Bundespatentgericht:
Urteil vom 26. Januar 2000
Aktenzeichen: 4 Ni 18/98

(BPatG: Urteil v. 26.01.2000, Az.: 4 Ni 18/98)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 23.000,00 vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 10. April 1984 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung US 563338 vom 20. Dezember 1983 angemeldeten, ua mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 165 245 (Streitpatent) das ein "Frictionally driven belted work vehicle" betrifft und vom Deutschen Patentamt unter der Nummer 34 79 019 geführt wird. Das Streitpatent umfaßt 13 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat in der deutschen Fassung gemäß der Patentschrift folgenden Wortlaut:

Gurtlegendes Hochleistungsarbeitsfahrzeug (10) wie beispielsweise Erdbewegungsfahrzeug oder landwirtschaftliches Fahrzeug wobei folgendes vorgesehen ist: ein Rahmen (18) mit entgegengesetztliegenden lateralen Seiten (28, 30); ein Paar von in Längsrichtung getrennten Radstrukturen (24, 26) mit radial nach außen weisenden Außenumfangsoberflächen (32, 34) und zwar angeordnet in einer Tragbeziehung gegenüber dem Rahmen (18) an jeder Lateralseite (28, 30) desselben und wobei mindestens eine Radstruktur (24) jedes Paares ein Antriebsrad (44) aufweist; ein Paar von endlosen nicht ausdehnbaren Elastomerbändern (36) deren jedes eine Innenoberfläche (38) besitzt und jeweils um ein entsprechendes Paar von Radstrukturen (24, 26) herumgeführt ist; Mittel (26, 176) zum steuerbaren Spannen und Drücken der Innenoberfläche (38) jedes Bandes (36) und der Außenumfangsoberfläche (32) des zugehörigen Antriebsrades (44) in reibungsgetriebenen Eingriff; Mittel (22, 58) zur Drehung jedes der Antriebsräder (44); und Führungsmittel (46, 48, 82) einschließlich ineinandergreifender Teile (46,48,82) der Radstrukturen und der herumgeführten Bänder (36) zur Minimierung der seitlichen Bewegung jedes Bandes bezüglich der entsprechenden Radstrukturen (24, 26) und zur radialen Lokalisierung des seitlichen Eingriffs jedes Bandes (36) und des entsprechenden mitgeführten Antriebsrades (44) zu stellen im wesentlichen benachbart zur Außenumfangsoberfläche (32)

dadurch gekennzeichnet, daß die Außenumfangsoberfläche (32) jedes Antriebsrades (44) zylindrisch und hinreichend unnachgiebig ist, daß es eine zylindrische Form während der Drehung unter Normallast beibehält, wodurch bei der Nichtanwesenheit von reibungsverminderndem Material wie beispielsweise Lehm zwischen dem Antriebsrad und dem Band keine relative Umfangsbewegung zwischen dem Antriebsrad und dem Teil des entsprechenden darumherum mitgeführten Bandes vorhanden ist und, daß die Innenoberfläche (38) jedes Bandes (36) und die entgegengesetztliegende Außenumfangsoberfläche (32) jedes Antriebsrades (44) zum einen durch eine glatte Oberfläche und zum anderen durch eine Vielzahl von Vorsprüngen (70) mit sich quererstreckenden Kanten (72, 74) gebildet ist, von denen im Falle von Schlupf eingeführt durch reibungsverminderndes Material zwischen dem Antriebsrad und dem Band diejenigen Kanten, die in Richtung des relativen Schlupfes voreilen die entgegengesetztliegende glatte Oberfläche abstreifen.

Wegen der Patentansprüche 2 bis 13 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht bestandsfähig, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe.

Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

US PS 2 998 998 (Anlage 3)

US PS 4 198 103 (Anlage 11)

AT PS 77 535 (Anlage 8)

DE PS 1 201 201 (Anlage 9)

US PS 4 410 219 (Anlage 12)

US PS 4 351 572 (Anlage 13)

US PS 4 281 882. (Anlage 14).

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 165 245 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig.

Gründe

Die Klage, mit der der in Art II § 6 Absatz 1 Nr 1 IntPatÜG, Art 138 Absatz 1 lit a EPÜ iVm Artikel 54 Abs 1, 2 und Art 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig aber nicht begründet.

