Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 18. September 2009
Aktenzeichen: 11 U 183/07

(OLG Hamburg: Urteil v. 18.09.2009, Az.: 11 U 183/07)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 4 für Handelssachen vom 6. Dezember 2007, Az. 404 O 157/05 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagten vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der I... Internet AG (im Folgenden: I... AG) Schadensersatz von den Beklagten zu 1) und 2) als ehemaligen Vorstandsmitgliedern sowie dem Beklagten zu 3) als ehemaligem Aufsichtsratsmitglied der I... AG wegen Ausgabe von Aktien ohne vorherige Bewirkung des Ausgabebetrages.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 19.7.2002 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der I... AG bestellt worden (Anlage K 1).

Die I... AG entstand aus einer 1998 gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der D... Internet Services GmbH, die mit Gesellschafterbeschluss vom 30.9.1999 (Anlage K 2) formwechselnd in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde.

Der Beklagte zu 3) war Mitglied des ersten Aufsichtsrates der I... AG und wurde in der Aufsichtsratssitzung vom 6.10.1999 zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Er ist Partner der Anwaltskanzlei C...H...S..., welche ständige Beraterin der I... AG war. Im Zuge der Übernahme der Kapitalmehrheit der I... AG durch die E...plc. am 31.1.2001 schied der Beklagte zu 3) aus dem Aufsichtsrat aus.

Die Beklagten zu 1) und 2) wurden ebenfalls durch Beschluss des Aufsichtsrates der I... AG vom 6.10.1999 zu Vorstandsmitgliedern bestellt; die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 3.2.2000. Mit Ablauf des 31.1.2001 trat der Beklagte zu 1) als Vorstand zurück. Der Beklagte zu 2) war weiter bis Februar 2002 als Finanzvorstand tätig.

Zum Zeitpunkt der Umwandlung betrug das Grundkapital der I... AG DM 31.234.000,--, welches eingeteilt war in 15.617.150 nennwertlose Stückaktien. Von den Aktien hielt die D... Holding AG (im Folgenden: D...) mit Sitz in der Schweiz ca. 14,8 Mio. Stück. Wesentlicher Aktionär der D... war der Beklagte zu 1) über eine Beteiligungsgesellschaft, die ihrerseits 34 % der Aktien an der D... hielt. Der Beklagte zu 1) war auch alleinvertretungsberechtigter Verwaltungspräsident der D...

Am 9.2.2000 fand in den Räumen des Notars Dr...S..., Hamburg, eine außerordentliche Hauptversammlung statt, in der laut notariellem Protokoll (Anlage K 5) sämtliche Aktionäre anwesend bzw. durch Bevollmächtigte vertreten waren. Der Beklagte zu 3) übernahm als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender die Versammlungsleitung. In der Hauptversammlung wurde unter anderem die Schaffung eines genehmigten Kapitals in Höhe von EUR 7.800.000,-- einstimmig beschlossen (Punkt 3 der Tagesordnung). Der Vorstand sollte befugt sein, mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch die Ausgabe von bis zu 7.800.000 Stück neuer Aktien gegen Bar- oder Sacheinlage das Kapital der Gesellschaft bis zum 31.1.2005 entsprechend zu erhöhen. Der Vorstand wurde ferner ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, um bis zu 1.500.000 neue Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, insbesondere zum Zweck des Erwerbs von Beteiligungen gegen Überlassung von Aktien der Gesellschaft, auszugeben. Mit Beschluss vom selben Tage ermächtigte die Hauptversammlung den Vorstand zudem, bis zum 31.7.2001 eigene Aktien bis zu zehn von Hundert des damaligen Grundkapitals über die Börse oder auch außerhalb zu erwerben (Punkt 4 der Tagesordnung). Dem Vorstand wurde dabei ausdrücklich gestattet, ggf. auch von den derzeitigen Aktionären der Gesellschaft Aktien zu erwerben und zu veräußern, wobei der Erwerb insoweit aber nur unentgeltlich oder zu einem Kaufpreis von EUR 1,-- je Aktie hätte erfolgten dürfen.

Das genehmigte Kapital wurde am 25.2.2000 in das Handelsregister eingetragen. Am 17.3.2000 wurden die Aktien der I... AG am Neuen Markt in Frankfurt am Main zum Börsenhandel zugelassen. Es wurden insgesamt 18.637.000 Aktien ausgegeben. Aus dem Börsengang flossen der I... AG rund 201 Millionen € (abzgl. 17 Millionen € Kosten) zu. Die D... hielt davon rund 70 % der Aktien, Management und Mitarbeiter der I... waren mit 10 % beteiligt, die verbleibenden 20 % der Aktien befanden sich im Streubesitz. Im Laufe des Jahres 2000 wurde das Kapital der I... AG durch mehrere Kapitalerhöhungen um weitere 1,41 Millionen Aktien auf insgesamt 20.048.041 Aktien erhöht.

Im Anschluss an den Börsengang verfolgte die I... AG eine umfangreiche Expansionspolitik und erwarb insbesondere im europäischen Ausland unmittelbar oder über verschiedene Tochtergesellschaften eine Reihe von Unternehmen bzw. Beteiligungen im Bereich des sog. E-Business.

Die I... AG war zu 100 % an zwei Tochtergesellschaften beteiligt: der I... International GmbH und der I... Sales & Service GmbH und Co. KG. Auch über diese Gesellschaften sollten im Laufe des Jahres 2000 in- und ausländische Beteiligungen erworben werden, wobei beabsichtigt war, den Kaufpreis teilweise mit Aktien der I... AG zu begleichen. Durch Vertrag vom 16.5.2000 erwarb die I... Sales & Service GmbH und Co. KG den einzigen Geschäftsanteil an einer in Stuttgart ansässigen P...I...C...GmbH zu einem Gesamtkaufpreis von DM 4,8 Millionen. Nach diesem Vertrag waren DM 3,2 Millionen des Kaufpreises in bar, der Restkaufpreis durch Übereignung von Aktien der I... AG zu begleichen. Nach den Berechnungen des Steuerberaters der I... AG, dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater W..., waren hierfür 20.000 Aktien der I... erforderlich, tatsächlich wurden 20.452 Aktien benötigt. Die Aktien waren ein Jahr nach Beurkundung des Vertrages, d.h. am 16. 5. 2001, zur Lieferung fällig.

Durch Vertrag vom 24.5.2000, mit Nachträgen vom 23.6.2000, verpflichtete sich die I... International GmbH gegenüber den Aktionären einer niederländischen Gesellschaft namens K...BV. zum Erwerb von zunächst 80 % der Aktien dieser Gesellschaft. Ein Teil des Kaufpreises in Höhe von insgesamt NLG 27.924.000,-- war in zwei Teilen in bar, der Restkaufpreis mit bis zu 250.000 I...- Aktien in drei Teilen zu erfüllen. Zur Absicherung des Kaufpreises sollten am 7. 9. 2000 250.000 Aktien auf ein Treuhandkonto (Escrow Account) geliefert werden.

Am 6.6.2000 schloss die I... International GmbH mit einigen Aktionären der französischen T...P...G...einen Kaufvertrag, welcher die I... International GmbH verpflichtete, ca. 80 % der Aktien an der T...P...G...zu erwerben. Nach den Berechnungen des Steuerberaters W... waren insgesamt 233.333 Aktien der I... AG für die Durchführung dieses Geschäfts erforderlich, die in drei Teilen am 1.6.2001, 1.4.2002 und 1.4. 2003 zu liefern waren, tatsächlich wurden unter Berücksichtigung späterer Kurs- und Wertentwicklungen 311.640 Aktien benötigt.

Weder die Tochtergesellschaften noch die I... AG selbst verfügten über genügend eigene Aktien, um die Lieferverpflichtungen aus den vorgenannten Verträgen zu erfüllen. Der Beklagte zu 2) hatte die Vorstellung, dass die I... AG sich die erforderlichen Aktien problemlos über eine Kapitalerhöhung unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals würde beschaffen können, um mit den ausgegebenen neuen Aktien die Kaufpreise zu begleichen. Sowohl der Beklagte zu 3) wie auch der Steuerberater W... wiesen ihn darauf hin, dass dies nach deutschem Aktienrecht nicht möglich sei, da darin ein gemäß § 71 AktG unzulässiger Erwerb eigener Aktien zu sehen sei und deshalb ein Problem bestehe. Der Beklagte zu 2) schlug daraufhin vor, dass - wie etwa in den USA üblich - sich die Gesellschaft diese Aktien bei einem Fonds leihen könne, um den vertraglichen Verpflichtungen gerecht werden zu können. Sie könne dann dem Fonds aus einer Kapitalerhöhung die entsprechende Zahl von Aktien zurückgewähren, wobei die Einlageleistung durch Verzicht auf die Wertpapierdarlehensrückforderung erbracht werden könnte. Man kam überein, dass ein solches Konzept mit Hilfe der von D... noch gehaltenen Aktien, über die diese noch nicht frei verfügen konnte, umgesetzt werden sollte. In einer Aufsichtsratssitzung vom 12.07.2000 (Anlage K 8), an der auch die Beklagten zu 1) bis 3) teilnahmen, wurde dann auf Vorschlag des Beklagten zu 3) Einigkeit darüber erzielt, dass man die für den Beteiligungserwerb notwendigen Aktien über ein in I...- Aktien gewährtes Darlehen der D... begleichen wollte, das durch eine Kapitalerhöhung mit neuen I... Aktien zurückgeführt werden sollte. Der Beklagte zu 3) wurde gebeten, ein entsprechendes Abwicklungskonzept zu erstellen. Nach einer Zusammenstellung des Steuerberaters W... (Anlage B 3.1), bedurfte es zur Abwicklung der Akquisitionen insgesamt einer Bereitstellung von 679.133 Stück I...- Aktien.

