Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 212/00

(BPatG: Beschluss v. 04.12.2001, Az.: 27 W (pat) 212/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Als Wortmarke für "bespielte Träger für Ton, Bild und/oder Daten einschließlich Schallplatten, Audiokassetten, Compact Discs, CD-ROMs, Videoplatten, Videokassetten, Magnetbänder, belichtete Filme, optische und magnetooptische Aufzeichnungsträger, vorgenannte Waren auch mit Beschichtung(en) aus Metall, Metall-Legierungen oder metallisierten Kunststoffen; codierte Telefonkarten; aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit beschichtete (plattierte) Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Prospekte, Programmhefte, Faltblätter, Deckblätter (Covers), Beilagen und Beihefte für bespielte Aufzeichnungsträger (Inlay Cards, Booklets), Bücher, Pressemappen, Plakate (Poster), Transparente, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, Ausweise; Waren aus Papier und Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten, einschließlich Hüllen für bespielte Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und/oder Daten; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen für bespielte Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und/ oder Daten" wurde Platin Recordsam 24. Oktober 1995 unter der Nr. 2 912 233 in das Register eingetragen.

Am 23. September 1998 hat die Antragstellerin Löschungsantrag gestellt; die Marke sei gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG wegen Nichtigkeit zu löschen, da sie trotz entgegenstehender absoluter Schutzhindernisse in das Register eingetragen worden sei. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen. "Platin Records" sei im Inland nicht als beschreibend anzusehen.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 22. Februar 2000 die Löschung der Marke angeordnet. Das englische Wort "record" habe in den inländischen Sprachgebrauch in der Bedeutung "Schallplatte, Tonträger" in vielfacher Weise Eingang gefunden. Ein entscheidungserheblicher Teil des inländischen Verkehrs werde die Bedeutung der angegriffenen Marke verstehen und ohne weiteres mit dem deutschen Begriff "Platin-Schallplatte" gleichsetzen. Dies gelte sowohl für den Zeitpunkt der Löschungsentscheidung wie auch für den der Eintragung im Oktober 1995. Eine Platin-Schallplatte werde in Deutschland für 500.000 verkaufte Tonträger vergeben. Die Voraussetzung für die Verleihung einer Platin-Schallplatte seien in den Richtlinien des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft e. V. geregelt. Der Begriff "Platin-Schallplatte" werde im allgemeinen Sprachgebrauch umfänglich verwendet. Der Verkehr werde daher "Platin Records" nicht als individualisierenden Herkunftshinweis auffassen, sondern lediglich als beschreibende Angabe, dass die so genannten Tonträger Platin-Status hätten, also kommerziell besonders erfolgreich seien.

Ein beschreibender Bezug sei nicht nur für Tonträger, sondern auch für die weiteren Waren der Klasse 9 gegeben. Denn es sei wesentlicher Bestandteil der Vermarktung von Musik, diese über Videoclips in Szene zu setzen. Die beanspruchten Waren der Klassen 14 und 16 seien übliche Merchandising-Produkte und würden - woran der Verkehr gewöhnt sei - typischerweise zusammen mit dem Hauptprodukt vertrieben. Auch insoweit fehle der Marke mithin die Unterscheidungskraft.

Außerdem sei ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber zu bejahen. Diesen müsse es möglich sein, auf den Platin-Status ihrer Produkte auch mit der englischen Bezeichnung "Platin Records" hinzuweisen.

Eine Eintragung "Golden Records" durch das HABM führe nicht zu einer anderen Bewertung. Ob auch der Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erfüllt sei, könne dahingestellt bleiben.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Sie hat die Beschwerde nicht begründet.

Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie weist auf die Vergaberichtlinien für Platin-Schallplatten aus dem Jahre 1996 hin und meint, die eingetragene Marke sei für sämtliche eingetragenen Waren beschreibend. Außer Platin-Schallplatten im tatsächlichen und - als Auszeichnung - im übertragenen Sinn samt Zubehör beinhalte das Warenverzeichnis lediglich Merchandising-Artikel.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn der angegriffenen Marke stand bereits im Zeitpunkt ihrer Eintragung jedenfalls das Schutzhindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft entgegen. Da es auch im jetzigen Zeitpunkt noch besteht, ist die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht angeordnet worden (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 iVm § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat, wird die eingetragene Wortfolge "Platin Records" von weitesten Kreisen der angesprochenen Abnehmer zwanglos im Sinne von "Platin-Schallplatten" verstanden. Dem steht nicht entgegen, dass der Name des Edelmetalls "Platin" im Englischen "platinum" lautet, denn der englische Fachbegriff "platinum" ist dem deutschen Publikum nicht oder zumindest nicht allgemein geläufig. Für ihn stellt sich "Platin Records" daher ohne weiteres als englische Übersetzung der Bezeichnung "Platin-Schallplatten" dar.

