Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. April 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 47/02

(BPatG: Beschluss v. 29.04.2003, Az.: 24 W (pat) 47/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarkecontractshopist nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung noch für die Dienstleistungen

"Bereitstellen juristischer Information im Internet, mit Ausnahme von Vertragstexten und Informationen zur Gestaltung und zum Abschluß von Verträgen"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.

Mit Beschluß vom 11. Oktober 2001 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen und die Zurückweisung im wesentlichen damit begründet, daß die englischen Markenworte "contract" und "shop" in den Bedeutungen "Vertrag" sowie "Laden, Geschäft" im Inland geläufig seien. Die Marke "contractshop" stelle damit eine beschreibende nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Etablissementbezeichnung dar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Er macht geltend, daß es sich bei der angemeldeten Marke um eine ungewöhnliche, im deutschen Sprachgebrauch nicht enthaltene Bezeichnung handle, die auch auf dem Markt nicht zur Sachbeschreibung verwendet werde. Die von der Markenstelle angenommenen Eintragungshindernisse lägen deshalb nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke nicht die Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft und einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Marke die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl ua BGH GRUR 1999, 1093, 1094 "FOR YOU"; MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"). Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt die angemeldete Marke in bezug auf das nach Spezifizierung konkret beanspruchte Dienstleistungsverzeichnis.

Zwar ist die Markenstelle zutreffend von den Bedeutungen "Vertrag" und "Laden, Geschäft" der in der Marke enthaltenen englischsprachigen Worte "contract" und "shop" ausgegangen (vgl via mundo, Universalwörterbuch Englisch, 2000, S 119 u 518) sowie davon, daß diese Bedeutungen von den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen auch ohne weiteres in dem Sinn verstanden werden. "Shop" ist ein in der genannten Bedeutung bereits in den deutschen Sprachschatz eingegangener englischer Begriff und das englische "contract" stimmt orthographisch und im Sinn weitgehend mit dem entsprechenden deutschen Wort Kontrakt (= Vertrag, Abkommen) überein (vgl Bertelsmann, Das neue deutsche Wörterbuch, 1996, S 572 u 858). Jedoch kann der angemeldeten gesamtbegrifflichen Kombination aus den beiden Worten "contractshop" keine bestimmte, für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehende, unmittelbar beschreibende Aussage entnommen werden, insbesondere handelt es sich nicht um eine gängige oder als solche naheliegende und verständliche Bezeichnung des Ortes, an dem die betreffenden Dienstleistungen angeboten oder erbracht werden.

Soweit sich die Wortkombination lexikalisch belegen läßt, kommen ihr im englischen Sprachgebrauch nur hier ersichtlich nicht einschlägige Bedeutungen zu (vgl Webster's Third New International Dictionary, 1986, S 495: " contract shop 1: a shop operating under a contract system 2: CLOSED SHOP 3: a shop in which conditions of employment are covered by a collective agreement"). Auch in englischsprachigen Internet-Seiten läßt sich kein in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen beschreibender Gebrauch feststellen. Überwiegend werden dort mit "contractshop" Geschäfte bzw Unternehmen bezeichnet, die unter einem Vertragssystem arbeiten, zum Teil auch eine bestimmte Art von Arbeitsvermittlungs-Agenturen bzw Leiharbeitsfirmen (vgl zB Google-Suche, Das Web: "contractshop").

Ebenso wenig wird der englische Begriff "contractshop" im inländischen Sprachgebrauch zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Geschäften bzw Läden verwendet. Gleiches gilt für die sich aus der unmittelbaren Übersetzung ergebende deutsche Wortkombination "Vertrags-Laden" oder "-Geschäft", worunter auch nach deutschem Sprachverständnis in erster Linie ein Laden oder Geschäft zu verstehen ist, welcher(s) vertraglich gebunden ist, und nicht ein Geschäft/Laden für Verträge. Hierzu trägt bei, daß juristische Informationen üblicherweise nicht als - fertiges - Produkt in (Verkaufs-) Läden, sondern regelmäßig als Beratungsdienstleistung von Rechtsanwaltskanzleien oä angeboten werden, weshalb diesbezüglich eine Bezeichnung "contractshop" bzw "Vertrags-Geschäft/-Laden" sprachlich ungewöhnlich wirkt. Abgesehen davon hat der Anmelder aus dem angemeldeten präzisierten Dienstleistungsbegriff "Bereitstellen juristischer Information im Internet" ausdrücklich "das Bereitstellen von Vertragstexten und Informationen zur Gestaltung und zum Abschluß von Verträgen" ausgenommen, wofür die Begriffskombination "contractshop" allenfalls als Hinweis auf ein Geschäftslokal, in dem Verträge anboten werden, aufgefaßt werden könnte. Für die verbleibenden sonstigen juristischen Informationen, die im Internet bereitgestellt werden, wirkt die angemeldete Marke zwar als sprechendes Zeichen mit beschreibenden Anklängen, mangels eines eindeutig faßbaren, im Vordergrund stehenden, rein sachlichen Aussagegehalts kann ihr jedoch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

An der angemeldeten Marke besteht weiterhin kein Freihaltebedürfnis iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Im Hinblick darauf, daß der angemeldeten Begriffskombination - auch nach deutschem Sprachverständnis - in bezug auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen keine klare, unmittelbar beschreibende Bedeutung innewohnt, sie vielmehr allenfalls einen vagen, sachliche Aspekte lediglich mittelbar andeutenden Begriffsinhalt aufweist, kann sie im Verkehr nicht zur Bezeichnung der Art und des Erbringungsortes oder sonstiger Merkmale der betreffenden Dienstleistungen dienen.

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb






BPatG:
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Az: 24 W (pat) 47/02


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