Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 92/02

(BPatG: Beschluss v. 12.02.2004, Az.: 25 W (pat) 92/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung NICE EVENING ist am 29. Februar 2000 für

"Diätetische Lebensmittel und Getränke für den medizinischen Gebrauch; diätetische Süßungsmittel für den medizinischen Gebrauch; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere nichtalkoholische Getränke; Fruchtsäfte, künstliche Süßstoffe enthaltende Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate zur Herstellung von Getränken"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Mit Beschluß vom 6. Februar 2001 hat die Markenstelle durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung nach Beanstandung und Rückäußerung durch die Anmelderin als nicht unterscheidungskräftige und auch freihaltungsbedürftige Angabe gemäß 8 Abs 2 Nrn 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Der Großteil des angesprochenen Publikums werde die angemeldete Bezeichnung in der Bedeutung "Schöner Abend" verstehen. Auch wenn eine beschreibende Verwendung dieses Ausdrucks nicht belegt werden könne, handele es sich um eine Bestimmungsangabe in dem Sinne, dass die angemeldeten Waren vorwiegend für den Abend bestimmt seien. Im Rahmen bestimmter Diäten könne es nämlich auf eine bevorzugte Einnahmezeit ankommen. Ferne fehle der Bezeichnung auch jegliche Unterscheidungskraft, denn der Verkehr sehe in ihr als leicht verständliche Werbeaussage keinen betrieblichen Herkunftshinweis.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde mit Beschluß der Markenstelle vom 25. Februar 2003 durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen. Die angemeldete Angabe werde vom Verkehr nicht als Hinweis auf ein Unternehmen, sondern als Zeitangabe im Sinne von "Schöner Abend" aufgefasst, weswegen ihr die notwenige Unterscheidungskraft fehle. Ferner bestehe ein Freihaltungsbedürfnis, da sowohl für Diabetiker als auch im Rahmen einer Diät die Nahrungsaufnahme zu einer bestimmten Tageszeit eine wichtige Rolle spiele. Das Publikum werde daher davon ausgehen, dass die so gekennzeichneten Waren besonders für einen Gebrauch am Abend geeignet seien.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt die Anmelderin sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patents- und Markenamts vom 6. Februar 2000 und vom 25. Februar 2002 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass zB die Marken "Schöne Stunden Tee" und "Gute Stimmung Tee" eingetragen worden seien. Ebenso wie bei der für Waren der Klasse 3 eingetragenen Marke "Guten Morgen" werde auch die angemeldete Bezeichnung als Grußformel verstanden. Es handele sich nicht um eine beschreibende Angabe, denn für den Hinweis auf eine Anwendung am Abend hätte der Markenbestandteil "EVENING" ausgereicht. Der zusätzliche Bestandteil "NICE" führe gerade vom beschreibenden Aussagegehalt weg. Die angemeldete Bezeichnung sei auch nicht freihaltungsbedürftig, da die Wortkombination von den Mitbewerbern nicht benötigt werde.

Darüber hinaus regt die Anmelderin an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vorliege, ob Grußformeln, die aus zwei an sich schutzunfähigen Bestandteilen, nämlich einer Zeitangabe und einem weiteren für sich gesehen schutzunfähigen Bestandteil bestehen, in ihrer Gesamtheit als schutzfähig anzusehen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Markenstelle hat die angemeldete Bezeichnung im Ergebnis zutreffend als schutzunfähige Wortkombination angesehen und ihr die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft zu Recht verweigert, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, wobei nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist, dh jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muß vielmehr streng und vollständig ausfallen (vgl EuGH WRP 2003, 735 - Libertel Groep - Farbe Orange). Der Senat versteht "streng" in diesem Zusammenhang eher im Sinne von vollständig (PAVIS PROMA Kliems 25 W(pat) 168/01 - High Care; 25 W(pat) 264/01 - webdesigner). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (vgl EuGH GRUR 2001, 1148, Tz 22, 29 - Bravo; BGH MarkenR 2002, 86 - AC).

Unabhängig davon, ob und gegebenenfalls welche der angemeldeten Produkte mit dieser Aussage konkret beschrieben werden könnten, kann sich das Eintragungshindernis nicht nur daraus ergeben, welchen Bezug die Bezeichnung zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hat, sondern auch daraus, dass das Publikum im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der Produkte/Dienstleistungen in der fraglichen Bezeichnung oder Wortkombination eine Sachinformation erkennt (vgl BGH MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft; BPatG MarkenR 2002, 299 - OEKOLAND; EuG GRUR Int. 2001, 556 - CINE ACTION; GRUR Int. 2001, 864 - CINE COMEDY).

Der BGH hat für die Prüfung der Unterscheidungskraft bei Wörtern oder Wortkombinationen weiter darauf abstellt, ob ihnen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender Begriffgehalt zugeordnet werden kann und/oder ob es sich um ein sonst gebräuchliches Wort bzw eine Wortkombination der deutschen Sprache bzw um entsprechend geläufige Begriffe aus einer fremden Sprache handelt, welche vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; WRP 2003, 1429 - Cityservice). So kann auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft fehlen.