Anschließend wurden mit Datum vom 05. September 2000 (möglicherweise rückdatiert) mehrere schriftliche Vereinbarungen abgeschlossen, aus denen sich folgendes ergab:

Zwischen der I... AG (vertreten durch die Beklagten zu 1) und 2)) und der D... (vertreten durch den Beklagten zu 1) sowie das weitere Verwaltungsratsmitglied H...) wurde ein Wertpapierdarlehensvertrag (Anlage K 11) abgeschlossen, der nach seiner Präambel der "Vereinfachung der Lieferung der Aktien" für den Anteilserwerb der vorgenannten Beteiligungen dienen sollte. Gemäß § 3 Absatz 2 dieses Vertrages übereignete die D... Holding AG der I... AG 679.133 auf den Inhaber lautende Stückaktien der I... AG. Die Wertpapiere sollten mit 0,5 % verzinslich mit Rückgabepflicht zum 31.12.2000 sein "mangels anderweitiger Vereinbarung". Sicherheiten wurden nicht vereinbart, sofern innerhalb eines Zeitraums von zehn Tagen nach Unterzeichnung des Vertrages eine Kapitalerhöhung der I... AG beschlossen würde.

Am selben Tage schloss die I... AG Wertpapierdarlehensverträge mit I... International über 465.334 eigene Stückaktien zum Börsenkurs (EUR 20.460.735) (Anlage K 16) bzw. 20.452 eigene Stückaktien zum Börsenkurs (EUR 899.274,44) mit I... Sales + Services GmbH & Co. KG. (Anlage K 15), wobei die Unterzeichnung auf beiden Seiten durch den Beklagten zu 1) erfolgte. Die nicht weitergereichten I...- Aktien (193.347 Stück) blieben im Vermögen der I... AG.

Ebenfalls am 5.9.2000 beschloss der Vorstand der I... AG, vertreten durch die Beklagten zu 1) und 2) sowie Dr..K..., unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals von € 7.800.000 das Grundkapital der Gesellschaft von EUR 18.637.000,- um EUR 679.133,- auf 19.316.133,- zu erhöhen durch Ausgabe von 679.133 auf den Inhaber lautenden Stammaktien in Form von Stückaktien zu einem Ausgabebetrag von 43,97 EURO je Aktie (Tageskurs vom 5.9.2000 - Anlage K 12). Der Ausgabebetrag belief sich somit auf insgesamt EUR 29.861.478,01. Die Einlage sollte als Sacheinlage durch Verzicht der D... AG auf den Rückforderungsanspruch aus dem zwischen ihr und der I... AG geschlossenen Wertpapierdarlehensvertrag erfolgen. Der Aufsichtsrat der I... AG, vertreten durch den Beklagten zu 3), H... und Dr..Kr..., stimmte dem Beschluss ebenfalls am 5.9.2000 zu.

Zugleich unterzeichneten die Beklagten zu 1) und 2) sowie Herr H... für die D... einen Zeichnungsschein für die neuen Aktien (Anlage K 13) und schlossen mit selbigem Datum einen Einbringungsvertrag, in dem D... - aufschiebend bedingt durch die Eintragung der Kapitalerhöhung - zum Zwecke der Leistung der Sacheinlage auf ihre Forderung aus dem Wertpapierdarlehensvertrag verzichtete (Anlage K 14).

Auf Antrag der I... AG vom 24.10.2000 wurde die S...u...P... OHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 31.10.2000 zur Sachgründungsprüferin bestellt. Der Bericht über die Prüfung der Sachkapitalerhöhung (Anlage K 20, S.20) kam zum Ergebnis, dass der Verzicht von D... auf die Rückgewähr von 679.133 Stückaktien den rechnerischen Betrag der dafür zu gewährenden neuen Anteile am Grundkapital der I... AG in Höhe von € 679.133 erreiche und zudem der Börsenwert der Altaktien den Ausgabebetrag der als Gegenleistung zu gewährenden neuen Aktien übersteige.

Am 23.11.2000 meldeten der Beklagte zu 1) als alleinvertretungsberechtigter Vorstand der Gemeinschuldnerin und der Beklagte zu 3) als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates neben anderen Kapitalerhöhungen die am 5.9.2000 aus genehmigtem Kapital beschlossene Kapitalerhöhung und deren Durchführung zum Handelsregister an (Anlage K 19). Die Eintragung erfolgte am 6.12.2000.

Die durch die Kapitalerhöhung geschaffenen 679.133 Stückaktien wurden im Jahr 2000 ausgegeben und zusammen mit den durch Vertrag vom 19.12.2000 verkauften sämtlichen Aktien der I... AG von der D... zum 30.01.2001 an die E...plc, London, übertragen.

Alle beteiligten Gesellschaften sind, wie auch die britische E...plc., mittlerweile insolvent.

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1) und 2) als Mitglieder des Vorstands, den Beklagten zu 3) als Mitglied des Aufsichtsrats, auf Schadenersatz in Anspruch, weil sie durch Ausgabe von Aktien vor vollständiger Leistung des Ausgabebetrages ihre Pflichten verletzt hätten (§§ 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4, 116 AktG). Der Gesellschaft sei dadurch ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden, von dem ein Teilbetrag in Höhe 10.000.000,- geltend gemacht werde. Der Kläger meint, die zwischen D... und I... AG abgeschlossene Sacheinlagevereinbarung sei aus mehreren Gründen unwirksam. Bei dem Wertpapierdarlehensvertrag handele es sich, da eine Gewährung von Aktien als Darlehen niemals gewollt gewesen sei, um ein gemäß § 117 BGB nichtiges Scheingeschäft. Zudem sei die mit der Darlehensgewährung bzw. dem gleichzeitig erklärten Darlehensverzicht verbundene Aktienübertragung gemäß § 71 Abs. 4 AktG unwirksam, weil sie gegen das Verbot des Erwerbs der eigener Aktien verstoße. Ferner ergebe sich die Unwirksamkeit aus § 71 Abs. 2 i.V.m. § 272 Abs. 4 HGB, weil die Gesellschaft nicht in der Lage gewesen sei, die danach erforderliche Rücklage zu bilden. Der Kapitalerhöhungsbeschluss sei deswegen zunächst nichtig, aber durch Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister wirksam geworden. Wegen Unwirksamkeit der Sacheinlagevereinbarung sei die aus der wirksamen Kapitalerhöhung folgende Einlageverpflichtung als Bareinlage zu erfüllen gewesen. Da die D..., was unstreitig ist, keine Barzahlung geleistet habe, hätten die aus der Kapitalerhöhung entstandenen Aktien nicht an diese ausgegeben werden dürfen.

Die Beklagten zu 1) und 3) treffe zudem eine Schadensersatzpflicht gemäß § 48 AktG, weil sie trotz unwirksamer Sacheinlagevereinbarung gegenüber dem Registergericht mit der Anmeldung fälschlich versichert hätten, dass die Sacheinlage vollständig erbracht sei.

Der Kläger hat daher beantragt,

die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 10 Mio. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, dass die D... ihre aufgrund der Zeichnung der Kapitalerhöhung vom 5.9.2000 geschuldete Einlageleistung als Sacheinlage wirksam erbracht habe. § 71 AktG finde keine Anwendung, weil Sinn und Zweck der hier vorliegenden Geschäfte nicht gewesen sei, dass die I... AG selbst "I...- Aktionärin" werden sollte, sondern nur mit eigenen Aktien versorgt werden sollte, um diese als Akquisitionswährung einzusetzen. In einem solchen Fall bestehe, wie sich aus einem im Auftrag der Gemeinschuldnerin erstellten Rechtsgutachten (Anlage S + P 1) ergebe, ein "Durchleitungsprivileg" für die zur Kaufpreiszahlung benötigten eigenen Aktien. Diese Durchführung sei aber auch jedenfalls nach den Ausnahmetatbeständen des § 71 I Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 8 AktG zulässig. Ohne die vorgenommene Finanztransaktion habe der Gesellschaft der Eintritt eines schweren Schadens gedroht, weil sie anders nicht in der Lage gewesen sei, sich die zur Erfüllung der Kaufpreisverpflichtungen benötigten Aktien zu beschaffen. Eine Barkapitalerhöhung über die Börse wäre mangels der zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchführbar und im übrigen auch deswegen ausgeschlossen gewesen, weil Vorstand und Aufsichtsrat nicht davon hätten ausgehen können, dass die Aktionäre der I... AG in der noch immer andauernden Gründungsphase und vor dem Hintergrund bereits aufgelaufener erheblicher substantieller Verluste zu einer weiteren Barkapitalerhöhung hätten bereit sein können. Immerhin sei laut Konzernbilanz der I... AG für das Jahr 2000 ein Bilanzverlust von knapp 90 Millionen € entstanden. Zudem habe das ausgewiesene Eigenkapital in Höhe von 250 Millionen € überwiegend in immateriellem Anlagevermögen (Software: 71 Millionen €) und Beteiligungen an verbundenen Unternehmen (100 Millionen €) bestanden, deren Anlagevermögen im Wesentlichen wiederum mit immateriellen Vermögensgegenständen unterlegt gewesen sei. Vor dem Hintergrund der heraufziehenden Schwäche der Kapitalmärkte wäre kein Investor bereit gewesen, nur wenige Monate nach dem Börsengang im Rahmen einer Barkapitalerhöhung weitere Aktien zu zeichnen.

Die Beklagten haben weiter vorgetragen, die I... AG habe die eigenen Aktien zudem im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG unentgeltlich erworben, denn der Eigentumserwerb sei aufgrund des Wertpapierdarlehensvertrages erfolgt und die im Darlehensvertrag vorgesehene Verzinsung von 0,5 % p.a. sei nicht Gegenleistung für die Übereignung der Aktien, sondern lediglich für die Gewährung der Nutzungsmöglichkeit auf Zeit. Zudem habe aufgrund des von vornherein geplanten Verzichts der D... auf den Rückgewähranspruch festgestanden, dass eine Zinspflicht nicht entstehen würde. Die Ausgabe der neuen Aktien an D... müsse von dem - unentgeltlich erfolgten - Erwerb der eigenen Aktien unterschieden werden. Ferner habe der Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vorgelegen, weil, wie aus dem Zusammenhang der Regelungen über die Schaffung und Ausnutzung des genehmigten Kapitals und der Möglichkeit zum Erwerb eigener Aktien folge, das Andienungsrecht der Aktionäre wirksam ausgeschlossen worden sei. Es liege auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 53 a AktG vor, zumal für die Minderheitsaktionäre keinerlei Interesse daran bestanden habe, zu den gleichen Bedingungen wie D... Aktien an I... abzugeben.

