Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. März 1997
Aktenzeichen: 6 U 134/96
(OLG Köln: Urteil v. 07.03.1997, Az.: 6 U 134/96)
1. Bietet die Deutsche Post-AG in einigen ihrer Filialen im Bereich einer deutschen Großstadt sog. ,Post-Cards", die in Ständern ausgelegt sind und ganz überwiegend Werbung für Unternehmen der verschiedensten Branchen enthalten, zur unentgeltlichen Mitnahme an, liegt hierin kein Verstoß gegen die Zugabeverordnung.
2. Eine unlautere Behinderung der Kläger - Verleger und Anbieter von Gruß-, Glückwunsch- und ähnlichen Karten - i.S. von § 1 UWG durch das Verschenken der sog. ,Post-Cards" liegt jedenfalls solange nicht vor, wie der Anteil der Karten ohne werbliche Angaben gegenüber denjenigen mit Werbeaufdrucken so gering ist, daß durch ihre Abgabe eine nennenswerte Beeinträchtigung (,Verstopfung") des Marktes für Gruß-, Glückwunsch- und ähnliche Karten nicht bewirkt wird.
Tenor
1.) Die Berufung der Kläger gegen das am 29.2.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 14 O 206/95 - wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.4.) Die Beschwer der Kläger wird auf 30.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beklagte ist das Nachfolgeunternehmen der früheren D. B. für
den Bereich der sog. "gelben Post". Seit 1995 werden in einigen
ihrer Filialen im Raum F. sog. "Post-Cards" in Ständern ausgelegt
und zur unentgeltlichen Mitnahme angeboten. Dabei handelt es sich
um farbig bedruckte Karten im Postkartenformat, die auf der
Rückseite - entsprechend einer Post- bzw. Ansichtskarte - ein
Adreßfeld und ein freies Feld zum Beschriften aufweisen. Der
Aufdruck auf der Vorderseite enthält bei dem ganz überwiegenden
Teil der Karten Werbung, und zwar in erster Linie für gewerbliche
Unternehmen unterschiedlicher Branchen, inzwischen aber auch für
caritative Organisationen wie z.B. Unicef. Vereinzelt finden sich
auch Karten mit freien Motiven, etwa der "frommen Helene" von
Wilhelm Busch oder dem Bild einer Katze. Wegen der Aufmachung der
Karten, von denen einige auch Doppelkarten sind, im einzelnen wird
auf die von der Beklagten als Anlage BB 3 mit der
Berufungserwiderung vorgelegten Exemplare Bezug genommen. Die
Aktion wird von der "D. P. Consult GmbH", der die Beklagte
Stellflächen für die Ständer zur Verfügung stellt, in
Zusammenarbeit mit den auf diese Weise Werbung treibenden
Unternehmen durchgeführt. Inzwischen wird die "Post-Card" bereits
in mehreren Großstädten angeboten. Bei entsprechender Akzeptanz
beabsichtigen die "D. P. Consult GmbH" und die Beklagte eine
weitere, möglicherweise bundesweite Ausdehnung des Angebotes.
Die Kläger bilden den nicht rechtsfähigen Verein
"Arbeitsgemeinschaft der Verleger und Hersteller von
Glückwunschkarten" (AGV). Sie verlangen mit dem vorliegenden
Verfahren die Unterlassung der vorstehend beschriebenen Aktion.
Zur Begründung haben sie die Auffassung vertreten, es liege ein
Verstoß gegen die ZugabeVO und gegen § 1 UWG vor. Die Beklagte
betreibe als Monopolist ruinösen Behinderungswettbewerb.
Die Kläger haben b e a n t r a g t,
die Beklagten unter Androhung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM für jeden Fall der
Zuwiderhandlung zu verurteilen, es zu unterlassen, in ihren F.er
Filialen Motivpostkarten mit historischen, fröhlichen, werblichen
und besinnlichen Motiven, später ergänzt um karitative Motive,
kostenlos an Besucher dieser Filialen abzugeben.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, zu der kostenlosen Abgabe der
Karten berechtigt zu sein.