1. Das Streitpatent betrifft Fahrzeuge des Raupentyps. Die Beschreibung des Streitpatents geht davon aus, es sei seit langem bekannt, daß Raupenfahrzeuge eine größere Traktion und eine geringere Bodenverdichtung bewirkten, als Radfahrzeuge vergleichbaren Gewichts. Dennoch seien bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen heutzutage Luftreifen anstelle von Raupen allgemein üblich. Dies beruhe hauptsächlich darauf, daß herkömmliche Raupensysteme laut, teuer, langsam und verschleißanfällig seien, außerdem Straßenschäden verursachten.

Zwar habe die Fachwelt erkannt, daß die Verwendung eines Endlosbandes aus Gummi oä als Raupe Vorteile biete und damit habe man bei Leichtlastanwendungen auch bereits begrenzte Erfolge erreicht. Hingegen gebe es bis heute kein auf einem Bandsystem aufgebautes Fahrzeug für Schwerlastanwendungen. Dabei sei es nämlich schwierig, die Kraftübertragung zwischen Band und Rädern, insbesondere bei Eindringen von - den Reibeingriff beeinträchtigendem - Schmutz, aufrechtzuhalten und den eindringenden Schmutz wieder zu entfernen. Problematisch sei darüber hinaus die Führung der Bänder auf den Rädern, insbesondere die seitliche Führung der Bänder fluchtend zu den Rädern, und zwar vor allem bei Auftreten großer Seitenkräfte. Schließlich sei die Lebensdauer von Band und Rädern unbefriedigend.

2. Ziel der Erfindung sei es, eine praktikable Lösung der genannten Probleme bei Fahrzeugen mit Bandsystemen aufzuzeigen, insbesondere Fahrgestelle hierfür bereitzustellen, die straßentauglich seien, eine hohe Traktion bei geringem Auflagedruck hätten, den Untergrund in möglichst geringem Umfang beeinträchtigten, Schwerlastbetrieb zuließen, angenehmen Fahrkomfort unter nahezu allen Geländebedingungen von ebenem Untergrund bis steilem Gelände böten und gleichzeitig eine nützliche Arbeit ermöglichten, ohne daß die Bänder rissen, die Kraftübertragung zwischen Rädern und Bändern verloren gehe, oder daß die Bänder von den Rädern abliefen.

3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent ein Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug mit folgenden Merkmalen vor:

1. Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug, wie beispielsweise Erdbewegungs- oder landwirtschaftliches Fahrzeug mit 2. einem Rahmen, der einander gegenüberliegende laterale Seiten aufweist;

3. einem Paar von in Längsrichtung getrennten Radstrukturen, 3.1 die radial nach außen weisende Außenumfangsoberflächen aufweisen, und 3.2 die in einer Tragbeziehung zum Rahmen an jeder seiner Lateralseiten angebracht sind, 3.3 wobei mindestens eine Radstruktur jedes Paares ein Antriebsrad aufweist;

4. einem Paar von endlosen Bändern, von denen jedes eine Innenoberfläche besitzt und jeweils um ein entsprechendes Paar von Radstrukturen herumgeführt wird;

4.1 wobei die Bänder nicht ausdehnbar sind, und 4.2 die Bänder aus Elastomer sind;

5. Mitteln zum steuerbaren Spannen und Drücken der Innenoberfläche jedes Bandes und der Außenumfangsoberfläche des zugehörigen Antriebsrades in reibungsgetriebenen Eingriff;

6. Mitteln zum Drehen jedes der Antriebsräder, und 7. Führungsmitteln, 7.1 die ineinandergreifende Teile der Radstrukturen und der mitgeführten Bänder aufweisen, 7.2 zum Minimieren der seitlichen Bewegung jedes Bandes bezüglich der entsprechenden Radstrukturen, und 7.3 zum radialen Lokalisieren des seitlichen Eingriffs jedes Bandes und des entsprechenden mitgeführten Antriebsrades an Stellen, die im wesentlichen benachbart zur Außenumfangsoberfläche sind;

8. bei dem die Außenumfangsoberfläche jedes Antriebsrades zylindrisch ist, und 8.1 hinreichend unnachgiebig ist, so daß sie eine zylindrische Form während der Drehung unter Normallast beibehält, 9. bei dem von der Innenoberfläche jedes Bandes und der gegenüberliegenden Außenumfangsoberfläche jedes Antriebsrades eine durch eine glatte Oberfläche und die andere durch eine Vielzahl von Vorsprüngen gebildet wird, 9.1 wobei die Vorsprünge sich quererstreckende Kanten aufweisen;

10. so daß unter normaler Belastung bei der Nichtanwesenheit von reibungsverminderndem Material keine relative Umfangsbewegung zwischen dem Antriebsrad und dem Band vorhanden ist und im Falle von Schlupf, der durch reibungsverminderndes Material herbeigeführt wurde, diejenigen Kanten, die in Richtung des relativen Schlupfes voreilen, die gegenüberliegende glatte Oberfläche abstreifen.

