Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 21. Februar 2013
Aktenzeichen: I-2 U 58/11

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 21.02.2013, Az.: I-2 U 58/11)

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. Mai 2011 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist für die Beklagten wegen ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1 Million Euro festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 1 068 XXX (Klagepatent, Anlage K 13) betreffend eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf der angegriffenen Erzeugnisse, öffentliche Bekanntmachung des Urteils sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Leistung einer angemessenen Entschädigung (nur Beklagte zu 1) und zum Schadenersatz in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrundeliegende Anmeldung wurde am 26. Juni 2000 unter Inanspruchnahme der Priorität der Schweizer Patentanmeldung 129 399 vom 14. Juli 1999 eingereicht und am 17. Januar 2001 im Patentblatt veröffentlicht. Die Klagepatentschrift und der Hinweis auf die Patenterteilung sind am 25. Februar 2004 veröffentlicht bzw. bekannt gemacht worden. Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter (1) und einem auf das Spannfutter (1) aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger (25), ferner mit ersten Positioniermitteln (22, 23) am Spannfutter (1) und zweiten Positioniermitteln (29, 30) am Werkstückträger (25), welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1) positionieren, und mit einer Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28), deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält, dadurch gekennzeichnet, dass die ersten Positioniermittel konische Zentrierzapfen (22) und die zweiten Positioniermittel Vertiefungen in Form einer zweistufigen Nut (30) aufweisen, welche zwei Absätze (31a, 31b) besitzt, deren gegen das Innere der Nut (30) vorstehenden Kanten (32a, 32b) einen gegenseitigen Abstand besitzen, der etwas geringer ist als die Breite eines Zentrierzapfens (22) zwischen denjenigen Stellen gemessen, die bei in das Spannfutter (1) eingespanntem Werkzeugträger (25) die Kanten (32a, 32b) berühren.

Die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1,3 und 5 bis 7 der Klagepatentschrift zeigen ein Ausführungsbeispiel der unter Schutz gestellten Vorrichtung; das Spannfutter ist in Figur 1 perspektivisch und in Figur 7 als Schnittzeichnung dargestellt, während der Werkstückträger in Figur 3 perspektivisch und in Figur 5 als Schnittzeichnung wiedergegeben ist. Figur 6 zeigt die als Zentrierzapfen ausgebildeten ersten Positioniermittel am Spannfutter in Zusammenwirken mit den als zweistufige Nut mit zwei Absätzen ausgebildeten zweiten Positioniermitteln am Werkstückträger.

Zur Verhandlung über die unter dem 1. April 2011 eingereichte Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1. betreffend den deutschen Teil des Klagepatents (Anlage B 2) hat das Bundespatentgericht Termin auf den 24. September 2013 bestimmt.

Die Beklagte zu 1., deren Gründer und Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist (welcher zuvor Leiter der Entwicklungsabteilung der Klägerin war), bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Spannsysteme, zu denen ein Rollenspannsystem (nachfolgend Ausführungsform RCS) und ein segmentiertes Spannsystem (im folgenden Ausführungsform SCS) gehören. Die maßgeblichen Einzelheiten der Ausgestaltung der Ausführungsform RCS ist in wiedergegebenen Abbildung des als Anlage K 7 vorgelegten Prospektes der Beklagten zu 1., Seite 17 dargestellt. Der von oben gesehen zweite Bauteil ist der Werkstückträger; darunter befindet sich ein von dem Beklagten als Positionierring bezeichnetes Bauteil und darunter ein Spannfutter, zu dem nach Auffassung der Klägerin auch der Positionierring gehört.

Die nachfolgende auf Seite 7 des Kataloges und im Internetauftritt (Anlage K 15) befindliche Abbildung zeigt das Ineinandergreifen von Zapfen und Nut.

Bezüglich der Ausführungsform SCS zeigt die erste der nachfolgenden Abbildungen (Anlage K 7, Seite 26/27) als mittleres Teil den Werkstückträger und darunter das Spannfutter.

Die nachstehenden Abbildungen (Anlage K 7, S. 7 und 27 unten) zeigen das Zusammenwirken der Positioniermittel der Ausführungsform SCS

Die Klägerin meint, die vorstehend beschriebenen Erzeugnisse stimmten wortsinngemäß mit der technischen Lehre des Klagepatents überein und hat vor dem Landgericht vorgetragen, die Angaben im Katalog gemäß Anlage K 7 und die von den Beklagten vorgelegten Konstruktionszeichnungen zeigten sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1. Um die beworbene Repetiergenauigkeit zu erreichen, müsse der Zapfen entsprechend den Vorgaben des Klagepatentanspruches 1 breiter sein als die Nut. Auch sei hierzu die Ausbildung der patentgemäßen Kanten durch die Nutabsätze notwendig, die in den Abbildungen der angegriffenen Gegenstände auch zu erkennen sei. Für die Ausführungsform SCS belege auch die Patentanmeldung WO 2009/074XXY (Anlage K 16) des Beklagten zu 2., dass sich die Nut infolge der breiteren Zapfen an ihren Nutkanten verforme.

