Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 110/03

(BPatG: Beschluss v. 11.05.2005, Az.: 32 W (pat) 110/03)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 17. Juli 2001 und vom 20. Januar 2003 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung für die "Dienstleistungen eines Verlegers, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen, insbesondere Musikwerken; Betrieb einer Künstleragentur, Musikdarbietungen" versagt worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 11. März 2000 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 15, 16, 35, 41 und 42 angemeldete Wortmarke Web Scouthat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit einem ersten Beschluss vom 17. Juli 2001 teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"elektrische und elektronische Geräte soweit in Klasse 9 enthalten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten oder anderer Datenträger, auch bespielt; Computer-Software, soweit in Klasse 9 enthalten; magnetische und optische Datenträger, auch bespielt; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerzeugnisse; Telefonantwortdienste; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren Abrechnung (Online-Shopping) im Computer-Netzwerken und/oder mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb einer Informations-, Beschwerde- und Notfall-Hotline; Dienstleistungen eines Verlegers, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen, insbesondere Musikwerken; Betrieb einer Künstleragentur; Musikdarbietungen"

von der Eintragung zurückgewiesen, weil dieser Bezeichnung für die betreffenden Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle und ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber bestehe. Die Erinnerung des Anmelders hat die Markenstelle durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 20. Januar 2003 zurückgewiesen. Der Anmeldung fehle die erforderliche Unterscheidungskraft. Der Begriff Web Scout werde vom Verkehr dahingehend verstanden, dass es sich um Mittel handele, die helfen, im Internet zu suchen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die nicht begründete Beschwerde des Anmelders.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, aber nur im Umfang der in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen begründet; im übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.

1. Für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer die Markenstelle die angemeldete Bezeichnung zurückgewiesen hat (d.h. der im Tenor nicht genannten Waren und Dienstleistungen), fehlt es der Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein, (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Nr 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Die angemeldete Marke ist aus den englischen Wörtern "Web" und "Scout" zusammengesetzt. Web ist als gängige Abkürzung für "World Wide Web" in die deutsche Sprache eingegangen. Auch der Ausdruck "Scout" wird im Inland regelmäßig im Sinne von Pfadfinder, Aufklärer verwendet. Hinsichtlich der von der Markenstelle versagten und im Tenor nicht genannten Waren und Dienstleistungen wird der Verkehr den Begriff "Web Scout" in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen, nämlich, dass es sich um ein Mittel handelt, das bei der Suche im Internet behilflich ist. In diesem Sinn wird Web Scout im Inland auch von verschiedenen Mitbewerbern des Anmelders bereits verwendet, wie den dem Zweitbeschluss beigefügten Internetausdrucken vom 17. Dezember 2002 zu entnehmen ist. Für die weiterhin zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wird der Verkehr die angemeldete Marke als eine im Vordergrund des Verständnisses stehende beschreibende Angabe ansehen. Für sämtliche Waren und für jene Dienstleistungen, die mit Computern und deren Anwendung, EDV, Internet, Aufnahmegeräten usw. in Verbindung stehen, ergibt sich ein produkt- und dienstleistungsbezogener Sinngehalt, nämlich, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als Hilfsmittel dazu dienen, sich im Web zurechtzufinden bzw. die genannten Dienstleistungen mittels eines Web Scouts zu erbringen. Die Druckerzeugnisse können z.B. dazu anleiten und schulen, wie man einen Web Scout richtig benutzt. Die Datenträger können hierzu Informationen liefern.

2. Eine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit ist aber für die in der Beschlussformel genannten "Dienstleistungen eines Verlegers, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereieerzeugnissen, insbesondere Musikwerken; Betrieb einer Künstleragentur; Musikdarbietungen" geboten. Bei einer Verwendung der angemeldeten Marke für diese Dienstleistungen steht für den angesprochenen Verkehr kein unmittelbar dienstleistungsbezogenes Verständnis im Vordergrund. Es mag zwar sein, dass man mit einem Web Scout auch die für eine Vermittlung von Künstlern erforderlichen Informationen aus dem Internet erhält, wie die Markenstelle im Zweitbeschluss ausgeführt hat. Aus dieser Möglichkeit läßt sich jedoch kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt von Web Scout für die Dienstleistung "Betrieb einer Künstleragentur" begründen, da Web Scout mit dieser Begründung ansonsten für alle denkbaren Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt wäre, weil man im Internet heute zu jeder denkbaren Ware oder Dienstleistung Informationen erhält. Web Scout stellt insoweit auch keine unmißverständliche Merkmalsbezeichnung der vorgenannten Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

Viereck Dr. Albrecht Kruppa Hu






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Beschluss v. 11.05.2005
Az: 32 W (pat) 110/03


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