nanotechweb.org/articles/news/4/2/1/1:

"Both types of particle are attached to an antibody for ADDLs, while the nanoarticles also link to hundreds of strands of "barcode" DNA. ... Then they remove the barcode DNA from the molecules and ... Since each nanoparticle links to a large number of strands of barcode DNA, the method amplifies the signal from each ADDL molecule."

www.nasa.gov/vision/earth/livingthings/01dec_yeast.html:

"Each variant has a different gene "knocked out" and replaced with a unique "barcode" pattern of custommade DNA. This barcode DNA does not encode a protein; it merely serves as a tag distinguishing that particular variant from all".

Darüberhinaus kann eine solche DNA nach koreanischen Forschungsergebnissen auch auf hochwertigen Gütern, z.B. Luxusartikeln, aufgebracht werden, um - angeblich fälschungssicher - nachzuweisen, dass das mit der jeweiligen DNA versehene Stück von einem bestimmten Hersteller stammt (vgl. http://engadget.com/entry/4733842395227152/: "... Korean scientists have created the world«s first Nano-DNA Barcode System (NDBS). Suspended in a DNA-friendly buffer solution, the synthetic DNA may be sprayedon or suffused into items ... and unlike the stuff in us, this barcode DNA doesn«t mutate and is unhackable, making code alteration impossible. NDBS may soon be used to ... or even prevent counterfeiting money or luxury goods. Just don«t expect to find Hermes DNA in your fake Kelly bag any time soon.").

Ergänzend wird auf den übrigen Inhalt der Senatsrecherche verwiesen. Die angemeldete Marke "BarCodeDNA", die nur eine werbeübliche und unmaßgeblich abgewandelte Schreibweise von "barcode DNA" darstellt, beschreibt damit die streitgegenständlichen Waren der Klasse 1 (chemische Erzeugnisse zur fälschungssicheren Markierung ...) ihrer Art nach als eine solche Barcode-DNA.

Die weiter streitgegenständlichen Waren der Klasse 9 werden mit der Marke nach ihrer Bestimmung und Eignung als Apparate, Instrumente, Geräte usw. beschrieben, die der Markierung mit und der Identifizierung von Barcode-DNA bzw. der Markierung und Identifizierung mit Hilfe von Barcode-DNA dienen. Die angemeldete Marke stellt damit eine Merkmalsbeschreibung i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

Zwar sind der Recherche auch Hinweise darauf zu entnehmen, dass der angemeldete Begriff, gleich in welcher Schreibweise, in Deutschland offenbar nur von der Anmelderin verwendet wird, die ihn seit Ende der 90er Jahre im Zuge einer von ihr entwickelten Technologie benutzt. Jedoch geht aus den übrigen - englischsprachigen - Verwendungen, bei denen es sich zumeist (aber nicht nur) um Berichte über Forschungen der Northwestern University (Chicago, USA) und von Entwicklungen koreanischer Forscher handelt, auch hervor, dass ausländische Forscher in den USA und in Asien ebenfalls die Bezeichnung "barcode DNA" aufgegriffen haben und rein beschreibend verwenden. Ob dies durch die Tätigkeit der Anmelderin beeinflusst war, lässt sich nicht feststellen und wäre im übrigen auch nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung über die Eintragung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 37, Rdnr. 5) tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich der Begriff "barcode DNA" zu einem in der internationalen Fachwelt geläufigen rein beschreibenden Begriff entwickelt hat, zumindest aber im Begriff ist, sich hierzu zu entwickeln. Der Senat geht daher vom Vorliegen eines Freihaltungsbedürfnisses i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, zumindest in der Variante eines zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses, aus.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen, so dass die Frage offen bleiben kann, ob der Eintragung auch ein Mangel an Unterscheidungskraft entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Winkler Dr. Hock Kätker Hu






BPatG:
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Az: 33 W (pat) 420/02


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