Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 2. November 2006
Aktenzeichen: 1 K 4871/05

(VG Köln: Urteil v. 02.11.2006, Az.: 1 K 4871/05)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin bietet auf dem Telekommunikationsmarkt Mobilfunkdienstleistungen an, ohne über eine eigene Netzinfrastruktur zu verfügen. Vielmehr kauft sie Vorleistungen u.a. von der Beigeladenen auf der Grundlage eines sog. Service Provider Vertrags ein, um ihrerseits Mobilfunkleistungen der Beigeladenen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung anbieten zu können. Die Beigeladene betreibt ihr Mobilfunknetz u.a. auf der Grundlage einer ihr nach § 2 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (FAG) erteilten GSM-Lizenz. Diese enthält Regelungen über die Zulassung, Auswahl und Nichtdiskriminierung von Diensteanbietern und den Vertrieb durch einen eigenen Diensteanbieter der Lizenznehmerin, als welcher zunächst ausschließlich die F. GmbH & Co. KG fungierte, an der die Beigeladene zu 100 % beteiligt ist. Die entsprechenden Regelungen lauten:

Ziffer 17.1:

"Der Lizenznehmer ist verpflichtet, geeignete Dienstanbieter zuzulassen. Die Diensteanbieter haben unter Beachtung des ausschließlichen Rechts des Bundes (...) das Recht, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Mobilfunkdienste des Lizenznehmers zu entwickeln und ihren Teilnehmern anzubieten."

Ziffer 17.2:

"Der Lizenznehmer verpflichtet sich, die Auswahl und Zulassung der Diensteanbieter nach sachlichen Kriterien unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen, sie weder exklusiv noch unverhältnismäßig lange an sich zu binden, noch sonst hinsichtlich ihrer eigenen Preis- und Konditionengestaltung oder hinsichtlich anderer Betätigungsfelder einzuschränken."

Ziffer 17.6:

"Der Lizenznehmer darf die Diensteanbieter nicht schlechter stellen als den eigenen Vertrieb und darf nicht zwischen den Diensteanbietern diskriminieren. Dies gilt insbesondere für Konditionen und Verrechnungspreise der Leistungen des Netzbetriebs (...)"

Ziffer 18.1:

"Sofern der Lizenznehmer den Mobilfunkdienst nicht selbst, sondern über eine eigene, rechtlich selbstständige Gesellschaft (eigener Diensteanbieter) vertreibt, hat er die Einhaltung der Bestimmungen der Lizenz sicherzustellen und haftet für deren Einhaltung. Die eigene Vertriebsgesellschaft muss eine 100 %ige Tochter des Lizenznehmers sein. Die Regelungen in Punkt 33.3 gelten entsprechend."

Ziffer 33.3:

"Eine Änderung in den Eigentumsverhältnissen des Lizenznehmers sowie Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291, 292 des Aktiengesetzes bedürfen der vorherigen Zustimmung des Lizenzgebers."

Die Beigeladene gründete im Mai 2005 zusammen mit dem Management der neuen Gesellschaft die T. GmbH, an der sie 90 % der Geschäftsanteile hält. Mit Pressemitteilung vom 30. Mai 2005 gab die T. GmbH bekannt, ab sofort als "neue Mobilfunkmarke" mit einem sog. "No-Frills"-Endkundenangebot an den Markt zu gehen. Hierbei handelte es sich um von ihr im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertriebene Mobilfunkdienstleistungen der Beigeladenen zu einfachen und preisgünstigen Konditionen. Grundlage dieses Endkundenangebots war ein zwischen der T. GmbH und der Beigeladenen abgeschlossener Vertrag ("Vereinbarung "No-Frills"). Die Klägerin, die erst durch die Pressemitteilung von dem Angebot erfahren hatte, forderte die Beigeladene noch am 30. Mai 2005 auf, ihr ebenfalls ein derartiges Vorleistungsangebot zu unterbreiten. Daraufhin teilte ihr die Beigeladene per Fax am 01. Juni 2005 mit, sie stehe einer Ausweitung dieser Angebote auch über ihre Partner offen gegenüber. Es müsse jedoch eine klare Abgrenzung zum Kerngeschäft erfolgen, weshalb die Vertragsbeziehung nur mit einer juristischen Person geschlossen werden könne. Am Folgetag übersandte sie der Klägerin einen konkreten Entwurf einer "Vereinbarung "No-Frills", in welchem als Vertragspartner ein von der Klägerin noch zu gründendes Unternehmen (N. GmbH) vorgesehen war. Dabei bekundete sie ihre Gesprächsbereitschaft; am 10. Juni 2005 kam es auch zu solchen Gesprächen. Am 15. Juni 2005 übersandte die Beigeladene ein an die Klägerin selbst (und nicht an die N. GmbH) gerichtetes weiteres Angebot.

Am 06. Juni 2005 wandte sich die Klägerin an die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (jetzt: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen - BNetzA -) und beantragte, im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 des Telekommunikationsgesetzes 2004 (TKG) tätig zu werden. Nach mehreren Modifikationen beantragte sie mit Schriftsatz vom 27. Juni 2006 u.a.,

"Die Antragsgegnerin nach § 133 TKG zu verpflichten,

1. es ab der Entscheidung der RegTP für 3 Monate, mindestens aber für 2 Monate zu unterlassen, Dritten, insbesondere der Firma T. GmbH, Düsseldorf, Einkaufsbedingungen gemäß der beigefügten Anlage Ast. 6. - "Vereinbarung "No-Frills" - oder ähnliche anzubieten, anbieten zu lassen und/oder zu gewähren und/oder gewähren zu lassen.