Das L a n d g e r i c h t hat die Klage mit der Begründung
abgewiesen, ein Verstoß gegen die ZugabeVO liege wegen Fehlens der
erforderlichen Abhängigkeit des Nebengeschäftes von dem
Hauptgeschäft nicht vor und ein Verstoß gegen § 1 UWG sei deswegen
nicht gegeben, weil weder ein psychologischer Kaufzwang ausgeübt
werde, noch ein auf Vernichtung oder Verdrängung gerichteter
Wettbewerb vorliege.
Zur Begründung ihrer B e r u f u n g gegen dieses Urteil
wiederholen und vertiefen die Kläger ihren Vortrag, wonach die
Beklagte sowohl gegen § 1 der Zugabeverordnung, als auch gegen § 1
UWG verstößt, und stützen sich darüberhinaus nunmehr auch auf
Art.14 GG. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags hierzu, auf den
unten einzugehen ist, wird auf die Ausführungen in der
Berufungsbegründung und in dem Schriftsatz vom 16.12.1996 Bezug
genommen. Ihre erstmals in der Berufungsbegründung geäußerte
Ansicht, die Aktion der Beklagten verstoße auch gegen §§ 35 und 26
Abs.2 GWB, verfolgen die Kläger nach Hinweis des Senats auf
bestehende Bedenken gegen die Zuständigkeit nicht weiter.
Die Kläger haben zunächst auch im Berufungsverfahren
ausdrücklich noch alle bisher erschienen Karten und Motive zum
Gegenstand ihres Unterlassungsbegehrens gemacht und einen
dementsprechenden Antrag angekündigt, der sich lediglich durch die
beispielhafte Einblendung von Ablichtungen einzelner Karten und
ihrer Motive von dem von ihnen in erster Instanz gestellten Antrag
unterschied. In der mündlichen Berufungsverhandlung haben sie ihre
Berufung sodann dahin reduziert, daß sich diese nunmehr nur noch
gegen die Abweisung der Klage richtet, soweit diese solche Karten
betrifft, auf denen keine Werbung aufgebracht ist.
Die Kläger b e a n t r a g e n,
das Urteil des Landgerichts Bonn vom
29.2.1996 - 14 O 206/95 - abzuändern und die Beklagten unter
Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM für jeden Fall
der Zuwiderhandlung zu verurteilen, es zu unterlassen, in ihren
F.er Filialen Motivpostkarten mit historischen, fröhlichen, und
besinnlichen Motiven, später ergänzt um karitative Motive, wie
nachfolgend beispielhaft wiedergegeben also Karten, auf denen weder
auf der Vorder- noch auf der Rückseite werbliche Hinweise enthalten
sind, kostenlos an Besucher dieser Filialen abzugeben.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Auffassung aufrecht, wonach die Aktion nicht gegen
die von den Klägern angeführten Bestimmungen verstößt. Zu den -
wenigen - Karten ohne werbliche Hinweise, die allein noch im Streit
sind, behauptet sie unwidersprochen, diese würden nur in
Ausnahmefällen in einzelnen Filialen ausgelegt. Dies geschehe
nämlich nur dann, wenn für Karten mit werblichen Motiven nicht
genügend Aufträge von den - die Aktion finanzierenden - Werbekunden
vorlägen. Um in dieser Situation das für den Erfolg der Aktion
abträgliche Bild zu vermeiden, daß in den betreffenden Ständern
Lücken entstünden, würden diese mit den Karten aufgefüllt, die
keine werblichen Motive enthielten.
Nach Schluß der mündlichen Verhandlung, in der der Senat die
gütliche Beilegung des Rechtsstreits durch den Abschluß eines
Vergleichs angeregt hatte, haben die Kläger mit Schriftsatz vom
6.2.1997 beantragt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Zur
Begründung, wegen deren Einzelheiten auf jenen Schriftsatz
verwiesen wird, haben sie vorgetragen, im Zuge der
Vergleichsverhandlungen, die sich an die mündliche Verhandlung
angeschlossen hätten, sei ein Vergleich über den
streitgegenständlichen Anspruch zustandegekommen. Die Beklagte ist
diesem Antrag mit Schriftsatz vom 14.2.1997 entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
bis zur mündlichen Verhandlung vom 17.1.1997 gewechselten
Schriftsätze, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren, und auf die soeben erwähnten Schriftsätze vom 6.2. 1997 und
vom 14.2.1997 Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die
Klage ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, über den der
Senat zu befinden hat, begründet. Es besteht auch kein Grund, die
mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, weil - auch unter
alleiniger Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger hierzu - ein
Vergleich über den Streitgegenstand nicht geschlossen worden
ist.
