Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Juli 2008
Aktenzeichen: 26 W (pat) 83/07

(BPatG: Beschluss v. 30.07.2008, Az.: 26 W (pat) 83/07)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.

Gründe

I Die Antragsteller hatten beim Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 31. Januar 2006 zunächst die Löschung der am 19. Juli 2002 für die Markeninhaberin eingetragenen Marke 303 23 559 wegen Verfalls der Marke gemäß §§ 49, 53 MarkenG und wegen Nichtigkeit auf Grund bösgläubiger Anmeldung gemäß § 50 MarkenG beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 24. Februar 2006 haben sie erklärt, "derzeit" gegen die Marke nur wegen Verfalls Löschungsantrag stellen zu wollen. Am 24. April 2004 haben sie unter Angabe der Gebührennummer 333 400 eine Löschungsantragsgebühr in Höhe von EUR 100,00 entrichtet. Die Antragsgegnerin und Markeninhaberin hat dem ihr zugestellten Löschungsantrag innerhalb der Frist des § 53 Abs. 3 MarkenG widersprochen. Zugleich hat sie beantragt, den Antragstellern die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, weil der Löschungsantrag wegen Verfalls zu einem Zeitpunkt gestellt worden sei, an dem die Benutzungsschonfrist der angegriffenen Marke noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antragstellern daraufhin gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG anheimgestellt, ihren Anspruch auf Löschung der Marke nach § 55 MarkenG vor dem zuständigen ordnetlichen Gericht geltend zu machen. Mit Beschluss vom 6. September 2007 hat sie die Kosten des Verfahrens einschließlich der Löschungsantragsgebühr den Antragstellern auferlegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Kostenauferlegungsantrag der Markeninhaberin sei statthaft. Zwar sei umstritten, ob in einem Löschungsverfahren gemäß §§ 49, 53 MarkenG eine Kostenentscheidung der Markenabteilung ergehen dürfe. In einer zu § 11 WZG ergangenen Entscheidung des Bundespatentgerichts (BPatGE 18, 226) und in einigen Kommentierungen zum MarkenG (z. B. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 53 Rdn. 2; Ekey/Klippel/ Bous, Markenrecht, § 53 Rdn. 2) werde dies mit der Begründung verneint, dass das Löschungsverfahren nach § 53 Abs. 1 MarkenG kein kontradiktorisches Verfahren, sondern ein rein registermäßiges Vorverfahren sei, in dem die Markenabteilung zu einer sachlichen Nachprüfung des Löschungsbegehrens nicht befugt sei. Die sachliche Nachprüfung sei jedoch für die Beurteilung der Kostentragungspflicht unerläßlich. Die Markenabteilung schließe sich jedoch der gegenteiligen Auffassung an, wonach nunmehr mit § 63 Abs. 1 MarkenG eine - im WZG so nicht enthaltene - einheitliche Kostenregelung vorliege, die sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Regelungszweck nach für alle Verfahren mit mehreren Beteiligten gelten solle. Das registerrechtliche Löschungsverfahren nach § 53 MarkenG stelle ein solches kontradiktorisches Verfahren mit mehreren Beteiligten dar, weil sich auch in diesem fakultativen Löschungsverfahren - ebenso wie in dem auf die Löschung der Marke gerichteten Klageverfahren vor den ordentlichen Gerichten - Antragsteller und Markeninhaber mit gegensätzlichen rechtlichen Interessen gegenüberstünden. Allein der Umstand, dass es sich um ein formales Registerverfahren ohne materiellen Prüfungsauftrag handele, könne am Charakter eines Verfahrens mit mehreren Beteiligten i. S. v. § 63 MarkenG nichts ändern. Der Kostenantrag sei auch begründet. Es entspreche der Billigkeit, den Antragstellern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil der Löschungsantrag ohne Aussicht auf Erfolg gestellt worden sei. Dies könne die Löschungsabteilung im vorliegenden Fall beurteilen, ohne eine sachliche Prüfung des Löschungsantrags vorzunehmen, weil der Löschungsantrag entgegen § 49 Abs. 1 S. 1 MarkenG gegen eine noch nicht fünf Jahre eingetragene und folglich noch nicht dem Benutzungszwang unterliegende Marke gestellt worden sei, was als grober Sorgfaltsverstoß zu bewerten sei.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde. Sie sind der Ansicht, die Stellung des Löschungsantrags stelle keine grobe Sorgfaltspflichtverletzung dar. Der Antrag sei nämlich auch damit begründet worden, dass die Marke wegen Bösgläubigkeit der Anmelderin im Anmeldungszeitpunkt gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG zu löschen sei. Ein so begründeter Antrag sei auch gegenüber einer noch nicht fünf Jahre eingetragenen Marke nicht aussichtslos. Den auf § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG gestützten Löschungsantrag habe die Markenabteilung zu Unrecht völlig unberücksichtigt gelassen.