Diese Bezeichnung ist schon seit langem als Name eines Preises bzw einer Auszeichnung für einen besonders häufig verkauften Tonträger bekannt und gebräuchlich. Schon seit den 70er und 80er Jahren wurden - wie auch heute noch - für Schallplatten, die in besonders hoher Auflagenzahl verkauft worden sind, "Platin-Schallplatten" verliehen. Die Antragstellerin hat im Verfahren vor dem DPMA u. a. ein Schreiben des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft e. V. vom 3. Juni 1994 vorgelegt, in dem ausgeführt wird, dass seit 1976 Richtlinien für die Verleihung von "(Goldenen und) Platin-Schallplatten" existierten und seit dieser Zeit mehr als 1.700 goldene und Platin-Schallplatten verliehen worden seien. Weiter hat sie eine Kopie des Jahreshefts für den Tonträgermarkt Phonopress 1998 vorgelegt, wo in einer Grafik die "Entwicklung der Gold- und Platinauszeichnungen 1987 - 1997" dargestellt wird; ferner eine Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 22. Mai 1995, in der mitgeteilt wird, dass Lorin Maazel eine Platin-Schallplatte verliehen worden sei sowie Berichte des SPIEGEL über die Verleihung von Platin-Schallplatten vom 6. März 1989 an ein Volksmusik-Duo und vom 28. September 1992 an den Schlagersänger Patrick Lindner. Nach alledem kann kein Zweifel daran bestehen, dass das Publikum die Bezeichnung "Platin-Schallplatte" schon zur Zeit der Eintragung der angegriffenen Marke als beschreibenden Hinweis auf einen besonders häufig verkauften und daher mit einer Platin-Schallplatte ausgezeichneten Tonträger kannte.

Im Hinblick auf die Waren "bespielte Träger für Ton, Bild und/oder Daten einschließlich Schallplatten, Audiokassetten, Compact Discs, CD-ROMs, Videoplatten, Videokassetten, Magnetbänder, belichtete Filme, optische und magnetooptische Aufzeichnungsträger, vorgenannte Waren auch mit Beschichtung(en) aus Metall, Metall-Legierungen oder metallisierten Kunststoffen" ist die eingetragene Marke "Platin Records" mithin geeignet, in allgemein verständlicher Form darauf hinzuweisen, dass es sich um besonders erfolgreiche, mit einer Platin-Schallplatte ausgezeichnete Produkte handelt. Was die "aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellten oder damit beschichteten (plattierten) Waren (soweit in Klasse 14 enthalten)" betrifft, beschreibt die Bezeichnung "Platin Records" die Art und die Materialbeschaffenheit der Preistrophäe selbst, nämlich Schallplatten aus Platin oder beschichtet mit Platin.

Die angegriffene Marke wird von den angesprochenen Käuferkreisen aber auch in bezug auf die weiteren Waren "Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Prospekte, Programmhefte, Faltblätter, Deckblätter (Covers), Beilagen und Beihefte für bespielte Aufzeichnungsträger (Inlay Cards, Booklets), Bücher, Pressemappen, Plakate (Poster), Transparente, Postkarten" nur als beschreibender Hinweis darauf verstanden, dass die betreffenden Druckereierzeugnisse entweder Informationen über den Inhalt der mit einer Platin-Schallplatte ausgezeichneten Tonträger enthalten (wie Booklets, Inlay Cards, Prospekte, Covers) oder dass es sich um Druckwerke handelt (Zeitschriften, Zeitungen, Magazine, Broschüren, Pressemappen, Plakate, Poster, Postkarten Transparente), die sich mit dem Thema "Platin-Schallplatten" befassen und hierfür publikumswirksam werben, etwa die neuesten Platin-Schallplatten vorstellen oder auf Werbe- und Galaveranstaltungen anläßlich der Verleihung von Platin-Schallplatten hinweisen bzw darüber berichten. Desgleichen vermittelt die Bezeichnung "Platin Records" in Verbindung mit den "Waren aus Papier und Pappe" und "Verpakkungsmaterial aus Kunststoff", die jeweils "Hüllen für bespielte Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und/oder Daten" umfassen, nur die Vorstellung einer beschreibenden Angabe, die auf den Verwendungs- und Bestimmungszweck der Waren hinweist.

Schließlich ist "Platin Records" auch in bezug auf "Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Ausweise und codierte Telefonkarten" nicht geeignet, vom Verkehr als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem ganz bestimmten Unternehmen aufgefasst zu werden. Wie den obengenannten Pressemitteilungen zu entnehmen ist, findet die Verleihung von Goldenen und Platin-Schallplatten häufig offiziell in einer besonderen Veranstaltung statt, in der die Schallplatten als Preis überreicht werden, wobei die Teilnahme an Veranstaltungen dieser Art üblicherweise an den Besitz von Teilnahme-, Eintritts- oder Ausweiskarten geknüpft ist, auf denen sich ein beschreibender Hinweis auf das Ereignis befindet. Entsprechendes gilt für codierte Telefonkarten, die einen beliebten Werbeträger bilden und anläßlich der verschiedensten Ereignisse und Veranstaltungen als Werbeartikel herausgegeben werden. Es ist daher damit zu rechnen, dass markenrechtlich beachtliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise in der auf einer Telefonkarte befindlichen Aufschrift "Platin Records" nur einen beschreibenden Hinweis auf den Anlass der Herausgabe der Karte sehen, nicht aber ein individuelles betriebliches Unterscheidungsmittel.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass es noch auf die Frage ankam, ob die Eintragung der angegriffenen Marke auch wegen eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zugunsten der Mitbewerber hätte versagt werden müssen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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BPatG:
Beschluss v. 04.12.2001
Az: 27 W (pat) 212/00


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