Das beschriebene Verschenken der Karten verstößt zunächst nicht
gegen § 1 ZugabeVO.
Es ist schon sehr fernliegend, daß - wie dies für einen
Zugabeverstoß erforderlich wäre - die angesprochenen
Verkehrskreise, also die Postkunden der Beklagten in ihrer
Allgemeinheit, das Verschenken der Karten als eine Nebenleistung
der Beklagten zu einer in der späteren Beförderung der Karten zu
sehenden entgeltlichen Hauptleistung ansehen könnten. Selbst wenn
dies indes so sein sollte, könnten die Kläger sich aus den
nachfolgenden Gründen nicht mit Erfolg auf § 1 ZugabeVO
stützen.
Allerdings kann eine Zugabe auch dann vorliegen, wenn die
Nebenware - wie es hier allein in Betracht kommt - bereits vor
Abschluß des Hauptgeschäftes zugewendet wird (vgl.
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19.Aufl., § 1 ZugabVO, RZ
11). Eine Zugabe liegt aber nur vor, wenn die Abgabe der Nebenware
von dem Abschluß des Hauptgeschäftes abhängig ist, also nur gewährt
wird, wenn auch die Hauptware gekauft wird (vgl. Baumbach/Hefermehl
a.a.O., RZ 5 m.w.N.). Daran fehlt es.
Maßgeblich ist insoweit die Auffassung der Kunden der Beklagten,
an die sich das Angebot, die Karten unentgeltlich mitzunehmen,
richtet (vgl. Baumbach/Hefermehl a.a.O., RZ 8 m.w.N.). Diese meinen
indes nicht, sie dürften die Karten nur dann mitnehmen, wenn sie
sie später entgeltlich durch die Beklagte befördern lassen. Das
ergibt sich in erster Linie daraus, daß die Karten für jedermann
frei zugänglich in den betreffenden Filialen der Beklagten
ausliegen und ersichtlich ohne jegliche Bedingungen den Ständern
entnommen werden können. Die Beklagte verbindet die Abgabe der
Karten weder mit dem gegenüber den Kunden geäußerten Wunsch, noch
erst Recht mit der Bedingung, daß die Karten auch versandt werden.
Es kommt hinzu, daß für den einzelnen Kunden ersichtlich keine
Kontrolle darüber stattfindet, wie er die Karten verwendet.
Ausgehend hiervon könnte ein Verstoß gegen die ZugabeVO nur dann
näher in Betracht kommen, wenn die Karten überhaupt nur zu dem
Zweck der Versendung als Postkarten entnommen, also nicht anders
verwendet werden könnten. Denn dann läge - zumindest noch bis zum
Ende des Postmonopols - die notwendige Abhängigkeit deswegen vor,
weil mit der entgeltlichen Beförderung der Karten nur die Beklagte
beauftragt werden darf.
Es kann indes keine Rede davon sein, daß die einzige
Verwendungsmöglichkeit für die Karten in deren Versendung läge. Der
Kunde kann die Karte, etwa wegen des als schön empfundenen Motivs,
selbst behalten und z.B. als Lesezeichen oder zu anderen Zwecken
verwenden. Er kann sie aber auch Dritten zukommen lassen, ohne sie
von der Beklagten befördern zu lassen, indem er sie selbst - z.B.
in Verbindung mit einem Geschenk - diesem übergibt. Schließlich
müßte die Abhängigkeit auch dann verneint werden, wenn man annehmen
müßte, daß Teile der Postkunden derartige alternative
Verwendungsmöglichkeiten nicht erkennen. Denn jedenfalls ist auch
diesen Kunden bewußt, daß sie nicht verpflichtet sind, die Karte
später tatsächlich zu versenden, sondern daß die Möglichkeit
besteht, sie stattdessen einfach wegzuwerfen oder auf sonstige
Weise zu vernichten. Das ergibt sich ohne weiteres aus der bereits
erwähnten Tatsache, daß die Abgabe der Karten an keine Bedingungen
geknüpft ist und überdies auch erkennbar nicht einmal der Versuch
gemacht wird, die Kunden hinsichtlich der Verwendung der Karten zu
beeinflußen oder gar zu kontrollieren.
