Amtsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 3. Dezember 2015
Aktenzeichen: 106 Ls-120 Js 1353/14-67/15

(AG Düsseldorf: Urteil v. 03.12.2015, Az.: 106 Ls-120 Js 1353/14-67/15)

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Computerbetruges in 80 Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Eingriff in technische Schutzmaßnahmen und Steuerhinterziehung in 11 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Dem Angeklagten werden die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen auferlegt.

Angewandte Vorschriften: §§ 263 a I, II, 263 III Nr. 1, 52, 53 StGB, 9 I a, 108 b I Nr. 1, III UrhG, 369, 370 I Nr. 1, 2, 143, 150 AO, 25 EStG, 56 EstDV, 18 UStG, 14 a GewStG

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

I.

Der Angeklagte macht zur Zeit eine Umschulung zum Fachinformatiker und erhält 1.583,00 Euro im Monat. Seine Ehefrau verdient als Arbeiterin ca. 700,00 Euro monatlich.

In ihrem Haushalt wohnen drei minderjährige Kinder. Für seine Tochter N bezahlt der Angeklagte 346,00 Euro monatlich Unterhalt, für den Sohn O seiner Ehefrau erhält sie 264,00 Euro im Monat.

Der Angeklagte ist bislang nicht bestraft worden.

II.

Aufgrund des glaubhaften Geständnisses des Angeklagten, das mit den polizeilichen Ermittlungen übereinstimmt, steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:

1. - 80.

Im Jahr 2009 fasste der Angeklagte den Entschluss, einen sog. "Card-Sharing-Dienst" aufzubauen. In Ausführung dieses Tatentschlusses schloss er mit verschiedenen Programmanbietern privater Fernseh- und Musiksender, u.a. aus der Schweiz, Polen, Frankreich und Italien, kostenpflichtige Abonnementverträge, die ihn zum Empfang deren jeweiligen Sendungen berechtigten.

Die privaten Programmanbieter boten und bieten ihre Sendungen ausschließlich in verschlüsselter Form an; dies um die Nutzung ihres Programmangebots durch Nichtabonnementen - Nichtberechtigte - zu verhindern. Zur Entschlüsselung der Sendungen ist eine Dekoderkarte erforderlich. Diese wird den Abonnementen seitens der privaten Programmanbieter nach Abschluss des jeweiligen Abonnementvertrages zur Verfügung gestellt.

Nachdem der Angeklagte in den Besitz der Dekoderkarten der privaten Programmanbieter gekommen war, bot er Dritten über das Internet an, die von ihm abonnierten Programmangebote gegen einen monatlichen Beitrag ebenfalls zu empfangen. Die Zugangskontrollsysteme der privaten Programmanbieter umging der Angeschuldigte, indem er seinen Kunden den Zugangsschlüssel seiner jeweiligen Dekoderkarte per E-Mail übermittelte. Empfangen konnten die Kunden die Programme sodann über einen Receiver, der mit einem der "Card-Sharing-Server" des Angeschuldigten verbunden war.

Die Weitergabe der Zugangsschlüssel an die über das Netzwerk anfragenden Nutzer ermöglichte die parallele mehrfache Nutzung der abonnierten Programmangebote.

Den "Card-Sharing-Server" betrieb der Angeklagte zumindest seit April 2009.

Für den Empfang des Bezahlfernsehens zahlten die Kunden dem Angeklagten monatlich rund 10,00 Euro. Der Preis variierte je nach gewähltem Produkt.

Ein reguläres Vollabonnement bei Sky kostete monatlich 56,90 Euro.

In der Zeit vom 01.01.2012 bis zum 14.01.2014 ermöglichte es der Angeklagte mindestens 80 Kunden, unberechtigt Zugriff auf verschlüsseltes Bezahlfernsehen privater Programmanbieter zu nehmen. Hierdurch erzielte er Einnahmen in Höhe von rund 100.000,00 Euro.

Durch die vorgenannten Handlungen des Angeklagten entstand den deutschen privaten Programmanbietern Premiere, Sky, Unitymedia, HD+,TeviStar, SatBerlin GmbH und weiteren privaten Programmanbietern aus den Ländern, Österreich, Schweiz, Frankreich, Arabien, Ukraine, Polen, Italien und USA/Kanada insgesamt ein Vermögensschaden von mindestens 100.000,00 Euro.

Der Angeklagte beabsichtigte, sich durch sein Vorgehen eine Einnahmequelle von einiger Dauer und Erheblichkeit zu verschaffen. Die Einnahmen dienten der Bestreitung seiner - erhöhten - Lebenshaltungskosten.

81. - 92.

In dem Zeitraum vom 20.04.2009 bis 11.10.2013 erfolgten auf dem auf die Eheleute D lautenden Privatkonto bei der Sparkasse X Gutschriften von PayPal i.H.v. insgesamt 221.094,72 Euro; und zwar im Jahr 2009 Gutschriften in Höhe von 31.854,00, im Jahr 2010 in Höhe von 53.377,00 Euro, im Jahr 2011 Gutschriften in Höhe von 59.625,72 Euro, im Jahr 2012 Gutschriften in Höhe von 55.788,00 Euro und im Jahr 2013 Gutschriften in Höhe von 20.450,00 Euro. Diese Gutschriften resultierten aus dem Betreiben des "Card-Sharing-Servers" durch den Angeklagten. Die Gutschriften resultierten ferner aus dem Verkauf von Elektronikbauteilen, die der Angeschuldigte aus dem Lager seines damaligen Arbeitgebers, G GmbH, E Str. , O1, zuvor entwendet hatte. Der Verkauf der Elektronikbauteile erfolgte über Ebay.