4. Neuheit, gewerbliche Anwendbarkeit Das ohne Zweifel gewerblich anwendbare Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug gemäß dem Streitpatent ist unbestritten neu, denn aus den im Verfahren berücksichtigten, vorveröffentlichten Druckschriften ist - wie die nachstehenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit zeigen - kein Fahrzeug mit sämtlichen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen bekannt.

5. Erfinderische Tätigkeit Allein durch die am Prioritätstag des Streitpatents im einschlägigen Stand der Technik bekannten Fahrzeuge war das beanspruchte Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug nicht nahegelegt. Zu seiner Ausgestaltung bedurfte es daher einer erfinderischen Tätigkeit.

Als durchschnittlicher Fachmann gilt ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus bzw der Fahrzeugtechnik, der im Bereich der Entwicklung und Konstruktion von Raupenfahrzeugen mit kraftschlüssigem Antrieb tätig ist.

Der erkennende Senat stimmt mit den Beteiligten überein, daß das Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug gemäß der US 2 998 998 dem Streitgegenstand am nächsten kommt, weil es offenkundig die Merkmale 1 bis 7.3 (Oberbegriff) der vorstehenden Merkmalsanalyse aufweist, vgl insb die Figuren 1, 2, 5 und 6. Die Merkmale 8 bis 10 gehen aus dieser Druckschrift allerdings nicht hervor.

Entsprechend der dortigen ausdrücklichen Aufgabenstellung soll das vorbekannte Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug sowohl mit Raupenbändern als auch mit Rädern betreibbar sein, vgl insb Sp 1 Z 39 bis 40 sowie Z 26 bis 31. Dazu ist die Verwendung luftbereifter Lauf- und Antriebsräder vorgesehen, welche von flexiblen Raupenbändern umfaßt werden. Normalerweise und wie insbesondere die Fig 3 zeigt, verfügt ein Luftreifen nicht über eine zylindrische Außenumfangsoberfläche, sondern dessen Oberfläche ist in Abhängigkeit vom jeweiligen Reifenfülldruck mehr oder weniger ballig. Außerdem behält ein Luftreifen bekanntlich seine Form unter Normallast nicht bei, sondern verformt sich, insbesondere im Latsch. Eine zylindrische, unnachgiebige Form, wie sie beim Gegenstand des Streitpatents verwirklicht ist, läßt sich mit einem Luftreifen also nicht darstellen.

Die Klägerin vertritt in diesem Zusammenhang die Meinung, bei der Ausstattung des gattungsgemäßen Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeugs mit Luftreifen handele es sich lediglich eine bevorzugte Ausgestaltung; in der Druckschrift seien Räder allgemein offenbart und darunter verstehe der Durchschnittsfachmann auch solche mit zylindrischer, hinreichend unnachgiebiger Form wie sie beim Streitgegenstand erforderlich sind. Dem steht entgegen, daß nach der Lehre der US 2 998 998 ausdrücklich Luftreifen es erst ermöglichen, ein derartiges Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug auch als Radfahrzeug zu nutzen, vgl insb Sp 3 Z 5/6. Darüber hinaus soll das in der US 2 998 998 beanspruchte Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug nur durch die Kombination von Luftreifen mit einem flexiblen Raupenband ausführbar sein, vgl insb Sp 3 Z 6 bis 10. Diese Hinweise muß der Durchschnittsfachmann folglich als wesentlich erkennen, wenn er die Druckschrift unvoreingenommen und mit dem Willen zum Verstehen auswertet. Für die von der Klägerin offenbar zielgerichtet auf den Streitgegenstand vertretene entgegengesetzte Auffassung überzeugt daher nicht Die Räder und die Innenoberflächen der Raupenbänder weisen weder in der zeichnerischen Darstellung noch gemäß der Beschreibung der US 2 998 998 Vorsprünge, insbesondere keine sich quer erstreckenden Kanten im Sinne des Streitpatents auf. Damit ist ein Abstreifeffekt, wie er sich nach Merkmal 10 der Merkmalsanalyse beim Streitgegenstand ergibt, hier nicht möglich. Statt dessen wird mit der US 2 998 998 dezidiert die Lehre vermittelt, die Bandspannung aus verschiedenen Gründen so groß wie möglich zu machen, zBsp um die Standfestigkeit des Fahrzeugs und/oder die Kraftübertragung zwischen Antriebsrad und Band zu verbessern und insbesondere um in den Bereich zwischen Band und Reifen eingedrungenes, reibungsverminderndes Material durch eine entsprechend hohe Bandspannung herauszuquetschen, vgl insb Sp 3 Z 32 bis 34 und 38 bis 40.