Der Senat sieht hierzu von weiteren Ausführungen ab, weil die
Kläger selbst nicht behaupten, die Postkunden gingen davon aus,
eine Karte nur entnehmen zu dürfen, wenn sie diese später auch
versenden. Die Kläger tragen nämlich in diesem Zusammenhang
lediglich vor, daß sich für diejenigen Kunden, die die Karten
tatsächlich versenden wollten, wegen des Postmonopols der Eindruck
der Abhängigkeit der Abgabe der Karte von deren späterer
Beförderung ergebe. Das reicht indes für einen Zugabeverstoß nicht
aus, weil dieser voraussetzt, daß jegliche Entnahme von der
späteren Beförderung abhängig ist, und dies angesichts der
aufgezeigten verbleibenden Möglichkeiten, die Karte zu anderen
Zwecken zu verwenden, nicht der Fall ist.
Ungeachtet der - zweifelhaften - Frage, ob die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, scheitert ein
Unterlassungsanspruch aus § 1 ZugabeVO damit jedenfalls an der
fehlenden Abhängigkeit der etwaigen Nebenleistung von der etwaigen
Hauptleistung.
Die angegriffene Aktion verstößt auch nicht gegen § 1 UWG.
Insbesondere stellt sie keine sittenwidrige Behinderung der Kläger
dar.
Es kann allerdings keinem Zweifel unterliegen, daß diese durch
das Verschenken der Karten in ihrer Geschäftstätigkeit insofern
behindert werden, als ihnen potentielle Kunden verlorengehen. Das
allein macht die angegriffene Aktion aber nicht unlauter, weil die
Behinderung des Wettbewerbers dem Marktgeschehen immanent ist. Es
müßten daher zusätzliche Merkmale vorliegen, die die Behinderung
als im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig erscheinen lassen. Hierfür
genügt indes weder die Tatsache, daß die Karten verschenkt werden,
noch daß dies durch ein marktstarkes Unternehmen geschieht, das
sich ansonsten nicht mit dem - entgeltlichen - Vertrieb von
Postkarten beschäftigt.
Das Verschenken von Waren oder Leistungen zu Zwecken des
Wettbewerbs ist nach gefestigter Rechtsprechung (vgl.die
umfangreichen Nachweise bei Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht,
19. Aufl., § 1 UWG, RZ 93), von der abzuweichen kein Anlaß besteht,
nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig. Das Verschenken von
Originalware, um das es sich im vorliegenden Fall handelt, ist
allerdings dann als unlauter zu mißbilligen, wenn es massenweise
geschieht und zu einer Marktverstopfung führt, die dem Wettbewerber
für eine nicht unerhebliche Zeit die Möglichkeit nimmt, sich am
Wettbewerb zu beteiligen (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a. O. RZ 856
m.w.N.). Diese Vorausetzung ist indes durch das Verschenken der
noch im Streit befindlichen Karten nicht erfüllt.
Es ist bei weitem nicht so, daß jene Karten massenweise
verschenkt würden und durch diese Verteilung eine Marktverstopfung
eingetreten sei oder auch nur drohe.
Nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der Beklagten
enthält die von ihr vorgelegte Anlage BB 3 Karten mit zumindest
nahezu allen bisher erschienen Motiven. Von diesen mehreren Dutzend
Karten weisen - selbst bei Einrechnung auch der Zweifelsfälle wie
den Karten, die auf die Ausstellung aus Anlaß des 125-jährigen
Jubiläums der Postkarte in Deutschland hinweisen - allenfalls 10 %
keine werblichen Hinweise auf und unterliegen damit der Beurteilung
durch den Senat. Mit diesen Karten kann indes durch die Aktion der
Beklagten, so wie sie derzeit durchgeführt wird, eine
Marktverstopfung nicht bewirkt werden. Die Beklagte hat
nachvollziehbar und unwiderprochen vorgetragen, daß die Karten ohne
werblichen Hinweis lediglich dann angeboten werden, wenn für eine
ihrer Filialen oder einen bestimmten Bereich nicht genügend
Aufträge für Karten mit derartigen Hinweisen, die den eigentlichen
Gegenstand der Aktion ausmachen, vorhanden sind. Die Karten ohne
Werbung werden in dieser Situation in die Ständer gefüllt, um ein
lückenhaftes Erscheinungsbild des Ständers zu vermeiden. Jedenfalls
solange die Beklagte diese Praxis beibehält, droht eine
Marktverstopfung ersichtlich nicht. Denn sie füllt nach ihrer
Darstellung nur einzelne sonst entstehende Lücken mit jenen Karten,
während die Karten mit werblichen Hinweisen die weit überwiegende
Anzahl der in dem einzelnen Ständer angebotenen Karten bilden. Es
gibt damit nicht nur wesentlich mehr Karten mit werblichen
Hinweisen als solche ohne Werbung, sondern es werden auch in den
einzelnen Ständern ganz überwiegend die Karten mit Werbung und nur
in geringem Umfang solche ohne werbliche Hinweise ausgelegt.