Selbst wenn der Darlehensvertrag zunächst unwirksam gewesen wäre, hätte D... eine wirksame Sacheinlage erbracht, weil dann an die Stelle der Darlehensforderung als Gegenstand der Einlageschuld ein Anspruch auf Aufwendungsersatz bzw. ein Bereicherungsanspruch getreten wäre, mit dem die Sacheinlageverpflichtung wirksam erfüllt worden sei.

Auch sei ein Schaden der I... AG durch den Erwerb eigener Aktien bzw. die damit im Zusammenhang stehende Kapitalerhöhung nicht ersichtlich. Die Schuldnerin habe infolge des Verzichts der D... auf die Rückforderung von Aktien einen die Einlageforderung vollständig kompensierenden Wertzuwachs erhalten. I... AG sei in der Lage gewesen, mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Aktien eigene Verbindlichkeiten aus den Anteilserwerben zu erfüllen und habe aus den solchermaßen getätigten Akquisitionen werthaltige Beteiligungen mindestens in Höhe der Aktienkaufpreise erworben (Beweis: Sachverständigengutachten). Im Übrigen sei die I... AG durch die Übertragung der Aktien in die Lage versetzt worden, die eigenen Lieferverpflichtungen bzw. die ihr obliegenden Ausstattungsverpflichtungen gegenüber den Töchtern zu erfüllen und somit von Verbindlichkeiten befreit worden.

Alle Beklagten berufen sich zudem auf mangelndes Verschulden.

Die Beklagte zu 1) und zu 2) haben darüber hinaus geltend gemacht, nicht schuldhaft gehandelt zu haben, weil sie bei der Vorbereitung und Durchführung der streitgegenständlichen Kapitalmaßnahme einschließlich Erstellung der diesbezüglichen Entwürfe von der angesehenen Anwaltskanzlei C...H...S... beraten worden seien. Für sie, als mit den Einzelheiten des Aktienrechts nicht vertraute Vorstandsmitglieder, habe kein Anlass bestanden, die Rechtmäßigkeit der im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung stehenden Maßnahmen und Vereinbarungen anzuzweifeln, zumal offensichtlich weder die bestellte Sachgründungsprüferin noch das Registergericht Bedenken gegen die Einlagefähigkeit des Wertpapierdarlehnsrückzahlungsanspruchs oder die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung gehabt hätten. Zudem hätten sie sich darauf verlassen dürfen, dass sie auf etwaige Bedenken vom Beklagten zu 3) und dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater W... hingewiesen worden wären. Ein Verschulden ihrerseits unterstellt, ergäbe sich ein weit überwiegendes Mitverschulden der I... AG, weil diese es unterlassen habe, für die rechtzeitige Durchsetzung einer etwaigen Bareinlageforderung gegenüber D... zu sorgen.

Der Beklagte zu 3) meint, ihm falle kein Verschulden zur Last, da auch für ihn als Juristen nur ein - an einem durchschnittlichen Aufsichtsratsmitglied orientierter - typisierter Verschuldensmaßstab gelte.

Die Beklagten haben sich weiter auf die Einrede der Verjährung berufen.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben außerdem hilfsweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von € 5.112.918,80 erklärt, weil der Kläger es versäumt habe, die zugunsten der Beklagten zu 1) und 2) abgeschlossene D & O- (d...&.o...) Versicherung auch nach Insolvenzeröffnung weiterhin zu bedienen. Dadurch sei die A... Versicherung in die Lage versetzt worden, den bei ihr abgeschlossenen Versicherungsvertrag am 18.08.2003 zu kündigen und leistungsfrei geworden. Selbst wenn die A... Versicherung aufgrund der im Versicherungsvertrag vereinbarten Nachhaftungszeit von 3 Jahren nicht leistungsfrei geworden sei, habe die Nichtzahlung von Prämien der Versicherung die Möglichkeit eröffnet, im Hinblick auf § 39 VVG die Deckungszusage zu verweigern. Allein dies rechtfertige einen gegen den Kläger gerichteten Schadensersatzanspruch in genannter Höhe.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 6.12. 2006 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat dieses damit begründet, dass dem Kläger gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) ein Anspruch auf Schadenersatz aus §§ 93 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 4 AktG und gegenüber dem Beklagten zu 3) ein Anspruch aus §§ 116 Satz 1, 93 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 4 AktG zustehe.

Die Beklagten zu 1) und 2) hätten ihre Pflichten als Vorstände der Insolvenzschuldnerin und der Beklagte zu 3) als Aufsichtsratsmitglied verletzt, weil sie Aktien aus der Kapitalerhöhung vom 6.12.2000 ausgegeben hätten, ohne dass der Ausgabebetrag in Höhe von € 29.861.478,01 geleistet worden sei. Dies sei zu bejahen, weil der Gesellschaft weder durch Barzahlung noch eine wirksame Sacheinlage ein Gegenwert zugeflossen sei, die Aktien indessen an die E...plc. verkauft worden seien. Da es unstreitig sei, dass an die I... AG der nach dem Vorstandsbeschluss festgesetzte Ausgabebetrag für die Aktien von insgesamt € 29.861.478,01 nicht gezahlt worden sei, liege schon keine gemäß § 10 Abs. 2 AktG notwendige Leistung des Ausgabebetrags vor Hergabe der Aktien vor. Da die Sacheinlageverpflichtung der D... gemäß § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG unwirksam gewesen sei, habe auch keine wirksame Leistung des Ausgabebetrages durch Sacheinlage vorgelegen, so dass es insgesamt an der Leistung fehle, was die Beklagten zu 1) und 2) zugelassen hätten und daher für dadurch eingetretene Schäden hafteten. Die Unwirksamkeit der Sacheinlageverpflichtung folge daraus, dass die I... AG im Sinne von § 71 Abs. 4 Satz 1 AktG damit eigene Aktien erworben habe. Das mache zwar gemäß § 71 Abs. 4 Satz 1 AktG den dinglichen Erwerb der Aktien nicht unwirksam, hindere aber die Wirksamkeit der Sacheinlagenvereinbarung gemäß § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG. Dabei spiele es keine Rolle, in welches Gewand die schuldrechtliche Verpflichtung geknüpft worden sei, denn die Bezeichnung als Wertpapierdarlehen habe die Auswirkung gehabt, der I... AG die Inhaberschaft an eigenen Aktien zu verschaffen, da § 3 Abs. 2 des Darlehensvertrages (Anlage K 15) ausdrücklich vorgesehen habe, dass die I... AG das Eigentum an den Aktien erwerben sollte.

Die Ausnahmetatbestände des § 71 Abs. 1 AktG hätten allesamt nicht vorgelegen. Eine Ausnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Form der Abwendung eines schweren und unmittelbar bevorstehenden Schadens für die Gesellschaft sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Es komme insoweit nicht darauf an, ob sich im Herbst 2000 kein Investor habe finden können, der bei der Gesellschaft habe einsteigen wollen. Da die Maßnahme des Eigenerwerbs von Aktien grundsätzlich eine Beschlussfassung der Hauptversammlung verlange, könne das Vorgehen des Vorstandes ohne einen solchen Beschluss nur dann erlaubt sein, wenn die Gesellschaft unerwartet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und ein Hauptversammlungsbeschluss nicht schnell zu erlangen sei. Da es aber mit dem Hauptversammlungsbeschluss vom 3.2.2000 bereits einen Beschluss gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gegeben habe, sei die Gesellschaft nicht unerwartet in eine wirtschaftliche Notlage gekommen.

Auch eine Wirksamkeit des Aktienerwerbs gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG sei nicht zu bejahen, denn der Erwerb sei nicht unentgeltlich erfolgt. Maßstab dafür sei die gesetzliche Definition des § 516, so dass es vollständig an einer Gegenleistung habe fehlen müssen. Diese liege nur vor, wenn der Aktionär keine Ausschüttung erhalte, somit die Gegenleistung fehle. Indessen habe die D... gerade nicht auf die Beteiligung verzichtet. Sie habe vielmehr im Gegenzug für die Überlassung der Aktien eine identische Anzahl der neuen Aktien erhalten sollen. Da der Wertpapierdarlehensvertrag nur im Zusammenhang mit den übrigen Geschäften betrachtet werden könne, seien der Darlehensvertrag, der Verzicht auf die Rückgewähr und die Einbringung dieses Verzichts als Sacheinlage als einheitliches Geschäft anzusehen. Da aber der Verzicht unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Kapitalerhöhung gestanden habe, sei diese die Gegenleistung für den Verzicht gewesen. Das folge auch aus dem Text der Sacheinlagenvereinbarung (Anlage K 14). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs von § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG. Soweit die Beklagten sich dabei auf das eingeholte Rechtsgutachten beriefen, überzeuge dieses nicht, denn die Vorschrift stelle schon einen Ausnahmetatbestand dar, der keiner weitergehenden Auslegung zugänglich sei. Entscheidend sei nämlich, dass bei dem hier gewählten Weg und der damit verbundenen Einlagenrückgewähr eine Schwächung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft erfolge, die von § 71 AktG vermieden werden solle.

