Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 180/05

(BPatG: Beschluss v. 29.11.2006, Az.: 26 W (pat) 180/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren und Dienstleistungen Beförderung von Reisenden; Reisebegleitung; Reise- und Reiseunterkunftsreservierungen und -buchungen; Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten und Besichtigungen; Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verkauf, Vermietung und Vermittlung von Sportartikelnangemeldete Wortmarke 304 66 857.5 nolimits!

in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle es an der erforderlichen Unterscheidungskraft, da es sich um eine ohne Weiteres verständliche, sloganartige Wortfolge mit der Bedeutung von "keine Grenzen, ohne Grenzen, grenzenlos" handele. Wenn auch der Bedeutungsgehalt für bestimmte Waren, z. B. Möbel, durchaus unklar sein könne, werde zumindest ein erheblicher Teil der inländischen Verbraucher "nolimits!" ohne Weiteres dahingehend verstehen, dass die von der Anmelderin beanspruchten Dienstleistungen dafür geeignet seien, unmittelbar oder mittelbar dazu beizutragen, jegliche - physischen oder psychischen - Grenzen aufzuheben. Die angemeldete Marke sei auch nicht mehrdeutig, da vom Publikum in der Regel nicht sämtliche Ungereimtheiten aufgespürt und analysiert würden. Das Ausrufezeichen hebe den ohne Weiteres erkennbaren Aussagegehalt nur verkehrsüblich hervor. Etwaige Voreintragungen begründeten außerdem mangels Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht die Eintragbarkeit der vorliegend angemeldeten Marke.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, der angemeldeten Wortmarke komme eine konkrete Unterscheidungskraft zu, da für die beanspruchten Dienstleistungsklassen keine unmittelbar beschreibende Angabe gegeben sei, sondern eine fantasievolle sloganartige Wortfolge, die nur über mehrere Gedankenschritte einen geringfügigen - allenfalls mittelbar - beschreibenden Bezug habe. Für die Eintragbarkeit spreche zudem deren Mehrdeutigkeit, da nicht ersichtlich sei, um was für Grenzen es sich handele. Voreintragungen wie "TRANSEUROPA", "ALLTRAVEL" und "MEGATOURS" wiesen eine weitaus geringere Unterscheidungskraft auf.

Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn die angemeldete Marke erweist sich als nicht unterscheidungskräftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2000, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. st. Rspr., BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Slogans auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an deren Unterscheidungskraft gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Als grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden danach beschreibende Angaben und Anpreisungen oder Werbeaussagen allgemeiner Art sowie längere Wortfolgen gesehen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; WRP 1080, 1082 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER). Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge, aber auch ihre Mehrdeutig- und Interpretationsbedürftigkeit sein, wobei auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage nicht von Vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden kann und ein fantasievoller Überschuss nicht Voraussetzung der Unterscheidungseignung einer Wortfolge ist (vgl. BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft).

Vorliegend ist davon auszugehen, dass die angemeldete Marke "nolimits!" - wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - wegen der Bekanntheit der englischen Wörter und der auch in der inländischen Werbung zunehmend beliebteren Verwendung von Anglizismen in ihrem Sinngehalt "keine Grenzen, ohne Grenzen, grenzenlos" nicht nur vom Fachverkehr, sondern auch ohne Weiteres von den allgemeinen Verkehrskreisen erkannt und verstanden wird. Entgegen der von der Anmelderin vertretenen Auffassung erkennt der Verkehr den Aussagegehalt von "nolimits!" ohne weitere Gedankenschritte. Dies wird zusätzlich bestätigt durch eine Internetrecherche des Senats, wonach sich einige - offensichtlich nicht dem Anmelder zuzurechnende - Beispiele für die aktuelle Verwendung der angemeldeten Bezeichnung durch andere Anbieter auf dem betreffenden Dienstleistungssektor, etwa als Bezeichnung einer Snowboardschule (unter www.nolimitssnowboardschule.de/..., ansässig in Biberbach) oder als Veranstalter von Sportreisen (unter www.nolimitssportreisen.de/..., ansässig in Rohrdorf-Thansau) finden lassen, was das Verständnis als individualisierende Herkunftsangabe bereits in Zweifel zieht. Auch wenn es auf derartige Verwendungsbeispiele nicht entscheidend ankommt, weil bereits die bloße Eignung als Warenanpreisung eine Zurückweisung mangels Unterscheidungskraft rechtfertigt, untermauert das Ergebnis der Recherche die Feststellungen der Markenstelle.

Das angesprochene Publikum wird daher den Begriff "nolimits" - auch wenn er sprachlich inkorrekt zusammengeschrieben erscheint - in seiner wörtlichen Übersetzung "ohne Grenzen, keine Grenzen, grenzenlos" ohne Weiteres und ohne nähere Analyse auf die angebotenen Dienstleistungen in dem Sinn beziehen, dass sowohl die Reisen als auch die Sportgeräte sowie die kulturellen Aktivitäten physische oder psychische Grenzen ausreizen bzw. grenzenlose Freiheit oder grenzenlosen Spaß bieten. Wie die Markenstelle bereits zutreffend festgestellt hat, besteht gerade auf dem Reise- und Tourismussektor - aber auch in der Freizeitgestaltung insgesamt - die Tendenz zu immer extremeren Vergnügungen wie z. B. Bungee-Jumping, Fallschirmspringen oder Extrembergsteigen; sog. "Abenteuer-Urlaube" erfreuen sich ungebrochen großer Beliebtheit. In diesen Trend fügt sich der angemeldete Slogan nahtlos ein. Dass hier unter Umständen mehrere jeweils - beschreibende - Sinngehalte vorliegen bzw. die "Grenzenlosigkeit" der beanspruchten Dienstleistungen nicht exakt definiert oder umschrieben wird, hat keine Schutz begründende Mehrdeutigkeit zur Folge und hindert die Annahme einer fehlenden Unterscheidungskraft nicht. Verschiedene gleichwertige Bedeutungen einer Marke sprechen nicht für deren Unterscheidungskraft, wenn sich alle Deutungsmöglichkeiten als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT).

Das Ausrufezeichen vermag - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht zu begründen, da der ohne Weiteres erkennbare Aussagegehalt nicht verfremdet, sondern nur verkehrsüblich hervorgehoben wird (vgl. BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 140/99 - Klick!).

Bezüglich der von der Anmelderin zitierten Voreintragungen ist festzustellen, dass aufgrund abweichender Wortbestandteile eine echte Vergleichbarkeit zur angemeldeten Marke nicht gegeben ist.

Da sich die angemeldete Wortzusammenstellung bereits im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht eintragungsfähig erweist, kann dahingestellt bleiben, ob die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, die für die Mitbewerber freizuhalten ist.






BPatG:
Beschluss v. 29.11.2006
Az: 26 W (pat) 180/05


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