Aus der US 4 198 103 ist eine rasenmäherähnlich handgeführte, beidseitig mit Lauf- und Antriebsrädern mit zylindrischer Außenumangsoberfläche, Sp 4 Z 37 bis 39, sowie endlosen Raupenbändern versehene Kabellegemaschine bekannt, bei welcher der Bandantrieb die Wirkung eines Ausgleichgetriebes hat, vgl insb Titel sowie Fig 1. Die Antriebskraft wird durch Kraftschluß übertragen und dabei ein Schlupf zwischen dem Antriebsrad und dem Band ausdrücklich zugelassen, vgl insb abstract sowie Sp 1 Z 24 bis 36. Sobald die Kabellegemaschine mit ihren Raupenbändern auf ein Hindernis stößt, zu dessen Überwindung die voreingestellte Reibung zwischen Antriebsrädern und Bändern nicht ausreicht, schlupfen die Antriebsräder und das Band bleibt stehen. Dadurch wird eine Bodenbeschädigung vermieden und dem Operator die Möglichkeit eingeräumt, eine Richtungskorrektur am Handgriff vorzunehmen, vgl insb Sp 1 Z 29 bis 36. In dem Fall hat der Schlupf also die Wirkung eines Ausgleichgetriebes, vgl insb Sp 4 Z 14 bis 16.

Abgesehen von diesem speziellen Antrieb offenbart die US 4 198 103 noch eine neuartige Abstreifvorrichtung, bei der seitlich neben den Bändern angeordnete Abstreifer auch zur Bandführung dienen und zwischen den Rädern angeordnete Abstreifer die Antriebsoberflächen von Schmutz und Steinen sauberhalten, vgl insb abstract sowie Sp 1 Z 45 bis 56 iVm den Figuren 2, 4 und 7.

Ein zusätzlicher Selbstreinigungseffekt wird den Ausführungen der Band- bzw Antriebsradoberfläche mit Rippen oder diagonalen Rillen zugeschrieben, wie sie im Ausführungsbeispiel der Figuren 8 und 9 dargestellt sind, vgl auch Sp 4 Z 16 bis 19 sowie Z 30 bis 32. Wenngleich in der Fig 8 zur besseren Übersicht nicht im Einzelnen dargestellt, ist nach der Lehre der US 4 198 103 allerdings auch bei dieser Ausgestaltung die vorstehend beschriebene, neuartige Abstreifvorrichtung erforderlich, vgl insb Sp 5 Z 10.

Im Hinblick auf die beiden vorstehend erläuterten Druckschriften ist die Klägerin der Auffassung, der Durchschnittsfachmann habe lediglich die in den Figuren 8 und 9 der US 4 198 103 gezeigte Oberflächenausgestaltung der Antriebsräder bzw der Bänder auf das Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug der US 2 998 998 zu übertragen, um das Beanspruchte zu verwirklichen. Die streitpatentgemäße Abstreifwirkung stelle sich dabei von selbst ein. Diese Argumentationslinie kann den Senat aber nicht davon überzeugen, den Streitgegenstand als im patentrechtlichen Verständnis nahegelegt aufzufassen.

Zunächst liefern beide Druckschriften jeweils in sich geschlossene Lösungen für eine kraftschlüssige Antriebskraftübertragung bei einem Raupenbandantrieb unter Einbeziehung offensichtlich geeigneter Vorrichtungen zur Säuberung des Bereiches zwischen dem Antriebsrad und dem Raupenband, die aus sich heraus keinen objektiven Anlaß für die von der Klägerin reklamierte Zusammenschau geben.

