Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2004
Aktenzeichen: 34 W (pat) 704/03

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2004, Az.: 34 W (pat) 704/03)

Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I Gegen das am 12. Mai 1999 veröffentlichte Patent DE 197 54 096 hat die R... ... GmbH am 12. August 1999 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende hat die Entscheidung über den Einspruch nach PatG § 147 Abs 3 Nr 2 beantragt.

Im Verfahren sind folgende Entgegenhaltungen:

D1 Viessmann Heizungshandbuch, 1987, S 151 D2 Installationsanleitung Ju 1259 der Fa Junkers, "Druckspeicher liegend, indirekt beheizt - Storacell", Druckvermerk 4.94, S 1 bis 8 D3 Prospekt der Fa Junkers, "Die neue Generation der Junkers Heizkessel stellt sich vor", Druckvermerk 10.93, drei Seiten Die Entgegenhaltung D1 wurde im Prüfungsverfahren berücksichtigt.

Der erteilte Anspruch 1 lautet:

Heizkessel-Speicherkombination, bestehend aus einem mit tragfähig ausgebildetem Umschließungsgehäuse (1) versehenen, wärmeisolierten Brauchwasserspeicher (2) und aus einem auf dem Umschließungsgehäuse (1) aufgesattelten Heizkessel (3), der ebenfalls wärmeisoliert mit einem Umschließungsgehäuse (4) versehen ist, wobei zwischen den beiden Umschließungsgehäusen (1, 4) Zuordnungsmittel (ZM) für die beiden Gehäuse (1, 4) zu deren stellungsgerechten Ausrichtung zueinander angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, daß in den ebenflächig, verbindungsmittelfrei aufeinanderliegenden Deck- und Bodenflächen (5, 6) der beiden Umschließungsgehäuse (1, 4) mindestens ein Paar positionsorientierender Patrizen- und Matrizenelemente (7, 8) als Zuordnungsmittel (ZM) angeordnet ist.

Auf diesem Anspruch sind Ansprüche 2 bis 7 rückbezogen.

Die Einsprechende hat vorgetragen, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber der D2 nicht neu, er beruhe zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Merkmale der Unteransprüche seien bekannt oder handwerklicher Art.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die zur mündliche Verhandlung nicht erschienene Patentinhaberin beantragt schriftsätzlich, das Patent in vollem Umfange aufrechtzuerhalten.

Sie sieht die Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 als gegeben an.

Wegen Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II Der Einspruch ist zulässig.

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu.

Keiner der Entgegenhaltungen ist eine Heizkessel-Speicherkombination entnehmbar, bei der Deck- und Bodenflächen von Heizkessel und Speicher ebenflächig aufeinanderliegen.

2. Die ohne Zweifel gewerblich anwendbare Heizkessel-Speicherkombination beruht auf erfinderischer Tätigkeit.

Im Streitpatent ist ausgegangen von einer Heizkessel-Speicherkombination nach dem Viessmann Heizungshandbuch, 1987 (D1). Auf S 151 ist in Bild 3.25 ein auf dem Umschließungsgehäuse eines Speichers aufgesattelter Kessel mit Umschließungsgehäuse gezeigt. Der Kessel hat zwei längliche Füße, die quer zu seiner Tiefenerstreckung angeordnet sind und offenbar als U-förmige Schienen oder Winkelschienen ausgebildet sind. In der Beschreibungseinleitung des Streitpatents sind der bekannten Heizkessel-Speicherkombination zwischen den beiden Umschließungsgehäusen angeordnete Zuordnungsmittel für die beiden Gehäuse zu deren stellungsgerechter Ausrichtung zueinander zugeschrieben, die dem Bild 3.25 oder dem Text der S 151 jedoch nicht entnehmbar sind.

Hiervon ausgehend ist dem Streitpatent die in Sp 1 Abs 4 genannte Aufgabe zugrundegelegt, derartige Heizkessel-Speicherkombinationen dahingehend zu verbessern, daß der ganze bisher betriebene Aufwand zur Aufsattelung an Heizkesseln, getragen bislang vom Gedanken einer notwendigen, festen Verbindung der beiden Komponenten, durch Verzicht auf tragende Zwischenelemente reduziert und dabei trotz Wegfall solcher Zwischenelemente mit einfachen Mitteln für eine positionierungsgenaue Aufsattelung des Heizkessels gesorgt ist.