2.

3. es ab der Entscheidung der RegTP zu unterlassen, Dritten, insbesondere der Firma T. GmbH, Düsseldorf, Einkaufsbedingungen gemäß der umseitigen Anlage Ast. 6 oder ähnliche anzubieten, anbieten zu lassen und/oder zu gewähren und/oder gewähren zu lassen, wenn die Antragsgegnerin nicht gleichzeitig der Antragstellerin identische Einkaufsbedingungen gewährt.

4.

5. Der Antragsgegnerin wird untersagt, ihren Mobilfunkdienst nach Ziff. 1 der E1-Lizenz vom 04. Mai 1993 über eine rechtlich selbstständige Gesellschaft (wie z.B. der T. GmbH, Amtsgericht Düsseldorf HRB 00000) mit Ausnahme der F. GmbH & Co. KG zu vertreiben."

6.

Die BNetzA lehnte die Anträge durch Bescheid vom 12. Juli 2005 ab.

Zwar sei das Verfahren nach § 133 TKG einschlägig. Jedoch seien die Anträge ohne Erfolg. Die Anträge zu 1. und 2. seien zulässig, soweit eine Verletzung von Ziff. 17 der E1-Lizenz gerügt werde; im Übrigen seien sie unzulässig. Soweit die Klägerin sich auf eine Verletzung vertraglicher Pflichten aus dem Service Provider Vertrag stütze, handele es sich nicht um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem TKG, sondern um eine solche in Bezug auf Verpflichtungen aus Privatrecht. Die in diesem Vertrag geregelten Pflichten der Beigeladenen sei diese nicht aufgrund des TKG, sondern allenfalls aufgrund lizenzrechtlicher Verpflichtungen eingegangen, die ihr ihrerseits aufgrund eines Gesetzes auferlegt worden seien. Soweit es um eine Verletzung der lizenzrechtlichen Nichtdiskriminierungspflicht gehe, handele es sich hingegen um Streitigkeiten über Verpflichtungen "aufgrund dieses Gesetzes" im Sinne des § 133 TKG, da die lizenzrechtlichen Verpflichtungen gemäß § 150 Abs. 4 TKG fortgälten. Diese begründeten auch - soweit Ziff. 17 betroffen sei - ein subjektives Recht der Klägerin, dessen Vorliegen im Rahmen des Verfahrens nach § 133 TKG zu fordern sei. Die Zulässigkeit scheitere auch nicht am Vorrang anderer gesetzlicher Regelungen; insbesondere sei das Verfahren nach § 126 TKG nicht lex specialis zu § 133 TKG. Auch fehle es der Klägerin nicht am Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick darauf, dass zwischen ihr und der Beigeladenen nicht vorrangig kommerzielle Verhandlungen stattgefunden hätten. Anders als § 37 TKG(1996) oder § 25 TKG setze § 133 TKG seinem Wortlaut nach nicht das Scheitern von Verhandlungen der Streitparteien voraus. Der Antrag zu 1. sei auch in der Sache unbegründet, da eine konkrete Begehungsgefahr insoweit nicht ersichtlich sei. Es sei fernliegend, dass die Beigeladene künftig Dritten, nicht aber der Klägerin, Einkaufsbedingungen gemäß der "No-Frills"-Vereinbarung oder ähnliche anbieten werde. Auch soweit der Antrag auf eine Sperrfrist abziele, sei er unbegründet, weil die Beigeladene nicht gegen ihre Nichtdiskriminierungspflicht verstoßen habe. In sachlich gerechtfertigten Fällen dürfe die Beigeladene Unterscheidungen vornehmen, was auch Ungleichbehandlungen in zeitlicher Hinsicht durch Bevorzugung des eigenen Vertriebs oder eines konzernverbundenen Diensteanbieters umschließe. Würde die Beigeladene verpflichtet, innovative Produkte - d.h. mehr als bloße neue Tarifmodelle - erst dann zu vermarkten, wenn alle Diensteanbieter in der Lage seien, ein solches Produkt auf Basis ihrer Vorleistungen ebenfalls zu vermarkten, würde ihr jeglicher Anreiz zur Entwicklung innovativer Produkte - wie des "No-Frills"-Angebotes - genommen, weil diese sich nicht mehr angemessen auszahlten. Dies würde letztlich zu einer Verringerung des Wettbewerbs führen. Auch in zeitlicher Hinsicht sei der Wettbewerbsvorsprung von maximal 4 Monaten, den sich die Beigeladene gesichert habe, nicht zu beanstanden. Der Antrag zu 2. sei jedenfalls deshalb unbegründet, weil der Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung der Beschlusskammer ein Angebot der Beigeladenen vorliege, mit welchem der Klägerin identische Einkaufsbedingungen wie der T. GmbH gewährt würden. Damit drohe eine fehlende Gleichzeitigkeit des Angebots bzw. der Gewährung der Bedingungen nicht. Der Antrag zu 3. sei unzulässig, weil Ziff. 