Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 279/03

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2004, Az.: 26 W (pat) 279/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Mehrfruchtgetränke"

eingetragene Wortmarke 301 51 957 Thüringer Waldquell Jovitalist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 300 42 846 go vitaldie für die Waren

"Mineral- und Tafelwässer, für Mineralbrunnenerfrischungsgetränke sowie Fruchtsaft- und Vitamingetränke"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar seien die sich gegenüber stehenden Kennzeichnungen für identische Waren bestimmt und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei noch als normal einzustufen, weshalb an den Markenabstand erhebliche Anforderungen zu stellen seien, dennoch seien die beiderseitigen Kennzeichnungen nicht verwechselbar. Es stünden sich jeweils mehrgliedrige Bezeichnungen gegenüber, wobei sich der Verkehr die jüngere Marke an der selbständig schutzfähigen Angabe "Thüringer Waldquell" einprägen werde. Selbst wenn man zu Gunsten der Widersprechenden dem weiteren Markenelement "Jovital" die Fähigkeit zur selbständigen Kollisionsbegründung einräume, bestehe nicht die Gefahr von Verwechslungen, denn die Markenwörter "Jovital" und "go vital" stimmten lediglich hinsichtlich des Bestandteils "-vital" überein. Hierbei handele es sich jedoch um einen schutzunfähigen Markenbestandteil, der zudem auf dem Warengebiet der Klasse 32 bereits mehrfach zurückgewiesen worden und häufig in einschlägigen Drittmarken enthalten sei. Der Verkehr werde sich daher den weiteren Bestandteil "Jo" und "go" zuwenden, die ein Auseinanderhalten der Zeichen ermöglichten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie vertritt die Ansicht, der Verkehr werde den Zeichenbestandteil "Thüringer Waldquell" als Kurzform des Firmennamens der Inhaberin der angegriffenen Marke "Thüringer Waldquell Mineralbrunnen GmbH" ansehen, weil die Markeninhaberin über die weiteren Marken "Thüringer Waldquell Natürliches Mineralwasser", "Thüringer Waldquell" und "Thüringer Waldquell Relax" verfüge, die sämtlich den Firmenhinweis "Thüringer Waldquell" enthielten. Damit habe die Bezeichnung "Thüringer Waldquell" die eigentliche produktprägende Funktion verloren, so dass der Verkehr gezwungen sei, sich an dem weiteren Markenbestandteil "Jovital" zu orientieren. Dieser das Produkt kennzeichnende Bestandteil sei als solcher fantasievoll und eigenständig und biete sich als Produktkennzeichnung an. Dieser Zeichenteil sei mit der Widerspruchsmarke "go vital" jedenfalls in klanglicher Hinsicht verwechselbar, denn die Anfangskonsonanten seien zu schwach, um die beiden Klangbilder voneinander abzusetzen.

Demgemäß beantragt die Widersprechende, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Sie hält den Schutzumfang der Widerspruchsmarke "go vital" für äußerst gering, denn der angesprochene Verkehr werde sie mit "werde vital" übersetzen. Selbst wenn der Zeichenbestandteil "Thüringer Waldquell" vom angesprochenen Verkehr als Bestandteil ihres Firmennamens erkannt werde, sei er nicht gewohnt, auf den weiteren Wortbestandteil "Jovital" zu achten, denn es sei auf dem hier relevanten Warenbereich nicht üblich, den Firmennamen zusammen mit einer Marke zu verwenden. Im übrigen würden die vollkommen unterschiedlichen Anfangsbuchstaben von "Jovital" und "go vital" eine klangliche Verwechslungsgefahr ausschließen.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den sich gegenüber stehenden Marken keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von Warenidentität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind ua für Mineralwässer und Fruchtsaftgetränke bestimmt. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "go vital" wird zu Gunsten der Widersprechenden als durchschnittlich angenommen, denn insbesondere das englische Verb "go" mit der Grundbedeutung "gehen" vermittelt im Zusammenhang mit "vital" und in bezug auf Getränke nicht von vornherein einen eindeutigen, beschreibenden Sinngehalt. Selbst wenn danach an den Abstand der sich gegenüber stehenden Marken erhebliche Anforderungen zu stellen sind, ist dieser gewahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Vergleichszeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw). Insoweit weichen die beiden Kennzeichnungen offensichtlich in jeder Richtung so deutlich voneinander ab, dass Verwechslungen ausgeschlossen sind.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile besteht ebenfalls nicht. Zwar kann ausnahmsweise einem einzelnen Markenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wach zu rufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil setzt jedoch voraus, dass die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, dass sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (vgl BGH BRP 2000, 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Bei dieser Beurteilung ist von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren auszugehen (vgl BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND). Die Beurteilung selbst hängt von sämtlichen Umständen wie z.B. den Branchengegebenheiten oder der Bekanntheit oder Erkennbarkeit des Firmennamens ab (vgl. Ströbele/ Hacker MarkenG, 7. Aufl § 9 Rdnr 414, 417, 426; Ingerl/Rohnke Markengesetz 2. Aufl § 14 Rdnr 658, 660 ff).

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Zeichenteil "Jovital" in der jüngeren Marke ausnahmsweise eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt. Gegen eine derartige Annahme spricht vielmehr, dass es sich bei dem weiteren Markenbestandteil "Thüringer Waldquell" für die angesprochenen breiten Verkehrskreise nicht um ein bekanntes Unternehmenskennzeichen handelt. Die im Hinblick auf die damit gekennzeichneten Getränke für die Konsumenten erkennbare Aussage "(Wasser) aus einer in Thüringen gelegenen Waldquelle" deutet nicht etwa ohne weiteres darauf hin, dass es sich hierbei um einen Teil des Firmennamens handelt. Vielmehr wirkt dieser Teil der jüngeren Marke wie eine der üblichen Mineralwasserkennzeichnungen, mit denen auf die geographische Herkunft "Thüringen" und den Ursprung des Mineralwassers (hier: eine Waldquelle) hingewiesen wird. Soweit die Widersprechende auf drei weitere Zeichen der Markeninhaber mit dem Bestandteil "Thüringer Waldquell" verweist, machen diese den betreffenden Zeichenteil noch nicht zu einem vielfach benutzten, verkehrsdurchgesetzten Zeichenbestandteil, zumal über Dauer und Umfang der Benutzung dieser Zeichen nichts bekannt ist (vgl. Ingerl/Rohnke aaO Rdnr 660). Da mithin von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil "Jovital" nicht ausgegangen werden kann, musste die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen werden.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Absatz 1 MarkenG) bestand kein Anlass.

Vorsitzender Richter Albert ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.

Kraft Eder Kraft Ko/Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.05.2004
Az: 26 W (pat) 279/03


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