Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2008
Aktenzeichen: 24 W (pat) 24/06

(BPatG: Beschluss v. 26.02.2008, Az.: 24 W (pat) 24/06)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Dezember 2005 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 893 390 die teilweise Löschung der Marke 303 00 690 angeordnet worden ist.

Der Widerspruch aus der Marke 893 390 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 30. Mai 2003 veröffentlichte Eintragung der Wortmarke 302 00 690 FLOREM für verschiedene Waren der Klassen 3, 5 und 10 hat die Inhaberin der am 15. Mai 1972 im beschleunigten Verfahren gemäß § 6a WZG für die Waren

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für Kinder und Kranke; Fruchtzucker, unter Verwendung von Fruchtzucker hergestellte Nahrungsmittel, nämlich Konfitüren, Obstkonserven, Fruchtjoghurt, Milchgetränke, Milchpulver, Trockenhonig sowie Sirupe für die Zubereitung von Getränken"

eingetragenen Wortmarke 893 390 Flarom Widerspruch erhoben. Das gegen die Widerspruchsmarke anhängige Widerspruchsverfahren ist am 22. Dezember 1973 abgeschlossen worden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat am 28. Oktober 2003 im Verfahren vor der Markenstelle die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Daraufhin hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung eingereicht, und zwar im Wesentlichen eine eidesstattliche Versicherung des Prokuristen der Firma F... GmbH & Co KG in K..., Herrn R..., vom 14. Juni 2003, der darin erklärt, dass seine Firma mit Zustimmung der Widersprechenden die Widerspruchsmarke sowie eine weitere Marke "Flarom" für die aus den Anlagen ersichtlichen Waren, mit den ebenfalls aus den Anlagen ersichtlichen, in den vergangenen Jahren erzielten Umsätzen, in der aus den beigefügten Verpackungen, Preislisten und Prospekten ersichtlichen Art benutzt habe. In den anliegenden Umsatz-Listen und -Statistiken sind für einzelne Produkte, u. a. für verschiedene Diätgetränke und diätetische Lebensmittel, Diät-Süße, Fruchtzucker, Vitamine und Mineralstoffe sowie Fruchtzucker-Diät-Konfitüren, Umsatzzahlen für die Jahre 1996 bis einschließlich 2002 aufgeführt. Nach Kenntnisnahme des Benutzungsmaterials hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede für alle mit der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren aufrechterhalten.

Mit Beschluss vom 19. Dezember 2005 hat die mit einem Angestellten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes wegen des Widerspruchs aus der Marke 893 390 die teilweise Löschung der Marke 303 00 690 für die Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Babykost; Medizinprodukte soweit in Klasse 5 enthalten" angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Die Widersprechende habe die zulässig bestrittene Benutzung ihrer Marke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, 26 MarkenG jedenfalls für einen Teil der geschützten Waren, nämlich für Vitamine und Mineralstoffe, Diät-Süße, Fruchtzucker und Fruchtzuckerkonfitüren, hinreichend glaubhaft gemacht. Ausgehend von den benutzten Waren liege im Umfang der Löschungsanordnung wegen der Ähnlichkeit der Waren und der Ähnlichkeit der Marken der Löschungsgrund der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vor.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Nach ihrer Auffassung habe die Markenstelle zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr bejaht, da klanglich sowie sinn- und schriftbildlich eine ausreichender Markenabstand gewahrt sei. Zudem liege allenfalls eine Warenähnlichkeit in der Klasse 5 vor, wobei die Widersprechende nicht nachgewiesen habe, dass sie ihre Marke für pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege rechtserhaltend nutze.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren weder Anträge gestellt noch sich in der Sache geäußert oder weitere Glaubhaftmachungsmittel eingereicht.