Die Beklagten treten dem Verletzungsvorwurf entgegen und haben vor dem Landgericht vorgetragen: Die ersten Positioniermittel der Ausführungsform RCS befänden sich nicht am Spannfutter, sondern an dem vorerwähnten Positionierring, welcher gegenüber dem Spannfutter ein separates Element des Matrizenspannsystems bilde und getrennt am Maschinenrahmen festgeschraubt werde. Er sei Bestandteil des Maschinenrahmens und nicht des Spannfutters. Die Ausführungsform RCS habe auch keine zweistufigen Nuten mit Absätzen und Kanten, sondern konventionelle einstufige Nuten, die lediglich Abschrägungen mit fließenden Übergangen besäßen, durch welche eine Kantenbildung vermieden werde. Es bilde sich daher auch kein Absatz, sondern eine Kurve. Schließlich sei der Zapfen der angegriffenen Ausführungsform im maßgeblichen Bereich nicht breiter als die Nut. Zapfen und Nut passten genau ineinander, indem die Breite der Nut gleich bzw. geringfügig größer sei als die Breite des Zapfens, was ein ansonsten drohendes Kaltverschweißen vermeide. Die kraft- und formschlüssige Verbindung von Zapfen und Nut erfolge bei der Ausführung RCS dadurch, dass die Zapfen nicht exakt in der gleichen Achslage wie die Nuten angebracht seien. In erster Instanz hatten die Beklagten außerdem zunächst vorgetragen, die Ausführungsform RCS weise keine konischen Zapfen im Sinne des Klagepatents auf. In der mündlichen Verhandlung haben sie unstreitig gestellt, dass bei dem im landgerichtlichen Verhandlungstermin vorgelegten - aber nicht zu den Akten gereichten - Muster eines Prototypen die Zentrierzapfen konisch gestaltet sind.

Auch bei der Ausführungsform SCS besäßen die Vertiefungen bzw. Nuten keine Absätze. Das vermeide auch hier eine Kantenbildung. Zapfen und Nut berührten sich nicht auf einer durch vorstehende Absätze gebildeten Kante, sondern auf einer im Wesentlichen vertikal verlaufenden Linie Fläche auf Fläche. Nut und Zapfen seien passgenau "Nullauf-Null" gefertigt. Zu einem Kontakt zwischen beiden komme es nur oberhalb und nicht auch an dem von der Klägerin als Kante angesehenen Bereich im Fasenübergang der Nut.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 31. Mai 2011 die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Ausführungsform RCS hat es sich nicht zu der Feststellung in der Lage gesehen, dass von Absätzen der Nut gebildete Kanten vorhanden seien, und bezüglich der Ausführungsform SCS hat es nicht feststellen können, dass die Breite des Zentrierzapfens geringer ist als ein gegenseitiger Kantenabstand in der Nut (gemeint ist aber offenbar das Gegenteil, nämlich dass der gegenseitige Kantenabstand etwas geringer ist als die Breite des Zentrierzapfens). Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Zur Begründung führt sie unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag aus: Die Ausführungsform RCS besitze ausweislich der Abbildung auf Seite 7 des als Anlage K 7 vorgelegten Prospektes eine zweistufige Nut mit zwei Absätzen; das verdeutliche die als Anlage B&B 4 vorgelegte vergrößerte bildliche Darstellung. Die gerundete Ausbildung der Kanten führe entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aus dem technisch verstandenen Wortsinn des Klagepatentanspruches 1 hinaus; die regelmäßige Abnutzung im Betrieb runde die Kanten ohnehin. Die mehrfach erwähnten Abbildungen aus der Anlage K 7 und das Gutachten Dr. Lins (Anlage B&B 3 und 4) belegten auch, dass die nach innen stehenden Nutkanten sich materialelastisch durch den Zentrierzapfen verformten. Die Beklagten widerlegten die von ihnen behauptete Nullauf-Null-Fertigung selbst, indem sie gleichzeitig Fertigungstoleranzen vortrügen. Passten Nut und Zapfen nicht exakt aufeinander, müsse es materialelastische Verformungen geben, anderenfalls sei ein Ineinandergreifen ausgeschlossen. Demgegenüber habe das Landgericht rechtsfehlerhaft die Verneinung der Übereinstimmung mit dem in der dortigen mündlichen Verhandlung vorgelegten Prototypen begründet, dessen Kanten jedoch anders ausgebildet gewesen seien als bei der in den genannten Unterlagen beworbenen Vorrichtung, dessen Ausgestaltung aber wegen der hier relevanten Größenordnungen im µm-Bereich im Termin nicht habe untersucht werden können; mit bloßem Auge seien die maßgeblichen Einzelheiten nicht zu erkennen.

