Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 19. Mai 2005
Aktenzeichen: 3 U 172/04

(OLG Hamburg: Urteil v. 19.05.2005, Az.: 3 U 172/04)

Leitsätze Deutsches Lebensmittelbuch für Brot- und Feinbackwaren

Die Angabe "Dinkel-Grünkern-Brot" ist nicht irreführend, wenn auf der Verpackung unmittelbar darunter deutlich der (inhaltlich zutreffende) Hinweis steht: "Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern". Der Verkehr erwartet hier keine Mischung aus 90 % Dinkelerzeugnissen. Ziffer 1.6.1 der Leitsätze betrifft die Angabe "Dinkelbrot" nur als "Brotgrundsorte" und nicht eine Getreidemischung mit einer abweichenden Bezeichnung.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen vom 20. April 2004 abgeändert.

Die Klage in der in der Berufungsverhandlung gestellten Fassung wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien sind Mitbewerber. Sie produzieren und vertreiben Brotbackmischungen, die als Vormischungen zur Herstellung verschiedener Brotsorten geeignet sind.

Die Beklagte bietet über den Lebensmitteleinzelhandel eine Brotbackmischung mit der Bezeichnung: "Dinkel-Grünkern Brot" an (vgl. die Kopie der Verpackung gemäß Anlage K 1). Diese Bezeichnung beanstandet die Klägerin als irreführend (§§ 3, 5 UWG).

Deswegen wird die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die beanstandete Verpackung der Brotbackmischung zeigt auf der Schauseite die hervorgehobenen Angaben: "... Dinkel-Grünkern Brot". Darunter steht kleiner gedruckt: "Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern". Auf der Rückseite steht: "Dinkel-Grünkern Brot - Backmischung für Weizenmischbrot" und darunter sind die "Zutaten" angegeben: "Weizenmehl (77 %), Grünkern (8 %), getrockneter Dinkelvollkornsauerteig (3 %), Weizenkleie ..." (Anlage K 1).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Durch die Bezeichnung: "Dinkel-Grünkern Brot" werde der Eindruck erweckt, die Brotbackmischung sei für die Herstellung von Dinkelbrot geeignet. Das sei aber nicht der Fall, denn Dinkelbrote müssten nach den einschlägigen Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches für Brot- und Feinbackwaren aus mindestens 90 % Dinkelerzeugnissen bestehen (Anlagen K 2, B 1-3). Die Brotbackmischung der Beklagten enthalte den vorgeschriebenen Dinkelanteil bei weitem nicht.

Die Produktbezeichnung erwecke beim Verbraucher den Eindruck, das aus der Backmischung herzustellende Brot bestehe zumindest überwiegend aus Dinkelmehl (Bl. 4 mit Beweisantritt). Der Durchschnittsverbraucher lasse sich beim Brotkauf von der Produktbezeichnung mit ihrer besonderen Aussagekraft leiten und lasse sich nur selten die Brotzusammensetzung erklären (Bl. 4 mit Beweisantritt). Zudem richte sich die Brotbackmischung an gesundheitsbewusste Verbraucher, die Brotsorten aus hellen Mehlen vermeiden und stattdessen Vollkorn- oder Dinkelmehlbrote haben wollten. Dinkelmehl sei gegenüber Roggen- und Weizenmehl doppelt so teuer (Bl. 6).

Der erheblich kleiner gehaltene Zusatzhinweis auf der Packung ("Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern") könne die Irreführungsgefahr nicht beseitigen. Bei der Werbung im Internet fehle dieser zusätzliche Hinweis auf der Abbildung der Packung (Anlage K 5).

Entgegen der Behauptung der Gegenseite existiere die Getreidesorte Dinkel, und zwar aus der Sicht des Verbrauchers und aus biologischer und lebensmittelchemischer Sicht. Aus der Sicht des Verbrauchers handele es sich bei dem Getreide Dinkel um "Triticum spelta" (Bl. 30 a mit Beweisantritt), die Bezeichnung: "Dinkel" sei bei Landwirten und im Landhandel branchenüblich (Bl. 31 mit Beweisantritt). Es sei eine eigenständige Getreidesorte, die von den Sorten Weich- und Hartweizen klar abgrenzbar sei (Bl. 31 mit Beweisantritt). Bei der Brotbackmischung der Beklagten sei Triticum spelta nicht zu einem Anteil von 77 % enthalten, sondern überwiegend gewöhnliches Weichweizenmehl (Prüfprotokoll Anlage K 6, Beweisantritt Bl. 31).