Letzteres ist - wie dargestellt - unstreitig und könnte im übrigen
schon deswegen auch kaum anders sein, weil die Aktion von den
betreffenden Unternehmen und Organisationen finanziert wird und
diese ihrerseits Wert auf die Auslage gerade der Karten legen, mit
denen Werbung für sie betrieben wird.
Vor diesem Hintergrund kann eine Verurteilung auch nicht mit der
Begründung erfolgen, es drohe eine Ausweitung der Aktion bis hin
zur bundesweiten Abgabe der Karten in den Filialen der Beklagten.
Denn auch wenn im örtlichen Bereich jeder Postfiliale in
Deutschland in dem beschriebenen Umfang Karten ohne werbliche
Motive verschenkt werden sollten, würde dies nichts daran ändern,
daß die Zahl der verschenkten Karten eine Verstopfung des örtlichen
Marktes, also des Marktes, auf dem die Kunden jener Filiale der
Beklagten ihren Bedarf decken, nicht bewirken könnte. Die Frage der
Marktverstopfung ist allerdings möglicherweise dann anders zu
beantworten, wenn die Beklagte doch dazu übergehen sollte, in ihren
einzelnen Filialen in größerem Umfange als bisher Karten ohne
werbliche Hinweise zu verschenken. Dies wäre indes in einem
etwaigen zukünftigen Rechtsstreit zu klären. Im vorliegenden
Verfahren kann und muß die Frage auf sich beruhen, weil
Anhaltspunkte für eine dahingehende Erstbegehungsgefahr nicht
bestehen, zumal die dargelegten Interessen der werbungtreibenden
Auftraggeber einer Vergrößerung der Zahl der Karten ohne Werbung
sogar entgegenstehen.
Die Voraussetzungen, unter denen das Verschenken der Karten als
unlauterer Behinderungswettbwerb zu qualifizieren sind, sind auch
nicht deswegen zu Gunsten der Kläger geringer anzusetzen, weil es
sich bei der Beklagten um ein marktstarkes Unternehmen handelt, das
zudem ansonsten keine derartigen Karten vertreibt und im Bereich
seiner eigentlichen Tätigkeit sogar ein Monopol innehat. Die
Marktstärke eines Unternehmens an sich und auch dessen
Monopolstellung können - worauf sogleich zurückzukommen ist -
kartellrechtliche Ansprüche auslösen. Sie geben indes keinen Anlaß,
ein Verhalten, das sich - wie die Aktion der Beklagten - für sich
genommen nicht als unlauter darstellt, nur deswegen als
wettbewerbswidrig anzusehen, weil es von einem marktstarken
Unternehmen ausgeht, das in einem anderen Marktbereich sogar ein
Monopol innehat (Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 1 Rz. 876, 877).
Ebenso gibt das Grundrecht aus Art.14 Abs.1 GG keinen Anlaß, die
durch die Aktion entstehende Behinderung bereits als unlauter
anzusehen. Ungeachtet der übrigen Voraussetzungen, unter denen
Art.14 GG als Grundrecht auch im Verhältnis zwischen privaten
Parteien wie denjenigen des vorliegenden Rechtsstreits Wirkungen
entfalten kann, liegt das von den Klägern zur Begründung eines
angeblichen Grundrechtsverstoßes behauptete "Entziehen der
Grundlage ihres wirtschaftlichen Handelns" angesichts der oben
dargelegten Zahlenverhältnisse durch das Verschenken der Karten
ersichtlich nicht vor.