Auch eine Ausnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG liege nicht vor. Zwar dürfe die Gesellschaft eigene Aktien aufgrund einer Ermächtigung der Hauptversammlung erwerben, jedoch nur unter Beachtung des Gleichheitsgebotes von § 53 a AktG. Dieser sei hier verletzt, weil ein Erwerb über die Börse nicht erfolgt sei und von daher die Gesellschaft allen Aktionären den Rückerwerb hätte anbieten müssen. Zwar gebe es Ansichten, nach denen ein Ausschluss des Andienungsrechts der Minderheitsaktionäre durch Hauptversammlungsbeschluss bestimmt werden könne, jedoch liege ein solcher Beschluss nicht vor. Gemäß Nr. 4 der Tagesordnung der Hauptversammlung vom 9. Februar 2000 (Anlage K 5) sei der Vorstand zwar ermächtigt gewesen, von den Aktionären die zurückzugebenden Aktien zu erwerben, indessen nur unentgeltlich oder zu einem Preis von € 1,--. Da dieses nicht geschehen sei, könne in der Regelung kein wirksamer Ausschluss des Andienungsrechts zu sehen sein. Ausnahmen von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG könnten aber wegen des Vorliegens eines Sondertatbestandes nicht angenommen werden.

Ebenso hätten die Beklagten nicht damit recht, dass bei unterstellter Nichtigkeit des Einbringungsvertrages oder Vorliegen eines Scheingeschäftes die D... auf einen Bereicherungsanspruch verzichtet habe und damit diesen als Sacheinlage erbracht hätte. Ein Anspruch der D... gegen I... AG auf Herausgabe der erlangten Alt-Aktien sei nicht einlagefähig. Gleiches gelte für einen Wertersatzanspruch gemäß § 818 Abs. 2 BGB wegen der Weitergabe der Aktien.

Damit sei ein Anspruch auf Bareinlage entstanden, der immer bestehe, wenn die Sacheinlage unwirksam sei. Statt dieser sei nämlich der der Sacheinlage entsprechende Betrag als Einlage in bar zu leisten (§§ 203, 205 AktG). Da dieses nicht geschehen sei, hätten die Beklagten zu 1) und 2) ihre Pflichten verletzt. Sie hafteten nach dem Verschuldensmaßstab des § 93 Abs. 1 AktG, wonach Vorstandsmitglieder erhöhte Sorgfaltspflichten treffen. Die Beklagten hätten auch nichts zu ihrer Entlastung Durchgreifendes vorgetragen, denn der Vorschlag zur Durchführung des Geschäftes habe wesentlich von dem Beklagten zu 2) gestammt und der Beklagte zu 1) habe der Diskussion in der Vorstandssitzung vom 12. Juli 2000 entnehmen können, dass die Durchführung des Geschäftes nicht unproblematisch gewesen sei. Die Beklagten hätte daher schon bei sorgfältiger Lektüre des Hauptversammlungsprotokolls vom 3. Februar 2000 feststellen können, dass die I... AG eigene Aktien nur habe unentgeltlich oder gegen Zahlung von € 1,-- habe erwerben dürfen, was nicht geschehen sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beklagten zu 1) und 2) Kenntnisse des Aktienrechts gehabt hätten, denn ihnen hätten sich Zweifel aufdrängen müssen, die Anlass für weitere Nachforschungen hätten sein müssen. Ansonsten hätten sie fachkundigen juristischen Rat einholen müssen, welchen der Beklagte zu 3) nicht habe bieten können, da er selbst mit der Gesellschaft verbunden gewesen sei und daher zumindest die Gefahr bestanden habe, dass er die Lage nicht objektiv genug einschätze. Dieses gelte auch für die Kanzlei C..., bei welcher der Beklagte tätig gewesen sei.

Für den Beklagten zu 3) als Aufsichtsrat der Gesellschaft folge die Haftung aus denselben Erwägungen gemäß §§ 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 2, 3 Nr. 4 AktG.

Der Schaden der Insolvenzschuldnerin bestehe in der nicht erfüllten Bareinlageverpflichtung, denn die erworbenen Aktien könnten nicht gegengerechnet werden, weil dann nicht bedacht werde, dass die Einlage in bar und nicht als Sacheinlage habe geleistet werden müssen. Soweit 193.347 Aktien im Vermögen der I... AG verblieben seien, weil diese nicht mehr weiter gegeben wurden, fehle es am Vortrag dazu, ob der Gesellschaft Vermögen verblieben sei. Nicht ersichtlich sei, dass die erworbenen Anteile an Gesellschaften einen Wert von über € 20 Mio. betragen hätten.

Der Anspruch sei auch nicht verjährt, denn gemäß § 93 Abs. 6 AktG i.V.m. § 200 BGB beginne die Verjährung mit der Anspruchsentstehung. Da die Aktien aus der Kapitalerhöhung am 6. Dezember 2000 ausgegeben worden seien, sei die Klagerhebung am 23. November 2005 innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist erfolgt.

Die Beklagten zu 1) und 2) könnten auch nicht mit eigenen Schadenersatzansprüchen aufrechnen, weil nicht ersichtlich sei, dass aus der Nichtzahlung der Prämie der D & O Versicherung ein Schaden entstanden sei. Es sei unstreitig, dass die Versicherung für alle Schadensfälle zu leisten habe, die 3 Jahre nach Vertragsbeendigung aufträten. Da der Vertrag erst unter dem 9. September 2003 beendet gewesen sei, habe sich der mit der Klage geltend gemachte Schadenersatzanspruch noch in der Nachhaftungszeit befunden.

Gegen dieses den Beklagten zu 1) und 2) unter dem 11. Dezember 2006 und dem Beklagten zu 3) unter dem 8. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte zu 2) unter dem 3. Januar 2007, der Beklagte zu 3) unter dem 8. Januar 2007 und der Beklagte zu 1) unter dem 10. Januar 2007 Berufung eingelegt.

Der Beklagten begründen diese damit, das Landgericht verkenne die Regelung von § 71 AktG und habe nicht dargelegt, welche der Maßnahmen gegen § 71 AktG verstoße. Schon der Anwendungsbereich sei nicht eröffnet, weil es nicht zu einem Erwerb von eigenen Aktien gekommen sei, sondern diese nach dem Konzept an die Tochtergesellschaften und sodann an die erworbenen Gesellschaften weitergeben werden sollten. Dies folge schon daraus, dass der Erwerb unterjährig habe durchgeführt werden sollen, so dass nicht einmal eine Rücklage gemäß § 272 Abs. 4 HGB habe gebildet werden müssen. Auch habe das Landgericht verkannt, dass nach dem erstatteten Gutachten ein Fall der Durchleitung vorgelegen habe, weshalb es am Erwerb eigener Aktien gefehlt habe. Im Übrigen habe auch bei der vom Landgericht vorgenommenen einheitlichen Betrachtung nur ein Aktientausch vorgelegen, der nicht gegen § 71 AktG verstoßen habe. Letztlich zeige § 71 c AktG, dass der Erwerb eigener Aktien nicht grundsätzlich verboten sei, weshalb die Sachkapitalerhöhung wirksam gewesen sei.

Weiter habe das Landgericht § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG fehlerhaft angewendet, denn die Begründung hierzu stehe im Widerspruch zur für § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gegebenen Begründung. Im Übrigen sei der Beklagte zu 3) bei den Verträgen mit den Zielgesellschaften nicht beteiligt gewesen.

Ebenso sei das Vorliegen der Unentgeltlichkeit gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG unzutreffend verneint worden, denn die Verzinsung in Höhe von 0,5 % sei nur eine Vergütung der Nutzungsmöglichkeit gewesen. Da aber von vornherein beabsichtigt gewesen sei, dass die D... sofort auf den Rückgewähranspruch habe verzichten sollen, habe es nicht einmal zu einer Verzinsung kommen können. Daher präge den Darlehensvertrag die Unentgeltlichkeit. Selbst wenn man - wie das Landgericht - alle Verträge einheitlich betrachte, ändere sich daran nichts, denn der Ausgabe der neuen Aktien an D... liege die Sacheinlagenvereinbarung zugrunde. Die Gegenseitigkeit zwischen dem Verzicht auf die Rückgabe der darlehensweise gewährten Aktien und der Ausgabe der neuen Aktien zeige sich gerade an der Bedingtheit der beiden und stelle deren Gegenseitigkeitsverhältnis dar.

Schließlich sei auch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG fehlerhaft angewendet worden. Es habe nämlich eine Ermächtigung zum sog. Paketerwerb vorgelegen, ausweislich des Beschlusses zu Nr. 4 der Tagesordnung der Hauptversammlung vom 9. Februar 2000. Dort sei sowohl geregelt, dass die Gesellschaft eigene Aktien auch außerhalb der Börse oder diese von den Aktionären unentgeltlich oder zum Preis von € 1,- habe erwerben dürfen. Da der Erwerb unentgeltlich gewesen sei, sei dem Gleichbehandlungsgrundsatz Genüge getan. Insofern habe auch keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre vorgelegen. Im Übrigen verbiete § 53 a AktG die Ungleichbehandlung nur, wenn es dafür keinen sachlich gerechtfertigten Grund gebe. Diese folge hier aber aus der beabsichtigten Sacheinlage. Im Übrigen stelle das Andienungsrecht nur das Spiegelbild des Bezugsrechts dar und sei bei einer wie vom Landgericht vertreten einheitlichen Betrachtung der Geschäfte untrennbar miteinander verbunden, so dass kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vorliegen könne. Im Übrigen habe ein gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 6 und 7 AktG einheitlicher Vorgang vorgelegen, der ohnehin einen Verstoß gegen § 53 a AktG ausschließe.

Der Kapitalerhöhungsbeschluss sei wirksam gewesen, denn auf die vom Landgericht unterstellte fehlende Leistung der Sacheinlage komme es nicht an, da diese erst in fünf Jahren nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss habe geleistet werden müssen (§§ 188 Abs. 2 Satz 2, 36 a Abs. 2 AktG). Letztlich sei aber die Sacheinlage wirksam, da D... selbst bei Nichtigkeit des Darlehensvertrages einen Bereicherungsanspruch eingebracht habe. Dieser sei auch entgegen der Ansicht des Landgerichts sofort entstanden, denn mit der Lieferung der Aktien durch D... an I... AG und der Weiterlieferung dieser Aktien an die Tochtergesellschaften sei der bereicherungsrechtliche Wertersatzanspruch entstanden, der auch einbringungsfähig gewesen sei.