Die betreffenden Abbildungen zeigten auch einen zweifach konisch ausgebildeten Zentrierzapfen, der in der oberen Abfasung stärker geneigt sei als in der anschließenden Hauptfläche.

Wie die Abbildung "Positionierungssystem SCS K" auf S. 7 der Anlage K 7 zeige, habe auch die Ausführungsform SCS eine zweistufige Nut mit zwei Kanten. Auch bei dieser Vorrichtung verformten die sich nach innen stehenden Nutkanten materialelastisch durch den Zentrierzapfen. Auch hier seien beide Teile nicht passgenau Nullauf-Null gefertigt. Wäre diese Fertigung vorhanden, könnte es nicht zu den von den Beklagten in der Klageerwiderung angeführten Tragspuren auf Nut und Zapfen kommen. Auch hier hätten die Beklagten Toleranzen eingestanden, die eine passgenaue Fertigung Nullauf-Null ausschlössen. In ihrer Längsmitte sei die Nut durch Vorsprünge verengt, die in der Frontalansicht nicht wahrnehmbar seien. Der Zapfen liege an der Kante dieser Vorsprünge an, nicht an der breiten Kante außerhalb der Vorsprünge. Die linienförmige Berührung werde "abgeplattet" und gehe infolge Verbreiterung der Linie in eine Streifenform über. Die Übereinstimmung mit der unter Schutz gestellten technischen Lehre ergebe sich auch aus der als Anlage K 16 vorgelegten PCT-Anmeldung des Beklagten zu 2. (dort S. 9). Die von den Beklagten behauptete Nullauf-Null-Fertigung sei aus verschiedenen Gründen unrealistisch. Zum einen erfordere sie eine hochpräzise Fertigung, bei der Nut und Zapfen aus demselben Material hergestellt werden müssten. Spannfutter und Werkstückträger seien gegebenenfalls dann nicht mehr kompatibel mit entsprechenden Teilen anderer Hersteller, weil zusammen mit derartigen Teilen keine Nullauf-Null-Passform mehr vorhanden wäre. Bei Erhitzen des Werkstückes und seines Trägers gehe die Nullauf-Null-Passung ebenfalls verloren. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Nut und Zapfen kalt miteinander verschweißten und nicht mehr voneinander getrennt werden könnten. Die Nullauf-Null-Fertigung sei überdies sehr teuer und wirtschaftlich unrentabel.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen,

I.

1 es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer, zu unterlassen

Einrichtungen zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmachine zu fixierenden Spannfutter und einem auf das Spannfutter aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger, ferner mit ersten Positioniermitteln am Spannfutter und zweiten Positioniermitteln am Werkstückträger, welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z), sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter positionieren, und mit einer Spannvorrichtung, deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält,

wobei die ersten Positioniermittel konische Zentrierzapfen und die zweiten Positioniermittel Vertiefungen in Form einer zweistufigen Nut aufweisen, welche zwei Absätze besitzt, deren gegen das Innere der Nut vorstehende Kanten einen gegenseitigen Abstand besitzen, der etwas geringer ist als die Breite eines Zentrierzapfens zwischen denjenigen Stellen gemessen, die bei in das Spannfutter eingespanntem Werkstückträger die Kanten berühren.

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

2 der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 18. Februar 2001 (der Beklagte zu 2) erst ab dem 26. März 2004) begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen (letztere erst ab dem 1. September 2008), für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

wobei

es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3 nur die Beklagte zu 1: die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. benannten Erzeugnisse zu vernichten, oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre - der Beklagten zu 1) - Kosten herauszugeben;

4 nur die Beklagte zu 1: die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 29. April 2006 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1. oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

5 der Klägerin zu gestatten, den Urteilskopf und Tenor auf Kosten der Beklagten durch eine im Handelsblatt erscheinende halbseitige Anzeige in 3 aufeinanderfolgenden Ausgaben öffentlich bekannt zu machen;

II. festzustellen,

1 dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 18. Februar 2001 bis zum 25. März 2004 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2 dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. März 2004 entstanden ist und noch entstehen wird.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Senat hat die Klägerin außerdem beantragt,

den Beklagten nach § 144 ZPO aufzugeben, ein Muster vorzulegen, das tatsächlich ausgestaltet ist wie die angegriffene Ausführungsform.