Dass die Beklagte das von ihr als "Weizen" bezeichnete Getreide unter "Dinkel" angeboten bekommen habe, werde bestritten. Es sei unrichtig, dass Dinkel nicht existiere, das Vorbringen der Beklagten hierzu und zu den Leitsätzen gehe an der Sache vorbei, zumal sie selbst die Bezeichnung hervorgehoben verwende (Bl. 32).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen,

im Geschäftsverkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Brotbackmischungen mit der Bezeichnung "Dinkel - Grünkern Brot" anzubieten, ohne dass die jeweilige Brotbackmischung einen Mindestgehalt an Dinkelerzeugnissen von 90 % gemäß den einschlägigen Leitsätzen für Brot und Feinbackwaren enthält.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Der Klageantrag gebe die konkrete Verletzungsform nicht wieder. Die Brotbackmischung werde nicht ausschließlich unter der Bezeichnung: "Dinkel-Grünkern Brot", sondern mit den zusätzlichen deutlichen Hinweisen: "Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern" bzw. "Backmischung für Weizenmischbrot" angeboten.

Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches (Anlagen K 2, B 1-3) seien keine Rechtsnormen. Es sei schon zweifelhaft, ob Ziffer II. 17 der besonderen Beurteilungsmerkmale für Brot (Anlage B 3) tatsächlich der Verkehrsauffassung entspreche (vgl. Anlage B 4, Bl. 13). Zudem falle ihre - der Beklagten - Brotmischung unter Ziffer 15 der Leitsätze (Mehrkornbrot).

Entgegen der Behauptung der Klägerin enthalte die beanstandete Brotbackmischung über 90 % Dinkelerzeugnisse, und zwar nicht nur die auf der Verpackung angegebenen 8 % Grünkernanteil und 3 % Dinkel-Vollkornsauerteig (Anlage K 1), sondern auch der auf der Packung mit 77 % "Weizenmehl" bezeichnete Zutatenanteil seien Dinkel. Dinkel sei nichts anderes als Weizen, Weizen sei der Oberbegriff. Der Kulturweizen sei aus verschiedenen Wildweizenformen gezüchtet worden. Die vorhandenen Dinkelsorten stünden mehr oder weniger dem Weizen nahe. Der von ihr (der Beklagten) in der Brotbackmischung verwendete, als "Weizenmehl" deklarierte Dinkel stamme zu 77 % aus Dinkel, der aus den EU-Mitgliedsstaaten unter "Dinkel" angeliefert werde. Hierbei handele es sich also genau so um Dinkel wie bei den Anteilen von Grünkern und Dinkelvollkornsauerteig.

Sie - die Beklagte - verwende in der Verkehrsbezeichnung und im Zutatenverzeichnis bewusst die Bezeichnung: "Weizen" als Oberbegriff für Dinkel und deren verschiedenen Sorten, und zwar um dem Irrtum der Verbraucher vorzubeugen, Dinkel habe anders als Weizen kein allergenes Potential und wäre bei Zöliakie geeignet (Bl. 15, Anlage B 5).

Das gemeinschaftliche Sortenamt kenne nur die drei Weizensorten Triticum aestivum L. (Weichweizen), Triticum durum (Hartweizen) und Triticum spelta (Spelz). Entgegen der Behauptung der Klägerin gäbe es seit Jahren die Sortenbezeichnung Dinkel weder im Europäischen Sortenkatalog (Anlage B 6) noch in der Sortenliste des Bundessortenamtes (Anlagen B 7-8). Die Sorte " Franckenkorn " (Sortenliste BSA 2003, Seite 66-67) werde unter: "Dinkel" angeboten und beworben (Anlage B 9). Die Verkehrsbezeichnung "Dinkel" gäbe es nicht. Dinkel sei eine Weizenart, und zwar ein Gemisch aus verschiedenen europäischen Weizenzuchtstämmen (Anlage B 10). Damit stehe fest, dass Dinkel eine unzutreffende Bezeichnung sei, insoweit seien auch die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches betreffend Dinkelerzeugnisse unzutreffend bzw. gingen insoweit ins Leere.

Die richtige Verkehrsbezeichnung laute also: "Spelz" oder: "Triticum spelta", auch sie - Beklagte - habe allerdings die umgangssprachliche Bezeichnung "Dinkel" benutzt, weil das ihr gelieferte Getreide sämtlich so bezeichnet worden sei.

