Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 15. Juli 2010
Aktenzeichen: 34 SchH 014/09, 34 SchH 14/09

(OLG München: Beschluss v. 15.07.2010, Az.: 34 SchH 014/09, 34 SchH 14/09)

Tenor

I. Das Verfahren wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits 6 O 85/10 Landgericht Frankenthal (Pfalz) ausgesetzt.

II. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, eine Vereinigung von Urhebern, beantragt, den Vorsitzenden einer Schlichtungsstelle zur Aufstellung von Vergütungsregeln gemäß § 36a UrhG hinsichtlich der €Auftragsproduktionen€ zu bestellen und die Zahl der Beisitzer festzusetzen. Die Antragsgegnerin, eine öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, hat beim Landgericht Frankenthal (6 O 85/10) Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass sie als Klägerin gegenüber dem Antragsteller als Beklagten nicht verpflichtet sei, sich auf ein Schlichtungsverfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36a UrhG einzulassen. Sie ist der Meinung, sie sei nicht passivlegitimiert, da nicht Werknutzer i.S. von § 36 Abs. 1 UrhG, der Antragsteller nicht aktivlegitimiert, da er nicht repräsentativ sei und zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens nicht ordnungsgemäß ermächtigt (36 Abs. 2 UrhG). Sie regt an, das Verfahren zur Bestellung des Vorsitzenden und zur Festsetzung der Zahl der Beisitzer bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Frankenthal auszusetzen. Der Antragsteller wendet sich gegen eine Aussetzung.

II.

Die Voraussetzungen für eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO liegen vor. Der vor dem Landgericht Frankenthal geführte Rechtstreit ist für das vorliegende Verfahren vorgreiflich:

Die Entscheidung nach § 36a Abs. 3 UrhG, nämlich die Bestellung des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle und die Festsetzung der Zahl der Beisitzer, ist vom Bestehen eines Rechtsverhältnisses abhängig, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet.

4Ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 148 ZPO stellt auch die Frage dar, ob zwischen zwei Vereinigungen von Urhebern bzw. Werknutzern (§ 36 Abs. 1 UrhG) die Voraussetzungen für die Bildung einer Schlichtungsstelle zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln vorliegen (§ 36a UrhG). Die Frage der Aktiv- bzw. Passivlegitimation stellt eine Vorfrage dar, die im Rahmen der Bestellungsentscheidung durch das Oberlandesgericht zu prüfen ist (vgl. zum Meinungsstand Dreier/Schulze UrhG 3. Aufl. § 36a Rn. 7; Schricker/Dietz UrhG 3. Aufl. § 36a UrhG Rn. 14; Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger Urheberrecht 3. Aufl. § 36 UrhG Rn. 26). Nur so kann ein möglicherweise überflüssiges und mit erheblichen Kosten verbundenes Schlichtungsverfahren verhindert werden. Im Übrigen berührt bereits die Stellung als Beteiligter in einem Schlichtungsstellenverfahren die Rechte eines Betroffenen und kann wegen der Indizwirkung auch seine materielle Rechtsposition berührt sein (vgl. Ory ZUM 2006, 914). Selbst wenn man dem Oberlandesgericht insoweit nur eine eingeschränkte Prüfungsbefugnis zugesteht (KG ZUM 2005, 229), würde eine rechtskräftige Feststellung der Unzulässigkeit dem Bestellungsverfahren entgegenstehen. Ob die inzidente Bejahung dieser Vorfrage durch das Oberlandesgericht die Parteien bindet und einer negativen Feststellungsklage entgegensteht, erscheint zumindest zweifelhaft. Die Klage zum Landgericht ist nicht offensichtlich unzulässig (vgl. KG aaO., Wandtke/Grunert aaO.). Wird in diesem Verfahren rechtskräftig festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 36 UrhG zwischen den Parteien nicht vorliegen, so kommt eine Bestellung nach § 36a UrhG schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht in Betracht. Wird die negative Feststellungsklage abgewiesen, steht grundsätzlich fest, dass das behauptete Verhältnis besteht (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 322 Rn. 11 m. N.).

5Der Zweck der Regelung des § 36a UrhG liegt in der Beschleunigung der Errichtung der Schlichtungsstelle, vor allem, wenn sich die Werknutzerseite Verhandlungen grundlos und hartnäckig verweigert. Dieser Zweck muss aber zurücktreten, wenn schon zweifelhaft und zwischen den Parteien strittig ist, ob es sich bei einer der Parteien tatsächlich um Werknutzer handelt. Wenn nämlich das angerufene Oberlandesgericht die Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens bejaht, ist zumindest zweifelhaft, ob eine Überprüfung im Wege der Rechtsbeschwerde möglich ist (vgl etwa Schricker/Dietz § 36a Rn. 16), während für die negative Feststellungsklage der volle Instanzenweg zur Verfügung steht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde (als Erstrechtsmittel) beruht auf § 252, § 574 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO. Ob § 1065 Satz 2 ZPO, der durch § 36a Abs. 3 Satz 3 UrhG für entsprechend anwendbar erklärt ist, einem Rechtsmittel entgegensteht, hat der Senat nicht zu entscheiden.






OLG München:
Beschluss v. 15.07.2010
Az: 34 SchH 014/09, 34 SchH 14/09


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