Die Beklagten beantragen,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die hiesige Verhandlung bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die den deutschen Teil des Klagepatents betreffende Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen - ebenfalls unter ergänzender Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen - vor: Der Zentrierzapfen der Ausführungsform RCS sei nicht konisch, sondern besitze parallel zueinander verlaufende Hauptflächen und sei lediglich oben abgefast. Die Abfasung komme nicht mit der Nut in Kontakt. Entgegen den Vorgaben des Klagepatentanspruches 1 sei die Nut dieser Ausführungsform nicht zweistufig mit kantenbildenden Absätzen, sondern konventionell einstufig. Die Fase am Eingang der Nut gehe mit ausgeprägten Kurvenradien in die Nutwand über. Es gebe nur Abschrägungen mit fließenden Übergängen, die beim Aufsetzen des Werkstückträgers auf dem Spannfutter eine Kantenwirkung gerade vermieden und stattdessen Fläche auf Fläche kontaktierten. Die Kontaktflächen der Nut hätten keinen geringeren Abstand als die Breite des Zentrierzapfens. Umgekehrt seien Nut und Zapfen passgenau gefertigt; die Nut sei gleich breit bzw. geringfügig breiter als der Zapfen. Mangels Kanten finde auch keine Linienberührung statt, wie sie das Klagepatent anstrebe. Außerdem seien die als erste Positioniermittel wirkenden Zentrierzapfen entgegen der Lehre des Klagepatentanspruches 1 nicht am Spannfutter angeordnet, sondern an dem davon zu unterscheidenden Positionierring.

Auch die Ausführungsform SCS habe eine einstufige Nut mit konventionellen Einführfasen. Zu einem Kontakt mit dem Zentrierzapfen komme es nur unterhalb der Einführfase, aber auch hier nicht als Kante auf Fläche, sondern als Fläche auf Fläche, und zwar sowohl beim losen Aufliegen als auch im verspannten Zustand. Die Patentanmeldung gemäß Anlage K 16 gebe die Ausführung SCS nicht exakt wieder. Anders als dort beschrieben habe die Ausführungsform SCS kein Übermaß, der Zapfen sei nicht breiter als die Nut, sondern auch hier passgenau Nullauf-Null gefertigt. Eine vorstehende Kante gebe es nicht.

Demgegenüber sei eine zweistufige Nut mit gegen ihr Inneres vorstehenden kantenbildenden Absätzen eine unverzichtbare Vorgabe des Klagepatentanspruches 1, die nicht erfüllt sei, wenn die Nutwände sich beim Verspannen nur deshalb verformen, weil die Nut an irgendeiner beliebigen Stelle breiter ist als der Zentrierzapfen oder die Berührung zumindest nicht das gesamte Innere der Nut ausfüllt. Die patentgemäß angestrebte elastische Verformung zur genauen Positionierung werde nur durch den Kontakt Kante auf Fläche erzeugt, müsse gerade im Bereich der Kanten erfolgen und führe zu einer Linienberührung und nicht zu einer streifenförmigen oder linienförmigen Berührungsfläche. Zur Zweistufigkeit genüge es auch nicht, dass die Nut irgendwo eine Kante bildet; erfindungsgemäß müsse diese Kante vielmehr durch Absätze in der zweistufigen Nut gebildet sein. Auch die Konizität des Zentrierzapfens sei erfindungsgemäß nicht schon dann gegeben, wenn die Neigung des Zentrierzapfens gegenüber derjenigen der Nutwände unterschiedlich sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Patentanwalt A aus B hat im Auftrag der Klägerin unter dem 6. Oktober 2011 ein schriftliches Gutachten erstattet (Anlage B&B 3 nebst Anlagen) und durch das Ergänzungsgutachten vom 28. April 2012 (Anlage B&B 6) ergänzt.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die angegriffenen Vorrichtungen von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre keinen Gebrauch machen, die Beklagten demzufolge das Klagepatent auch nicht verletzen und den von der Klägerin gegen sie erhobenen Ansprüchen nicht unterliegen.

1.Das Klagepatent betrifft eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine; sie weist die den Oberbegriff des Klagepatentanspruches 1 bildenden Merkmale 1 bis 3 der nachstehenden Merkmalsgliederung auf.

Mit Hilfe derartiger Einrichtungen sollen Werkstücke mit hoher Präzision in eine Bearbeitungsmaschine eingespannt werden. Damit ein Werkstück wiederholt auf einem an den Werkstückträger angepassten Spannfutter eingespannt werden kann, etwa weil es auf verschiedenen Maschinen nacheinander bearbeitet werden oder Mess-/Prüfstationen durchlaufen soll, muss die Einspannung repitiergenau sein. Bei jeder einzelnen Einspannung muss das auf dem Werkstückträger befestigte Werkstück die genau definierte Solllage in X, Y- und Z-Richtung sowie bezüglich der Winkelausrichtung einnehmen (Klagepatentschrift, Abs. [0002]). Infolge dieser Repetiergenauigkeit sind auch alle anderen später zu bearbeitenden gleichartigen Werkstücke in dieser genau definierten Stellung eingespannt.