Durch Urteil vom 20. April 2004 hat das Landgericht der Klage stattgegeben, allerdings weicht der Urteilsausspruch - anders als die Anmerkung im Tatbestand: "beantragt wie erkannt" erwarten lässt - vom Antrag ab: Die Bezeichnung lautet im Verbotsausspruch des Landgerichts: "Dinkel - Grünkernbrot" (statt im Antrag: "Dinkel - Grünkern Brot") und es heißt im Urteilsausspruch: "Brotbackmischung" (statt im Antrag: "jeweilige Brotbackmischung"). Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie noch vor:

Nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches für Brot- und Feinbackwaren solle "Dinkelbrot" aus mindestens 90 % "Dinkelerzeugnissen" hergestellt werden, das sei - wie schon in erster Instanz vorgetragen - tatsächlich der Fall. Die Prozentangaben im Zutatenverzeichnis (§ 6 LMKV) bezögen sich auf die Brotbackmischung insgesamt, während die Prozentangaben in den Leitsätzen sich auf die verwendeten Getreideerzeugnisse bezögen (Bl. 60).

Die Klägerin habe ihrer Argumentation unter Bezugnahme auf die Sortenliste Verwirrung gestiftet, denn weder im europäischen Sortenkatalog noch in der Sortenliste des Bundessortenamtes gebe es die Bezeichnung "Dinkel", vielmehr heiße die Sortenbezeichnung "Spelz" oder "Triticum spelta". Die neuen Dinkelsorten stünden dem Weizen so nahe, dass als Oberbegriff auch "Weizen" verwendet werden könne. Obwohl die Bezeichnung "Dinkel" als Verkehrsbezeichnung eigentlich nicht korrekt sei (Bl. 62), finde sie allgemein Verwendung.

Das von der Klägerin überreichte Untersuchungszeugnis der staatlichen landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Augustenburg vom 7. April 2004 (Anlage K 6) sei offenkundig fehlerhaft (Bl. 61-62 mit Beweisantritt, Anlage B 12).

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die angegriffene Bezeichnung, wie bereits in der Klagschrift vermerkt, richtig lauten solle: "Dinkel - Grünkern Brot".

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ergänzend trägt sie noch vor:

Maßgeblich sei allein die Vorstellung des durchschnittlichen Verbrauchers von der inhaltlichen Beschreibung des Begriffs "Dinkel" und demgemäß von der Produktbeschreibung "Dinkelbrot". Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches gäben die allgemeine Verkehrsauffassung der Beteiligten am Lebensmittelverkehr, insbesondere der Durchschnittsverbraucher wieder. Die Irreführung durch die beanstandete Bezeichnung habe das Landgericht daher zutreffend festgestellt. Die Beklagte habe zu keiner Zeit behauptet, dass tatsächlich Dinkel im Sinne ihrer (der Klägerin) Auffassung in der beanstandeten Brotbackmischung verwendet worden sei, auf das Untersuchungszeugnis (Anlage K 6) komme es daher nicht an. Im Übrigen seien die Angriffe gegen das Gutachten unbegründet (Bl. 73).

Die Getreideart Dinkel im Sinne des Verbrauchers existiere tatsächlich. Davon gehe auch die Beklagte aus, wie die von ihr verwendete Bezeichnung belege. Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches verwende die Bezeichnung "Dinkel" ebenfalls.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet, sie ist demgemäß unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils in der in der Berufungsverhandlung gestellten Fassung abzuweisen.

I.

Der Gegenstand des Unterlassungsantrages in der nunmehr gestellten Fassung ist das Anbieten von Brotbackmischungen mit der Bezeichnung "Dinkel - Grünkern Brot", soweit sie nicht mindestens 90 % Dinkelerzeugnisse enthalten. Die vom Landgericht im Urteilsausspruch verwendete abweichende Bezeichnung ("Dinkel-Grünkernbrot") war nicht Streitgegenstand, daran soll sich auch in zweiter Instanz nichts ändern, wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung hat klarstellen lassen.

Die Bestimmung im Antrag: "ohne dass die Brotbackmischung einen Mindestgehalt an Dinkelerzeugnissen ..." bedeutet, dass sich das Verbot nur auf solche so bezeichneten Brotbackmischungen beziehen soll, die nicht mindestens 90 % Dinkelerzeugnisse enthalten. Der Hinweis im Antrag auf die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches für Brot- und Feinbackwaren definiert die "Dinkelerzeugnisse" und ist offenbar zugleich ein Teil der Antragsbegründung.