Auch die vom Landgericht angenommene Rechtsfolge des § 205 Abs. 4 AktG (Bareinlage statt unwirksamer Sacheinlage) sei fehlerhaft bejaht worden, denn dieses gelte nur, wenn die vorgeschriebenen Festsetzungen gemäß § 205 Abs. 2 AktG fehlten, was das Landgericht nicht festgestellt habe. Es habe vielmehr angenommen, der Kapitalerhöhungsbeschluss sei nichtig.

Der Beklagte zu 3) vertritt weiter die Ansicht, das Landgericht habe, was ihn angehe, einen falschen Sachverhalt unterstellt, denn der Kläger habe ihm nur vorgeworfen, eine unzutreffende Handelsregisteranmeldung unterschrieben zu haben. Tatsächlich berufe sich das Landgericht aber auch auf mangelnde Überwachung als Aufsichtsrat. Er sei nicht zur Überprüfung der Sachkapitalerhöhung verpflichtet gewesen. Ein Sorgfaltsverstoß liege auch nicht vor, denn von ihm könne kein erhöhter Maßstab als rechtlicher Berater verlangt werden, da er nur als Aufsichtsrat tätig geworden sei. Gleichwohl gehe das Landgericht entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht davon aus. Damit habe sich auch die Klage auf einen anderen Umstand als eine Haftung gemäß § 93 AktG bezogen, so dass doch Verjährung eingetreten sei. Letztlich habe es gar keine Anhaltspunkte für eine genauere Überprüfung gegeben, denn es habe verschiedene Gutachten gegeben, welche die Kapitalerhöhung nicht beanstandet hätten. Auch die Beklagten zu 1) und 2) sind der Ansicht, dass Ihnen ein Verschulden nicht zur Last zu legen sei, da sie auf Begutachtungen zur Rechtslage durch namhafte Anwaltskanzleien hätten vertrauen dürfen.

Die Beklagten meinen weiter, schließlich habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass der Insolvenzschuldnerin kein Schaden entstanden sei. An diesem fehle es schon, weil ein Anspruch auf Leistung der Bareinlage von der I... AG gegenüber D... nicht habe geltend gemacht werden können. Außerdem habe die I... AG keinen Schaden erlitten, weil D... auf den Rückgabeanspruch aus dem Wertpapierdarlehensvertrag verzichtet habe. Bei Beachtung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung habe der Wert der erworbenen Beteiligungen abgezogen werden müssen. Das Landgericht habe insoweit gegen § 139 ZPO verstoßen, als es in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, über den Wert der erworbenen Zielgesellschaften werde ggf. Beweis zu erheben sein, indessen dann wegen mangelnder Substantiierung der Werte die Vorteilsausgleichung abgelehnt habe. Es habe entgegen dem Urteil des Landgerichts keinen Hinweis gegeben, dass eine nähere Substantiierung der Werte habe erfolgen müssen. Tatsächlich seien die erworbenen Beteiligungen von erheblichem Wert gewesen, was sich daran zeige, dass die Beteiligungen an K... mit einem Buchwert von € 21,1 Mio. weiter veräußert worden seien. Die Insolvenzschuldnerin habe im Übrigen vollen Wertausgleich erhalten, weil sie für die ausgegebenen Aktien im Wert von € 29.861.478,01 durch den Erwerb der Beteiligung an K... € 46,1 Mio. erhalten habe.

Die Beklagten zu 2) und 3) sind der Auffassung, auch die Insolvenzschuldnerin selbst treffe ein weit überwiegendes Mitverschulden, denn die fehlende Durchsetzung von Ansprüchen auf Bareinlage gegenüber D... durch die I... AG sei auf die neuen Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft zurückzuführen und daher schadensverursachend. Letztlich sei auch die nicht erfolgte Veräußerung der Aktien schadensverursachend gewesen.

Hinsichtlich der D & O Versicherung tragen die Beklagten zu 2) vor, dass die A... nicht eintrittspflichtig sei, weil der Vertrag zum Zeitpunkt der Insolvenz nicht vollständig erfüllt gewesen und damit gemäß § 103 InsO erloschen sei. Auch könne es nicht darauf ankommen, ob die A... die Leistung unberechtigt verweigere, solange diese die Zahlung verweigere ergebe sich ein Gegenanspruch aus positiver Forderungsverletzung.

Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen daher,

das Urteil des Landgerichts vom 8. Dezember 2006, Az. 404 O 157/05 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts.

Er ist der Ansicht, dass die Ausgabe der neuen Aktien an die D... ein Verstoß gegen § 71 Abs. 1 AktG darstelle, weil eine wirksame Sacheinlage nicht erbracht worden sei. Weder der Verzicht auf die Rückgewähransprüche aus der Aktienleihe noch ein Bereicherungsanspruch könnten eine wirksame Sacheinlage darstellen. Zutreffend habe das Landgericht das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes von § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG verneint, denn es sei nicht ersichtlich und nicht vorgetragen, warum die I... AG nicht habe gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG einen entsprechenden Beschluss fassen können, der vorrangig sei. Gerade deshalb sei auch die Argumentation des Landgerichts nicht widersprüchlich. Im Übrigen habe auch der Erwerb eigener Aktien zur Abwendung eines schweren und unerwartet sich ankündigenden Schadens für die Gesellschaft nicht erfolgen müssen, da diesem auch gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG hätte begegnet werden können. Im Übrigen hätten erst die Beklagten durch die Entscheidung, die Zielgesellschaften zu erwerben, die missliche Lage der Gesellschaft geschaffen, die Verpflichtungen mangels ausreichend vorhandener eigener Aktien nicht erfüllen zu können. Schon von daher fehle es an einer unerwarteten Notlage.

Eine Ausnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG habe nicht vorgelegen, denn bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung des Geschäftes sei nicht von einer Unentgeltlichkeit auszugehen. Ebenso verhalte es sich mit dem Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, denn durch die Abwicklung nur mit der D... hätten die Beklagten gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen.

Der Kläger folgt der Ansicht des Landgerichts, dass eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs von § 71 Abs. 1 AktG über die Konstruktion eines sog. Durchleitungsprivilegs nicht anzunehmen sei. Eine Parallele zu § 71 Abs. 1 Nr. 4 2. Fall AktG könne gerade nicht angenommen werden, weil dort der Erwerb durch ein Kreditinstitut bei der Erwerbskommission geregelt sei, was mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sei.

Die Unwirksamkeit des gesamten Geschäftes folge außerdem daraus, dass eigene Aktien ohnehin keine geeigneten Gegenstände einer Kapitalerhöhung sein könnten.

Auch sei eine unmittelbare Verpflichtung zur Bareinlage entstanden, da entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) und 3) § 205 Abs. 4 AktG anwendbar sei, wenn der Vorstand bei einer Sachkapitalerhöhung die vom Hauptversammlungsbeschluss gegebenen Grenzen überschreite.

Auch die erforderliche Pflichtverletzung und das Verschulden lägen bei allen Beklagten vor. Ebenso liege ein Schaden vor, denn § 93 Abs. 3 Nr. 4 AktG stelle die Vermutung auf, dass ein Schaden vorliege. Dieser sei allein in der Vorenthaltung des Ausgabebetrages zu sehen. Es sei auch nicht der Wert der erlangten Alt-Aktien anzurechnen, denn diese seien nicht einlagefähig gewesen und könnten daher nicht berücksichtigt werden. Soweit sich die Beklagten auf die Anrechnung des Erwerbs von Anteilen an den Zielgesellschaften beriefen, könne es nicht auf den Wert der erworbenen Beteiligungen, sondern allenfalls auf Wertsteigerungen ankommen. Dazu fehle es am Vortrag der Beklagten. Das Landgericht habe im Übrigen auf diese Fragen im Rahmen der mündlichen Verhandlung hingewiesen und angesichts der vorherigen schriftsätzlichen Erörterung dieser Frage auch gar nicht hinweisen müssen. Der neue Vortrag dazu müsse nicht zugelassen werden. Auch liege kein Mitverschulden der I... AG vor, da der Schaden nicht mehr durch Veräußerung der Aktien habe abgewendet werden können. Dieser sei schon durch die Herausgabe der Aktien entstanden.

Schließlich liege auch kein Erlöschen der D & O Versicherung gemäß § 103 InsO vor, denn dieses betreffe nicht Versicherungsverträge. Eine Deckungsverweigerung durch die A... könne keine Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin darstellen. Auch die Verjährungsfrage sei vom Landgericht zutreffend beantwortet.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung von 10 Mio. € verurteilt.