Die in der Klagepatentschrift als Stand der Technik erörterte in der europäischen Patentanmeldung 0 255 XXZ (Anlage B 1) beschriebene Vorrichtung ist mit zwei über die Oberfläche des Spannfutters herausragenden Zentrierleistenpaaren (62, 64, 66 und 68, vgl. nachstehend wiedergegebene Figur 1 der älteren Druckschrift) ausgestattet, die Anlageflächen zur Ausrichtung des Werkstückträgers in X- und Y-Richtung aufweisen. Vier über die Oberfläche des Spannfutters vorstehende Zapfen (52, 54, 56 und 58) sind für die Ausrichtung des Werkstückträgers in Z-Richtung vorgesehen. Der zugeordnete Werkzeughalter (2) weist eine plane Oberfläche auf, die gegen die Stirnfläche der Zapfen aufliegt. Im Werkzeughalter sind zwei Paare auf Zentrierleisten ausgerichteter Nuten (32, 34, 36, 38) mit zur Anlage an den Leisten vorgesehenen elastischen Lippen vorhanden. Eine Mittelbohrung (40) im Werkzeughalter nimmt einen Zugbolzen (3) auf, mit dessen Hilfe die zur lagegerechten Zentrierung des Werkstückträgers erforderliche Spannkraft übertragen wird (Klagepatentschrift Abs. [0003] und nachstehende Figuren 2, 3, 5 und 6 der älteren Schrift).

Dieser Vorrichtung wird der Nachteil zugeschrieben, relativ instabil zu sein und keine allzu großen, insbesondere mit zerspanender Bearbeitung größerer und schwererer Werkstücke einhergehenden Dreh- und Kippmomente aufnehmen zu können. Eine die Stabilität verbessernde Vergrößerung der Vorrichtung ist aus Platzgründen häufig unerwünscht (Klagepatentschrift Abs. [0004]).

Als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung gibt die Klagepatentschrift an (Abs. [0005]), die eingangs genannte Vorrichtung so weiter zu bilden, dass der am Spannfutter festgespannte Werkstückträger nebst Werkstück wiederholt bei gleichbleibender hoher Positioniergenauigkeit eingespannt werden kann, unter Beibehaltung kleiner Abmessungen größere Kipp- und Drehmomente aufnimmt, ohne dass sich die gegenseitige Lage von Werkstückträger und Spannfutter verändert.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Anspruch 1 des Klagepatentes eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1 Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine.

2 Die Einrichtung hat

a) ein Spannfutter (1), das im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixieren ist,

b) einen Werkstückträger (25), der auf das Spannfutter (1) aufsetzbar und daran festzuspannen ist,

c) erste Positioniermittel (22, 23) am Spannfutter (1),

d) zweite Positioniermittel (30, 29) am Werkstückträger (25) sowie

e) eine Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28), deren Spannkraft den Werkstückträger (25) in der durch die Positioniermittel (22, 23; 30, 29) festgelegten Position am Spannfutter (1) festhält.

3 Die Positioniermittel (22, 23; 30, 29) arbeiten als Richtelemente paarweise zusammen und positionieren den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1).

4 Die ersten Positioniermittel (am Spannfutter) weisen konische Zentrierzapfen (22) auf.

5 Die zweiten Positioniermittel (am Werkstückträger) weisen Vertiefungen auf.

a) Die Vertiefungen haben die Form einer Nut (30), wobei die Nut

zweistufig ist und

zwei Absätze (31a), (31b) besitzt.

b) Die Absätze (31a, 31b) der Nut haben Kanten (32a, 32b), die

gegen das Innere der Nut (30) vorstehen und

einen gegenseitigen Abstand besitzen,

 der etwas geringer ist als die Breite eines Zentrierzapfens (22),

 gemessen zwischen denjenigen Stellen, die die Kanten (32a, 32b) berühren, wenn der Werkstückträger (25) in das Spannfutter eingespannt ist.