18.1 der E1-Lizenz der Klägerin offensichtlich kein subjektives Recht einräume, sondern lediglich eine objektiv- rechtliche Verpflichtung formuliere, die lediglich der Erleichterung der Feststellung möglicher Wettbewerbsstörungen auf der Diensteanbieterebene diene. In welcher Rechtsform und mit welchem Beteiligungsgrad die Beigeladene den Vertrieb ihrer Mobilfunkdienste organisiere, berühre den Rechtskreis der Klägerin in keiner Weise. Soweit ihre Wettbewerbschancen durch das neue Geschäftsmodell beeinträchtigt würden, resultiere dies nicht daraus, dass die Beigeladene ihre "No-Frills"-Angebote über die T. GmbH statt über sich selbst oder die F. GmbH & Co. KG vertreibe, sondern daraus, dass diese Produkte überhaupt und unter bestimmten zeitlichen Umständen angeboten würden. Dies gelte auch in Ansehung der von der Beigeladenen verfolgten "Mehrmarkenstrategie". Im Übrigen liege ein Verstoß gegen Ziff. 18.1 der Lizenz aber auch nicht vor.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. August 2005 Klage erhoben. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag sei zulässig; insbesondere liege ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Form der Wiederholungsgefahr vor. Die Beigeladene habe bereits ein neues Produkt "Base" auf den Markt gebracht, eine Art Flatrate für das Handy. Ferner ergebe sich das notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch aus einer möglichen präjudiziellen Wirkung für eine mögliche Schadensersatzklage der Klägerin gegen die Beigeladene. Sie habe mit dem Streitbeilegungsverfahren nicht die Verletzung vertraglicher Rechte gerügt. Vielmehr müssten die Nichtdiskriminierungspflichten der Beigeladenen aus der E1-Lizenz im Lichte des Service Provider Vertrags ausgelegt werden. Entgegen der Ansicht der BNetzA sei auch Ziff. 18 der E1-Lizenz, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Diensteanbieterverpflichtung stehe, im Wege des Verfahrens nach § 133 TKG durchsetzbar. Die Regelung solle - neben dem Wettbewerb und dem Verbraucher - auch die Diensteanbieter davor schützen, dass der Netzbetreiber beliebig viele Marken gründen und führen könne. Sowohl Ziff. 17 als auch Ziff. 18 der Lizenz vermittelten damit Drittschutz. In der Sache gebe es keine Möglichkeit einer Rechtfertigung einer Diskriminierung durch einen sachlichen Grund; eine solche sähe Ziff. 17.6 der E1-Lizenz - anders als etwa §§ 19, 20 GWB, §§ 33 Abs. 1, 24 Abs. 2 TKG(1996), §§ 42 Abs. 1, 28 Abs. 1 TKG - nicht vor. Im Übrigen liege auch bei "No-Frills" keine Produkt-Innovation - wie von der BNetzA als sachlicher Grund herangezogen - vor. Es handele sich vielmehr bestenfalls um einen neuen Tarif. Im europäischen Ausland gebe es zudem seit Jahren vergleichbare Tarife. Selbst wenn man den "No-Frills"-Tarif als Innovation betrachte, bestehe kein schützenswerter vorstoßender Wettbewerb. So habe die Beigeladene schon nicht geltend gemacht, Entwicklungskosten gehabt zu haben, die durch einen zeitlichen Wettbewerbsvorsprung kompensiert werden müssten. Jedenfalls müsse eine Abwägung zu Lasten der Beigeladenen ausgehen. Die Diensteanbieterverpflichtung einschließlich der lizenzrechtlichen Nichtdiskriminierungspflicht sei auch gemeinschaftsrechtskonform. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach Bedingung 7 des Teils B des Anhangs der Genehmigungsrichtlinie (Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. EG NR. L 108, S. 21 - GRL -) lägen vor. Außerdem genössen die Diensteanbieter Vertrauensschutz, der durch das EU-Recht nicht beseitigt werden könne. Der Vertrieb von "No-Frills" über die 90%ige Tochter der Beigeladenen T. GmbH sei rechtswidrig; Ziff. 18 der E1-Lizenz erlaube lediglich die Existenz einer Vertriebsgesellschaft, die zudem eine 100%ige Tochter der Beigeladenen als Lizenznehmerin sein müsse.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass die durch den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 12. Juli 2005 erfolgte Ablehnung des Antrages zu Ziff. 1 der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 27. Juni 2005 in der folgenden Fassung:

2.

"Die Beigeladene wird verpflichtet, es ab der Entscheidung der Beklagten für drei Monate zu unterlassen, der Firma T. GmbH (Amtsgericht Düsseldorf HRB 00000) Einkaufsbedingungen gemäß der der Antragsschrift der Klägerin vom 07. Juni 2005 beigefügten Anlage Ast. 6 oder ähnliche anzubieten, anbieten zu lassen und/oder zu gewähren und/oder gewähren zu lassen."

rechtswidrig gewesen ist,

2a) die Beklagte unter Aufhebung ihrer ablehnenden Entscheidung im vorgenannten Bescheid zu verpflichten, der Beigeladenen zu untersagen, sich selbst, selbständigen Firmen, an der die Beigeladene gesellschaftsrechtlich beteiligt ist (wie etwa der T. GmbH, Amtsgericht Düsseldorf HRB 00000), und sonstigen Dritten Einkaufsbedingungen und Konditionen anzubieten, anbieten zu lassen und/oder zu gewähren und/oder gewähren zu lassen, wenn die Beigeladene nicht gleichzeitig der Klägerin in jedem Einzelfall (d.h. ohne die Möglichkeit einer sachlichen Rechtfertigung) identische Einkaufsbedingungen gewährt,

2b) hilfsweise, für den Fall, dass die begehrte Verpflichtung nach Ziff. 2a) nicht ausgesprochen wird,

die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung im vorgenannten Bescheid zu verpflichten, der Beigeladenen zu untersagen, sich selbst, selbständigen Firmen, an der die Beigeladene gesellschaftsrechtlich beteiligt ist (wie etwa der T. GmbH, Amtsgericht Düsseldorf HRB 00000), und sonstigen Dritten Einkaufsbedingungen und Konditionen anzubieten, anbieten zu lassen und/oder zu gewähren und/oder gewähren zu lassen, wenn die Beigeladene nicht gleichzeitig der Klägerin identische Einkaufsbedingungen gewährt, es sei denn, eine zeitliche Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber dem eigenen Vertrieb oder einer Tochtergesellschaft der Beigeladenen ist durch eine technische Innovation der Beigeladenen, die über den jeweiligen Stand der Technik hinausgeht, sachlich gerechtfertigt,

2c) äußerst hilfsweise, für den Fall, dass den Anträgen nach Ziff. 2a) und Ziff 2b) nicht stattgegeben wird:

die Beklagte unter Aufhebung ihrer ablehnenden Entscheidung im vorgenannten Bescheid zu verpflichten, der Beigeladenen zu untersagen, Dritten, insbesondere der Firma T. GmbH, Düsseldorf, Einkaufsbedingungen gemäß der im Verwaltungsverfahren von der Klägerin beigefügten Anlage Ast 6 oder ähnliche anzubieten, anbieten zu lassen und/oder zu gewähren und/oder gewähren zu lassen, wenn die Beigeladene nicht gleichzeitig der Klägerin identische Einkaufsbedingungen gewährt,

3. die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung im vorgenannten Bescheid zu verpflichten, der Beigeladenen zu untersagen, ihren Mobilfunkdienst gem. Ziff. 1 der E1-Lizenz vom 04. Mai 1993 über eine rechtlich selbständige Gesellschaft, an der sie gesellschaftsrechtlich beteiligt ist (wie etwa der T. GmbH, Amtsgericht Düsseldorf HRB 00000) mit Ausnahme der F. GmbH & Co.KG (Potsdam), zu vertreiben.

4.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass sie inzwischen an ihrer Auffassung hinsichtlich des Übergangs lizenzrechtlicher Diskriminierungsverbote nach § 150 TKG nicht mehr festhalte und eine Durchsetzung dieser Verpflichtungen über § 126 TKG bzw. § 133 TKG nicht mehr für möglich halte. Die lizenzrechtliche Diensteanbieterverpflichtung sei keine Verpflichtung aus dem TKG oder auf Grund desselben. Grundlage seien vielmehr die erteilten Lizenzen. Etwas anderes folge auch nicht aus § 150 Abs. 4 TKG; diese Bestimmung regele nicht konstitutiv die Fortgeltung der Verpflichtungen aus den Lizenzen, sondern stelle deren Fortgeltung nur klar. Im Übrigen weise § 150 Abs. 4 Satz 2 TKG nur auf die Zulassungsverpflichtung, nicht aber das Diskriminierungsverbot hin. Diese Auslegung sei auch mit Art. 20 der Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. EG Nr. L 108, S. 33 - RRL - ) vereinbar, demzufolge das Streitbeilegungsverfahren bei Streitigkeiten im Hinblick auf Verpflichtungen aus der RRL oder Einzelrichtlinien bestehe. Die Diensteanbieterverpflichtung resultiere aber nicht aus dem Richtlinienpaket. Hinsichtlich des gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrages sei bereits das Vorliegen einer konkreten Wiederholungsgefahr in vergleichbaren künftigen Fällen zweifelhaft. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Insofern verweist sie im Wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Das mit dem Klageantrag zu 3. verfolgte Ziel könne nicht Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 TKG sein. Insoweit stehe die Frage einer möglichen Verletzung vertraglicher Pflichten aus dem zwischen Klägerin und Beigeladener geschlossenen Provider-Vertrag in Rede. Zudem sei kein materieller Verstoß gegen Ziff. 18.1 der Lizenz ersichtlich. Die Regelung enthalte keine Aussage über die Anzahl der Diensteanbieter, die vom Lizenznehmer gegründet und in Anspruch genommen werden dürften. Der von Ziff. 18.1 der Lizenz verfolgte Zweck der Herbeiführung einer strukturellen Separierung zwischen Netz- und Vertriebsgesellschaft könne mit einer Ausgliederung aus der Netzgesellschaft am besten erreicht werden, wenn diese Ausgliederung 100% betrage. Im gleichen Umfange werde ihm aber Rechnung getragen, wenn die vollständige Ausgliederung dadurch erfolge, dass die Vertriebsgesellschaft neben den Anteilen der Muttergesellschaft noch weitere Gesellschafter habe.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Klageantrag zu 1. sei wegen fehlenden Fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig; weder bestehe eine Wiederholungsgefahr noch ergebe sich ein solches aus einem beabsichtigten Schadensersatzprozess. Er sei auch in der Sache unbegründet, weil zum einen schon das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG nicht einschlägig sei und zum anderen aus der E1-Lizenz keine Nichtdiskriminierungspflicht der Beigeladenen folge. Jedenfalls habe sie aber auch nicht gegen eine solche verstoßen. Die ihr durch Ziff. 17.6 der E1-Lizenz auferlegte Nichtdiskriminierungspflicht gelte aufgrund des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht fort. Eine solche Verpflichtung könne nach der Zugangsrichtlinie (Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, ABl. EG Nr. L 108, S. 7 - ZRL -) nur marktmächtigen Unternehmen - als solches sei sie auf dem relevanten Markt 15 noch nicht eingestuft worden - auferlegt werden. Die Fortgeltung von Ziff. 17.6 der E1-Lizenz ergebe sich auch nicht aus § 150 Abs. 4 TKG, der anderenfalls einen gemeinschaftsrechtswidrigen Inhalt hätte. Ebenso wenig lasse sich die Fortgeltung mit Blick auf Bedingung 7 in Teil B des Anhangs der GRL i.V.m. deren Art. 6 Abs. 1 rechtfertigen, da deren Voraussetzungen nicht vorlägen; insbesondere handele es sich bei der Nichtdiskriminierungspflicht nicht um eine solche, die im Rahmen des Auswahlverfahrens von der Beigeladenen eingegangen, sondern um eine Pflicht, die ihr als Lizenznehmerin auferlegt worden sei. Selbst wenn das Nicht- diskriminierungsgebot fortgelten sollte, bestehe die Möglichkeit einer Rechtfertigung durch sachliche Gründe, welche vorliegend darin zu erblicken seien, dass es sich bei "No-Frills" um eine Innovation gehandelt habe. Die Klageanträge zu 2. seien mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig und im Übrigen aus den obigen Erwägungen heraus auch unbegründet. Hinsichtlich der Anträge zu 2a) und 2b) habe die Klägerin vor Klageerhebung keinen entsprechenden Antrag im Verwaltungsverfahren gestellt; vielmehr habe sie den Streitgegenstand in drei Punkten abgeändert. Der Klageantrag zu 3. sei unbegründet, weil der Klägerin zum einen insoweit die Antragsbefugnis fehle. Ziff. 18.1 der E1-Lizenz sei nämlich nicht drittschützend. Zum anderen liege auch kein Verstoß gegen diese Regelung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bundesnetzagentur verwiesen.

