Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. März 2000
Aktenzeichen: 23 W (pat) 43/98

(BPatG: Beschluss v. 21.03.2000, Az.: 23 W (pat) 43/98)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Anmelderin hat eine Patentanmeldung mit dem Titel "Dekontamination von Oberflächen" eingereicht. Die Anmeldung beinhaltet ein Verfahren zur Dekontamination einer Oberfläche sowie ein Verfahren zur Behandlung eines Abflusses, der Lanthanide, Aktinide und Technetium enthält. Das Deutsche Patentamt hat die Anmeldung zunächst zurückgewiesen mit der Begründung, dass die Ansprüche naheliegender Weise aus dem Stand der Technik abgeleitet werden können. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.

In der Beschwerdeinstanz hat die Anmelderin den Teil der Patentansprüche, der sich auf die Behandlung des Abflusses bezieht, ausgeschlossen. In Bezug auf das Verfahren zur Dekontamination einer Oberfläche wurde die Zurückweisungsentscheidung jedoch aufgehoben und das Patent wurde erteilt. Die Anmelderin hat eine separate Ausscheidungsanmeldung eingereicht, die das Verfahren zur Behandlung des Abflusses betrifft. Der Beschwerdesenat hat nun entschieden, dass die Beschwerde zulässig ist und der angefochtene Zurückweisungsbeschluss aufgehoben werden muss. Die Sache wurde an das Patentamt zur weiteren Prüfung zurückverwiesen, da der Stand der Technik unvollständig ist und eine Entscheidung über die Patentfähigkeit des Verfahrens noch nicht getroffen werden kann. Die Anmelderin hat beantragt, dass die Prüfung durch das Bundespatentgericht erfolgt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 21.03.2000, Az: 23 W (pat) 43/98


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des Deutschen Patentamts - Prüfungsstelle für Klasse G 21 F - vom 24. Januar 1996 aufgehoben und die die Trennanmeldung betreffende Sache zur weiteren Prüfung an das Patentamt zurückverwiesen.

Gründe

I Die Anmelderin hat am 2. Juni 1987 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Dekontamination von Oberflächen" beim Deutschen Patentamt eingereicht und für diese Anmeldung die Unionspriorität der Voranmeldung in Großbritannien vom 4. Juni 1986 (Az 861 35 22) in Anspruch genommen. Die ursprünglichen Unterlagen enthalten 15 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 bis 10 ein Verfahren zur Dekontamination einer Oberfläche und die Ansprüche 11 bis 15 ein Verfahren zur Behandlung eines Lanthaniden und/oder Aktiniden und Technetium enthaltenden Abflusses betreffen.

Diese Anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse G 21 F des Deutschen Patentamts mit Beschluß vom 24. Januar 1996 aus den Gründen des (Erst-)Bescheides vom 17. August 1994 zurückgewiesen, nachdem die Anmelderin innerhalb der - fünfmal verlängerten - Äußerungsfrist hierzu sachlich nicht Stellung genommen hat. In dem Bezugsbescheid ist ausgeführt, daß sich die Gegenstände der ursprünglichen Ansprüche 1, 3, 5, 6, 9 bis 13 und 15 in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik nach der deutschen Patentschrift 28 47 780, der deutschen Offenlegungsschrift 31 22 543 und der europäischen Offenlegungsschrift 0 138 289 herleiten ließen.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde (Az: 23 W (pat) 56/96) eingelegt.

In der Beschwerdeinstanz hat die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vom 2. April 1998 den die Patentansprüche 11 bis 15 umfassenden Anmeldungsteil gemäß PatG 1981 § 35 Abs 1 Satz 2 ausgeschieden, nachdem der Beschwerdesenat insoweit Bedenken gegen die Einheitlichkeit der Erfindung zu erkennen gegeben hatte. Hinsichtlich der in der Stammanmeldung auf ein Verfahren zur Dekontamination einer Oberfläche gerichteten Patentansprüche 1 bis 8 hat der Senat den Zurückweisungsbeschluß der Prüfungsstelle durch (Teil-)Beschluß 23 W (pat) 56/96 vom 2. April 1998 aufgehoben und das insoweit nachgesuchte Patent erteilt. Wegen dessen Inhalts wird auf die am 26. November 1998 veröffentlichte deutsche Patentschrift 37 18 473 verwiesen.

Zur verbliebenen Ausscheidungsanmeldung P 37 45 182.0-33 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Behandlung eines Lanthaniden und/oder Aktiniden und Technetium enthaltenden Abflusses" hat die Anmelderin am 3. Juni 1998 die ursprünglichen Patentansprüche 11 bis 15 als neue Patentansprüche 1 bis 5 mit zugehöriger Beschreibung Seiten 1 bis 9 vorgelegt.

