Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Februar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 229/99

(BPatG: Beschluss v. 20.02.2001, Az.: 33 W (pat) 229/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die am 8. August 1995 eingetragene Wort-Bildmarke 2 909 795 siehe Abb. 1 am Endeist nach einer Teillöschung nunmehr noch für die Dienstleistungen

"Immobilienvermittlung, Schätzen von Immobilien, Wohnungsvermietung"

im Register eingetragen.

Dagegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der Marke 2 057 734

"FOCUS"

die seit 23. Februar 1994 für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse und Verlagserzeugnisse, insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen und Broschüren, Bücher; Lichtbilderzeugnisse, Fotografien (soweit in Klasse 16 enthalten); Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Büchern, sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation, Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton und Bildträger"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen bzw Dienstleistungen und Waren bestehe nicht. Ein Widerspruch könne gemäß § 42 Abs 2 nur auf ähnliche Waren bzw Dienstleistungen gestützt werden; dies gelte auch dann, wenn es sich um eine bekannte Marke handle.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, daß auch bei divergierenden Produktklassen - wie hier - von einer Ähnlichkeit der Dienstleistungen bzw Dienstleistungen und Waren auszugehen sei. In diesem Zusammenhang sei der herausragende Bekanntheitsgrad der Wortmarke "FOCUS" zu berücksichtigen. Dieser gründe sich auf 27 eingetragene und mehrere angemeldete Marken in Deutschland, welche die Bezeichnung "FOCUS" allein oder in Verbindung mit anderen Worten beinhalte. Der umfassende Schutz der Bezeichnung "FOCUS" lege es nahe, daß der Verkehr die angegriffene Marke der Beschwerdegegner ebenfalls der Beschwerdeführerin zuordne.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 vom 6. September 1999 aufzuheben und die Wort-/Bildmarke in Farbe 2 909 795 "FOCUS Immobilien" zu löschen.

Die Markeninhaber haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Sie haben jedoch im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vorgetragen, daß kein Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und den Dienstleistungen der Widersprechenden bestehe. Die Widersprechende versuche einen generellen Schutz für ein in vielen Bereichen genutztes Wort zu reklamieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen der angemeldeten Marke und der Widerspruchsmarke besteht keine Gefahr von Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu erfolgen hat, ist von einer Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren bzw Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Danach kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - attache/tisserand; MarkenR 2000, 138, 139 - Cetof/Etop; MarkenR 2000, 319, 321 - Frenorm/Frenon). Ob die sich gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen ähnlich sind und welcher Grad von Ähnlichkeit besteht, ist anhand objektiver Merkmale zu ermitteln, insbesondere nach ihrer Art und Beschaffenheit, ihren regelmäßigen Herstellungs- und Vertriebsstätten, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung als einander ergänzende oder miteinander konkurrierende Waren oder Dienstleistungen (BGH GRUR 1995, 216, 219 "Oxygenol II"; WRP 1998, 747 - Garibaldi). Fehlt es an jeglichen objektiven Berührungspunkten zwischen den Waren/Dienstleistungen, die beim Verkehr zu der Annahme einer gleichen betrieblichen Herkunft oder zumindest einer Herkunft aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen führen können, ist eine Ähnlichkeit zu verneinen (EuGH Mitt 1998, 427 - Canon). Ordnet der Verkehr die mit der jüngeren Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen die im Unternehmen des Inhabers der älteren Marke allein deshalb zu, weil die ältere Marke bekannt ist, liegt eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht vor. Der Schutz einer bekannten Marke außerhalb des Ählichkeitsbereichs der Waren oder Dienstleistungen kann dann nur im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Rufausbeutung gemäß § 9 Abs 1 Nr 3 MarkenG geltend gemacht werden (vgl Althammer/Ströbele/Klaka MarkenG, 6. Auflage, § 14 Rdz 21 ff.).

Zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke lassen sich keine gemeinsamen Merkmale feststellen, die den Verkehr unter Berücksichtigung der hinsichtlich des Wortbestandteils "FOCUS" bestehenden Markenidentität und der (unterstellten) Bekanntheit der Widerspruchsmarke zur Annahme einer gleichen betrieblichen Herkunft veranlassen können. Es ist nicht ersichtlich und von der Widersprechenden auch nicht substantiiert dargetan worden, daß die Dienstleistungen "Immobilienvermittlung, Schätzen von Immobilien und Wohnungsvermietung" der angegriffenen Marke mit den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden hinsichtlich Art, betrieblicher Herkunftsstätten und Abnehmerkreise irgendwelche Berührungspunkte aufweisen. Die Waren und die Dienstleistungen der Widersprechenden liegen auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Druckereierzeugnissen bzw Ton- und Bildaufzeichnungen. Die angesprochenen Verkehrskreise, hier der allgemeine Verkehr, gehen nicht davon aus, daß die betreffenden Dienstleistungen bzw Waren und Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder ggfs. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Zu einer anderen Beurteilung führt nach der Auffassung des Senats auch nicht der Vortrag der Widersprechenden, daß diese auch auf dem Dienstleistungssektor insbesondere im Immobilienbereich aktiv und dem Verbraucher bekannt sei, weil sie beispielsweise unter dem Stichwort "Immobilien" im Rahmen ihrer Internetpräszenz Dienste anbiete. Für die Frage der Verwechslungsgefahr des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG sind lediglich die Waren bzw Dienstleistungen von Bedeutung, für die die widersprechende Marke auch eingetragen ist. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist weiterhin der Vortrag der Widersprechenden bezüglich der überragenden Bekanntheit der Widerspruchsmarke nicht von Bedeutung. Soweit die Widersprechende insoweit - sich auf die Bestimmung des § 9 Abs 1 Nr 3 MarkenG stützend - einen Schutzumfang der Widerspruchsmarke außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs der für sie eingetragenen Dienstleistungen und Waren beansprucht, kann dieser nicht vor dem Patentamt oder Patentgericht mit einem Widerspruch geltend gemacht werden (§ 42 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG). Ansprüche gemäß § 9 Abs 1 Nr 3 MarkenG sind im Wege der Klage vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen (§§ 55, 51 MarkenG).

Jeder Beteiligte trägt die ihm erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)229-99.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 20.02.2001
Az: 33 W (pat) 229/99


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