Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Oktober 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 79/05

Tenor

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt damit als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat am 24. Oktober 2002 eine Wortmarke angemeldet. Mit Erstbeschluss vom 19. August 2004 wurde die Anmeldung insgesamt zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss legte die Anmelderin Erinnerung ein, die durch Erinnerungsbeschluss vom 21. April 2005 ebenfalls zurückgewiesen wurde. Der Erinnerungsbeschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin am 26. April 2005 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2005, der per Telefax am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, legten die Verfahrensbevollmächtigten einen Rechtsbehelf ein, den sie erneut mit "Erinnerung" bezeichneten. Aus diesem Schriftsatz ergibt sich, dass die Gebühr - ohne nähere Bezeichnung der Höhe - "für das Erinnerungsverfahren" mit - dem Schriftsatz - beigefügter Einzugsermächtigung entrichtet worden sei. In einem Telefongespräch mit der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten vom 16. Juni 2005 wurde ausweislich eines Telefonvermerks durch einen Mitarbeiter des Deutschen Patent- und Markenamts darauf hingewiesen, dass die Einlegung der Erinnerung fehlerhaft ist, da einzig die Beschwerde der zutreffende Rechtsbehelf sei. Darauf hin teilten die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin mit Telefax vom selben Tage mit, die Erinnerung möge in eine Beschwerde "umgewandelt" werden und fügten eine Einzugsermächtigung für den Unterschiedsbetrag zwischen der Erinnerungs- und der Beschwerdegebühr bei.

Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 teilte der zuständige Rechtspfleger am Bundespatentgericht den Verfahrensbevollmächtigten mit, dass die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht einbezahlt worden sei, weshalb die Beschwerde gemäß § 6 Abs 2 PatKostG als nicht eingelegt gelte. Darauf hin beantragte der mit dem Verfahren betraute Patentanwalt die Wiedereinsetzung in die Frist der Zahlung der Beschwerdegebühr mit Schriftsatz vom 25. Juli 2005. Hilfsweise, für den Fall, dass eine Umdeutung der Erinnerung in eine Beschwerde nicht möglich ist, legte er zugleich Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. April 2005 ein.

II.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist ist nach § 91 Abs 1 MarkenG als unbegründet zurückzuweisen.

Zusätzlich zur fristgerechten Einlegung der Beschwerde selbst muss die Beschwerdegebühr innerhalb der Beschwerdefrist (§ 6 Abs 1 S 1 PatKostG) eingezahlt werden. Eine Teilzahlung steht dabei der Nichtzahlung gleich (§ 6 Abs 2 PatKostG). Bei nicht fristgerechter Zahlung tritt kraft Gesetzes die Rechtsfolge des § 6 Abs 2 PatKostG ein. Die Beschwerde gilt als nicht vorgenommen.

Vorliegend ist weder gemäß § 66 Abs 1 MarkenG fristgerecht Beschwerde eingelegt, noch die entsprechende Gebühr gemäß § 6 Abs 1 S 1 PatKostG entrichtet worden. In beiden Fällen ist die Fristversäumnis nicht unverschuldet im Sinn von § 91 Abs 1 MarkenG erfolgt.

Der Erinnerungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. April 2005 war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, aus der sich als einzig möglicher Rechtsbehelf die Erinnerung ergab. Der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin hat vorgetragen, dass er seine zuverlässige - mit der Führung des Fristenkalenders betraute - Sekretärin beauftragt habe, eine Frist zur Einlegung der Beschwerde zu notieren. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe diese jedoch, was sie eidesstattlich versichert hat, die Frist nicht als Beschwerde-, sondern als Erinnerungsfrist notiert.

Die Anmelderin muss sich neben eigenem Verschulden auch dasjenige ihrer rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten entsprechend § 85 Abs 2 ZPO zurechnen lassen. Die Rechtsprechung stellt insoweit hohe Sorgfaltsanforderungen an die Einhaltung von Fristen bei Rechts- und Patentanwälten (BVerfG NJW 2000, 1633; BGH NJW 1997, 3177 mwN; GRUR 1979, 626 - Elektrostatisches Ladungsbild). Dem Anwalt werden dabei weitgehende eigene Pflichten zum persönlichen Tätigwerden auferlegt. Die Einschaltung von Hilfspersonen, zB von Büropersonal wird dabei dem Anwalt grundsätzlich nicht zugerechnet, außer ihm ist ein eigener verschuldeter Organisationsmangel in der Auswahl, Instruktion oder Überwachung der Hilfspersonen zur Last zu legen. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes darf dabei nicht unzumutbar erschwert werden. Die Gerichte dürfen die Anforderungen an die Pflichten des Anwalts nicht überspannen. Jedenfalls ist es aber die Pflicht eines Anwalts, den von ihm persönlich unterzeichneten Schriftsatz zu lesen und auf seine inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Dabei wird der Rechtsanwalt das Versehen seines Büropersonals erkennen, da es zu seiner Kontrollpflicht im Einzelfall gehört, selbst zu prüfen, welcher Rechtsbehelf einzulegen ist.

Vorliegend hat der Verfahrensbevollmächtigte selbst die Ursache für die fehlerhafte Auswahl des Rechtsbehelfs gesetzt. Er hat einen Schriftsatz angefertigt und unterzeichnet, in dem er den eingelegten Rechtsbehelf als "Erinnerung" bezeichnet hat. Aus dem inhaltlichen Vorbringen des Deutschen Patent- und Markenamts hätte er bereits erkennen müssen, dass es sich um einen Zweitbeschluss handelte. Der eine Rechtsbehelfsschrift unterzeichnende Anwalt muss sich bei Abfassung des Schriftsatzes deshalb im Klaren sein, welchen - zulässigen - Rechtsbehelf er einlegen kann und darf sich dabei nicht nur am Eintrag im Fristenkalender orientieren. Eine fristwahrende Eingabe muss der Anwalt auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfen (BGH NJW 1997, 3177; Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, § 123 PatG, Rn 43; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 91 Rn 19 f). Aufgrund der fehlerhaften Bezeichnung des Rechtsbehelfs wurde deshalb nicht die für Beschwerden vorgeschriebene Gebühr einbezahlt. Der Vertreter der Anmelderin hat insgesamt nicht die erforderliche Sorgfalt beachtet, weshalb keine Wiedereinsetzung zu gewähren war.

Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl






BPatG:
Beschluss v. 26.10.2005
Az: 29 W (pat) 79/05


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