Gründe

Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.

Der Klageantrag zu 1. ist wegen fehlenden Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig.

Im für Zulässigkeitsfragen maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 30. April 1999 - 1 B 36.99 - , Buchholz 310 § 113 Abs.1 VwGO Nr. 6,

ist das gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderliche berechtigte Feststellungsinteresse, das substantiiert dargelegt werden muss, nicht gegeben.

Die Annahme einer insoweit zunächst in Betracht zu ziehenden Wiederholungsgefahr setzte die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass die Behörde in naher Zukunft eine gleichartige Verwaltungsentscheidung träfe. Dazu müssten die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts vorliegen, wobei allerdings nicht der Nachweis erforderlich wäre, dass dem zukünftigen behördlichen Vorgehen in allen Einzelheiten die gleichen Umstände zugrunde liegen, wie vor Erledigung des Verwaltungsakts.

BVerwG, Beschluss vom 24. August 1979 - 1 B 76.76 -, Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 16; Urteil vom 24. Februar 1983 - 3 C 56/80 - , Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 129; Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 1 B 37/99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 7.

Ausgehend davon ist im vorliegenden Falle eine Wiederholungsgefahr zu verneinen. Dass bei künftigen von der BNetzA aus Anlass von Streitbeilegungsverfahren zu beurteilenden Sachverhalten im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen Verhältnisse wie im Juli 2005 herrschen sollen, ist nicht anzunehmen. Der im Verwaltungsverfahren gestellte Antrag zu 1. war auf die Vereinbarung "No-Frills" zugeschnitten. Dass eine vergleichbare Konstellation für den Übergangszeitraum bis zum Ergehen einer Regulierungsverfügung nochmals im Raum stehen wird, ist nicht konkret absehbar.

Ebenso wenig ergibt sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus einer geplanten Schadensersatzklage der Klägerin.

Im Hinblick hierauf wäre ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist,

vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 113 Rdn. 95; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordhrein- Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 23. Januar 2003 - 13 A 4859/00 -, jeweils m.w.N..

Diesen Anforderungen genügt der vage Verweis der Klägerin auf eine mögliche Schadensersatzklage gegen die Beigeladene nicht.

Die Klageanträge zu 2a) und 2b) auf Erlass einer Untersagungsverfügung sind ebenfalls unzulässig. Die Klägerin hat nämlich im Verwaltungsverfahren keinen diesen Klageanträgen entsprechenden Antrag an die BNetzA gestellt, auch nicht konkludent. Das nunmehr mit den genannten Klageanträgen verfolgte Ziel einer Untersagungsverfügung, die sich generell auf Einkaufsbedingungen bzw. Konditionen beziehen soll, ist ein - zudem weitergehendes - aliud gegenüber der im Verwaltungsverfahren mit dem Antrag zu 2. begehrten Unterlassungsverfügung nur bezüglich Einkaufsbedingungen "gemäß der Vereinbarung "No-Frills" oder ähnliche". Im Übrigen verfolgte die Klägerin im Verwaltungsverfahren - anders als nunmehr im Klageverfahren - auch noch keine Untersagung hinsichtlich von Angeboten der Beigeladenen an sich selbst. Nicht nachholbare Zugangsvoraussetzung für die hier erhobene Verpflichtungsklage ist aber eine Antragstellung an die Behörde vor Klageerhebung, wie sich aus § 68 Abs. 2, § 75 VwGO ergibt. Dies gilt auch, wenn die Behörde an sich von Amts wegen tätig werden muss. Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen,

vgl. Funke-Kaiser in: Bader/Funke- Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 3. Auflage, § 75 Rdn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 75 Rdn. 7.