Aufgrund des Umfangs der "nebenberuflichen" Tätigkeiten des Angeschuldigten waren diese als "gewerblich" einzustufen; der Angeklagte hatte mithin Einnahmen aus "Gewerbebetrieb" erzielt.

Die Einnahmen aus Gewerbebetrieb hat der Angeklagte gegenüber dem zuständigen Finanzamt O1 nicht angezeigt und damit nicht der Steuer unterworfen.

81.

Am 26.04.2013 hat der Angeklagte die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt O1 abgegeben. Hierin hat er als Einkommen nichtselbständige Einkünfte in Höhe von 32.104,00 Euro angegeben. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.483,00 Euro hat er gegenüber dem Finanzamt O1 verschwiegen.

Mit Bescheid des Finanzamtes O1 vom 22.05.2013 wurde die zu zahlende Einkommensteuer mit 1.744,00 Euro beziffert; dem Angeklagten wurden zu viel gezahlte Steuern in Höhe von 255,00 Euro erstattet.

Tatsächlich hätte der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 8.512,00 Euro zahlen müssen.

Durch sein Verhalten hat der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 6.768,00 Euro verkürzt (8.512,00 Euro ./. 1.744,00 Euro).

82.

Am 26.04.2013 hat der Angeklagte Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt O1 abgegeben. Hierin hat er als Einkommen lediglich nichtselbständige Einkünfte in Höhe von 32.711,00 Euro angegeben. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 42.701,00 Euro hat er gegenüber dem Finanzamt O1 verschwiegen.

Mit Bescheid des Finanzamtes O1 vom 22.05.2013 wurde die zu zahlende Einkommensteuer mit 1.914,00 Euro beziffert; dem Angeklagten wurden zu viel gezahlte Steuern in Höhe von 313,06 Euro erstattet.

Tatsächlich hätte der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 11.659,00 Euro zahlen müssen. Durch dieses Verhalten hat der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 9.745,00 Euro verkürzt (11.659,00 Euro ./. 1.914,00 Euro).

83.

Am 26.04.2013 hat der Angeklagte Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt O1 abgegeben. Hierin hat er als Einkommen lediglich nichtselbständige Einkünfte in Höhe von 47.700,00 Euro angegeben. Ferner wurde ein Unterbrechungszeitraum gemeldet. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.483,00 Euro hat er gegenüber dem Finanzamt O1 verschwiegen.

Mit Bescheid des Finanzamtes O1 vom 22.05.2013 wurde die zu zahlende Einkommensteuer auf 945,00 Euro beziffert; dem Angeklagten wurden zu viel gezahlte Steuern in Höhe von 715,41 Euro erstattet.

Tatsächlich hätte der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 10.410,00 Euro zahlen müssen. Durch dieses Verhalten hat der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 9.465,00 Euro verkürzt (10.410,00 Euro ./. 945,00 Euro).

84

Am 26.04.2013 hat der Angeklagte Einkommensteuererklärung für die Jahre 2012 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt O1 abgegeben. Hierin hat er als Einkommen lediglich nichtselbständige Einkünfte in Höhe von 28.960,00 Euro angegeben sowie Kranken- und Übergangsgeld erklärt. Es wurde ein Unterbrechungszeitraum gemeldet. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 46.853,00 Euro hat er gegenüber dem Finanzamt O1 verschwiegen.

Mit Bescheid des Finanzamtes O1 vom 22.05.2013 wurde die zu zahlende Einkommensteuer auf 1.581,00 Euro beziffert; dem Angeklagten wurden zu viel gezahlte Steuern in Höhe von 117,99 Euro erstattet.

Tatsächlich hätte der Angeschuldigte Einkommensteuer in Höhe von 11.631,00 Euro zahlen müssen. Durch dieses Verhalten hat der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von 10.050,00 Euro verkürzt (11.631,00 Euro ./. 1.581,00 Euro).

85. - 88.

Obwohl der Angeklagte aufgrund seiner vorgenannten "nichtselbständigen" Tätigkeit zur Zahlung von Gewerbesteuer verpflichtet war, hat er in den nachfolgenden aufgeführten Jahren keine Gewerbesteuererklärung abgegeben. Hierdurch hat er Gewerbesteuer in der nachfolgenden Höhe verkürzt:

2009 137,95 Euro

2010 2.834,65 Euro

2011 3.613,40 Euro

2012 3.549,00 Euro

89. - 92.

Obwohl der Angeschuldigte aufgrund seiner vorgenannten "nichtselbständigen" Tätigkeit zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet war, hat er in den nachfolgenden aufgeführten Jahren keine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Hierdurch hat er Umsatzsteuer in der nachfolgenden Höhe verkürzt:

2009 4.068,73 Euro

2010 6.817,78 Euro

2011 7.615,94 Euro

2012 7.480,55 Euro

Hinsichtlich der Gewerbesteuerverkürzung für das Jahr 2009 (137,95 Euro) ist das Verfahren in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die Strafverfolgung im Übrigen vorläufig eingestellt worden.

III.

Der Angeklagte hat sich wie erkannt schuldig gemacht.

Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände ha das Gericht auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren (bei Einzelstrafen von neun Monaten für die Taten 1. bis 80) und von sechs Monaten für die übrigen Taten als tat- und schuldangemessen erkannt.

Die Vollstreckung der Strafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden, da das Gericht davon ausgeht, dass der Angeklagte sich nunmehr in Zukunft straffrei führen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.






AG Düsseldorf:
Urteil v. 03.12.2015
Az: 106 Ls-120 Js 1353/14-67/15


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