Die in der vorstehenden Merkmalsgliederung beschriebenen Positioniermittel, nämlich die ersten Positioniermittel in Gestalt konischer Zentrierzapfen am Spannfutter und die als Nut ausgebildeten am Werkstückträger vorgesehenen zweiten Positioniermittel wirken gemäß Merkmal 3 dergestalt zusammen, dass jeder Zentrierzapfen in die ihm zugeordnete Nut eingreift (vgl. Klagepatentschrift Abs. [0014], [0018] und [0020] bis [0022]). Beide dienen zunächst der Ausrichtung des Werkstückträgers in X- und Y-Richtung sowie in Winkelposition; diese Ausrichtung ist abgeschlossen, wenn der Werkstückträger lose auf das Spannfutter aufgelegt wird, so dass die Nuten des Werkstückträgers die Zentrierzapfen des Spannfutters zwar im Wege der Linienberührung kontaktieren, beide aber noch nicht gegeneinander verspannt sind (Klagepatentschrift Abs. [0021]). Die nachfolgende Ausrichtung in Z-Richtung ist dagegen erst abgeschlossen, wenn der Werkstückträger gegen das Spannfutter gezogen worden ist und seine Endposition erreicht hat (Klagepatentschrift Abs. [0022]). Im Ausführungsbeispiel des Klagepatentes geschieht dies dadurch, dass die Oberfläche der Schulter (29) des Werkstückträgers (25) zur Auflage auf den als Z-Referenz dienenden erhöhten Flächenabschnitten (23) des Spannfutters (1) gebracht wird (a.a.O. Abs. [0022], Spalte 6, Zeilen 1 - 8 und Abs. [0028], [0029]). Bei diesem Spannvorgang werden die zunächst nur lose und in Linienberührung (Klagepatentschrift Abs. [0021]) an den Seitenflächen der Zentrierzapfen aufliegenden in der Merkmalsgruppe 5 beschriebenen Kanten der Nutabsätze gegen die Zentrierzapfen gezogen und verformen sich elastisch (Abs. [0022], Spalte 6, Zeilen 1 - 3).

Trotz dieses Wirkmechanismus verlangt der Patentanspruch 1 nicht in allgemeiner Form lediglich eine in der Nut irgendwie geartete Engstelle, mit der die Nut einen schmalen Ausschnitt der Seitenflächen des Zentrierzapfens berührt und sich dort beim Anziehen des Werkstückträgers gegen das Spannfutter verformt. Unter Schutz gestellt ist in der Merkmalsgruppe 5 eine Nut die zweistufig ist und Absätze bildet, die ihrerseits die in das Nutinnere vorstehenden Kanten besitzen. Das macht vor allem die Beschreibung der zweiten Positioniermittel im Wortlaut der ungegliederten Fassung des Klagepatentanspruches 1 im kennzeichnenden Teil deutlich. Die Zweistufigkeit jeder Nut hat zur Folge, dass sich in der Nut zwei Absätze bilden, die ihrerseits Kanten ausbilden, die "gegen das Innere der Nut vorstehen". Die in Merkmal 5 b) genannten zwei Absätze sind gleichbedeutend mit dem auf jeder Seite der Nut befindlichen Inneren der beiden Stufen. Die Absätze müssen gerade durch die zweistufige Ausbildung der Nut entstehen und gerade diese Absatzbildung muss auch die Kanten hervorbringen. Das bedeutet, dass die die Kanten sich an dem durch die zweite Stufe der Nut gebildeten Absatz befinden müssen und das Vorhandensein ebendieser Stufe bedingen. Entsprechend ist die Ausbildung der Nut auch in der Beschreibung der Klagepatentschrift erläutert (Abs. [0020], Spalte 5, Zeilen 19 - 21 und 26 - 33).

Die soeben beschriebene Zweistufigkeit jeder Nut hat zur Folge, dass die Kanten der zwei Absätze in der Nut "gegen das Innere der Nut vorstehen", um so eine Engstelle zu bilden, an der sich dasjenige vollziehen kann, was bereits oben beschrieben wurde und in den bereits erwähnten Absätzen [0021] und [0022] der Klagepatentbeschreibung zwar formal im Rahmen der Schilderung eines Ausführungsbeispiels, der Sache nach aber zur allgemeinen Erläuterung des Erfindungsgedankens beschrieben ist.