Auch der Klageantrag zu 2c) bleibt ohne Erfolg. Dieser - erst mit einem am 10. Oktober 2006 eingegangenen Schriftsatz gestellte - Antrag, der ursprünglich Antrag zu 2. im Verwaltungsverfahren war, ist zwar - zumindest teilweise - zulässig und nicht etwa bereits bestandskräftig abgelehnt worden. Denn dass die Klägerin sich auch insoweit gegen die Ablehnung wehren wollte, kommt in den unzulässigen Klageanträgen zu 2a) und 2b) hinreichend zum Ausdruck.

Ohne Erfolg bleibt der Klageantrag zu 2c) jedoch zunächst insoweit, als es der Klägerin um die Gewährung der konkreten "No-Frills"-Einkaufsbedingungen geht. Denn diese hat die Beigeladene ihr zum einen spätestens am 15. Juni 2005 - wenn auch später als der T. GmbH - angeboten. Insofern ist Erledigung eingetreten. Zum anderen ist eine Untersagungsverfügung, wie sie die Klägerin begehrt, ihrer Natur nach in die Zukunft gerichtet und nicht dazu angetan, einen in der Vergangenheit liegenden - möglichen - Verstoß zu ahnden.

Der Antrag bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als er sich auf der "No-Frills"- Vereinbarung ähnliche Einkaufsbedingungen bezieht.

Zwar handelt es sich beim Streitbeilegungsverfahren gemäß § 133 TKG um die statthafte Verfahrensart. Nach dieser Vorschrift trifft die Beschlusskammer - soweit dies gesetzlich nicht anders geregelt ist - auf Antrag eine verbindliche Entscheidung, wenn sich im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes Streitigkeiten zwischen Telekommunikationsunternehmen ergeben. Zunächst handelt es sich vorliegend um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem TKG, auch wenn sich die Resale-Verpflichtung bzw. die Nichtdiskriminierungspflicht vordergründig nur aus der Lizenz zu ergeben scheint. Denn § 150 Abs. 4 Satz 1 TKG ordnet die Fortgeltung der mit aufgrund von Auswahlverfahren vergebenen Frequenznutzungs- und Lizenzrechten eingegangenen Verpflichtungen an. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies insbesondere auch für die im Zeitpunkt der Erteilung der Mobilfunklizenzen geltende Verpflichtung, Diensteanbieter zuzulassen. Damit mag die Resale-Verpflichtung zwar in ihrer Entstehung möglicherweise noch nicht, jedenfalls aber in ihrem Fortbestand aus dem TKG, dessen Teil § 150 Abs. 4 ist, resultieren. Dafür, dass die Mobilfunklizenzen einschließlich ihrer Nebenbestimmungen dem Geltungsbereich des TKG unterfallen, spricht auch der Umstand, dass § 97 Abs. 5 Satz 1 TKG(1996) die Wirksamkeit der Verleihungen nach § 2 Abs. 1 FAG anordnete.

§ 150 Abs. 4 TKG ist auch nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Zwar bringen gemäß Art. 17 Abs. 1 GRL die Mitgliedsstaaten die Genehmigungen, die am Tag des Inkrafttretens der Richtlinie bereits gültig sind, mit den Bestimmungen dieser Richtlinie in Einklang, weshalb Lizenzbestimmungen, welche mit den Vorgaben der neuen GRL unvereinbar sind, angepasst werden müssen. Indes liegt eine solche Unvereinbarkeit im vorliegenden Kontext nicht vor. Eine Unvereinbarkeit der Diensteanbieterverpflichtung nebst Diskriminierungsverbot ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 8 ZRL i.V.m. deren Art. 12 Abs. 1 Satz 2, lit. d), denen zufolge die Auferlegung der Verpflichtung, bestimmte Dienste zu Großhandelsbedingungen zwecks Weitervertrieb durch Dritte anzubieten, an die - bei der Beigeladenen bis dato nicht erfolgte - Einstufung als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht gebunden ist. Denn dies gilt gemäß Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich ZRL nur "unbeschadet der Bedingung 7 in Teil B des Anhangs der GRL, die gemäß Art. 6 Abs. 1 jener Richtlinie angewandt wird". Diese Bedingung 7, die ausweislich der Überschrift an Frequenznutzungsrechte geknüpft werden kann, lautet:

"Verpflichtungen, die das Unternehmen, das die Nutzungsrechte erwirbt, im Laufe eines auf Wettbewerb oder auf Vergleich beruhenden Auswahlverfahrens eingegangen ist",

(bzw. in der englischen ("commitments ...made") und französischen ("engagements pris") Textversion).