Schließlich weist der Senat darauf hin, daß die
Wettbewerbswidrigkeit nicht etwa dann zu bejahen wäre, wenn noch -
wie zu Beginn des Verfahrens - sämtliche Karten, also auch
diejenigen mit werblichen Hinweisen, im Streit wären. Es würden
sich dann zwar die Zahlenverhältnisse anders darstellen, die Karten
mit Werbung könnten aber bei der Beurteilung der Frage einer
Marktverstopfung nicht oder allenfalls mit einem minimalen, in der
Gesamtbeurteilung zu vernachlässigenden Anteil berücksichtigt
werden, weil derartige Karten zumindest in aller Regel keinen
Ersatz für herkömmliche Bild-, Gruß- oder ähnliche kommerziell
vertriebenen Karten darstellen können.
Óber etwaige Ansprüche der Kläger aus §§ 26 Abs.2, 35 GWB wird
mit der vorliegenden Entscheidung nicht befunden.
Da die Kläger auf den Hinweis des Senats auf diesbezügliche
Bedenken gegen seine Zuständigkeit Ansprüche aus diesen
Bestimmungen nicht weiter verfolgen, ist weder abschließend über
die Entscheidungskompetenz des Senats, noch darüber zu entscheiden,
ob verneinendenfalls der Rechtsstreit gem. § 96 Abs.2 GWB
auszusetzen wäre.
Ein Anlaß, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, besteht
nicht. Insbesondere ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger in deren
Schriftsatz vom 6.2.1997 nicht, daß im Zuge der Verhandlungen
zwischen den Parteien, die nach der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat stattgefunden haben, ein Vergleich über die Klageforderung
geschlossen worden wäre.
Der Senat hat mit Blick auf die Bestimmung des § 154 Abs.2 BGB
schon erhebliche Zweifel, ob den während der Verhandlungen
wechselseitig abgegebenen Erklärungen der Parteien überhaupt
Bindungswirkung zukommen sollte, obwohl ein etwaiger Vergleich -
schon zum Zwecke der Schaffung eines vollstreckbaren Titels - noch
von dem Senat protokolliert werden sollte. Dies mag jedoch
dahinstehen. Ein Vergleich ist jedenfalls deswegen nicht
zustandegekommen, weil es an dem Vorliegen zweier übereinstimmender
Willenserklärungen fehlt.
Die Beklagte hat zunächst, nämlich mit Schreiben vom 30.1.1997,
den Abschluß eines in der Hauptsache dem Vorschlag des Senats
entsprechenden Vergleiches mit einer Kostenregelung von 9/10 zu
1/10 zu Lasten der Kläger angeboten. Dieses Angebot haben die
Kläger nach ihrem eigenen Vortrag nicht angenommen. Nach diesem
Vortrag hat ihr Prozeßbevollmächtigter zunächst den
Prozeßbevollmächtigten der Beklagten angerufen, um zu erfahren, ob
in der Kostenfrage noch Spielraum sei. Hierin liegt eine
Annahmeerklärung nicht. Sodann hat er unter dem 31.1.1997
schriftlich auf den Vorschlag reagiert und seinerseits mit der
Bitte um baldmögliche Stellungnahme zum "diesseitigen
Gegenvorschlag" eine abweichende, für die Kläger günstigere
Kostenregelung vorgeschlagen. Hierin liegt eine Annahme des
Angebotes unter Abänderungen, die nach § 150 Abs.2 BGB als
Ablehnung und neues Angebot gilt.
Bei ihrem Gegenvorschlag handelte es sich entgegen ihrer
Auffassung nicht - wie dies in Ausnahmefällen allerdings denkbar
ist (vgl. BGH WM 82,1329,1330; Soergel-Wolf, BGB, 12.Aufl., § 150
RZ 12; Erman-Hefermehl, BGB, 9.Aufl., § 150 RZ 3, jew. m.w. N.) -
lediglich um einen rechtlich unverbindlichen Wunsch der Kläger.