Außerdem liegen den beiden Fahrzeugen unübersehbar gegensätzliche, nicht miteinander in Einklang zu bringende Antriebskonzepte zugrunde: nach der US 2 998 998 soll die Bandspannung - aus den verschiedenen genannten Gründen - möglichst groß und insbesondere nicht schlupfbehaftet, nach der US 4 198 103 jedoch gerade nur so groß sein, daß die Antriebsbänder beim Auftreffen auf ein Hindernis schlupfbedingt stehenbleiben. Bezieht der Durchschnittsfachmann noch die unterschiedlichen Dimensionen beider Fahrzeuge mit in seine Überlegungen ein, hier Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug dort handgeführtes (Vorgarten-) Fahrzeug, mußte er das letztgenannte Antriebskonzept als für ein Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug ungeeignet verwerfen.

Hinzu kommen, wie bereits den vorstehenden Ausführungen entnehmbar ist, begründete Zweifel daran, ob der unvoreingenommene Durchschnittsfachmann in den Offenbarungsgehalt der US 2 998 998 überhaupt hinreichend unnachgiebige, nicht luftbereifte Räder einbezieht. Wenn er die neuartige Abstreifvorrichtung mitsamt dem zusätzlichen Selbstreinigungseffekt aus der US 4 198 103 auf das gattungsgemäße Schwerlast-Raupenarbeitsfahrzeug übertragen wollte, wären dazu jedoch hinreichend unnachgiebige Antriebsräder erforderlich. Dies stünde der gewünschten Ausgestaltung eines gleichermaßen rad- wie bandlaufenden Arbeitsfahrzeuges direkt entgegen, denn für einen Verzicht auf luftbereifte Räder und damit einhergehend die Einbuße einer maßgeblich angestrebten Eigenschaft ist ohne Kenntnis des Streitgegenstandes kein Grund ersichtlich.

Nach der AT-PS 77 535 läuft ein aus Gelenkigkeitsgründen innen quer genutetes Gummiband auf einem normal profilierten Hinterradreifen eines Schleppers ab, vgl insb die Figuren. Zur streitpatentgemäßen Profilierung nur der Raupenbandinnenseite oder nur der Antriebsradaußenseite bei gleichzeitig glatter Oberfläche des jeweiligen Gegenparts führt gerade diese Ausgestaltung nicht.

Die DE-PS 1 210 201 lehrt, ein innenseitig im wesentlichen glattes Raupenband durch Käfigräder anzutreiben, vgl insb Sp 3 Z 34 bis Sp 4 Z 5 iVm Fig 1. Die Käfigräder bestehen aus Ringen, zwischen denen Stäbe quer angeordnet sind, vgl Fig 1. Die Beschaffenheit der Stäbe, insbesondere ihr Querschnitt ist nirgends beschrieben, weil das für die Lehre bedeutungslos ist. Der Durchschnittsfachmann wird folglich ein übliches Rundprofil für die Stäbe annehmen, denn dies erfüllt offensichtlich alle gestellten Anforderungen. Damit sind allerdings keine patentgemäßen Vorsprünge mit sich quer erstreckenden Kanten ausgebildet. Dementsprechend ist auch kein patentgemäßer Reinigungseffekt zu erwarten, sondern vielmehr ein Verschmieren der Bandinnenseite. Hinzu kommt, daß die Mitnahme des Raupenbandes vorwiegend durch den Eingriff eines darin angeordneten Wulstes in eine Umfangsnut der Käfigräder erfolgt (Sp 4 Z 6 bis 10), so daß einer Reinigung der glatten Bereiche des Raupenbandes keine große Bedeutung zukommt.

Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften sind nur zu den Unteransprüchen bzw zum technischen Hintergrund genannt worden und stehen dem Patentgegenstand unbestritten ferner als der vorgenannte Stand der Technik. Sie haben deshalb auch zu Recht in der Argumentation der unterlegenen Klägerin während der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt. Dieser Stand der Technik war folglich weder für sich noch in Zusammenschau mit einer der vorgenannten Druckschriften geeignet, den Streitgegenstand nahezulegen. Ein näheres Eingehen darauf erübrigt sich somit.

Der Patentanspruch 1 ist demnach bestandsfähig.

Mit ihm sind es die darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 26.01.2000
Az: 4 Ni 18/98


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