Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 143/03

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2005, Az.: 27 W (pat) 143/03)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. Januar 2003 aufgehoben, soweit darin die Anmeldung für "Computersoftware, nämlich Programme für die Datenverarbeitung, auch in Form von Computerspielen; Dienstleistungen eines Internet- und Netwerkcafes, nämlich Zurverfügungstellung von vernetzten Computerterminals" zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angefochtenen Beschluss die Anmeldung der Marke COMPUTERWERK teilweise, und zwar für

"Computerhardware und Computerzubehör, soweit in Klasse 9 enthalten, nämlich Dateneingabegeräte, Datenanzeigegeräte und Datenschnittstellen; Computersoftware, nämlich Programme für die Datenverarbeitung, auch in Form von Computerspielen; Dienstleistungen eines Internet- und Netwerkcafes, nämlich Zurverfügungstellung von vernetzten Computerterminals"

als nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen könne. Unter einem "Computerwerk" werde z.B. ein industrielles Unternehmen verstanden, nämlich eine Produktionsstätte von Computern sowie zugehöriger Waren. Die angemeldete Marke bezeichne die beanspruchten Waren der Klasse 9 dahingehend, dass sie in einer Computerproduktionsstätte entwickelt und hergestellt würden. Für die Dienstleistungen der Zurverfügungstellung von vernetzten Computerterminals handele es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Ortsangabe. Es sei nicht unüblich, dass an einer Produktionsstätte für Computer Dritten entgeltlich vernetzte Computerterminals zur Verfügung gestellt würden. Es handele sich damit um eine Beschreibung sonstiger Merkmale der aufgeführten Waren und Dienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Angabe sei auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weil sie sich in ihrer beschreibenden Sachaussage erschöpfe.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er hält das angemeldete Zeichen für unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig, allenfalls könnte ein beschreibender Gehalt im Hinblick auf die Waren "Computerhardware und Computerzubehör" in Betracht kommen. Im Übrigen fehle es aber an Belegen dafür, dass an einer Produktionsstätte für Computer vernetzte Computerterminals Dritten entgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Auch für Software sei der Begriff weder beschreibend noch freihaltebedürftig.

Er beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss insgesamt aufzuheben, hilfsweise den Beschluss nur insoweit aufzuheben, als davon die Waren und Dienstleistungen "Computersoftware, nämlich Programme für die Datenverarbeitung, auch in Form von Computerspielen; Dienstleistungen eines Internet- und Netwerkcafes, nämlich Zurverfügungstellung von vernetzten Computerterminals" betroffen sind.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.

1. Soweit die Markenstelle die Anmeldung betreffend die Waren und Dienstleistungen "Computersoftware, nämlich Programme für die Datenverarbeitung, auch in Form von Computerspielen; Dienstleistungen eines Internet- und Netwerkcafes, nämlich Zurverfügungstellung von vernetzten Computerterminals" zurückgewiesen hat, ist die Beschwerde begründet, und zwar im Umfang des "Hilfsantrags". Eines solchen Hilfsantrags hätte es allerdings nicht bedurft, denn soweit der Anmeldung im Hinblick auf einzelne Waren oder Dienstleistungen des gesamten angemeldeten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses keine Eintragungshindernisse entgegenstehen, ist der die Eintragung zurückweisende Beschluss im Beschwerdeverfahren auch ohne einen entsprechenden Hilfsantrag des Beschwerdeführers von Amts wegen aufzuheben. Die Vorschriften des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der angemeldeten Marke insoweit nicht entgegen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist einerseits auf die in Anspruch genommenen Waren, andererseits auf die vermutete Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers dieser Waren abzustellen (EuGH, GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2).

So liegt der Fall auch hier im Hinblick auf die von der Stattgabe der Beschwerde umfassten Waren und Dienstleistungen. In Bezug auf Software bzw. Programme für die Datenverarbeitung, auch in Form von Computerspielen, ist nicht ersichtlich, dass die angemeldete Bezeichnung "COMPUTERWERK" einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt haben sollte. In einem "Computerwerk" werden, wie der (Gattungs-)Begriff unmissverständlich zu erkennen gibt, Computer, also Hardware, gefertigt. Eine darüber hinausgehend auch für andere Gegenstände gebräuchliche Verwendung des Begriffs vermochte der Senat bei seinen umfangreichen Recherchen nicht zu ermitteln. Dass dagegen in einem Computerwerk auch Software entwickelt und hergestellt wird, dürfte aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine eher fern liegende Annahme sein, da es sich bei Hard- und Software zwar um einander ergänzende Produkte handelt, ungeachtet dessen aber das Entwicklungs- Knowhow für Software abgesehen von den Einsatzschnittstellen von Soft- und Hardware grundsätzlich andere Fachkenntnisse voraussetzt als die Herstellung von Computer-Hardware. Das ist dem Verkehr auch bekannt. Insoweit handelt es sich auch nicht um eine freihaltebedürftige Angabe, die als unmittelbare Beschreibung von Software dienen kann.

Gleiches gilt für die "Dienstleistungen eines Internet- und Netwerkcafes, nämlich Zurverfügungstellung von vernetzten Computerterminals". Dem Verkehr ist bekannt, dass in einem Internetcafe keine Computer hergestellt werden, sondern dass sie dort zu verschiedensten individuellen Nutzungszwecken im Internet der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Entgelts zur Verfügung gestellt werden. Wie bereits erörtert, ist eine andere Verwendung des Begriffs als im Sinne des Herstellungsortes für Computer nicht feststellbar. Daher kann für den angemeldeten Begriff in Bezug auf die zum Schutz angemeldete Dienstleistung allenfalls ein beschreibender Anklang, nicht aber ein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt festgestellt werden. Dieser Entscheidung steht auch nicht die Annahme der Markenstelle entgegen, es sei nicht unüblich, dass Computerwerke vernetzte Computer entgeltlich zur Nutzung zur Verfügung stellten. Selbst wenn dies der Sache nach der Fall wäre, was der Anmelder in Abrede gestellt hat, stünde auch hier die Beschreibung der betreffenden Dienstleistung nicht völlig im Vordergrund, denn der (Gattungs-)Begriff "Computerwerk" bezeichnet einen Produktionsort und nicht die Tätigkeit des Zurverfügungstellens von vernetzten Computern, selbst wenn dies in den Räumlichkeiten eines Computerwerks stattfinden sollte. Daher steht der Eintragung der Marke auch nicht ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Anderes lässt sich auch den von der Markenstelle für ihre Auffassung zitierten Beschlüssen 30 W (pat) 70/99 - FactoryWeb - und 32 W (pat) 47/99 - LERN WERK - nicht entnehmen, da ihnen nach Auffassung des Senats mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde liegen.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, soweit der Anmelder Schutz für die Waren "Computerhardware und Computerzubehör, soweit in Klasse 9 enthalten, nämlich Dateneingabegeräte, Datenanzeigegeräte und Datenschnittstellen" begehrt. Insofern stehen der Eintragung die von der Markenstelle mit zutreffender Begründung angeführten Hindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen, die der Senat nach erneuter eigener Prüfung ebenfalls für einschlägig ansieht. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, nachdem der Anmelder in seinem Schriftsatz vom 22. März 2005 durch seinen Verfahrensbevollmächtigten hat mitteilen lassen, insoweit sei er mit einer Zurückweisung der Beschwerde "einverstanden".

Dr. van Raden Schwarz Prietzel-Funk Na






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