Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. September 2011
Aktenzeichen: 11 W (pat) 42/06

(BPatG: Beschluss v. 01.09.2011, Az.: 11 W (pat) 42/06)

Tenor

1.

Der für den Anmelder erschienene Herr F... wird wegen mangelnder Vertretungsbefugnis als Bevollmächtigter zurückgewiesen.

2.

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 23 K des Deutschen Patentund Markenamts vom 23. Juni 2006 aufgehoben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 9 und der Beschreibung vom 1. September 2011 sowie mit den ursprünglich eingereichten Zeichnungen erteilt.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist Anmelder der unter Inanspruchnahme der inneren Priorität vom 2. April 2004 am 19. Oktober 2004 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Anmeldung mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Verhindern von Schweißabfällen in Bohrungen von Schweißkonstruktionen".

Mit Beschluss vom 23. Juni 2006 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 23 K des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 10 gegenüber dem bekannten Stand der Technik nach Druckschrift DE 42 22 188 A1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Der Anmelder ist in der mündlichen Verhandlung zwar nicht erschienen und war auch nicht ordnungsgemäß vertreten, hat aber vor Schließung der Verhandlung neue Patentansprüche und eine angepasste Beschreibung per Telefax eingereicht, die dem erkennenden Senat zur Entscheidung vorgelegen haben.

Er beantragt konkludent, den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und ein Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 9 vom 1. September 2011 und der Beschreibung vom 1. September 2011 sowie mit den ursprünglich eingereichten Zeichnungen zu erteilen.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Abhalten und Entfernen von Schweißabfällen, wie Schweißperlen, aus Bohrungen von Schweißkonstruktionen, bei dem vor dem Schweißvorgang in die Bohrungen jeweils ein Stopfen zur Aufnahme des Schweißabfalls eingesetzt und nach dem Schweißvorgang wieder mit dem eventuellen Schweißabfall entfernt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Stopfen in der Form von Ronden (10) aus im Wesentlichen gebundener Mineralwolle gebildet sind und in die Bohrungen (7') dichtend unterhalb der Schweißstelle eingesetzt werden, und die Ronden (10) nach dem Schweißvorgang mittels Druckluft (12, 13) aus den Bohrungen (7') entfernt werden."

Der nebengeordnete Anspruch 6 lautet im redaktionell angepassten Wortlaut:

"Ronde (10) zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass sie im wesentlichen aus gebundener Mineralwolle besteht und in ihren Abmessungen dem Bohrungsquerschnitt derart angepasst ist, dass sie diesen dichtend verschließen kann."

Zum Wortlaut der Unteransprüche 2 bis 5 bzw. 7 bis 9 wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Auf Befragen des Senats hat der als Vertreter und Bevollmächtigte des Anmelders im Termin zur mündlichen Verhandlung erschienene Herr F... erklärt, er sei Patentingenieur und habe die Sache bearbeitet; er sei aber weder Patentanwalt noch Rechtsanwalt. Ein Beschäftigter des Anmelders oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens sei er nicht, auch kein Familienangehöriger des Anmelders. Außerdem besitze er nicht die Befähigung zum Richteramt und trete nicht als Streitgenosse auf.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Amtsund Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Senat hat den Bevollmächtigten Herrn F... gemäß § 97 Abs. 3 Satz 1 PatG durch Beschluss zurückgewiesen, weil er nach eigenen Angaben nicht zu den gemäß § 97 Abs. 2 PatG vertretungsberechtigten Personen gehört.

III.

Die Beschwerde ist begründet.

A.

Zu formalen Bedenken gegen die geltenden Unterlagen besteht kein Anlass.

Der Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 stützt sich in zulässiger Weise auf die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 sowie die ursprüngliche Beschreibung Seite 2, Zeilen 4 und 6. Der geltende Anspruch 2 geht auf den ursprünglichen Anspruch 3 zurück. Die Ansprüche 3 bis 5 lassen sich auf die ursprünglichen Ansprüche 7 bis 9 zurückführen. Anspruch 6 ergibt sich aus einem Teil des ursprünglichen Anspruchs 10 i. V. m. dem ursprünglichen Anspruch 1, und Anspruch 7 stützt sich auf den Rest des ursprünglichen Anspruchs 10. Anspruch 8 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 6. Anspruch 9 wiederum stützt sich auf den ursprünglichen Anspruch 11 i. V. m. Seite 4, Zeile 4 der ursprünglichen Beschreibung.

B.

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verhindern von Schweißabfällen wie Schweißperlen in Bohrungen von Schweißkonstruktionen, bei dem vor dem Schweißvorgang in die Bohrungen jeweils ein Stopfen zur Aufnahme des Schweißabfalls eingesetzt und nach dem Schweißvorgang wieder mit dem eventuellen Schweißabfall entfernt wird (Beschreibung S. 1, 1. Abs.).