Die Anmelderin beantragt schriftsätzlich, die vorliegende Teilanmeldung zur weiteren Prüfung an das Patentamt zurückzuverweisen, hilfsweise mündliche Verhandlung bei sachlicher Entscheidung durch das Bundespatentgericht.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 5 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Behandlung eines Lanthaniden und/oder Aktiniden und Technetium enthaltenden Abflusses, d a - d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß man den Abfluß mit einem chelatbildenden Ionenaustauschmaterial in Kontakt bringt, um im wesentlichen die Lanthaniden und Aktiniden zu entfernen, und den Abstrom mit einem basischen Ionenaustauschmaterial in Kontakt bringt, um im wesentlichen das Technetium zu entfernen.

2. Verfahren nach Anspruch 1, d a d u r c h g e k e n n - z e i c h n e t , daß das Technetium oxidiert wird, um die Entfernung durch das basische Ionenaustauschmaterial zu erleichtern.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, d a d u r c h g e - k e n n z e i c h n e t , daß der Abfluß Uran, Neptunium und Technetium enthält.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1, 2 oder 3, d a - d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß der Abfluß Schwefelsäure enthält.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, d a - d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß der pH-Wert des Abflusses vor der Entfernung des Technetiums durch das basische Ionenaustauschmaterial auf 0,5 bis 3 eingestellt wird."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde ist hinsichtlich des vorliegenden ausgeschiedenen Beschwerdegegenstandes insoweit begründet, als der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache - wie beantragt - mit den geltenden Patentansprüchen 1 bis 5 zur weiteren Prüfung an das Patentamt zurückzuverweisen ist, weil das Patentbegehren noch nicht ausreichend geprüft ist (PatG § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 3).

1.) Da die Ausscheidung in der Beschwerdeinstanz erfolgt ist und der ausgeschiedene Teil nach ständiger Rechtsprechung unberührt und unabhängig von der Stammanmeldung in derselben Instanz, in der die Ausscheidung erfolgt ist, weiterzubehandeln ist, ist der Beschwerdesenat auch für die vorliegende Ausscheidungsanmeldung zuständig (BGH BlPMZ 1972, 289, 291 - "Zurückverweisung"; BGH BlPMZ 1972, 291, 292 re Sp, 293 li Sp - "Ausscheidung in der Beschwerdeinstanz"; BGH Mitt 1998, 422, 423 - "Informationsträger").

2.) Die geltenden Patentansprüche 1 bis 5 sind zulässig, denn sie stimmen mit den ursprünglichen Patentansprüchen 11 bis 15 überein.

3.) Die Ausscheidungsanmeldung ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, denn der vom Patentamt recherchierte Stand der Technik ist unvollständig und reicht für eine sachgerechte Beurteilung des Gegenstandes der Ausscheidungsanmeldung nicht aus; ersichtlich bezog sich die bisherige patentamtliche Prüfung im wesentlichen auf den Gegenstand der Stammanmeldung (Dekontamination einer Oberfläche). Zwar mag der ermittelte Stand der Technik ein Beleg dafür sein, zur Entfernung von Spaltprodukten aus Dekontaminationslösungen Anionenaustauschmaterial bzw Kationenaustauschmaterial einzusetzen; jedoch fehlt - wie auch die Prüfungsstelle selbst eingeräumt hat (Bescheid vom 17. August 1994 S 4 Abs 3 Satz 1) - ein diesbezüglicher Nachweis speziell für Technetium, erst recht in Verbindung mit den weiteren, in den Ansprüchen 1 bis 5 gelehrten Maßnahmen.

Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß ein diesbezüglicher, einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert, zumal bereits aus der vom Senat in der Stammanmeldung eingeführten, einen Übersichtsartikel zu Technetium mit 172 Fundstellen betreffenden Literaturstelle "Chemiker Zeitung" 102. Jahrgang, 1978, Nr 10, Seiten 329 bis 337, vergleiche dort insbesondere Seite 330 rechte Spalte, hervorgeht, daß Technetium-99 fast ausschließlich aus Spaltprodukt-Abfallösungen - und damit auch Aktiniden (Uran, Neptunium, Plutonium usw) enthaltenden - Abfallösungen gewonnen wird und Lösungsmittelextraktions- und Ionenaustauschverfahren zur Isolierung des Technetiums verwendet werden.

Da insoweit eine sachliche Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstandes der Ausscheidungsanmeldung noch nicht erfolgt ist, ist aus verfahrensökonomischen Gründen (Einbeziehung elektronischer Recherchemöglichkeiten) und zur Vermeidung eines Instanzenverlustes - wie beantragt - die Zurückverweisung der Sache zur weiteren Prüfung im Rahmen der geltenden Patentansprüche 1 bis 5 an das Deutsche Patent- und Markenamt geboten (PatG § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 3).

Dr. Beyer Dr. Meinel Tronser Lokys Fa






BPatG:
Beschluss v. 21.03.2000
Az: 23 W (pat) 43/98


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