Zutreffend hat allerdings das Landgericht entgegen der Ansicht der Beklagten angenommen, dass ein Verstoß gegen § 71 AktG i.V.m. § 57 AktG vorliegt. Ein solcher ist nämlich stets dann anzunehmen, wenn gegen die die §§ 57, 71 AktG prägenden Grundsätze verstoßen wird, nach denen das Vermögen der Aktiengesellschaft umfassend im Interesse des Gläubigerschutzes und nur in zweiter Linie im Interesse der Kapitalerhaltung geschützt werden soll (Bürgers/Körber, Kommentar AktG, 2. Auflage, § 71 Rdnr. 1; Spindler/Stilz-Cahn, Kommentar AktG, § 71 a Rdnr. 11). Damit enthält der von § 71 AktG flankierte § 57 AktG entgegen dem Wortlaut nicht nur ein Verbot der Einlagenrückgewähr, sondern vielmehr ein Verbot jeglicher Ausschüttung an Aktionäre, welche außerhalb von regelgerechten Ausschüttungen von Bilanzgewinnen erfolgen (Kölner Kommentar AktG-Lutter, 2. Auflage, § 57 Rdnr. 2: Schmidt/Lutter, Kommentar AktG, § 57 Rdnr. 1 und 8). Es besteht Einigkeit in Literatur und Rechtsprechung, dass schon die vom Gesetz gewählte Formulierung missverständlich ist und mit § 71 AktG vielmehr gemeint ist, dass jede Handlung, die nicht eine Verteilung von Bilanzgewinn an die Aktionäre darstellt, eine verbotene Einlagenrückgewähr ist, falls nicht einer der Ausnahmefälle des § 71 AktG vorliegt. Dabei besteht weiter Einigkeit, dass alle Arten von Erwerbsgeschäften unter das Verbot des Erwerbs eigener Aktien fallen, selbst Treuhandgeschäfte (Bürgers/Körber, § 71 Rdnr. 4). Damit stellt sich die hier gewählte Konstruktion als ein Anwendungsfall des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft dar, denn bei ordnungsgemäßer Durchführung der Kapitalerhöhung hätte sich der Bestand an Aktien der I... AG um 679.133 Aktien erhöht gegen Zahlung des Ausgabebetrages oder wirksame Erbringung einer Sacheinlage. Nach dem beabsichtigten Geschäft aber blieb der Bestand an Aktien gleich, weil vorher die D... eine gleiche Anzahl von Aktien an die I... AG übertragen hatte und dafür die neuen 679.133 Aktien erhielt. Damit kann es nicht darauf ankommen, ob eine Art Tausch vereinbart worden ist, also alte Aktien für neue Aktien, denn es darf nicht übersehen werden, dass die Kapitalerhöhung aufgrund des genehmigten Kapitals ansonsten weiteres Vermögen in die Hände der Gesellschaft gebracht hätte, welches bei diesem Vorgehen indessen fehlte, da die Aktien nicht am Markt veräußert werden konnten. Zwar wäre dieses nicht zu beanstanden, wenn der Gesellschaft statt des Ausgabebetrages eine Sacheinlage zugeflossen wäre. Doch gerade daran fehlt es, denn die Sacheinlage war € wie das Landgericht zutreffend erkannt hat € unwirksam.

Auch liegt kein Fall des einfachen Tausches vor, denn die von der D... erhaltenen Aktien sollten nicht im Vermögen der Gesellschaft verbleiben, sondern nach dem unstreitigen Vorbringen an die sog. Zielgesellschaften weiter gegeben werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich auch aus dem Regelungsgehalt von § 71 c AktG nicht, dass es Fälle wirksamen Aktienerwerbs außerhalb von § 71 Abs. 1 AktG gibt, denn die Norm zielt eindeutig auf den rechtswidrigen Aktienerwerb ab und stellt Pflichten des Vorstandes für diesen Fall auf (Münchener Kommentar AktG-Oechsler, § 71 c Rdnr. 5). Damit handelt es sich bei § 71 Abs. 1 AktG um eine abschließende Regelung.

Auch die Auffassung der Beklagten, wegen des geplanten nur kurzfristigen Geschäftes und der Unterjährigkeit sei das Geschäft wirksam, da damit ein Fall der bloßen Durchleitung gegeben sei, überzeugt nicht. Schon das von den Beklagten vorgelegte Gutachten von Prof. K...S... stellt klar, dass die hier vorliegende Gestaltung problematisch ist und distanziert sich ausdrücklich von dem Vorgehend der Beklagten (Gutachten Seite 3, Anlage A & P 1). Auch stellt der Gutachter klar, dass er zunächst davon ausging, dass die Geschäfte gegen § 71 AktG verstoßen und die D... eine Bareinlagepflicht traf (Gutachten Seite 4 und 6). Letztlich kommt auch das Gutachten zu dem Ergebnis, dass § 71 AktG ein Durchleitungsprivileg (die alten Aktien werden durch die I... AG zum Anteilserwerb geleitet und sodann dem €Leiher€ neue Aktien übertragen) generell nicht enthält (Gutachten Seite 23). Schon aus diesen Einschränkungen des Gutachtens selbst ergibt sich für den erkennenden Senat kein Anlass, entgegen der bisher herrschenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung von einer Erweiterung der Ausnahmen des § 71 Abs. 1 AktG auszugehen. Es kommt hinzu, dass, selbst wenn man zumindest die durchgeleiteten 485.786 Aktien als Vorschuss in Akquisitionswährung ansehen wollte, auch das Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass es sich dabei um eine nicht in der Rechtsprechung gefestigte Ansicht handele (Gutachten Seite 25). Nach allem vermag der Senat dieser vereinzelt gebliebenen und € soweit ersichtlich € auch in der Literatur nicht vertretenen Ansicht nicht zu folgen. Hinsichtlich der nicht weitergeleiteten 193.347 Aktien stellt das Gutachten ohnehin klar, das insoweit eine Verpflichtung zur Bareinzahlung durch D... bestand (Gutachten Seite 27).

Eine Wirksamkeit des Wertpapierdarlehensvertrages und damit das Vorliegen einer wirksamen Sacheinlage können auch nicht etwa deshalb angenommen werden, weil einer der Ausnahmetatbestände von § 71 Abs. 1 AktG vorliegt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Begründung des Landgerichts, dass ein nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG erlaubtes Vorgehen nicht vorliegen könne, weil die Gesellschaft gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG hätte vorgehen können, in sich widerspruchsfrei und überzeugend. Gerade da die Gesellschaft unter dem 3. Februar 2000 einen Beschluss gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gefasst hatte, kann kein Ausnahmefall gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG vorliegen. Es besteht nämlich Einigkeit, dass eine Maßnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG nur wirksam ergriffen werden darf, wenn diese zur Schadensabwehr notwendig und ohne vernünftige Alternative ist (Bürgers/Körber-Wieneke, § 71 Rdnr. 11; Hüffer, § 71 Rdnr. 8; Münchener Kommentar AktG-Oechsler, § 71 Rdnr. 100). Da indessen bereits ein Beschluss gemäß § 71 Abs. a Nr. 8 AktG vorlag, hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass eine Maßnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht notwendig war, da die Gesellschaft einen drohenden schweren Schaden auch anders hätte abwenden können. Auf die Frage, ob ein solcher Schaden unmittelbar bevorstand, kommt es mithin nicht an.

Auch eine Ausnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG kommt nicht in Betracht, da nicht von einem unentgeltlichen Erwerb auszugehen ist.

Ein unentgeltlicher Erwerb eigener Aktien stellt keine gemäß § 71 AktG unwirksame Einlagenrückgewähr dar, da mangels Zahlung des Kaufpreises durch die Gesellschaft dem Aktionär seine Einlage nicht zurückgewährt wird (Bürgers/Körber-Wieneke, § 71 Rdnr. 24; Münchener Kommentar AktG-Oechsler, § 71 Rdnr. 147). Als unentgeltlicher Erwerb werden dabei die Schenkung und das Vermächtnis angesehen (Wieneke a.a.O., § 71 Rdnr. 24; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 71 Rdnr. 16; Karsten Schmid/Lutter-Bezzenberger, Kommentar AktG, § 71 Rdnr. 69), d.h. wesentlich ist, dass die Gesellschaft keinerlei Gegenleistung erbringen muss (von Schenkungssteuern abgesehen - Bezzenberger, a.a.O., § 71 Rdnr. 69; Münchener Kommentar AktG-Oechsler, a.a.O., § 71 Rdnr. 148).

Im vorliegenden Fall hat sich die D... AG in dem Wertpapierdarlehensvertrag (Anl. K 13) verpflichtet, 679.133 Aktien der Schuldnerin darlehensweise zu überlassen (§ 1), im Gegenzug hat sich die Schuldnerin verpflichtet, Aktien der I... Internet AG, d.h. der Schuldnerin, gleicher Art und Anzahl zurückzugewähren (§ 1).

Die Rücklieferung sollte spätestens am 31.12.2000 erfolgen (§ 8). Bei Ausgabe neuer Aktien sollte die Rücklieferung durch Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister und anschließende Einbuchung der Aktien auf dem Depot des Darlehensgebers erfolgen (§ 8 Abs. 2). Selbst wenn alle Beteiligten davon ausgegangen sein wollen, dass die Alt-Aktien nicht zurück zu gewähren wären, ist jedenfalls dem Vertragswortlaut ausdrücklich etwas anderes zu entnehmen. Im Übrigen hat das Landgericht damit recht, dass die Hingabe der Alt-Aktien und die Übertragung der neuen Aktien nicht getrennt werden können, denn, wie sich aus § 8 Abs. 2 des Darlehensvertrages ergibt, war von vornherein vorgesehen, dass zwar auf die Rückforderung der Alt-Aktien verzichtet werden sollte, aber dafür neue Aktien gleicher Anzahl der D... AG zur Verfügung gestellt werden sollten.

Ebenso wenig trifft das Argument der Beklagten zu, das Geschäft sei neutral gewesen, da die D... AG nicht mehr Aktien als vor Abschluss des Wertpapierdarlehens besessen habe. Ohne die Verbindung mit der Kapitalerhöhung hätte die D... AG aufgrund des Darlehens zunächst einmal 679.133 Aktien weniger gehabt, wenn es sich um ein unentgeltliches Übertragungsgeschäft gehandelt hätte.

Letztlich liegt eine Ausnahme im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG auch nicht etwa deshalb vor, weil € wie die Beklagten vortragen - die Verzinsung von 0,5 % tatsächlich nicht habe erfolgen sollen, da ein sofortiger Verzicht auf die Rückgabeforderung durch D... beabsichtigt gewesen sei. Hierauf kommt es nicht entscheidend an, denn die I... AG hätte die Aktien nur unentgeltlich erworben, wenn für die Hergabe der 679.133 Aktien kein Abfluss aus ihrem Vermögen erfolgt wäre. Da sie aber aufgrund der Zeichnung der Kapitalerhöhung durch D... zur Leistung der neuen Aktien verpflichtet war, liegt wirtschaftlich betrachtet ein Vermögensabfluss vor.

Ebenso liegt keine Ausnahme gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vor. Der Hauptversammlungsbeschluss (Anl. K 7) legt, wie gesetzlich gefordert, die Konditionen für den Aktienerwerb fest, danach durfte dieser nur unentgeltlich oder zu einem Kaufpreis von 1,00 € je Aktie erfolgen. Hier sind indessen die neuen Aktien zu einem Ausgabebetrag in Höhe von 43,97 € übernommen worden (Anl. K 15 € Zeichnungsschein). Dabei müssen die neuen Aktien als Gegenleistung angesehen werden, da bereits im Wertpapierdarlehensvertrag festgelegt worden war, dass die Verpflichtung des Darlehensnehmers auch durch die Gewährung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung erfolgen könne.

