Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Mai 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 61/02

(BPatG: Beschluss v. 04.05.2004, Az.: 33 W (pat) 61/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 18 vom 15. Januar 2002 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 28. November 1998 die Wortmarke Deutsche Terminbörsefür verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 18, 35, 36, 39 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 18 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 15. Januar 2002 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß es sich bei dem Begriff "Terminbörse" um einen geläufigen kaufmännischen Fachbegriff handle. An einer Terminbörse würden Terminkontrakte auf Waren oder Finanzprodukte gehandelt. Die Nationalitätsangabe "Deutsche" bezeichne lediglich den örtlichen Sitz der Terminbörse in Deutschland. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 und 42 handle es sich um einen Hinweis auf die Art und Bestimmung der Dienstleistungen. In Verbindung mit den Waren der Klasse 19 und den Dienstleistungen der Klasse 39 stelle die angemeldete Marke lediglich einen Hinweis darauf dar, daß diese an einer deutschen Waren-Terminbörse gehandelt würden.

Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Er hat sein Warenverzeichnis zuletzt gefaßt wie folgt:

"Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Handtaschen, Dokumentenschutzhüllen, Brieftaschen, Portemonnaies, Gürteltaschen, Beutel aus Leder, Rucksäcke aus Leder, Moneybelts, Gürtel, Handytaschen, Schlüsselanhänger und -etuis, Etuis, Schulranzen, Aktentaschen, Dokumentenmappen, Adressenanhänger für Koffer, Schreibtischunterlagen, alle vorgenannten Waren sofern in Klasse 18 enthalten, Reise und Handkoffer".

Er beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Er trägt vor, daß hinsichtlich der nunmehr noch beanspruchten Waren der Klasse 18 bei der Bezeichnung derartiger Waren mit "Deutsche Terminbörse" niemand an eine beschreibende Bezeichnung denken werde. In Verbindung mit diesen Waren werde der Verkehr bei dem Bestandteil "Börse" an ein Behältnis, wie etwa eine Geldbörse denken und in Verbindung mit den Zusätzen "Deutsche" und "Termin" in der Gesamtbezeichnung eine ungewöhnliche Kombination entdecken.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet. Der Senat hält die angemeldete Marke im Hinblick auf das nunmehr eingeschränkte Warenverzeichnis für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung stehen gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice).

Unter "Terminbörse" versteht man den Markt für den Terminhandel an der Börse. Hauptaufgabe einer organisierten Marktveranstaltung in Form einer Termingeschäftsbörse ist dabei die zeitliche und örtliche Konzentration des Angebots an und der Nachfrage von verschiedenen Marktteilnehmern nach Terminmarktobjekten (vgl Büsch, Das kleine Börsenlexikon, S 1441). Das begehrte Gesamtzeichen "Deutsche Terminbörse" ist ein Fachbegriff und bezeichnet die seit 1990 in Deutschland betriebene Börse für Options- und Termingeschäfte auf deutsche Aktien, Indizes usw mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie löste den bis dahin an den Deutschen Börsen betriebenen Aktienoptionshandel ab, der den Anforderungen eines modernen Marktes nicht mehr entsprach (vgl www.boersenlexikon.de; info.consors.de; www.informia.de). Der Gesamtbegriff ist einem erheblichen Anteil der hier angesprochenen Verkehrskreise, hier dem allgemeinen Publikum, daher ohne weiteres geläufig.

Im Zusammenhang mit dem nunmehr eingeschränkten Warenverzeichnis auf konkret bezeichnete Waren der Klasse 18 ergibt der Gesamtbegriff allerdings keinen eindeutigen Sinn und ist daher geeignet eine Hinweisfunktion auszuüben. Ein unmittelbarer Bezug zwischen einer Terminbörse und den verschiedenen einzeln bezeichneten Lederwaren ist nicht ohne weiteres herstellbar. Auch ist es fernliegend, daß sich eine Terminbörse lediglich mit diesen Waren beschäftigen würde. Sofern ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Markenbestandteil "Börse" als Anspielung auf eine "Geldbörse" verstehen würden, handelt es sich um eine phantasievolle originelle Bezeichnung, der ohne weiteres ein entsprechender Hinweischarakter zukommen würde.

Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr die angemeldete Marke nur im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über eine Eigenschaft oder die Verwendungsbestimmung der nunmehr noch beanspruchten Waren wertet, nicht aber schon als Kennzeichnungsmittel verstehen wird.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Verkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH aaO - FOR YOU).

Solche Umstände werden durch die streitgegenständliche Marke "Deutsche Terminbörse" nicht umschrieben. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den nunmehr noch streitgegenständlichen Waren ist nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Waren in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Vorsitzender Richter Winkler ist im Urlaub und daher verhindert zu unterschreiben Pagenberg Pagenberg Dr. Hock Cl






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Az: 33 W (pat) 61/02


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