Diese haben insbesondere nicht zum Ausdruck gebracht, daß sie bei
einer Ablehnung dieses Wunsches den Vergleich zu den von der
Beklagten vorgeschlagenen Bedingungen anzunehmen bereit seien. Denn
so ist ihr Schreiben vom 31.1.1997 nicht zu verstehen. In diesem
Schreiben ist ausdrücklich von einem "diesseitigen Gegenvorschlag"
sowie davon die Rede, daß die Kläger "zu einem Nachgeben ...
bereit" seien. Diese Formulierungen ließen aus der maßgeblichen
Sicht der Beklagten als Empfängerin nur den Schluß zu, daß die
Kläger nicht bereit waren, ihren Vorschlag zu akzeptieren. Das gilt
umsomehr, als das Schreiben von dem Prozeßbevollmächtigten der
Kläger stammte und die Beklagte davon ausgehen konnte, daß dieser
in seiner Funktion als rechtlich erfahrener Interessenvertreter die
Absichten der Kläger so formulieren würde, wie sie gemeint
waren.
Schließlich konnte die Beklagte auch den vorangegangenen
Erklärungen der Kläger nicht entnehmen, daß deren Schreiben vom 31.
1.1997 entgegen seinem eindeutigen Wortlaut nur einen Wunsch
enthalten sollte, dem keine rechtliche Bedeutung zukam. Aus dem
Vortrag der Kläger ergibt sich nämlich nicht, daß diese der
Beklagten etwa vorher mitgeteilt hätten, sie würden einen
Vergleich, wenn er in der Hauptsache den von dem Senat
vorgeschlagenen Inhalt habe, hinsichtlich der Kosten auch zu den
von ihr vorgeschlagenen Bedingungen akzeptieren. Allein daß der
Senat geraten hat, den vorgeschlagenen Vergleich nicht an der
Kostenfrage scheitern zu lassen, und die Kläger in der mündlichen
Verhandlung großen Wert auf den Abschluß des Vergleichs gelegt
haben mögen, belegt dieses unbedingte Einverständnis hinsichtlich
der Kosten nicht. Ein solches hat der Prozeßbevollmächtigte der
Kläger ausweislich des Vortrags in dem Schriftsatz vom 6.2.1997
auch nicht in dem Telefonat vom 30.1.1997 erklärt.
Damit liegt ein Fall des § 150 Abs.2 BGB vor, und ist ein
Vergleich nicht zustandegekommen, weil die Beklagte das in dem
Schreiben der Kläger vom 31.1.1997 zu sehende neue Angebot mit
Schreiben vom 5.2.1997 abgelehnt hat.
Ohne Erfolg berufen sich die Kläger in diesem Zusammenhang
schließlich auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es
ist angesichts der bestehenden Vertragsfreiheit, die auch das Recht
enthält, Verträge, also auch Vergleiche, nicht abzuschließen,
äußerst zweifelhaft, ob die Beklagte - wie die Kläger meinen - mit
Rücksicht auf § 242 BGB verpflichtet gewesen sein könnte, ihnen vor
dem Abbruch der Verhandlungen mitzuteilen, daß in der Kostenfrage
kein Spielraum sei, und so ihr Angebot nochmal zu erneuern bzw.
aufrechtzuerhalten. Die Frage kann indes offenbleiben. Denn dies
kommt - wenn überhaupt - allenfalls unter ganz engen
Voraussetzungen in Betracht, die im vorliegenden Verfahren
jedenfalls nicht erfüllt sind.
Unter den gegebenen Umständen bestand eine derartige
Verpflichtung der Beklagten bereits deswegen nicht, weil die
Kläger, wie schon ausgeführt worden ist, gerade nicht zum Ausdruck
gebracht hatten, notfalls auch die Bedingungen der Beklagten zu
akzeptieren.
Nach alledem besteht eine Anlaß zur Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung nicht und ist die Berufung, soweit sie nicht
bereits in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist,
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1, 515 Abs.3
ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 713 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Kläger
entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für das Berufungsverfahren:
bis zur teilweisen Rücknahme der Berufung im Termin vom
17.1.1997: 300.000 DM,
anschließend: 30.000 DM.
Seit die Kläger lediglich noch das Verschenken der Karten ohne
werbliche Hinweise beanstanden, beträgt der Wert ihres Anspruches
aus den oben bei der Erörterung der Frage der Wettbewerbswidrigkeit
dargelegten Gründen 10 % der ursprünglichen Klageforderung.
OLG Köln:
Urteil v. 07.03.1997
Az: 6 U 134/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b16c47a7db74/OLG-Koeln_Urteil_vom_7-Maerz-1997_Az_6-U-134-96