In Anspruch 1 ist eine Lösung dieser Aufgabe angegeben.

Die Druckschrift D1 konnte zu den beanspruchten kennzeichnenden Maßnahmen keinen Hinweis geben.

Die Heizkessel-Speicherkombination nach Anspruch 1 ergab sich für den Fachmann auch bei Berücksichtigung des weiteren im Verfahren befindlichen Stands der Technik nicht in naheliegender Weise.

Der Installationsanleitung Ju 1259 (D2) zeigt eine Heizkessel-Speicherkombination mit allen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Sie besteht nach S 6 Bild 9 aus einem mit tragfähig ausgebildetem Umschließungsgehäuse versehenen, wärmeisolierten Brauchwasserspeicher und aus einem auf dem Umschließungsgehäuse aufgesattelten Heizkessel (Wärmeerzeuger), der ebenfalls mit einem Umschließungsgehäuse versehen ist. Daß das Umschließungsgehäuse des Heizkessels wärmeisoliert ist, muß unterstellt werden. Zwischen den beiden Umschließungsgehäusen sind Zuordnungsmittel für die beiden Gehäuse zu deren stellungsgerechter Ausrichtung zueinander angeordnet. Dies entnimmt der Fachmann den Darstellungen des Umschließungsgehäuses des Speichers auf S 1 sowie in Bild 5 iVm dem Textabschnitt "Montagehilfe" auf S 4. Bei den Zuordnungsmitteln handelt es sich um die insgesamt acht mit Stopfen abgedeckten Öffnungen in der Deckfläche (Abdeckblech) des Umschließungsgehäuses des Speichers und die jeweils zwei Öffnungen in den zwei auf der Deckfläche befindlichen Schienen sowie um die im Text erwähnten Heizgeräte-Füße.

Die auf S 4 in Abs 1 der rechten Sp angesprochenen "Öffnungen zur Aufnahme der jeweiligen Heizgeräte-Füße" und die Heizgeräte-Füße selbst sind als Matrizen- und Patrizenelemente im Sinne des Streitpatents zu verstehen.

Dem ist zwar die Patentinhaberin entgegengetreten, s S 3 der Einspruchserwiderung, Bl 32 VA Abs 4. Sie spricht dort von einer "Patrizen- und Matrizenpassung" der Zuordnungsmittel nach Anspruch 1, die in der Druckschrift D2 nicht verwirklicht sei. Ein solch enges Verständnis der Patrizen- und Matrizenelemente als Zuordnungsmittel wird von der Streitpatentschrift jedoch nicht gedeckt. Vielmehr können ein Patrizenelement als Fuß und ein Matrizenelement als einfache (Aufnahme-) Öffnung für den Fuß ausgebildet sein. So ist in einem Ausführungsbeispiel ein Patrizenelement in Form einer Noppe (Patrizennoppe 7') und ein Matrizenelement als einfache Öffnung (runde Aufnahmeöffnung 8') gewählt, s Fig 4 mit zugehöriger Beschreibung. Damit ist in der Schrift D2 auch das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 verwirklicht, daß in den Deck- und Bodenflächen von Speicher und Kessel mindestens ein Paar positionsorientierender Patrizen- und Matrizenelemente als Zuordnungsmittel angeordnet ist.

Das Merkmal, daß die Deck- und Bodenflächen der Umschließungsgehäuse von Speicher und Heizkessel ebenflächig aufeinanderliegen, ist in der Entgegenhaltung nicht offenbart, da auf die ebene Deckfläche des Umschließungsgehäuses des Speichers die schon erwähnten Schienen montiert sind, die einen Abstand zwischen Deckfläche des Umschließungsgehäuses des Speichers und Bodenfläche des aufgesattelten Heizkessels schaffen, was dem ebenflächigen Aufeinanderliegen entgegensteht.