Hinzu kommt des Weiteren, dass die Gesellschaft mit dem Abschluss des Wertpapierdarlehensvertrages gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3, 53 a AktG verstoßen hat. Danach müssen alle Aktionäre gleich behandelt werden, d.h. alle Aktionäre müssen die Möglichkeit haben, anteilig ihre Aktien der Gesellschaft zum Rückkauf anzudienen. Auch wenn im Einzelnen streitig ist, ob ein Auskauf einzelner Aktionäre, ein sog. Paketkauf oder negotiated repurchase, zulässig ist (vgl. zu Einzelheiten z.B. Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 71 Rdnr. Rn. 19 k mit zahlreichen Nachweisen), wird jedenfalls verlangt, dass bei einem solchen Vorgehen der Gesellschaft ein einfacher Hauptversammlungsbeschluss hierzu vorliegt (Münchener Kommentar AktG-Oechsler, 3. Aufl. 2008, § 71 Rdnr. 98, 224). Ein solcher Beschluss ist indessen nicht gefasst worden, denn in dem Hauptversammlungsbeschluss ist nur eine Ermächtigung für den Bezugsrechtsausschluss für den Verkauf der Aktien enthalten (Punkt 4 des Beschlusses).

Des Weiteren liegen auch die für die Differenzierung zwischen den Aktionären, d.h. für den Ausschluss des Andienungsrechts der übrigen Aktionäre, erforderlichen Sachgründe nicht vor. Zwar ist im Einzelnen umstritten, welche Sachgründe für eine formale Ungleichbehandlung sprechen (Münchener Kommentar AktG-Oechsler, a.a.O., § 71 Rdnr. 244). Dazu können € jedenfalls nach einzelnen Ansichten in der Literatur - auch die von den Beklagten angeführte Kostenersparnis und die Tatsache, dass die Großaktionärin schnell und unbürokratisch die Aktien zur Verfügung stellen konnte, gehören. Das reicht indessen im vorliegenden Fall nicht aus, denn dem Kläger ist insoweit zuzustimmen, dass es weitere Möglichkeiten der Kapitalerhöhung, mit denen der Erwerb der Beteiligungen hätten finanziert werden können, gab. So hätte die Gesellschaft beispielsweise über die Börse vorgehen können. Gerade bei einer börsennotierten Gesellschaft gebührt dem Gleichbehandlungsgrundsatz Vorzug, wenn nicht wesentlich gewichtigere Argumente vorgetragen werden, davon abzuweichen (K. Schmidt/Lutter-Bezzensberger, § 71 Rdnr. 31).

Die Frage, ob ein Verstoß gegen §§ 183, 205 AktG vorliegt, kann deshalb letztlich offen bleiben, allerdings dürfte ein Verstoß vorliegen, denn eigene Aktien der Gesellschaft sind nicht einlagefähig (Bürgers/Körber-Marsch-Barner § 183 Rdnr. 6). Wird nämlich bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung zwischen dem Rückgewähranspruch, auf den verzichtet wird und der die Einlage darstellt, und der Hingabe der eigenen Aktien nicht differenziert, sollte die Rückgewährverpflichtung aus dem Wertpapierdarlehensvertrag über die Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung erfüllt werden. Ein solches Geschäft ist € wie bereits gezeigt € unwirksam.

Eine wirksame Sacheinlage liegt auch nicht etwa deshalb vor, weil diese durch Einbringung eines Bereicherungsanspruches gerichtet auf Rückgabe der ohne wirksame Verpflichtung gelieferten Altaktien erfüllt worden wäre. Der Beschluss der Hauptversammlung sieht nämlich ausdrücklich in TOP 2 vor, dass der Vorstand ermächtigt wird, das Kapital im Wege des genehmigten Kapitals zu erhöhen. Gemäß § 205 Abs. 2 AktG muss der Gegenstand der Sacheinlage festgesetzt und in den Zeichnungsschein aufgenommen werden. In diesem wird aber nur auf den Wertpapierdarlehensvertrag, nicht auf einen einzubringenden Bereicherungsanspruch verwiesen. Da die Anforderungen an den Inhalt des Zeichnungsscheins zwingend sind (Bürgers/Körber-Marsch-Barner, § 205 Rdnr. 5), genügt der Zeichnungsschein bereits nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, so dass schon aus diesem Grund die Einbringung eines Bereicherungsanspruches als Sacheinlage nicht möglich war.

Soweit die Beklagten weiter vorgebracht haben, die Sacheinlage sei ohnehin noch nicht fällig gewesen, weshalb es auf die fehlende Erbringung durch D... gar nicht ankommen könne, beruht diese Auffassung auf einem unzutreffenden Verständnis von § 36 a Abs. 2 AktG. Nach heute herrschenden Verständnis ist davon auszugehen, dass grundsätzlich Sacheinlagen sofort zu leisten sind, nur bei Verpflichtung des Sacheinlegers zur Übertragung eines Vermögensgegenstandes kann eine Frist zur dinglichen Bewirkung von bis zu fünf Jahren vereinbart werden (Münchener Kommentar-AktG-Kleindieck, § 36 a Rdnr. 5). Allerdings muss diese Frist in der Sacheinlagevereinbarung ausdrücklich vorgesehen sein, ansonsten bleibt es bei der Verpflichtung zur sofortigen Leistung und damit Fälligkeit der Sacheinlage. Eine derartige Vereinbarung enthält die Sacheinlagevereinbarung (Anlage K 14) allerdings nicht, so dass die Sacheinlage fällig war.

Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ist auch die Auffassung der Beklagten, eine Bareinlageverpflichtung entstehe nur, wenn die Festsetzungen gemäß § 205 Abs. 2 AktG in der Sacheinlagevereinbarung fehlten, unzutreffend. Nach allgemeiner Meinung stellt die Kapitalerhöhung durch Sacheinlage (§ 183 AktG) wie die Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlage (§ 295 AktG) nur eine Abweichung vom generellen Grundsatz der Barleistungsverpflichtung dar. Daher lebt die Bareinlageverpflichtung bei jeder Unwirksamkeit der Sacheinlageverpflichtung auch wieder auf (Hüffer, Kommentar AktG, § 183 Rdnr. 7; Köllner Kommentar AktG-Lutter, § 183 Rdnr. 63). Das rechtfertigt sich daraus, dass § 205 Abs. 4 AktG eine Parallelregelung zu § 183 Abs. Abs. 2 Satz 3 AktG darstellt (Bürgers/Körbes-Marsch-Barner, § 205 Rdnr. 7). Mithin traf die D... mit Abschluss der unwirksamen Sacheinlagevereinbarung sofort eine Verpflichtung zur Bareinlage.

Der Senat ist im Übrigen der Ansicht, dass abgesehen von den vorstehenden Überlegungen eine Unwirksamkeit des Wertpapierdarlehensvertrages und damit der Sacheinlagevereinbarung auch aus § 117 Abs. 1 BGB folgt, denn es ist unstreitig, dass von vornherein nicht beabsichtigt gewesen ist, die von der D... gewährten Aktien zurückzugeben, sondern statt der Rückgabe neue Aktien geliefert zu bekommen. Damit war aber von Anfang an nicht ein Darlehen sondern ein Tauschvertrag gewollt, der indessen nicht abgeschlossen wurde.

Nach Auffassung des Senats liegt bei den Beklagten auch das für einen Schadenersatzanspruch erforderliche Verschulden vor. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sorgfaltsmaßstab des § 93 AktG von einer erhöhten Sorgfaltspflicht des Vorstandes ausgeht, die eher der eines Treuhänders vergleichbar ist (Münchner Kommentar AktG-Spindler, § 93 Rdnr. 24). Für die Festlegung des Sorgfaltsmaßstabes sind insbesondere die Größe und Bedeutung des Unternehmens zu berücksichtigen, die Konjunktur, die Zeitverhältnisse und die Anzahl der Beschäftigten (Münchener Kommentar AktG-Spindler, a.a.O., Großkommentar AktG-Hoüt, § 93 Rdnr. 80 f.; Spindler/Stilz-Fleischer, § 93 Rdnr. 37). Bedenkt man die Größenordnung des geplanten Geschäftes, so stellte sich diese als wirtschaftlich bedeutende Maßnahme dar, die dem Vorstand und Aufsichtsrat erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegte. Insbesondere die Beklagten zu 1) und 2) vertreten zwar auch in der Berufung die Ansicht, dass sie angesichts der eingeholten Begutachtungen auf diese und die Wirksamkeit des Geschäftes hätten vertrauen dürfen. Indessen ist im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu bedenken, dass es sich bei der beabsichtigten Kapitalerhöhung und dem Erwerb von Anteilen um ein wirtschaftlich bedeutsames Geschäft handelte, mit dem die Stellung der I... AG am Markt verstärkt werden sollte und die einen Umfang von rund € 29 Mio. haben sollte (wenn die ausgegebenen 679.133 Stück Aktien zum Ausgabebetrag erworben worden wären). Bei einem derartigen wirtschaftlichen Umfang eines Geschäftes, ist von einer besonderen Bedeutung desselben auszugehen. Dann aber müssen erhöhte Sorgfalt und besondere Prüfungspflichten von den Vorständen eines Unternehmens verlangt werden. Auch kann allein das Vertrauen auf eingeholte Gutachten, insbesondere das Gutachten der Kanzlei C..., nicht ausreichen. Da den Beklagten aus der Äußerung des Steuerberaters W... klar sein musste, dass die Kapitalerhöhung in Verbindung mit dem Anteilserwerb problematisch war, ist zu verlangen, dass eine weitere, vor allem auf jeden Fall unabhängige Meinung eingeholt wird. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte zu 3) als Mitglied dieser Kanzlei Einfluss auf die Erstellung des Gutachtens genommen hat. Allein die Tatsache, dass es wegen dieser Konstellation denkbar erscheint, dass das Gutachten nicht ohne Zweifel sein könnte, reichte aus, den Vorstandsmitgliedern bei der Durchführung eines derart bedeutsamen und für die Zukunft des von ihnen geleiteten Unternehmens wichtigen Geschäfts, sehr hohe Sorgfaltspflichten aufzuerlegen. Dies gilt umso mehr, als nicht vorgetragen ist, dass die Beklagten bei der Durchführung des Geschäfts unter starkem Zeitdruck standen und deshalb eine sorgfältige Prüfung unmöglich gewesen sei. Wie sich aus der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ferner ergeben hat, lag auch zu keinem Zeitpunkt ein schriftliches Gutachten der um Rat ersuchten Anwaltskanzlei C... vor. Schon das behauptete Vertrauen auf eine lediglich mündlich erteilte Auskunft zeigt, dass die Beklagten zu 1) und 2) nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen sind. Indem sie sich gerade kein schriftliches Gutachten erstellen ließen, nahmen sie sich selbst jede Möglichkeit, die schriftlichen Ausführungen wiederholt durchzugehen und ggf. zum Anlass zu nehmen, eine weitere sachkundige Kanzlei dazu zu befragen. Da die Beklagten zu 1) und 2) nach eigenem Vortrag in den zur Beurteilung anstehenden Fragen nicht ausreichend sachkundig waren, war es ihnen damit auch unmöglich, allein aufgrund des mündlich Erörterten Schwachpunkte der Begutachtung zu erkennen oder auch nur die umfangreichen zu erwägenden Rechtsfragen zu behalten.