Diese in der Merkmalgruppe 5 des Klagepatentanspruches 1 enthaltene Vorgabe eines kantenbildenden Stufenabsatzes darf nicht einfach außer Betracht gelassen und auch nicht durch eine rein funktionsorientierte Auslegung übergangen werden. Es mag sein, dass es für das patentgemäße Wirkprinzip entscheidend auf die Engstelle innerhalb der Nut ankommt und nicht darauf, ob die Engstelle durch einen "Stufenabsatz" oder durch eine in anderer Weise - etwa leicht schräg trichterförmig - verlaufende Nutverengung entsteht. Ungeachtet dessen legt sich der Anspruch 1 nämlich auf einen "Stufenabsatz" fest, was wegen des Vorrangs des Patentanspruchs für die Bestimmung des Schutzbereichs (vgl. dazu BGH GRUR 2011, 701 - Okklusionsvorrichtung; GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung; GRUR 2004, 1023, 1024 - Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung) auch den Ausschlag geben muss. Zwar ist ein rechter Winkel der Stufen und / oder Absätze keine zwingende Bedingung des Patentanspruchs. Damit sich der gewählte Anspruchswortlaut aber nicht völlig im Beliebigen verliert, muss in jedem Fall ein Verlauf der Nutwandung gegeben sein, der mit Blick auf seine Formgebung die Bezeichnung einer absatzbildenden "Stufe" (oder eines "Stufenabsatzes") verdient. Da die Begriffe "Stufe" und "Absatz" im hier betroffenen technischen Fachgebiet keinen speziellen Bedeutungsinhalt haben - auch die fachkundige Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine solche spezielle Bedeutung nicht aufzuzeigen vermocht - muss sich der angesprochene Durchschnittsfachmann in seinem Verständnis notwendigerweise an demjenigen ausrichten, was die Worte "Stufe" und "Absatz" im alltäglichen Sprachgebrauch ausdrücken. Eine Orientierung bietet ihm insoweit allein die Treppenstufe; auch die Parteien haben keine technisch näherliegende Alternative benannt. Für eine Treppen-Stufe aber ist charakteristisch, dass die absatzweise übereinander liegenden und aufeinander folgenden Stufen einen Verlauf haben, die es einer Person ohne Hilfsmittel erlaubt, mit ihrer Hilfe gleichzeitig eine Höhendifferenz und eine quer dazu verlaufende Entfernung zu überwinden. Das bedingt keine mathematisch exakt waagerechte Anordnung des die Stufe ausbildenden Absatzes, aber einen solchen Verlauf, der das sichere Betreten der Stufe gestattet. Ein schräger Verlauf einer Steigung mit unterschiedlichen Neigungswinkeln genügt diesen Anforderungen nicht. Diese in ihrem Sinngehalt eindeutige Vorgabe darf durch den Inhalt der zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehenden Beschreibung weder beschränkt noch erweitert werden (BGH, GRUR 2004, 1023 - Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; GRUR 2007, 778 - Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2011, 701, 703 - Okklusionsvorrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rdnr. 7 ff.; Haedicke/Timmann, Handbuch des Patentrechts, § 6, Rdnr. 101; Mes, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 3. Auflage, § 14 PatG, Rdnr. 21).

Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, wie breit die Linie ist, auf der die Kante des Absatzes die Seitenfläche des Zentrierzapfens berührt; dass die beim losen Aufliegen der Kanten auf dem Zentrierzapfen noch vorhandene Linienberührung beim Spannvorgang unter der elastischen Verformung der Kanten nicht exakt beibehalten werden kann und sich zu einem schmalen Streifen verbreitert, ist selbstverständlich, führt aber nicht dazu, dass Anspruch 1 auch Konfigurationen unter Schutz stellt, bei denen ohne Stufenbildung nur ein Knick in der Nutwand vorgesehen ist oder bei denen gar ein runder Verlauf der Nutwand im Querschnitt vorgesehen ist. Dies wird in den Ausführungen im Privatgutachten Dr. Lins (Anlage B&B 3) nebst Ergänzungsgutachten (Anlage B&B 6) nicht hinreichend beachtet. Da das Gutachten auf einem unzutreffenden Verständnis der klagepatentgeschützten technischen Lehre beruht, sind die dortigen Ausführungen insgesamt zur Ermittlung des technischen Sinngehaltes der Merkmalsgruppe 5 unergiebig.

2.

Von der so beschriebenen technischen Lehre machen die angegriffenen Gegenstände keinen Gebrauch. Da ein Muster der angegriffenen Ausführungsformen nicht zur Verfügung steht, dürfen der Beurteilung allein die von den Beklagten veröffentlichten Prospektabbildungen gemäß Anlage K 7 (dort Seite 7) sowie ihr Internetauftritt gemäß Anlage K 15 zugrunde gelegt werden. Von ihnen - und nicht von der Klägerin gefertigten Vergrößerungen, die dem angesprochenen Leser beim Studium der von den Beklagten veröffentlichten Abbildungen nicht zur Verfügung stehen - ist auszugehen, wobei es jeweils auf das Verständnis der angesprochenen fachkundigen Verkehrskreise ankommt und nicht das überwiegende Verständnis entscheidet, sondern die Feststellung genügt, dass die besagten Abbildungen zumindest von einem Teil der Adressaten in einem bestimmten Sinne interpretiert werden können. Diese Abbildungen zeigen eindeutig, dass beiden Ausführungsformen die zweistufige Ausbildung der Nut fehlt und infolge dessen auch keine zwei Absätze vorhanden sind, sondern lediglich "weich" und mit unterschiedlichen Neigungswinkeln schräg verlaufende Nutwände, die an irgend einer Stelle ihres Verlaufs eine Engstelle bilden, an der sie mit dem Zentrierzapfen beim Spannvorgang in Berührung kommen. Damit fehlen in jedem Fall die Merkmale der Merkmalsgruppe 5a) und 5b) der vorstehenden Merkmalsgliederung, soweit sie nutförmige Vertiefungen vorgeben, die zweistufig sind und zwei Absätze besitzen. An welcher Stelle die angegriffenen Gegenstände Stufen im vorbezeichneten Sinne besitzen, hat die Klägerin auch in der mündlichen Berufungsverhandlung trotz entsprechender Hinweise des Senats (vgl. S. 2 und 3 der Sitzungsniederschrift vom 31. Januar 2013, Bl. 442 und 443 d.A.) nicht darzulegen vermocht.