Die Antragsteller beantragen, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und festzustellen, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Kostenentscheidung der Markenabteilung sei nicht zu beanstanden, weil der Löschungsantrag von vornherein völlig aussichtslos gewesen sei. Für eine bösgläubige Markenanmeldung fehle es an jeglicher Substantiierung durch die Antragsteller. Des weiteren hat sie angemerkt, es sei gar nicht feststellbar, dass überhaupt erstattungsfähige Kosten entstanden seien. Die Markeninhaberin habe das Löschungsverfahren und auch das Beschwerdeverfahren nämlich in eigenem Namen ohne Beautragung eines Anwalts geführt und werde auch keinen Kostenfestsetzungsantrag stellen.

II Die zulässige Beschwerde der Antragsteller erweist sich als unbegründet. Die Auferlegung der Kosten des Löschungsverfahrens auf die Antragsteller durch die Markenabteilung ist statthaft und auch im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Wie die Markenabteilung in dem angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, ist zwar umstritten, ob in dem fakultativen Löschungsverfahren gemäß § 53 MarkenG eine Kostenentscheidung durch die Markenabteilung erfolgen kann. Soweit dies in den Kommentierungen zum MarkenG (vgl. z. B. Ströbele/Hacker a. a. O.; Ekey/Klippel/ Bous a. a. O.) - teilweise unter Hinweis auf die in BPatGE 18, 226 veröffentlichte Entscheidung des 24. Senats des BPatG - verneint wird, wird hierfür auf den Charakter des Verfahrens als rein registerrechtliches Vorverfahren abgestellt, der die für eine Kostenauferlegung notwendige sachliche Prüfung des Löschungsantrags durch die Markenabteilung nicht zulasse. Entgegen dieser Ansicht hält der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der im angegriffenen Beschluss vertretenen Rechtsauffassung jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem es ersichtlich an einer - auch nach Ansicht der Vertreter der gegenteiligen Auffassung durch die Markenabteilung überprüfbaren und zu überprüfenden - Zulässigkeitsvoraussetzung für einen solchen Löschungsantrag, nämlich dem Ablauf der sog. Benutzungsschonfrist von fünf Jahren nach dem Tag der Eintragung der Marke, fehlt, eine Kostenentscheidung für statthaft (ebenso: Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 53 Rdn. 11).

§ 63 MarkenG eröffnet die Möglichkeit einer Kostenentscheidung ausnahmslos in jedem Verfahren, an dem mehrere Personen beteiligt sind. Das Löschungsverfahren gemäß § 53 MarkenG stellt ein Verfahren i. S. d. § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG dar. Es ist ein förmliches Verfahren, das gemäß § 53 Abs. 1 MarkenG durch förmlichen Antrag eröffnet wird. Ob es sich bei ihm, wie vielfach vertreten wird, um ein registerrechtliches Vorverfahren zu einem möglichen späteren Klageverfahren handelt, ist für die Statthaftigkeit einer Kostenentscheidung nach Überzeugung des Senats unerheblich, weil § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG eine entsprechende Differenzierung nach unterschiedlichen Verfahrensarten oder -typen nicht vornimmt.

An dem Löschungsverfahren gemäß § 53 MarkenG sind auch mehrere Personen beteiligt. Neben dem Antragsteller, der das Verfahren durch seinen Löschungsantrag eröffnet, ist auch der Inhaber der angegriffenen Marke als Antragsgegner Beteiligter des Verfahrens. Er hat nach Zustellung des Löschungsantrags, ggf. unter Beiziehung eines Patent- oder Rechtsanwalts, die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen den Löschungsantrag zu prüfen, wodurch ihm auch - ggf. erstattungsfähige - Kosten entstehen können. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfüllt.