Dies trifft auf die Beigeladene zu, die im Wettbewerb um die Vergabe der E1- Lizenz auf die bereits in den Ausschreibungsunterlagen vom 12. Juni 1992 unter Ziff. 17 der Musterlizenz enthaltene, allerdings von der Lizenzgeberin vorgegebene Diensteanbieterverpflichtung - durch freiwilliges Mitbieten - "eingegangen" im Sinne der Vorschrift ist. An dieser Sichtweise ändert auch der weitere Umstand, dass die Diensteanbieter- verpflichtung nebst Diskriminierungsverbot nicht unmittelbar der Frequenzzuteilung, sondern der GSM-Lizenz, die selbst noch keine Frequenzzuteilung enthielt, beigefügt worden ist, nichts. Das Gemeinschaftsrecht differenziert(F. ) nicht - wie das alte nationale Recht - zwischen Lizenzerteilung und Frequenzzuteilung. Insoweit ist die Verbindung der Resale-Verpflichtung mit der Lizenz und nicht unmittelbar mit der Frequenzzuteilung als nationale Besonderheit der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens und diese dennoch im Sinne des Gemeinschaftsrechts als Bedingung, die an ein Frequenznutzungsrecht geknüpft wurde, anzusehen,

in diesem Sinne auch: Koenig/Koch, MMR 2002, 439 ff; a.A.: v.Fragstein/Rädler, MMR aktuell 8/2002, XXIV f..

Dies gilt zumal die E1-Lizenz in Ziffern 25 bis 29 die Erteilung der nötigen Frequenzen bereits anspricht.

Des Weiteren ist das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG auch nicht gegenüber dem Verfahren nach § 126 TKG subsidiär,

so auch: Attendorn, MMR 2005, 732 ff.; wohl auch: Petersen, MMR 2006, 515 ff.

Zwar findet das Verfahren nach § 133 TKG nur statt, soweit dies gesetzlich nicht anders geregelt ist. Insoweit wäre daran zu denken, dass § 126 TKG die Vorschrift des § 133 TKG sperrt. Jedoch ist zum einen die Regelung des § 133 TKG bewusst weit angelegt,

vgl. Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz (BerlKommTKG) /Gurlit, § 133 Rdn. 5.

was gegen eine Auslegung, bei der für § 133 TKG nur noch wenige Anwendungsfälle verblieben, spricht. Zum anderen streitet gegen eine Subsidiarität des Verfahrens nach § 133 TKG gegenüber demjenigen nach § 126 TKG auch der Umstand, dass das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG - anders als dasjenige nach § 126 TKG (vgl. § 132 Abs. 1 TKG) - als Beschlusskammerverfahren und damit durch eine Befassung eines sachverständigen Gremiums mit der Streitmaterie sowie durch § 137 Abs. 2 TKG höherwertig ausgestaltet und eingestuft ist. Schließlich ergibt sich der Vorrang des Streitbeilegungsverfahrens gegenüber dem Verfahren nach § 126 TKG auch aus dem Verweis in § 133 Abs. 3 TKG auf § 126 TKG.

Des Weiteren liegt auch eine Streitigkeit im Sinne der Norm vor. Ungeachtet der Frage, welche Anforderungen generell an das Bestehen einer "Streitigkeit" im Sinne des § 133 TKG zu stellen sind, muss jedenfalls vorliegend, obwohl nicht zunächst Vertragsverhandlungen stattgefunden haben und gescheitert sind, eine Streitigkeit im Rechtssinne angenommen werden. Wie die Einlassungen der Beigeladenen belegen, beharrt diese auf einem zeitlichen Vorsprung bei der Einführung neuer Produkte. Insofern wären Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen hierüber von vornherein aussichtslos gewesen; das Bestehen hierauf wäre eine bloße Förmelei.

Jedoch hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erlass einer Untersagungsverfügung bezüglich der "No-Frills"-Vereinbarung ähnlicher Einkaufsbedingungen. Eine - insoweit allein in Rede stehende - Diskriminierung durch die zeitliche Bevorzugung der Vertriebstochter der Beigeladenen bei dem "No- Frills"-Produkt ähnlichen Vorleistungsprodukten ist sachlich gerechtfertigt.

Zwar kann sich die Klägerin grundsätzlich auf eine Verletzung der Nichtdiskriminierungspflicht aus Art. 17.6 der GSM-Lizenz berufen. Denn diese Lizenzbedingung räumt den Diensteanbietern unmittelbar Rechte ein und ist drittschützend.

Drittschützend ist eine Regelung dann, wenn sich - erstens - aus ihren individualisierenden Tatbestandsmerkmalen ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet, und - zweitens - sich im Wege der Auslegung ermitteln lässt, dass die Regelung unmittelbar auch den rechtlichen Interessen dieses Personenkreises zu dienen bestimmt ist und nicht nur tatsächlich, also reflexartig, seine Rechte berührt,

vgl. BVerwG Urteile vom 16. September 1993 - 4 C 28/91 -, BVerwGE 94, 151, 158 und vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8/01 -, NVwZ 2003, 605, 607.

Die Diensteanbieter, die in die Formulierung der Ziff. 17 eigens aufgenommen worden sind, bilden einen abgrenzbaren, individualisierten Personenkreis, dem in Ziff. 17.1 eigene Rechte (auf resale) eingeräumt werden. Damit steht der Klägerin ein - zur Vermeidung eines Ausuferns - auch für das Verfahren nach § 133 TKG zu forderndes subjektiv-öffentliches Recht zur Seite.