Nicht Streitgegenstand ist die Verwendung der Verpackung der Brotbackmischung gemäß Anlage K 1. Besonderheiten deren Aufmachung können daher nicht zur Begründung des Unterlassungsanspruchs herangezogen werden. Entsprechendes gilt für den Internetauftritt der Beklagten (Anlage K 5), der als solches ebenfalls nicht Streitgegenstand ist.

II.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 3, 5 UWG nicht begründet .

1.) Der Unterlassungsantrag erfasst entgegen dem Landgericht nicht hinreichend die konkrete Verletzungsform . Insoweit fehlt es für den Unterlassungsanspruch an der Begehungsgefahr .

Denn die Beklagte hat nicht - wie die Antragsfassung erwarten ließe - isoliert und unerläutert die Angabe: "Dinkel - Grünkern Brot" für ihre Brotbackmischung verwendet, sondern auf der Schauseite der Verpackung unterhalb dieser Bezeichnung den zwar kleiner gedruckten, aber ebenfalls deutlich und unübersehbar gestalteten Hinweis: "Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern" angebracht (Anlage K 1). Das bleibt im Antrag aber unberücksichtigt.

Auf der anderen Seite der Verpackung wird die Angabe "Dinkel - Grünkern Brot" ebenfalls nicht isoliert benutzt, sondern unterhalb dieser Bezeichnung steht deutlich und unübersehbar der Zusatz: "Backmischung für Weizenmischbrot" (Anlage K 1). Auch das wird im Antrag nicht berücksichtigt.

Auf den vom Landgericht herangezogenen Umstand der "schlagwortartigen", in den "Vordergrund gestellten" bzw. "blickfangmäßigen" Darstellung der Bezeichnung kann es nicht ankommen, denn der Streitgegenstand stellt auf eine solche Verwendungsform einer besonderen Packungsgestaltung wiederum nicht ab.

2.) Da der Unterlassungsanspruch schon insoweit mangels Begehungsgefahr unbegründet ist, kann offen bleiben , ob der Unterlassungsanspruch im Übrigen - unabhängig von der Begehungsgefahr - begründet wäre.

Hierzu dürften jedenfalls die Anspruchsvoraussetzungen gehören, dass die isoliert und ohne nähere Erläuterung verwendete Bezeichnung "Dinkel - Grünkern Brot" für eine Brotbackmischung bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Durchschnittsverbraucher den Eindruck erweckte, sie bestehe mindestens aus 90 % Dinkelerzeugnissen und dass die von der Beklagten vertriebene Brotbackmischung tatsächlich weniger als 90 % Dinkelerzeugnisse enthielte.

3.) Bei der Erörterung der Antragsfassung in der Berufungsverhandlung bestand keine Veranlassung, bei der Klägerin darauf hinzuwirken, die von der Beklagten konkret verwendete Verpackung ihrer Brotbackmischung "Dinkel - Grünkern Brot" (gemäß Anlage K 1) jedenfalls auch zum Antragsgegenstand zu machen. Denn ein auf diese Beanstandungsform bezogener Unterlassungsanspruch wäre voraussichtlich materiellrechtlich nicht begründet gewesen .

(a) Die Verpackung der Brotbackmischung der Beklagten (Anlage K 1) enthält, wie ausgeführt, nicht etwa nur die Bezeichnung: "Dinkel - Grünkern Brot", sondern außerdem auf der Schauseite den deutlich erkennbaren Hinweis: "Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern". Auf der Rückseite der Verpackung steht noch: "Backmischung für Weizenmischbrot" und auch bei den Zutaten ist: "Weizen" vermerkt.

Es ist nicht erkennbar, dass der Verkehr bei einer solchen Aufmachung erwarten könnte, die so angebotene Brotbackmischung enthielte mindestens zu 90 % Dinkelerzeugnisse. Die Lebenserfahrung spricht vielmehr dagegen. Eine gleichwohl in die aufgezeigte Richtung gehende Verkehrsvorstellung wäre jedenfalls nicht schutzwürdig und demgemäß unbeachtlich.

(b) Aus den vom Landgericht herangezogenen Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches für Brot- und Feinbackwaren ergibt sich ebenfalls kein Anhalt für eine Verkehrsvorstellung, das Produkt der Beklagten enthalte mindestens 90 % Dinkelerzeugnisse.