Auch das weitere kennzeichnende Merkmal, daß die Deck- und Bodenflächen der beiden Umschließungsgehäuse verbindungsmittelfrei aufeinanderliegen, ist nicht entnehmbar. Für den Begriff "verbindungsmittelfrei" gibt die Streitpatentschrift in Sp 1 Z 54-59 der Beschreibung eine Definition: Danach sollen "zwischen den beiden Umschließungsgehäusen weder Direktverschraubungen vorliegen noch irgendwelche tragenden, mit dem einen und/oder anderen Umschließungsgehäuse in geeigneter Weise fixierte Zwischenelemente vorhanden" sein.

Diese - dem Streitpatent eigene - Definition muß bei dem Vergleich des Patentgegenstands mit dem Stand der Technik berücksichtigt werden, s BGH GRUR 99, 909, "Spannschraube".

Die versetzbaren Schienen der Montagehilfe nach der Entgegenhaltung D2 stellen genau solche tragenden, mit dem einen und/oder anderen Umschließungsgehäuse fixierte Zwischenelemente dar, die nach dem Sprachgebrauch des Streitpatents gerade nicht unter den Begriff "verbindungsmittelfrei" fallen und entsprechend der Aufgabe des Streitpatents vermieden werden sollen.

Daß diese Schienen weggelassen werden könnten, ist der Entgegenhaltung D2 nicht entnehmbar. Die in der Druckschrift D2 erwähnten Storacell Druckspeicher werden nach der Offenbarung dieser Schrift stets mit montierten Schienen geliefert. Diese stellen eine "Montagehilfe" dar, die nach dem Aufsatteln des Heizkessels zwischen Heizkessel und Speicher verbleibt. Nach S 4 re Sp Z 5 ff sind die Schienen mit Blechschrauben im Abdeckblech befestigt. Im Auslieferungszustand ist die Montagehilfe passend für Heizkessel des Typs Supra-Unit KU..-1.. montiert. Dies entspricht der Lage "A" in Bild 5. Werden andere Heizkessel als Supra-Unit KU..-1.. eingesetzt, sind die Schienen abzuschrauben und in Lage "B" mit Blechschrauben zu befestigen, s Bild 5 mit Legende.

Die Einsprechende hat vorgetragen, der Heizungsinstallateur hätte die Schienen ohne weiteres weggelassen, um eine vollflächige Auflage des Heizkessels auf der Oberseite des Speichers zu erreichen.

Diese Auffassung erscheint nicht frei von rückschauender Betrachtung in Kenntnis des Streitpatents. Die auf der Deckfläche des Storacell Speichers befestigten Schienen nach der Druckschrift D2 sind erkennbar nicht nur Träger von Matrizenelementen, sondern stellen gleichzeitig auch Lastaufnahmeelemente dar, die nicht ohne weiteres weggelassen werden können. Überdies kann der durch die Schienen bedingte Spalt zwischen den Deck- und Bodenflächen der Umschließungsgehäuse durchaus auch als günstig angesehen werden, zB für das Unterfassen des Heizkessels bei einer evtl Demontage. Schließlich steht der Hinweis "Die einwandfreie Funktion ist nur gewährleistet, wenn diese Installationsanleitung und ... eingehalten werden" (s S 1 unten links) einem Weglassen der Schienen entgegen.

Durch die Erfindung läßt sich aufgrund des ebenflächigen und im Sinne des Streitpatents verbindungsmittelfreien Aufeinanderliegens der Deck- und Bodenflächen der beiden Umschließungsgehäuse nach dem Aufsetzen des Kessels auf das Umschließungsgehäuse des Brauchwasserspeichers der Kessel allein durch Verschieben in die richtige Position mit gegenseitigem Eingriff von Patrizen- und Matrizenelementen bringen. Dies ist bei der Heizkessel-Speicherkombination nach der D2 nicht zwingend gegeben. Hier muß der Kessel zumindest dann angehoben werden, wenn die den Öffnungen in den Schienen zugeordneten Füße des Heizkessels beim Absetzvorgang neben die Schienen zu liegen gekommen sind.

Die zu Anspruch 4 genannte Druckschrift D3 liegt weiter ab.

Patentanspruch 1 hat daher Bestand.

3. Patentansprüche 2 bis 7 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen der Heizkessel-Speicherkombination nach Patentanspruch 1 und haben daher ebenfalls Bestand.

Dr. Barton Hövelmann Dr. Frowein Ihsen Wf






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2004
Az: 34 W (pat) 704/03


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