Landesarbeitsgericht Nürnberg:
Beschluss vom 13. März 2008
Aktenzeichen: 6 Ta 57/08

(LAG Nürnberg: Beschluss v. 13.03.2008, Az.: 6 Ta 57/08)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 23.01.2008 - Az.: 1 Ca 1280/07 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 31.01.2008 teilweise abgeändert.

2. Der Streitwert wird auf € 6.300,- festgesetzt.

3. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

1. Die Beschwerde ist, soweit im Hinblick auf die teilweise Abhilfeentscheidung durch das Beschwerdegericht noch zu befinden ist, nur zum geringen Teil begründet. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Weiterbeschäftigungsantrages zu Unrecht nicht berücksichtigt. Allerdings hat es den Wert des Zeugniserteilungsanspruches als bei weitem zu hoch angesetzt. Es rechtfertigt sich € über den nicht angegriffenen Vergleichswert ist nicht zu befinden € unter Berücksichtigung des in der Abhilfeentscheidung zutreffend angesetzten Wertes für die Klage gegen die Kündigung einschließlich des wirtschaftlich identischen Fortbestehensantrages ein Streitwert in Höhe von 6.300,- €.

2. Die fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert angesichts dessen, dass die Klägervertreter statt des ursprünglich festgesetzten Streitwertes von 3.000,- € die Festsetzung von 7.500,- € beantragt haben, erreicht; insoweit kommt es auf das Verhältnis zur Ausgangsentscheidung an.

3. Hinsichtlich des Zeugniserteilungsanspruches hat das Arbeitsgericht sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen überschritten. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht nicht zwischen dem bloßen Zeugniserteilungsanspruch, über den in der Regel kein Streit zwischen den Parteien besteht und dessen Wert sich im Erhalt eines Titels erschöpft, und einem Zeugnisberichtigungsanspruch unterschieden. Dies ist jedoch erforderlich. Die bloße Erteilung des Arbeitszeugnisses sagt nichts über den Inhalt aus. Ist der Arbeitnehmer mit dem Inhalt des Zeugnisses nicht einverstanden, muss er einen gesonderten Berichtigungsanspruch geltend machen. Wäre die Auffassung des Arbeitsgerichts und etlicher anderer Gerichte richtig, müsste beim Streit über den Zeugnisinhalt derselbe Wert auch für diesen Berichtigungsanspruch € der doch auf dasselbe Arbeitszeugnis gerichtet ist € nochmals festgesetzt werden. Schon dies zeigt, dass Erteilung und Berichtigung nicht dasselbe sein können. Es erscheint daher als gerechtfertigt, den Wert des reinen Erteilungsanspruches, der an sich gar nicht streitig ist, so dass er sich auf das Titulierungsinteresse erstreckt, auf 300,- € zu beschränken (ähnlich LAG Köln vom 22.10.2007, 2 Ta 279/07; LAG Hamm vom 14.07.2007, 6 Ta 145/07; LAG Düsseldorf vom 06.07.2006, 6 Ta 371/06; LAG Sachsen-Anhalt vom 27.09.2005, 11 Ta 162/05; LAG Nürnberg vom 15.02.2005, 8 Ta 26/05; LAG Nürnberg vom 19.07.2004, 6 Ta 60/04; LAG Nürnberg vom 02.12.2003, 9 Ta 190/03, sämtlich zitiert nach juris; LAG Hamburg vom 12.01.1998, 4 Ta 28/97 LAGE § 3 ZPO Nr. 9; LAG Thüringen vom 14.11.2000, 8 Ta 134/00, MDR 2001, 538; LAG Hessen vom 09.07.2003, 15 Ta 123/03, LAGE § 10 BRAGO Nr. 15, jeweils mit weiteren Nachweisen; a.A. z.B. Wenzel in GK-ArbGG § 12 Rn. 352; auch Koch in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2008, § 12 ArbGG Rn. 33). Angemessen ist angesichts dessen, dass es vorliegend allein um das Titulierungsinteresse eines unstreitig bestehenden Anspruches ging, ein Wert von 300,- €.