Die noch unter der Geltung des WZG ergangene, von den Vertretern der gegenteiligen Auffassung in Bezug genommene Entscheidung des 24. Senats des BPatG (BPatGE 18, 226 ff.) bietet für die Beurteilung der Rechtslage nach dem MarkenG keinen Anhalt mehr und ist überholt, weil - wie sich auch aus ihren Entscheidungsgründen entnehmen lässt - das WZG keine mit § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG vergleichbare allgemeine Kostenauferlegungsmöglichkeit für alle Verfahren mit mehreren Verfahrensbeteiligten enthielt.

Die Kostenauferlegung durch die Markenabteilung ist auch in der Sache zu Recht erfolgt. Sie ist gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG dann möglich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Verhalten eines Beteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Hiervon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (st. Rspr.; vgl. z. B. BPatG Mitt. 1977, 73, 74).

Ein solcher Fall einer aussichtslosen Rechtsverfolgung liegt im vorliegenden Fall ersichtlich vor, weil der auf §§ 49, 53 MarkenG gestützte Löschungsantrag von den Antragstellern weit vor Zeitpunkt gestellt worden ist, ab dem die angegriffene Marke bei Nichtbenutzung der Löschung unterliegt. Die sog. Benutzungsschonfrist beträgt regelmäßig fünf Jahre, gerechnet vom Zeitpunkt ihrer Eintragung (§ 49 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Da die angegriffene Marke am 19. Juli 2002 in das Markenregister eingetragen worden ist, unterlag sie somit zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags am 31. Januar 2006 offensichtlich noch nicht dem Benutzungszwang.

Soweit die Antragsteller demgegenüber geltend machen, sie hätten zugleich einen Antrag auf Löschung der Marke gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG gestellt, so ist dies zwar insoweit zutreffend, als in ihrem ursprünglichen Löschungsantrag vom 31. Januar 2006 dieser Löschungsgrund mit geltend gemacht worden war. Die Antragsteller haben jedoch mit weiterem Schriftsatz vom 24. Februar 2006 erklärt, dass sie in Sachen der Marke "DE 302 23 559 "Quality makro" klar stellen. dass sie "derzeit lediglich ... aus Gründen des Verfalls Löschungsantrag stellen", was als Rücknahme des weiteren, auf § 50 MarkenG gestützten Löschungsantrags auszulegen ist. Außerdem ist von ihnen auch nur die für Löschungsanträge gemäß §§ 49, 53 MarkenG zu entrichtende Gebühr in Höhe von 100,00 EUR (§ 64 a MarkenG i. V. m. § 2 Abs. 1 PatentkostenG, Gebührencode 333 400) gezahlt worden, nicht jedoch die für einen Löschungsantrag gemäß § 50 MarkenG zu entrichtende weitere Gebühr gemäß Nr. 333 300 des Gebührenverzeichnisses, was gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG zur Folge hat, dass - weil die Gebühr nicht binnen drei Monaten nach der Stellung des Löschungsantrages gezahlt worden - der entsprechende, auf § 50 MarkenG gestützte Löschungsantrag auch wegen Nichtzahlung der Antragsgebühr als zurückgenommen gilt. Auf diesen nicht weiterverfolgten Löschungsantrag konnten und können sich die Antragsteller deshalb weder zur Begründung der nicht völligen Aussichtslosigkeit ihres weiterverfolgten Löschungsantrags noch zur Begründung ihrer Beschwerde mit Erfolg berufen. Ihre Beschwerde muss daher erfolglos bleiben.

Die Antragsteller haben auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG zu tragen, weil ihre Beschwerde auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens von vornherein aussichtslos war.

Dr. Fuchs-Wissemann Kopacek Reker Na






BPatG:
Beschluss v. 30.07.2008
Az: 26 W (pat) 83/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9c6857516a53/BPatG_Beschluss_vom_30-Juli-2008_Az_26-W-pat-83-07




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share