Soweit es den Beklagten zu 3) betrifft, ist die Auffassung des Landgerichts, dass diesen schon aufgrund seiner besonderen Kenntnisse als im Gesellschaftsrecht tätiger Rechtsanwalt eine erhöhte Sorgfaltspflicht traf, zutreffend. Es entspricht nämlich herrschender Meinung, dass Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte mit besonderen Kenntnissen diese auch zum Wohl der Gesellschaft einzusetzen haben, da sie oft genug gerade deshalb auf die Positionen berufen sein werden (Kölner Kommentar AktG-Mertens, § 116 Rdnr. 57; Münchener Kommentar AktG-Spindler, § 93 Rdnr. 25 und Münchener Kommentar AktG-Habersack, § 116 Rdnr. 28). Der Beklagte zu 3) war mithin besonders gefordert, sich mit der erstellten Begutachtung kritisch auseinanderzusetzen und diese zu hinterfragen, was nicht geschehen ist.

Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 3) hat das Landgericht in diesem Zusammenhang auch zutreffend über den zur Entscheidung gestellten Sachverhalt entschieden. Es war keineswegs das Begehren des Klägers, gegenüber dem Beklagten zu 3) nur wegen der von diesem unterschriebenen Handelsregisteranmeldung vorzugehen. Schon aus der Klageschrift vom 23. November 2005 wird deutlich, dass der Kläger von allen drei Beklagten Schadenersatz wegen der Ausgabe der Aktien im Wert von über € 29 Mio. verlangt und darin eine Verletzung der Pflichten als Vorstand bzw. Aufsichtsrat sah (vgl. Seite 1 der Klageschrift). Lediglich als Ergänzung zu verstehen ist der Satz. €Dementsprechend waren auch die seitens der Beklagten zu 1) und 3) abgegebenen Versicherungen in der Anmeldung der Kapitalerhöhung...falsch.€ . Es ist auf den ersten Blick erkennbar, dass dieses nur eine Ergänzung des zur Entscheidung gestellten Sachverhaltes, keineswegs aber das einzige gegenüber dem Beklagten zu 3) verfolgte Begehren gewesen ist. Von daher bleiben auch die Einwände des Beklagten zu 3) hinsichtlich der Verjährung erfolglos.

Eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz gemäß §§ 93 Abs. 2 und 3 Nr. 4 AktG bzw. §§ 116 Satz 1, 93 Abs. 2 und 3 Nr. 4 AktG scheitert jedoch am Vorliegen eines erstattungsfähigen Schadens.

Hierbei kommt es nicht auf die Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage an, ob der I... AG ein Schaden nicht entstanden ist, da diese zumindest die von der D... zu übertragenden Aktien erhalten habe und damit über ihre Töchter die Beteiligungen an K... B.V., P... G... und P...I...C...GmbH erworben hat, welche € nach dem Vortrag der Beklagten - einen über dem angeblichen Schaden liegenden Wert ausgemacht hätten. Es bedarf in diesem Zusammenhang auch keiner Entscheidung des Senats darüber, ob die Beklagten mit ihrem erst in zweiter Instanz substantiierten Vortrag, die Beteiligungen seien zum Teil für namhafte Beträge veräußert worden und stellten schon deshalb eine Wertkompensation dar, noch gehört werden müssen.

Letztlich liegt nämlich aus anderen Überlegungen kein Schaden der I... AG vor, den die Beklagten zu ersetzen hätten. Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass nach der Rechtsprechung schon des Reichsgerichts auch im Rahmen von § 93 AktG ein tatsächlich zugeflossener Vorteil nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen ist (RGZ 159, 211, 230). Auch die Literatur vertritt einhellig die Ansicht, dass der Schadensbegriff des § 93 AktG von dem sonstigen Schadensbegriff zwar wegen des Vorliegens eines Sondertatbestandes verschieden ist, indessen die Grundsätze der Vorteilsausgleichung auch im Rahmen des § 93 AktG zur Anwendung kommen müssen (Kölner Kommentar AktG-Mertens, 2. Auflage, § 93 Rdnr. 24; Münchener Kommentar AktG-Semler, § 116 Rdnr. 525, 526;). Indessen bleibt unklar, in welchem Umfang die Grundsätze der Vorteilsausgleichung hier zu gelten haben. Nach dem Wortlaut der insoweit vereinzelt gebliebenen Entscheidung des Rechtsgerichts dürfte es darauf ankommen, dass der Gesellschaft aus der Pflichtverletzung des Vorstandes (oder Aufsichtsrates) nachträglich ein Betrag zugeflossen ist, der dem bei Ausgabe der Aktien ausstehenden Ausgabebetrag gleichwertig ist und dem Vermögen der Gesellschaft dauerhaft einverleibt wird (RGZ 159, 211, 230). Denn auch nach der insoweit ersichtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht eine Haftung nach §§ 93, 116 AktG nur für eine von der Gesellschaft erlittene Differenz in ihrem Vermögensbestand (BGH, Urteil vom 18.02.2008, Az.: II ZR 132/06, zitiert nach juris Rdnr. 18). Es besteht weiter Einigkeit, dass der Vermögenszufluss nicht allein in Geld erfolgen muss, also auch andere Wertkompensationen in Betracht kommen (Kölner Kommentar AktG-Mertens, § 93 Rdnr. 26, der von €Schadensersatzleistungen€ spricht; Münchner Kommentar AktG-Semler, § 116 Rdnr. 526). Von daher kommt als zu berücksichtigender Vermögenszufluss bei der Insolvenzschuldnerin die Hingabe der gelieferten Altaktien in Betracht, welche ggf. den Verlust des Ausgabebetrages vollständig kompensierte. Indessen kommt es nach Ansicht des Senats darauf und vor allem auf die Frage, welchen Wert die gelieferten Altaktien der Insolvenzschuldnerin hatten, nicht an, denn der Insolvenzschuldnerin ist ein weiterer Wert zugeflossen, der den Schaden kompensiert. Dieser ist darin zu sehen, dass die Insolvenzschuldnerin durch die Lieferung der Altaktien ihrerseits in die Lage versetzt wurde, die vertraglichen Verpflichtungen aus den Erwerbsverträgen mit den Eigentümern der sog. Zielgesellschaften (K... B.V.; T...P...G...und P...I...C...GmbH) zu erfüllen. Da der Wert der von der Insolvenzschuldnerin bzw. ihren Tochtergesellschaften zu liefernden Aktien erheblich über dem Wert des Ausgabebetrages der neuen Aktien lag und die Insolvenzschuldnerin nur durch die Lieferung der Altaktien die Möglichkeit hatte, bestehende Verbindlichkeiten zu befriedigen, ist der aus diesem Geschäft der Insolvenzschuldnerin zugeflossene Vorteil in der Befreiung von den entsprechenden Verbindlichkeiten zu sehen. Da dieser den Verlust des Ausgabebetrages erreicht, entfällt mithin ein Schaden der Insolvenzschuldnerin in voller Höhe. Es handelt sich insoweit auch um eine eigene Verbindlichkeit der I... AG, denn nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten war diese aus den Erwerbsverträgen zum Teil selbst verpflichtet, die geschuldeten Aktien zu liefern, zum Teil traf sie gegenüber ihren 100%igen Tochtergesellschaften die Verpflichtung, diese mit den entsprechend benötigten Aktien auszustatten. Letztlich war die I... AG ohnehin verpflichtet, den Tochtergesellschaften, die auf ihr Geheiß die Anteile an den Zielgesellschaften erwarben, deren Aufwendungen zu ersetzen.

Damit ist auch den Anforderungen der Rechtsprechung des Reichsgerichts genüge getan, dass nämlich der Vermögenszufluss dauerhaft im Vermögen der Gesellschaft verbleiben muss (RGZ, a.a.O., Seite 230, wenn es heißt, dass € ein ausgleichender Wert auf andere Weise endgültig in das Vermögen der Aktiengesellschaft gelangt sein muss€ ), denn die Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten ist endgültig gewesen, was schon der vollzogene Erwerb der sog. Zielgesellschaften zeigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.

Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO war die Revision zuzulassen, denn die Frage der Anrechenbarkeit erlangter Vermögensvorteile bei Schadenersatzansprüchen aus §§ 93, 116 AktG ist nicht abschließend höchstrichterlich geklärt.






OLG Hamburg:
Urteil v. 18.09.2009
Az: 11 U 183/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/aac2f44a14e5/OLG-Hamburg_Urteil_vom_18-September-2009_Az_11-U-183-07




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