Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2011
Aktenzeichen: 12 W (pat) 348/06

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2011, Az.: 12 W (pat) 348/06)

Tenor

1.

Es wird festgestellt, dass der am 22. Juni 2006 eingegangene Einspruch unzulässig ist.

2.

Nach Rücknahme des unzulässigen Einspruchs ist das Ein spruchsverfahren beendet.

Gründe

I.

Das am 1. Juli 2002 angemeldete Patent 102 29 554 ist unter der Bezeichnung "Multifunktionaler Laufwagen, insbesondere für den Transport von schweren Lasten" mit 9 Patentansprüchen erteilt worden. Veröffentlichungstag der Erteilung ist der 23. März 2006.

Patentanspruch 1 lautet:

1. Laufwagen zum Transport schwerer Lasten, -der auf einem ersten Seil in Ausbildung eines ruhenden Tragseils anbringbar und mit einer Tragseilklemme sicherbar ist, -der über eine externe Zugeinrichtung fahrbar ist, --wobei dieser Laufwagen ein erstes und ein zweites Ende aufweist, -an dessen erstem Ende ein zweites Seil einführbar ist, das von der Zugeinrichtung in den Laufwagen und über eine Hubrolle führbar ist und an dessen freiem Ende eine Last anbringbar ist, -in dem eine Zugseilklemme vorgesehen ist, die das zweite Seil für die Bewegung des Laufwagens klemmen kann, -der Laufwagen (1) eine Keilscheibe (9) aufweist,

-die Keilscheibe (9) an einen Seilspeicher (10) gekoppelt ist, -ein auf der ersten (3) und zweiten (13) Seite Einführungsbereiche (22) für ein drittes und viertes Seil vorhanden sind, -ein drittes Seil (18,21) von der ersten und oder zweiten Seite (3, 13) auf den Seilspeicher (10) wickelbar ist, -zwei Andruckelemente (6) vorhanden sind, die jeweils aus einer Führungsrolle (5) und mindestens einer weiteren Druckrolle (8) bestehen, -welche bei einer ersten Seilführung des zweiten Seiles (4) das zweite Seil (4) lediglich führen, wobei die Keilscheibe (9) unbenutzt bleibt und -bei einer zweiten Seilführung des zweiten Seiles (4) das zweite Seil (4) über die Führungsrolle (5) des ersten Andruckelements (6) auf die Keilscheibe (9) führbar ist, dort angedrückt von den Druckrollen (8) beider Andruckelemente (6) mindestens teilweise um den Umfang der Keilscheibe (9) führbar ist und über die Führungsrolle (5) des zweiten Andruckelements (6) abführbar ist.

Hinsichtlich der unmittelbar oder mittelbar von Patentanspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen das Patent richtet sich der am 22. Juni 2006 eingegangene und am 16. Februar 2007 zurückgezogene Einspruch des Herrn M.... Mit ihm wird der Widerruf des Patents wegen fehlender Neuheit und mangelnder Patentfähigkeit begehrt (§ 21 Abs 1 Nr 1 PatG).

Der Einspruch ist wie folgt begründet:

"Entgegenhaltungen zu Patent Nr, 102 29 554 B4 2006 .03.23 Dieses Patent beruht nicht auf ERFINDERISCHER TÄTIGKEIT sondern ist eine Zusammenstellung von bewährten Systemen aus dem Laufwagenbau! (SHERPA, Koller Austria, Wyssen, Hinteregger und Steyer Laufwagen vom KSK)

Zu Anspruch Nr. 2 Beim Laufwagen SHERPA-U ist das auch so!

Beweis: Kopie Prospekt Sherpa und Fotos Zu Anspruch Nr. 3 Beim Laufwagen SHERPA-U werden die Andruckelemente auch Federartig angedrückt! Beim US-Patent 5.975.319 ist auch eine Anpressfeder! Beim Wyssen HY3-3Seilausspuler wird das Andrückelement auch Federartig angedrückt! Beim Hinteregger Universal Laufwagen ist ein Hydraulikzylinder und eine Feder zum andrücken!

Beweis: Kopie Prospekt Sherpa und Fotos US-Patent 5.975.319 Zeichnung von Wyssen HY3-3Seilausspuler Kopie Prospekt von Hinteregger Universal Laufwagen Zu Anspruch Nr. 4-7 Ist Stand der Technik siehe Anspruch 2+3 Zu Anspruch Nr. 7+8 Der Hinteregger Universal Laufwagen hat auch zwei Druckrollen! Der Laufwagen SHERPA-U hat auch zwei Druckrollen!

