Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2003
Aktenzeichen: 6 W (pat) 60/02

(BPatG: Beschluss v. 03.12.2003, Az.: 6 W (pat) 60/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juli 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Unterdruckentwässerung Anmeldtag: 15. April 1996 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 24. November 2003, Beschreibung Seiten 1 und 2, eingegangen am 24. November 2003.

Gründe

I Die Beschwerde des Anmelders ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juli 2001 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden war, dass die mit Eingabe vom 20. Januar 1999 neu vorgelegten Patentansprüche 1 bis 6 gegenüber den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen unzulässig erweitert worden seien.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

D1: deutsche Patentschrift DE 36 16 747 C2 D2: deutsche Auslegeschrift DE 26 41 110 B1 D3: deutsche Offenlegungsschrift DE 28 53 537 A1 D4: deutsche Offenlegungsschrift DE 34 42 565 A1 Gegen den vorgenannten Beschluss hat der Anmelder mit Schreiben vom 10. August 2001, eingegangen am gleichen Tage, Beschwerde eingelegt. Er hat mit Schreiben vom 20. November 2003, eingegangen am 24. November 2003, neue Patentansprüche 1 bis 8 sowie neue Beschreibungsseiten 1 und 2 vorgelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 8 und Beschreibung Seiten 1 und 2, eingegangen am 24. November 2003.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Unterdruckentwässerung, bestehend aus Abwasserleitungen in und außerhalb von Gebäuden, mehreren Abwassereinleitungsstellen und Gebäudeanschlüssen, dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Abwasserarten zunächst in getrennten Leitungssystemen gesammelt sind, und diese verschiedenen Abwasserarten zeitlich nacheinander in ein Sammel-Leitungsnetz eingeleitet sind, wobei gleiche Abwasserarten zu etwa gleichen Zeiten und verschiedene Abwasserarten zu verschiedenen Zeiten in das selbe Sammel-Leitungsnetz eingeleitet sind, so dass am Auslass des Sammel-Leitungsnetzes zeitlich versetzt sortenreine Abwässer anfallen."

Laut Beschreibung (S. 1, Abs. 2) soll die Aufgabe gelöst werden, die Abwasserbehandlung weniger aufwendig zu machen, indem eine Vermischung verschiedener Abwässer an der Quelle vermieden wird, ohne dass für jede Abwasserart ein separates Sammel-Leitungsnetz erforderlich ist.

Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche sind in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig. Sie ergeben sich aus folgenden Stellen der ursprünglich eingereichten Unterlagen:

Anspruch 1: S. 1, Z. 19 bis 20, 22 bis 27 und S. 2. Z. 9 und 10, Anspruch 2: S. 1, Z. 19 bis 20 und 27 bis 28, Anspruch 3: S. 1, Z. 9 bis 13, Anspruch 4: S. 1, Z. 20 bis 22 und S. 2, Z. 5 und 6, Anspruch 5: S. 2, Z. 1 bis 3, Anspruch 6: S. 1, Z. 4 und 5, Anspruch 7: S. 2, Z. 3 bis 5, Anspruch 8: S. 2, Z. 18 und 19.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis 5 dar.

a. Die Unterdruckentwässerung nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine Unterdruckentwässerung mit sämtlichen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen, wie sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Keine der entgegengehaltenen Druckschriften offenbart eine Unterdruckentwässerung, bei der verschiedene Abwasserarten getrennt voneinander gesammelt und anschließend über ein einziges Leitungsnetz derart abgeleitet werden, dass die verschiedenen Abwässer am Auslass des Leitungsnetzes sortenrein anfallen.

Die deutsche Patentschrift DE 36 16 747 C2 und die deutsche Auslegeschrift DE 26 41 110 B1 betreffen beide Vakuumentwässerungsanlagen, bei denen zur Verbesserung des Fließverhaltens des Abwassers eine Rohrführung mit ansteigenden und abfallenden Abschnitten im Leitungsnetz gewählt ist (vgl. insbes. die jeweiligen Figuren). Eine Sammlung der Abwässer findet nicht statt.

Die deutsche Offenlegungsschrift DE 28 53 537 A1 erläutert ein Unterdruckentwässerungssystem (vgl. insbes. S. 4, Abs. 2 bis 5), bei dem entweder - verschiedene Abwasserarten in getrennten Leitungssystemen gefördert und in getrennten Behältern gesammelt werden oder - alle Abwasserarten in demselben Leitungssystem gefördert und gemeinsam gesammelt werden oder - eine Abwasserart gesammelt und die anderen Abwasserarten direkt abgeleitet wird.

Eine getrennte Sammlung der verschiedenen Abwasserarten und eine anschließende sortenreine Entsorgung der verschiedenen Abwasserarten über ein einziges Leitungsnetz findet auch dort nicht statt.

Die deutsche Offenlegungsschrift DE 34 42 565 A1 erläutert eine Unterdruckentwässerung, bei der eine Abwasserart (Fäkalien) gesammelt, die übrigen Abwässer dagegen in ein Sammel-Leitungsnetz eingeleitet werden. Eine getrennte Sammlung und eine anschließende sortenreine Entsorgung über ein einziges Leitungsnetz erfolgt auch dort nicht.

Somit konnten die vorstehend genannten Druckschriften weder einzeln noch in einer Zusammenschau einen Hinweis liefern, die Abwässer getrennt nach Abwasserarten zu sammeln und diese verschiedenen Abwasserarten zeitlich nacheinander in ein einziges Leitungsnetz derart einzuleiten, dass am Auslass des Leitungsnetzes sortenreine Abwässer anfallen.

Der Patentanspruch 1 ist somit gewährbar.

Die Patentansprüche 2 bis 8 betreffen zweckmäßige, nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 und sind in Verbindung mit diesem ebenfalls gewährbar.

Lischke Heyne Riegler Schneider Cl






BPatG:
Beschluss v. 03.12.2003
Az: 6 W (pat) 60/02


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