Ebenso wenig vermochte der Senat festzustellen, dass Kanten im Sinne der Merkmalsgruppe 5 b) vorhanden sind. Diese Feststellung scheitert nicht nur daran, dass solche Kanten, wenn sie denn vorhanden wären, jedenfalls nicht entsprechend den Merkmalsgruppen 5 a) und 5b) an den Absätzen von Stufen gebildet würden, weil die angegriffenen Vorrichtungen solche absatzbildenden Stufen nicht aufweisen. Sie ist vielmehr auch deshalb nicht möglich, weil die genannten Abbildungen gemäß Anlagen K7 und K15 bei der gebotenen unbefangenen Betrachtung, die nicht zielgerichtet nach Übereinstimmungen mit dem Klagepatent sucht, nicht einmal einen unterschiedlichen Konuswinkel von Zapfen und Nutwand erkennen lassen. Da diese Abbildungen jedoch den restlos verspannten Zustand widergeben, bei dem eine etwa vorhandene Engstelle elastisch verformt wäre, hätte die Klägerin darlegen müssen, dass und welche technischen Überlegungen der Fachmann anstellt, die ihn zu der Auffassung führen, die Vorrichtung müsse im unverspannten Zustand über eine vorspringende Kante verfügen, auch wenn eine solche auf den Abbildungen nicht sichtbar ist. Hierzu hat die darlegungsbelastete Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung auf die entsprechenden Hinweise des Senats (S. 3 der Sitzungsniederschrift vom 31. Januar 2013, Bl. 443 d.A.) nur ihr schriftsätzliches Vorbringen wiederholt, die von den Beklagten behauptete passgenaue Fertigung Null auf Null sei aus verschiedenen Gründen nicht möglich bzw. nicht sinnvoll, insbesondere weil sie mit der Gefahr verbunden sei, dass die ineinander greifenden Positioniermittel im verspannten Zustand kalt verschweißten und dann nicht mehr voneinander trennbar seien. Das schließt jedoch nicht aus, dass die angegriffenen Gegenstände unverspannt über eine Engstelle in der Nut verfügen, die einerseits so gestaltet ist, dass sie vom Wortsinn des Klagepatentanspruches 1 nicht mehr erfasst wird, andererseits aber beim Verspannen ähnliche Wirkungen erzielt wie die in Anspruch 1 beschriebene Konfiguration.

Die Internationale Patentanmeldung WO 2009/07XYX vom 6. Dezember 2008 (Anlage K 16) des Beklagten zu 2. kann zur Beurteilung der Beschaffenheit der angegriffenen Gegenstände nicht herangezogen werden, weil letztere nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten in den hier in Rede stehenden Einzelheiten abweichend von der Lehre der genannten Patentanmeldung gestaltet sind.

3.

Es bestand auch keine Veranlassung, den Beklagten nach § 144 ZPO aufzugeben, ein Muster der angegriffenen Vorrichtung vorzulegen, um der Klägerin den Nachweis der Verletzung des Klagepatentes zu erleichtern bzw. im vorliegenden Fall sogar erst zu ermöglichen. Auch wenn die Vorlageanordnung keinen vollen Beweis einer Patentverletzung erfordert, setzt sie aber voraus, dass sich aus dem Vortrag des Klägers zumindest ein über die Schwelle des ersten Anscheins einer Verletzung hinausreichender Sachverhalt ergibt und diejenige Wahrscheinlichkeit für eine Rechtsverletzung begründet, wie sie im Rahmen des § 809 BGB erforderlich ist (BGH GRUR 2006, 962 - Restschadstoffentfernung; Kühnen, a.a.O., Rn. 426). Dies hätte im Streitfall vorausgesetzt, dass die Klägerin Tatsachen vorgetragen hätte, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass die Nut der angegriffenen Gegenstände anders als in den Abbildungen gemäß Anlagen K 7 und K 15 dargestellt zwei absatzbildende Stufen besitzt, an denen sich auch die nach innen vorstehenden Kanten befinden. Trotz entsprechender Hinweise des Senats in der mündlichen Berufungsverhandlung hat die Klägerin das jedoch nicht getan.

III.

Als auch im Berufungsverfahren unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen; die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die in § 543 aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Die vorliegende Rechtssache wirft als reine Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht bedürfen.

X Y Z






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 21.02.2013
Az: I-2 U 58/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/af7433b3846c/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_21-Februar-2013_Az_I-2-U-58-11




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