Indes scheidet die Annahme eines Verstoßes gegen die Nichtdiskriminierungspflicht vorliegend aus. Mit der BNetzA ist zunächst davon auszugehen, dass Ziff. 17.6 der E1-Lizenz keine uneingeschränkte, formale Gleichbehandlung erfordert, sondern es der Lizenznehmerin ermöglicht, in sachlich gerechtfertigten Fällen Ungleichbehandlungen vorzunehmen. Zuzugeben ist der Klägerin zwar, dass der Wortlaut der Lizenzbestimmung - anders als derjenige (auf § 4 TKV basierende) der UMTS- Lizenzen und der von der Klägerin zitierten gesetzlichen Bestimmungen - eine solche sachliche Rechtfertigung nicht ausdrücklich zulässt. Jedoch ist es bereits dem Wortsinn des "Diskriminierens" immanent, dass eine missbilligenswerte, willkürliche Ungleichbehandlung nur bei Fehlen eines sachlichen Grundes vorliegt. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht den Vorbehalt einer Rechtfertigung durch sachlichen Grund ausdrücklich nennt. Dennoch ist anerkannt, dass der Gleichheitssatz erst dann verletzt ist, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Insofern kann der Klageantrag zu 2c), der pauschal auf die gleichzeitige Gewährung identischer Einkaufsbedingungen abzielt, schon deshalb keinen Erfolg haben, weil eine so gefasste Untersagungsverfügung keinen Raum für die Möglichkeit sachlicher Rechtfertigung enthielte.

Auch soweit der konkreten "No-Frills"-Vereinbarung ähnliche Einkaufsbedingungen in Rede stehen, liegt ein Verstoß gegen die Nichtdiskriminierungspflicht durch die zeitliche Bevorzugung der Vertriebstochter der Beigeladenen nicht vor. Das Anliegen, sich selbst bzw. der eigenen Vertriebstochter einen zeitlichen Vorsprung nach Einführung einer Innovation zu sichern, stellt einen sachlichen Rechtfertigungsgrund dar. Wäre die Beigeladene gezwungen, innovative Vorleistungen erst dann zu vermarkten, wenn alle anderen Diensteanbieter dies ebenfalls könnten, würde ihr jeglicher Innovationsanreiz genommen. Dies aber wäre mit den gesetzgeberischen Wertungen unvereinbar: Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG ist die Unterstützung von Innovationen eines der Regulierungsziele. Entsprechend bestimmt § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG selbst hinsichtlich der marktmächtigen Betreiber, dass Investitionen für innovative Dienste bei der Frage der Auferlegung einer resale- Verpflichtung zu berücksichtigen sind.

Bei dem "No-Frills"-Produkt handelte es sich auch um eine Innovation; hinsichtlich ihm ähnlicher - in gleicher Weise innovativer - Produkte muss die Beigeladene der Klägerin wegen Vorliegens eines sachlichen Grundes keine identischen Einkaufsbedingungen gewähren. Hinsichtlich der Beurteilung der Frage des Vorliegens einer Innovation ist dabei - da der Vorleistungsmarkt in Rede steht - auf einen Vergleich der Vorleistungsprodukte, und zwar nur derjenigen der Beigeladenen, abzustellen. Damit ist unerheblich, ob auch das Endkundenprodukt "No-Frills" eine Innovation darstellte oder ob es in der Vergangenheit vergleichbare Endkundenprodukte gab. Hiernach stellte das "No-Frills"-Vorleistungsprodukt eine Innovation dar. Nach dem plausiblen und unwidersprochenen Vortrag der Beigeladenen ermöglichte dieses Produkt nämlich den Diensteanbietern erstmals den direkten Zugang zur Guthabenpflege des Endkunden. Erstmals konnte eine Gutschrift auf dem Prepaid- Konto unmittelbar durch den Diensteanbieter erfolgen. Damit wurden die Diensteanbieter erstmals in die Lage versetzt, ihre eigenen Cash Cards und Auflademechanismen zu konzipieren. Dabei bestand eine weitere Innovation darin, dass die Diensteanbieter zeitnah sämtliche Informationen über den Kontenverlauf ihrer Endkunden erhielten, womit sie u.a. einen eigenen Einzelverbindungsnachweis und ein eigenes Electronic Customer Care-Programm mit Online-Guthabenanzeige aufbauen konnten. Handelte es sich demnach bei dem "No-Frills"-Produkt um eine Innovation, muss die Beigeladene hinsichtlich ihm ähnlicher - in gleicher Weise innovativer - Produkte der Klägerin keine identischen Einkaufsbedingungen gewähren, da eine zeitliche Bevorzugung der konzernverbundenen Vertriebstochter sachlich gerechtfertigt ist.

Schließlich bleibt auch der Klageantrag zu 3. ohne Erfolg.

Ziff. 18.1 der E1-Lizenz, auf den sich die Klägerin insoweit beruft, begründet nicht den erforderlichen Drittschutz. Ziff. 18.1 der GSM-Lizenz führt vom Wortlaut her nicht die Wettbewerber oder (andere) Diensteanbieter auf. Auch aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich nicht zwingend, dass die Regelung nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch den Individualinteressen der Klägerin als Wettbewerberin dienen soll. Vielmehr stellt Ziff. 18.1 lediglich eine objektivrechtliche Verpflichtung dar, die der Behörde die Arbeit erleichtern soll, indem Netzbetrieb und Diensteangebot strukturell getrennt werden sollen, damit leichter Feststellungen und Vergleiche im Hinblick auf Konditionen getroffen werden können. Für die Auffassung der Klägerin, die bewusste Lizenzbestimmung solle auch die Diensteanbieter davor schützen, dass der Netzbetreiber beliebig viele Marken gründen könne, findet sich kein Anhalt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 S. 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.






VG Köln:
Urteil v. 02.11.2006
Az: 1 K 4871/05


Link zum Urteil:
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