44. Mit Recht rügen die Klägervertreter allerdings, dass das Arbeitsgericht auch im Nichtabhilfebeschluss den Wert des unechten Hilfsantrages auf Weiterbeschäftigung nicht mit einem zusätzlichen Monatsgehalt berücksichtigt hat. Die bis 30.06.2004 geltende Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 2 GKG, die bei Hilfsanträgen den Anfall von Gerichtsgebühren davon abhängig gemacht hat, dass eine Entscheidung über diese Hilfsanträge erging, war für die Berechnung der Anwaltsgebühren entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht anzuwenden. Nach § 8 Abs. 1 BRAGO in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung richtete sich der Wert der Anwaltsgebühren zwar nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Dies galt unabhängig davon, ob die Gerichtsgebühren letztlich erhoben wurden, etwa auch bei Klagerücknahme oder beim Vergleich. § 19 Abs. 1 S. 2 GKG ist dieser Situation einer Klagerücknahme oder eines Vergleichsabschlusses vergleichbar. Die Vorschrift privilegierte die Parteien deswegen, weil eine Gerichtsentscheidung über die Anträge nicht veranlasst war. Für die Berechnung der Anwaltsgebühren ist aber ähnlich wie bei Klagerücknahme oder Vergleich darauf abzustellen, ob ein gesonderter zusätzlicher Anspruch geltend gemacht war, für den € unabhängig davon, dass er letztlich wegen des Nichteintritts einer prozessualen Bedingung nicht zur Entscheidung durch das Gericht anstand € eine gesonderte Tätigkeit der Anwälte erforderlich war. Dies ist gerade bei unechten Hilfsanträgen aber der Fall. Die Anwälte sind in einem solchen Fall aber gehalten, €das Geschäft€ auch bezüglich dieser hilfsweise gestellten Anträge €zu besorgen€; sie haben den Prozess auch insoweit zu betreiben und dürfen nicht abwarten, ob zunächst eine Entscheidung über den unbedingt gestellten Antrag ergehen würde. Anders als bei echten Hilfsanträgen ist auch das wirtschaftliche Interesse der Klagepartei auf eine zusätzliche Leistung mit über den Hauptantrag hinausgehenden Wert gerichtet, so dass € wie bei echten Hilfsanträgen € eine Verrechnung wegen des schon im Hauptantrag enthaltenen wirtschaftlichen Interesses nicht in Betracht kommt. Dies hat es bezüglich der bis 30.06.2004 geltenden Rechtslage gerechtfertigt, auch die unechte Hilfsanträge betreffende anwaltliche Tätigkeit im Gerichtsverfahren gebührenmäßig zu berücksichtigen (so überzeugend ArbG Nürnberg vom 09.12.2003, 3 Ca 8930/02 A, bestätigt durch LAG Nürnberg vom 30.09.2004, 6 Ta 27/04, zitiert nach juris; auch LAG Köln vom 14.09.2001, 13 Ta 214/01; LAG Hamm vom 28.06.2002, 9 Ta 243/02; LAG Berlin vom 09.03.2004, 17 Ta 6010/04, NZA-RR 2004, 492; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl. 2004, § 19 GKG Rn. 33; a.A. etwa LAG Schleswig-Holstein vom 14.01.2003, 2 Ta 224/02; LAG Baden-Württemberg vom 10.11.2003, 3 Ta 153/03 und vom 04.02.2004, 3 Ta 7/04, zitiert nach juris). Diese Rechtslage hat sich seit 01.07.2004 materiell nicht geändert (vgl. § 45 GKG n.F., § 32 Abs. 1 RVG). Der nur für den Fall des Obsiegens im Hauptantrag gestellte uneigentliche oder unechte Hilfsantrag lässt sich der Bewertungsnorm des § 45 Abs. 1 S. 2 GKG im übrigen nicht zuordnen. Das mit diesem Antrag verfolgte Verfahrensziel unterscheidet sich grundlegend vom echten Hilfsantrag. Es soll nicht anstelle eines Hauptzieles ein Weniger begehrt werden, sondern bei Erfolg des Hauptzieles ein weiteres, von diesem Hauptziel abhängiges zusätzliches Ziel. Hieraus rechtfertigt sich eine Festsetzung des Wertes dieses weiteren Antrages zumindest für die Rechtsanwaltsgebühren auch dann, wenn eine gerichtliche Entscheidung hierüber nicht ergeht (so mit Recht Wenzel in GK-ArbGG, § 12 Rn. 185 f.; Vollstädt in Schwab/Weth, ArbGG, 2. Aufl. 2008, § 12 Rn. 150; a.A. etwa Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl. 2008, § 12 Rn. 118; Koch in Erfurter Kommentar, a.a.O., § 12 ArbGG, Rn. 17). Die Festsetzung des Antrages auf ein Monatsentgelt entspricht der zutreffend vom Kläger begehrten Höhe.

5. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts hält sich bei beiden Gegenständen nicht im Rahmen des dem Arbeitsgericht zustehenden Ermessens. Es geht sowohl bei der Frage der Berücksichtigung des unechten Hilfsantrages als auch bei der Frage des Zeugniserteilungsanspruches, bei dem in der Regel nur das Titulierungsinteresse berücksichtigt werden kann, um Rechtsfragen. Das Beschwerdegericht hat auch dann, wenn das Arbeitsgericht einem Begehren teilweise abgeholfen hat, zu prüfen, ob der gesamte vom Arbeitsgericht festgesetzte, gegebenenfalls aus mehreren Einzelstreitwerten zusammengesetzte Wert korrekt berechnet ist. Insoweit ist es unerheblich, dass das Arbeitsgericht hinsichtlich des Zeugnisanspruches dem Begehren der Klägervertreter abgeholfen hat. Da das Beschwerdegericht einen höheren Wert als den vom Arbeitsgericht festgesetzten ansetzt, kommt es auf die streitige Frage, ob hinsichtlich der Wertfestsetzung im Beschwerdeverfahren das Verschlechterungsverbot gilt (verneinend LAG Nürnberg vom 14.07.2006, 6 Ta 108/06, AR-Blattei ES 160.13 Nr. 294; offen gelassen von LAG Nürnberg vom 03.07.2006, 1 Ta 110/06), nicht an.






LAG Nürnberg:
Beschluss v. 13.03.2008
Az: 6 Ta 57/08


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