Unter diesen Voraussetzungen ist die Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung unter dem Gesichtspunkt fehlender Unterscheidungskraft zu verneinen.

Die Bezeichnung besteht aus den englischen Wörtern "NICE" und "EVENING", die als einfache Wörter zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehören und auch allgemeinen Verkehrskreisen in der Übersetzung "Netter Abend" verständlich sind. Dabei handelt es sich um eine sprachüblich gebildete Wortkombination, nach Auffassung des Senats jedoch nicht um eine übliche Grußformel, wie die Anmelderin meint. Eine in diesem Sinne zu verstehende Redewendung lautete eher "good evening". Allenfalls liesse sich der angemeldete Ausdruck in der Wortfolge "have a nice evening" verwenden, was mit "einen schönen Abend noch" zu übersetzen wäre. Insoweit liegt eine andere Ausgangslage als bei offensichtlich erkennbaren Grußformeln wie "Guten Morgen" oder "Guten Abend" vor, denn die angemeldete Bezeichnung wird hier eher im Sinne einer Feststellung, nämlich dass es sich um einen schönen Abend handelt, gebraucht.

Wie bereits von der Markenstelle ausgeführt, gibt es bestimmte Lebensmittel bzw Getränke, die zu einer bestimmten Tageszeit verzehrt werden sollten, um eine besondere Wirkung zu erzielen oder auch zu vermeiden. Daneben können die hier beanspruchten Produkte auch in der Weise verwendet werden, dass sie zB durch ihre Beschaffenheit, ihre Exklusivität oder ihre Erscheinungsform zu einem "netten Abend" beitragen. In der Werbung wird häufig auf das Wohlbefinden, das sich nach Genuß entsprechender Waren einstellen soll, angespielt, wobei dieser oder allgemein der Wellness-Gedanke sich nicht nur auf besondere Sportler-Nahrung oder Nahrungsergänzungsmittel beschränkt, sondern auch normale Lebensmittel und vergleichbare Produkte wie Getränke umfassen kann. Die Bezeichnung "NICE EVENING" zielt bei diesem Verständnis darauf ab, eine positive Stimmungslage und eine entsprechende Erwartungshaltung des Publikums hervorzurufen, um die Aufmerksamkeit auf die jeweiligen Produkte zu lenken (vgl BGH GRUR 1976, 587 - HAPPY; BlPMZ 1998, 248 - TODAY; BPatG GRUR 1999, 331 - SURPRISE; PAVIS PROMA, Bender: HABM R 0044/00-3 vom 21.3.2001 - BEST BUY; PAVIS PROMA, Bender: HABM R 0088/99-1 vom 13.10.1999 - TODAY; PAVIS PROMA, Kliems: BPatG 32 W(pat) 273/99 vom 19.2.2000 - Plaisir du matin).

Die angemeldete Wortkombination vermittelt dem Publikum daher den Eindruck eines Werbeschlagworts bzw eines Werbeslogans, die in irgendeiner Art und Weise auf die Waren Bezug nehmen sollen, ohne dass damit deutlich wird, welche besonderen Eigenschaften hervorgehoben werden und ohne dass zugleich der Gedanke verbunden ist, mit der fraglichen Bezeichnung solle die Herkunft der Produkte aus einem bestimmten Unternehmen gekennzeichnet werden. Auch wenn nach ständiger Rechtsprechung die Anforderungen an die Eigenart einer Marke im Rahmen der Beurteilung, ob ein Wort oder eine Wortkombination Unterscheidungskraft zukommen kann, nicht überspannt werden dürfen und für sich genommen auch eher einfachen Aussagen ohne phantasievolle Eigenart nicht von vorneherein die Eignung fehlen muß, die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Betrieb zu identifizieren (vgl BGH MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft), spricht der Sinngehalt der angemeldeten Wortkombination dagegen, dass es sich hier um einen betrieblichen Herkunftshinweis handelt. Der Verkehr wird die angemeldete Bezeichnung daher stets nur als solche, nicht aber als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH WRP 2003, 1429 - Cityservice).

Inwieweit die Bezeichnung "NICE EVENING" auch einem Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG unterliegt, kann offen bleiben.

Soweit die Anmelderin auf nationale Voreintragungen verwiesen hat, die ihrer Auffassung nach mit der angemeldeten Bezeichnung vergleichbar sind, kommt diesem Umstand weder eine Bindungswirkung noch eine präjudizielle Bedeutung für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zu. Diese führen, wie auch die Anmelderin nicht verkennt, weder zu einer Selbstbindung der Behörde, die über die Schutzfähigkeit einer Marke als Rechtsfrage entscheidet, noch können sie einen Vertrauensschutz des Anmelders auf Wiederholung eines als unrichtig erkannten Verwaltungshandeln begründen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdnr 82, 262-266 mwN).

Auch hält der Senat die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde aus den gesetzlich genannten Gründen, insbesondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung, § 83 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG, nicht für angezeigt. Die getroffene Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer englischsprachigen Wortkombination wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von grundsätzlichen Natur auf.

Kliems Engels Sredl Na






BPatG:
Beschluss v. 12.02.2004
Az: 25 W (pat) 92/02


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