In der vom Senat aus Gründen der Sachdienlichkeit anberaumten mündlichen Verhandlung sind beide Beteiligte, wie vorher jeweils schriftsätzlich angekündigt, nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache Erfolg. Es greift die von ihr erhobene Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke durch (§§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG). Die von der Markenstelle aufgrund des Widerspruchs angeordnete teilweise Löschung der angegriffenen Marke war daher aufzuheben und der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor der Markenstelle zulässig die Nichtbenutzungseinrede erhoben, nachdem der Abschluss des Widerspruchsverfahrens der nach § 6a WZG eingetragenen Widerspruchsmarke am 22. Dezember 1973 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke am 30. Mai 2003 bereits länger als fünf Jahre zurücklag (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 5, 152 MarkenG).

Die Einrede wurde von der Inhaberin der angegriffenen Marke auch nach Kenntnis der von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung ausdrücklich hinsichtlich aller für die Widerspruchsmarke geschützten Waren aufrechterhalten. Unter Berücksichtigung dessen können ihre Ausführungen in der Beschwerdebegründung, wonach eine Warenähnlichkeit allenfalls in der Klasse 5 vorliege, wobei die Widersprechende nicht nachgewiesen habe, dass sie die Widerspruchsmarke für die Waren pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege rechtserhaltend nutze, nicht als stillschweigendes Zugeständnis der Benutzung hinsichtlich der übrigen, für die Widerspruchsmarke registrierten Waren ausgelegt werden. Abgesehen davon, dass daraus schon nicht hervorgeht, für welche Waren eine Benutzung zugestanden sein sollte, handelt es sich - ungeachtet der erhobenen Nichtbenutzungseinrede - erkennbar lediglich um ein weiteres Vorbringen gegen den Widerspruch im Rahmen der Frage der Verwechslungsgefahr. Hierfür spricht zudem, dass sich die Inhaberin der angegriffenen Marke ganz ähnlich bereits im Verfahren vor der Markenstelle geäußert hat, unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Einrede bezüglich sämtlicher Waren der Widerspruchsmarke.

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke ihre Nichtbenutzungseinrede nicht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt hat und vorliegend die Voraussetzungen für die beiden kumulativ möglichen Einredealternativen des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 erfüllt sind, oblag es danach der Widersprechenden die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke sowohl innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke, also von Mai 1998 bis Mai 2003, als auch innerhalb von weiteren fünf Jahre vor der Entscheidung des Senats über den Widerspruch, also von März 2003 bis März 2008, glaubhaft zu machen (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 14 f. m. w. N.). Zwar hat die Widersprechende mit den die Jahre 1996 bis 2002 betreffenden Unterlagen Belege zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für den ersten Zeitraum eingereicht, für den zweiten maßgeblichen Benutzungszeitraum fehlt hingegen jegliches Glaubhaftmachungsmaterial. Die Einrede greift deshalb bereits aus diesem Grund durch, ohne dass es im Weiteren noch auf die Frage ankommt, ob und für welche Waren die eingereichten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in dem ersten fraglichen Zeitraum glaubhaft machen können.

Insoweit durfte die Widersprechende auch nicht mit einem, den Mangel der Glaubhaftmachung aufklärenden Hinweis des Senats (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 139 Abs. 1 ZPO) rechnen. Da die Ausgestaltung des Benutzungszwangs im Widerspruchsverfahren dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz unterstellt ist (vgl. BGH GRUR 1998, 938, 939 "DRAGON"; GRUR 2006, 152, 154 "GALLUP"), ist es grundsätzlich Sache der Widersprechenden, von sich aus alle für eine rechtserhaltende Benutzung erforderlichen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. BPatGE 42, 195, 198 ff. "Neuro-Vibolex"). In dieser Hinsicht trägt die Widersprechende die volle Verantwortung für die vollständige Glaubhaftmachung und verbleibende Zweifel gehen zu ihren Lasten (vgl. BGH a. a. O. "GALLUP"). Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Grundanforderungen an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung, die - wie vorliegend - in ständiger Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BPatG a. a. O. "Neuro-Vibolex").

Nachdem der Widerspruch bereits wegen unzureichender Glaubhaftmachung der Benutzung gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 26, 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG keinen Erfolg haben kann, kommt es auf die Frage einer zwischen den Vergleichsmarken bestehenden Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht mehr an.

Es besteht kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Eisenrauch Kirschneck Bb






BPatG:
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Az: 24 W (pat) 24/06


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