Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 11. April 1997
Aktenzeichen: 6 U 193/96

(OLG Köln: Urteil v. 11.04.1997, Az.: 6 U 193/96)

,Abnehmbare Kühlerfigur", Erschöpfungseinwand MarkenG §§ 4, 14, 152, 153; WZG (a.F.) §§ 15, 24; UWG § 1 1. Wird bei dem vom Hersteller von Kühlerfiguren bezogenen Originalprodukt (hier: ,Mercedes-Stern") der aus der Motorhaube herausragende Teil (,Stern") von seiner Halterung gelöst und mittels eines Bajonettverschlusses abnehmbar gestaltet, liegt hierin ein grundlegender Eingriff in das Konstruktionsprinzip der Originalkühlerfigur, deren Oberteil zwar nach allen Seiten in der Halterung versenkt, mit dieser aber fest verbunden ist. Der Hersteller der Originalware ist daher nicht gehindert, dem Vertrieb derart durch Dritte veränderter Produkte unter Berufung auf ihm zustehende Markenrechte zu begegnen. Der markenrechtliche Erschöpfungseinwand greift in einem solchen Falle nicht durch. 2. Zur Frage einer etwaigen Genehmigung des Vertriebs umgestalteter Originalware durch den Hersteller des Ausgangsproduktes. Zum Sachverhalt: Der Beklagte vertreibt ,abnehmbare Kühlerfiguren" (hier: ,Mercedes-Stern"). Hierbei handelt es sich um Produkte, die aus den Original-Kühlerfiguren der Klägerin hergestellt werden. Die Produktion der ,abnehmbaren Kühlerfiguren" erfolgt in der Weise, daß der bei den Originalen mittels eines Kugelgelenks fest mit der Halterung verbundene ,Stern" gelöst und mit einem Bajonettverschluß versehen wird. Dies hat die praktische Folge, daß der als Kühlerfigur aufragende ,Stern", anders als in der Originalversion, aus der Halterung gedreht und entfernt sowie anschließend wieder in die Halterung versenkt werden kann. Die Klägerin hat hierin eine Verletzung ihrer Rechte u.a. an der für sie eingetragenen ,Mercedes-Stern", eingetragen u.a. für gebohrte, gedrehte, gefräste, gepreßte, geschmiedete und gestanzte Metallteile", erblickt und - nachdem der Beklagte sich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hatte - gegen ihn Schadensersatz- und Auskunftsansprüche geltend gemacht. Der Beklagte hat sich demgegenüber auf die Erschöpfung der Markenrechte durch Abgabe der Originalfiguren an ihn - den Beklagten -, Genehmigung der Veränderung durch die Klägerin sowie auf mangelndes Verschulden berufen. Das Landgericht hat der Klage aus Markenrecht entsprochen. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig; in der Sache hat

sie jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur

Auskunftserteilung verurteilt und seine Verpflichtung zum

Schadensersatz festgestellt.

I.

Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 4 Abs. 1, 14 Abs. 2 Nr.

1 und Abs. 6, 19 Abs. 1, 152 MarkenG, 242 BGB in Verbindung mit den

gemäß der Óberleitungsregelung des § 153 Abs. 1 MarkenG noch

heranzuziehenden §§ 15, 24 Abs. 2 WZG, 242 BGB die begehrte

Auskunft beanspruchen.

Der Beklagte verletzt mit dem Inverkehrbringen der in Rede

stehenden, unter Verwendung der Original- Mercedes - Kühlersterne

hergestellten abnehmbaren Kühlerfiguren die der Klägerin an den

Marken 914 O72 (,Stern") und 151 574 (,Mercedes") zustehenden

ausschließlichen Zeichenrechte.

Die Klägerin muß sich dabei auch nicht etwa gemäß § 24 MarkenG

eine Erschöpfung ihrer Markenrechte entgegenhalten lassen, weil sie

die zur Produktion der abnehmbaren Kühlerfiguren verwendeten

Original -Mercedes - Sterne selbst bzw. durch ihre Niederlassungen

in den Verkehr gesetzt hat. Denn da die beklagtenseits hieran

vorgenommene Umgestaltung in das die Eigenart der Originalware

maßgeblich mitbestimmene Konstruktionsprinzip eingreift, steht der

Klägerin berechtigter Grund i. S. von § 24 Abs. 2 MarkenG zur

Seite, sich der Benutzung ihrer Marken im Zusammenhang mit dem

Vertrieb der abnehmbaren Kühlerfigur zu widersetzen, den sie auch

bereits nach der vor dem Inkrafttreten des MarkenrechtsreformG

anwendbaren Rechtslage hätte geltend machen können (vgl.

Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht, 12. Auflage, Rdn. 14 zu § 15

WZG mit weiteren Nachweisen).

Soweit der Beklagte das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen

des markenrechtlichen Verletzungstatbestandes wegen einer

angeblichen Genehmigung des Vertriebs der verfahrensbetroffenen

abnehmbaren Kühlerfigur bzw. wegen einer darin liegenden

Ermächtigung zum Markengebrauch in Abrede stellt, rechtfertigt das

keine abweichende Beurteilung. Weder dem Beklagten noch seinem

Vater war eine derartige Genehmigung erteilt.

Eine angeblich aus den handschriftlichen Randbemerkungen auf dem

Schreiben vom 7. Oktober 1992 hervorgehende Genehmigung des

Vertriebs der unter Verwendung des Original-Mercedes-Stern

hergestellten abnehmbaren Kühlerfigur läßt sich sich diesen Notizen

nicht entnehmen.

Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte eine Genehmigung daraus

herleiten will, daß die Klägerin den Vertrieb der abnehmbaren

Kühlerfiguren bei Verwendung von OriginalTeilen vor Abgabe der

Unterlassungsverpflichtungserklärung des Vaters der Beklagten vom

14. Dezember 1992 nie beanstandet habe. Eben dies hat die Klägerin

mit ihren im Schreiben vom 7. Dezember 1992 enthaltenen

Ausführungen getan, indem sie darauf hinwies, daß ,trotz etwaiger

Verwendung von Mercedes-Benz Originalteilen ... Gesamtprodukt ...

in seiner Gesamtheit ... kein MercedesBenz-Produkt sei, so daß die

Abbildung des Zeichens einen zutreffenden Herkunftshinweis ergeben

würde. Darüber hinaus geht aus den weiteren Schreiben der Klägerin

vom 7. Oktober 1992 und vom 1O. November 1992 hervor, daß die

Klägerin einem Vertrieb der abnehmbaren Kühlerfigur auch bei

Verwendung von Original-Teilen nur zustimmen werde, wenn die an

ihre eigenen Teile gestellten Qualitäts- und

Sicherheitsanforderungen erfüllt seien, was sie nach eigener

Prüfung erst noch feststellen wolle. Eben auf den letztgenannten

Punkt bezieht sich auch ein Großteil der nach Abgabe der

vorbezeichneten Unterlassungserklärung zwischen der Klägerin und

dem Vater des Beklagten geführten Korrespondenz, in deren Verlauf

dieser die Klägerin um beschleunigte Prüfung seiner zur Verfügung

gestellten ,Muster" bat.

Auch aus der Tatsache, daß der Klägerin der Weitervertrieb der

beanstandeten abnehmbaren Kühlerfiguren schon nach den Schreiben

des Vaters des Beklagten vom 22. Juli 1993 und vom 6. Juni 1994

nicht verborgen bleiben konnte sie erst am 21. Juli 1995 - bei

zwischenzeitlicher Belieferung des Beklagten bzw. seines Vaters mit

Original-Mercedes-Sternen und Bezug der daraus gefertigten

abnehmbaren Sterne durch ihre Niederlassungen - mit einer Abmahnung

hierauf reagierte, läßt sich die beklagtenseits eingewandete

Genehmigung nicht herleiten. Dem widerspricht zum einen das

Schreiben des Vaters des Beklagten vom 29. November 1994, in

welchem er um die Genehmigung des Verkaufs der abnehmbaren

Kühlfiguren bat, die daher auch nach seinem Verständnis dem

bisherigen Verhalten des Klägerin trotz der vorbezeichneten

Umstände nicht zu entnehmen war. Die im anschließenden Zeitraum bis

zur Abmahnung der Klägerin stattgefundene Lieferungbeziehung

zwischen dem Beklagten bzw. seinem Vater und den Niederlassungen

der Klägerin erstreckte sich andererseits nicht über einen derart

langen Zeitraum, daß hieraus nunmehr auf eine Genehmigung der

Klägerin gechlossen werden konnte. Soweit der Beklagte in diesem

Zusammenhang behauptet, die abnehmbaren Kühlerfiguren seien in das

Verkaufsystem der Klägerin integriert gewesen, überzeugt das

bereits deshalb nicht, weil allein die Erteilung einer Kundennummer

einen derartigen Rückschluß nicht zuläßt.

Stellte sich somit das Verhalten der Klägerin nicht als den

objektiven Verletzungstatbestand in Wegfall bringende Genehmigung

dar, konnte der Beklagte aus den dargestellten Gründen auch nicht

subjektiv, in einer sein Verschulden ausschließenden Weise davon

ausgehen, es liege eine Genehmigung des Verriebs der

verfahrensbetroffenen abnehmbaren Kühlerfigur vor. Er hat vielmehr

- wie bereits das Landgericht in den Entscheidungsgründen des

angefochtenen Urteils, auf welches insoweit zur Vermeidung von

Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO), überzeugend

ausgeführt hat - zumindest fahrlässig die klägerischen Markenrechte

verletzt.

Bei alledem besteht auch die Wahrscheinlichkeit eines der

Klägerin aus der Markenrechtsverletzung entstehenden Schadens, so

daß ihr überhaupt ein Schadensersatzanspruch zuwachsen kann, dessen

bezifferte Geltendmachung mittels der begehrten Auskunft

vorbereitet werden soll. Denn jedenfalls unter dem Gesichtspunkt

der Marktverwirrung ist eine Schadensentstehung auch dann möglich,

wenn im übrigen der Klägerin wegen des Umstands, daß die

abnehmbaren Kühlerfiguren unter Verwendung ihrer Originalteile

hergestellt sind, keine Umsatzeinbuße bzgl. ihrer eigenen

Kühlerfiguren droht.

II.

Das Schadensersatzfeststellungsbegehren ist gemäß §§ 4, 14 Abs.

2 Nr. 1 und Abs. 6, 152, 153 Abs. 1 MarkenG i. V. mit den §§ 14, 24

Abs. 2 WZG, 242 BGB zulässig und begründet. Zur Vermeidung von

Wiederholungen nimmt der Senat auch insoweit Bezug auf die

überzeugenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen

Urteil erster Instanz (§ 543 Abs. 1 ZPO).

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre

Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 1O, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert

sich am Wert des Unterliegens des Beklagten im vorliegenden

Rechtsstreit.

- 2 -






OLG Köln:
Urteil v. 11.04.1997
Az: 6 U 193/96


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