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, beim Einschweißen von Metallteilen in Bohrungen von Schweißkonstruktionen in einfacher und preiswerter Weise zu verhindern, dass mögliche Schweißabfälle während des Schweißvorgangs in den nicht vom Schweißvorgang betroffenen Teil der Bohrung gelangen können und gleichzeitig gewährleistet ist, dass mögliche Schweißabfälle nach Beendigung des Schweißvorgangs in kürzester Zeit sicher aus der Bohrung wieder entfernt werden können (Beschreibung S. 2, letzter Abs.).

C.

1.

Das Verfahren nach Anspruch 1 ist neu, da der Einsatz von Stopfen in Form von Ronden (10) aus im Wesentlichen gebundener Mineralwolle und das Entfernen der Ronden (10) nach dem Schweißvorgang mittels Druckluft (12, 13) aus den Bohrungen (7') aus dem Stand der Technik nicht bekannt sind. Eine Ronde mit den im Anspruch 6 angegebenen Merkmalen ist ebenfalls neu.

2.

Das Verfahren nach Anspruch 1 ist offensichtlich gewerblich anwendbar und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Der Fachmann ist eine schweißtechnisch ausgebildete Fachkraft mit langjähriger praktischer Erfahrung auf dem Gebiet des Schmelzschweißens.

Dem aus der Druckschrift 1 (= DE 42 22 188 A1) bekannten Verfahren liegt ebenso wie dem streitigen Verfahren die Aufgabe zugrunde, eine Verunreinigung des zu schweißenden Werkstückes mit Schmelzoder Schweißspritzern dadurch weitgehend zu vermeiden, dass die Schmelzoder Schweißspritzer aufgefangen und anschließend entsorgt werden (Sp. 1, Z. 51-57). Das bekannte Verfahren eignet sich besonders zum Schutz der Innenwandung beim Schweißen und Schneiden von Hohlprofilen und Rundrohren, zum Schweißen von Blechen in allen Schweißnahtarten und zum Schweißen von rotationssymmetrischen Teilen mittels Laser (Sp. 2, Z. 48-53).

Figur 5 zeigt das bekannte Verfahren beim Schweißen von rotationssymmetrischen Teilen, insbesondere von Rohren. Zum Schutz der Rohrinnenwand vor Schweißspritzern ist hier ein textiles Material 44, welches insbesondere aus mineralischen Fasern besteht (Sp. 2, Z. 23-28), mittels eines Schlittens 11 im Rohr verfahrbar angeordnet. Das textile Material 44 ist dabei zu einem rohrförmigen Hohlprofil geformt, das einen Schlitz 12 ausbildet, der dem zu verschweißenden Spalt des Rohres 22 gegenüberliegt. Zusätzlich wird das Hohlprofil mit einem Endstopfen 16 verschlossen der insbesondere der Begrenzung der Schutzgasatmosphäre dient (Sp. 3, Z. 54 -62). Diese Konstruktion der Schutzvorrichtung gestattet es, die beim Schweißen entstehenden Spritzer im Inneren des textilen Hohlprofils 44 aufzufangen und -für den Fachmann offensichtlich -mittels des Endstopfens 16 davon abzuhalten, in den vom Schweißvorgang nicht betroffenen Teil des Rohres zu gelangen. Nach Abschluss der Schweißnaht wird das mit der Bearbeitungsstelle 3 mitgeführte textile Material 44 samt Schweißspritzern mit Hilfe des am Schlitten 11 befestigten Drahtes 19 aus dem Rohr entfernt.

Diesem bekannten Verfahren ist daher kein Hinweis zu entnehmen, Stopfen in Form von Ronden aus im Wesentlichen gebundener Mineralwolle einzusetzen und dieselben nach dem Schweißvorgang mittels Druckluft aus den Bohrungen zu entfernen.

Das Verfahren nach Anspruch 1 ergibt sich somit nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Es ist daher patentfähig. Zusammen mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 sind die Unteransprüche 2 bis 5 gewährbar, die nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Verfahrens betreffen.

Gleiches gilt für den Anspruch 6 und die darauf rückbezogenen Ansprüche 7 bis 9, welche eine Ronde zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 bzw. nicht selbstverständliche Ausgestaltungen dieser Ronde betreffen.

IV.

Der Senat sieht keine Veranlassung, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, zumal der Erfolg der Beschwerde auf den erst im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Patentansprüchen beruht. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auch in keiner Weise begründet.

Dr. W. Maier v. Zglinitzki Dr. Fritze Fetterroll Bb






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Az: 11 W (pat) 42/06


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