Gemäß Ziffer 1.6.1 der Leitsätze werden die "Brotgrundsorten" nach den Brotgetreidearten bzw. Brotgetreideerzeugnissen bezeichnet und "Dinkelbrot" wird demnach aus mindestens 90 % Dinkelerzeugnisses hergestellt (Anlage K 2, dort unter Ziffer 1.6.1.; vgl. ebenso Anlage B 3, dort unter II. 17: "Dinkelbrot").

Bei dem Erzeugnis der Beklagten handelt es sich dagegen um eine "Brotbackmischung mit Weizen, Dinkel & Grünkern" und damit um eine Getreidemischung und nicht um eine "Brotgrundsorte". Auch die Bezeichnung: "Dinkel - Grünkern Brot" benennt offensichtlich eine Getreidemischung, denn Dinkel und Grünkern sind für den Verkehr nicht dasselbe. Tatsächlich ist Grünkern - insoweit sind sich die Parteien einig - ein im Stadium der Teigreife geernteter Dinkel, der anschließend getrocknet ("gedarrt") worden ist. Auch insoweit handelt es sich bei dem "Dinkel - Grünkern Brot" nicht um eine "Brotgrundsorte" gemäß Ziffer 1.6.1 der Leitsätzen.

(c) Eine Irreführung durch die Verpackung lässt sich auch nicht, wie das Landgericht gemeint hat, darauf stützen, dass die Brotbackmischung entgegen der Verkehrsvorstellung kein "Dinkelprodukt", sondern ein " reines Weizenprodukt " sei.

Diese Begründung berücksichtigt nicht, dass die Verpackung ausdrücklich und deutlich auf "Weizen" hinweist. Im Übrigen hat sich die Beklagte nicht - wie die Argumentation des Landgerichts annehmen lässt - nur damit verteidigt, das von ihr verwendete Getreide sei von ihren Lieferanten als "Dinkel" bezeichnet und so verkauft worden, sondern sie hat vielmehr außerdem noch näher erläutert, weshalb sie gleichwohl für dieses Getreide die Bezeichnung "Weizen" verwendet habe.

(d) Auch das in den Entscheidungsgründen des Landgerichts vorangestellte Argument, die Irreführung durch die beanstandete Bezeichnung ergebe sich bereits aus dem Vortrag der Beklagten (wonach Dinkel eine unzutreffende Bezeichnung sei, da es eine Getreidesorte Dinkel nicht gäbe, weil Dinkel eine Weizenart sei), greift nicht durch.

Zum einen könnte ein solcher Beklagtenvortrag eine Irreführung nicht belegen, denn er enthält weder den Hinweis auf eine bestimmte Verkehrsvorstellung noch die Behauptung einer von der Vorstellung abweichenden tatsächlichen Gegebenheit. Zum anderen hat sich die Beklagte nicht in diesem Sinne eingelassen, sondern auf den Oberbegriff "Weizen" verwiesen, unter den auch die Weizenart "Dinkel" falle. Zu "Dinkel" hat die Beklagte schon in erster Instanz vorgetragen, es sei als Weizenart ein Gemisch aus verschiedenen europäischen Weizenzuchtstämmen (Anlage B 9).

(e) "Dinkel" ist zwar unstreitig eine im Verkehr häufig benutzte Getreidebezeichnung; was die Bezeichnung aber für den durchschnittlich informierten allgemeinen Verbraucher und/oder Fachmann bedeutet und ob sie zum Beispiel nur die vom gemeinschaftlichen Sortenamt genannten Weizensorte Triticum spelta (Spelz) beschreibt, steht damit aber noch nicht fest, zumal die Parteien hierzu abweichend vorgetragen haben.

Nach dem Streitgegenstand kommt es aber, wie ausgeführt, hierauf ebenfalls nicht an; der Unterlassungsantrag bezieht sich nicht etwa auf einen Mindestgehalt von Triticum spelta in der Brotbackmischung der Beklagten.

(f) Auf die Internet-Werbung der Beklagten für ihr " MMMMMM Dinkel-Grünkern Brot " (Anlage K 5) stellt der Unterlassungsantrag, wie ausgeführt, ebenfalls nicht ab. Zudem ergibt sich aus der ersten Seite der Anlage K 5 nicht die vollständige Internetwerbung; unter der Anlage K 5 sind verschiedene Internetseiten, und zwar solche vom 19. November 2003 und vom 11. Dezember 2003 vorgelegt worden (Anlage K 5, Seiten 1-3).

III.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten begründet und die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.






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Az: 3 U 172/04


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