Beweis: Kopie Prospekt von Hinteregger Universal Laufwagen Kopie Prospekt Sherpa und Fotos Zu Anspruch Nr. 9 Der Laufwagen SHERPA-U hat auch zwei separate Rillen und eine Führungsrolle!

Beim US-Patent 5.975.319 sind auch mehrere Rillen!

Beweis: Kopie Prospekt Sherpa und Fotos US-Patent 5.975.319"

Die Kopien der genannten Prospekte sowie die genannten Fotos sind beigefügt.

Die Patentinhaberin beantragt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

Sie ist der Ansicht der Einspruch sei unzulässig, da es an einer substantiierten Einspruchsbegründung fehle. Eine bloße Nennung von Offenlegungsschriften sowie irgendwelchen Dokumenten oder Fundstellen sonstiger Veröffentlichungen reichten in aller Regel nicht aus. Es fehle gänzlich an einer Darlegung der technischen Zusammenhänge und der daraus vom Einsprechenden gezogenen Folgerungen.

II.

Das Einspruchsverfahren ist beendet, denn der einzige, inzwischen zurückgenommene Einspruch ist unzulässig.

Zwar führt die Rücknahme eines Einspruchs in der Regel nicht zur Beendigung des Verfahrens, da nach § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG das Verfahren von Amts wegen ohne den Einsprechenden fortgesetzt wird, wenn der Einspruch zurückgenommen wird. Die Rücknahme des einzigen unzulässigen Einspruchs führt jedoch zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Sachprüfung, weil für dessen Durchführung ein zulässiger Einspruch unverzichtbare Voraussetzung ist (Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 61 Rdn. 29).

Die Einsprechende hat ihren Einspruch gemäß § 59 Abs 1 Satz 3 PatG auf die Widerrufsgründe der mangelnden Patentfähigkeit gestützt (§ 21 Abs 1 Nr 1 PatG).

Weitere Voraussetzung für einen zulässigen Einspruch ist es, die ihn rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Einspruchsfrist "im Einzelnen" anzugeben (§ 59 Abs. 1 S. 2,4,5, PatG). Eine Einspruchsbegründung genügt dieser Anforderung nur dann, wenn sie die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass der Patentinhaber und insbesondere das Deutsche Patentund Markenamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können. Der Vortrag muß erkennen lassen, dass ein bestimmter Sachverhalt behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann (vgl BGH GRUR 1997, 740 -Tabakdose). Ob die Tatsachen den Widerruf auch tatsächlich rechtfertigen, ist alsdann keine Frage der an die Einspruchsschrift zu stellenden förmlichen Anforderungen mehr, sondern eine solche der Begründetheit (BGH GRUR 2009, 1098 -Leistungshalbleiterbauelement).

Den Anforderungen an die substantiierte Darlegung des Einspruchsgrunds wurde der Einspruch nicht gerecht.

Ein Einspruch ist unzulässig, wenn er sich nicht an der Erfindung in ihrer Gesamtheit orientiert, sondern sich nur mit Teilen, Teilaspekten oder Teillehren befasst (Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 59 Rdn. 97). Die Begründung des Einspruchs muss sich zumindest mit dem Kern der Erfindung auseinandersetzen (Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 61 Rdn. 108 und Rdn. 98).

Der Einsprechende hat vorliegend zu Anspruch 1 nichts Konkretes ausgeführt, sondern lediglich behauptet, das Patent sei eine Zusammenstellung von bewährten Systemen. Hinsichtlich der Ansprüche 2 bis 9 werden lediglich Teilaspekte angesprochen. Technische Sachverhalte, die bei einem Fachmann wie dem Patentinhaber und dem Patentamt vorausgesetzt werden können, bedürfen zwar keiner Darlegung, jedoch zeigen die vorgelegten Unterlagen nicht ohne weiteres, aus welchen konkreten Gründen der Einsprechende das Patent 102 29 554 wegen der genannten Entgegenhaltungen als nicht neu oder nicht erfinderisch ansieht.

Der Senat stellt daher fest, dass der Einspruch unzulässig ist und das Einspruchsverfahren nach Rücknahme des unzulässigen Einspruchs beendet ist.

Schneider Bayer Schlenk Baumgart Me






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