Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 75/03

(BPatG: Beschluss v. 11.10.2005, Az.: 17 W (pat) 75/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Verfahren und Vorrichtung zur Überwachung und zum Austausch eines Spannungsversorgungsbausteins eines CMOS-Bausteins"

ist am 28. November 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G11C des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 15. Februar 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin (nunmehr F... GmbH). Sie beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassende Beschreibung Seiten 1 bis 7 vom Anmeldetag sowie 1 Blatt Zeichnung mit einer Figur, vom 20. April 1998.

Der geltende Patentanspruch 1, eingegangen am 11. Oktober 005, hier mit einer denkbaren Gliederung versehen und in Merkmal (F) aus Verständlichkeitsgründen geringfügig umgestellt, lautet:

"(A) Verfahren zum Schutz gegen Datenverlust eines CMOS-Bausteins mit flüchtigen Speicherzellen,

(B) in einem Datenverarbeitungssystem eines Netzwerkes,

(C) wobei der CMOS-Baustein eine Batterie zum Puffern der Spannungsversorgung aufweist, mit den folgenden Schritten:

(D) - Überwachung einer Größe, die eine Aussage über den Betrag der Spannung (UB) der Batterie zulässt,

(E) - Automatisches Speichern des Inhalts der Speicherzellen des CMOS-Bausteins auf ein Netzwerkvolumen, wenn die Spannung (UB) unter einen vorbestimmten Wert (UK) absinkt,

(F) - wenn die Spannung (UB) unter den vorbestimmten Wert (UK) absinkt, automatisches Melden an einen Netzwerkadministrator des Netzwerks, dass die Batterie gewechselt werden soll,

(G) - Zurückschreiben des auf dem Netzwerkvolumen gespeicherten Inhalts der Speicherzellen in den CMOS-Baustein nach einem Neustart des Datenverarbeitungssystems."

Ihm soll sinngemäß die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren zum Schutz gegen Datenverlust eines CMOS-Bausteins mit flüchtigen Speicherzellen in einem Datenverarbeitungssystem eines Netzwerkes bereitzustellen, durch das sichergestellt wird, dass die Informationen des CMOS-Bausteins beim Batteriewechsel nicht verloren gehen (vgl Offenlegungsschrift Spalte 1 Zeile 21 - 26 und neuen Gattungsbegriff).

Hinsichtlich des Unteranspruchs 2 wird auf die Akten verwiesen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin aus, dass der nunmehr beanspruchte Gegenstand durch den Stand der Technik nicht nahegelegt sei. Ein wesentlicher Unterschied des beanspruchten Verfahrens liege darin, dass das Abspeichern des Inhalts der Speicherzellen des CMOS-Bausteins bei zu niedriger Pufferbatterie-Spannung und das Alarmieren des Netzwerkadministrators automatisch erfolge. Die typischen Nutzer eines Computernetzwerks, wie es häufig in großen Firmen oder Behörden eingerichtet ist, hätten keine Erfahrung mit Arbeiten wie Datensicherung und Batteriewechsel auf der Computer-Hauptplatine, so dass gerade hier die Vorteile des beanspruchten Verfahrens zum Tragen kämen.

II.

Die Beschwerde ist rechtzeitig erhoben und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, da der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht patentfähig ist (§§ 1 Abs 1, 4 PatG).

1. Als Fachmann für die genannte Aufgabenstellung wird ein Elektroingenieur (FH) mit längerer Berufserfahrung in der Schaltungs- und Betriebsprogrammentwicklung für Datenverarbeitungssysteme, insbesondere PCs, angesehen.

2. Die Patentansprüche 1 und 2 sind zulässig. Einige Klarstellungen wie der "Schutz gegen Datenverlust", der "CMOS-Baustein mit flüchtigen Speicherzellen", die "Batterie zum Puffern der Spannungsversorgung" und das "automatische" Speichern bzw Melden ergeben sich ohne Weiteres aus der ursprünglichen Beschreibung und deren für den Fachmann erkennbarem Sinngehalt. Das "Netzwerkvolumen" (irgendwo im Netzwerk angeordneter, über das Netzwerk ansprechbarer Massenspeicher), der "Netzwerkadministrator" und das "Zurückschreiben ... nach einem Neustart" sind beispielsweise Spalte 3 Zeile 15 - 23 der Offenlegungsschrift entnehmbar. Anspruch 2 ist eine verkürzte, angepasste Fassung des ursprünglichen Anspruchs 5.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist zwar neu, beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Von besonderer Bedeutung sind folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

1) JP 04 - 010 114 A. In: Patent Abstracts of Japan.

2) DE 43 09 369 A1 Aus Druckschrift 1 ist, wie ohne Weiteres erkennbar, ein Verfahren zum Schutz gegen Datenverlust eines CMOS-Bausteins mit flüchtigen Speicherzellen entsprechend den Merkmalen (A) bis (D) des Hauptanspruchs bekannt (vgl auch die untere Figur: Blockschaltbild eines typischen PC-Systems mit CPU, ROM, RAM, CMOS, RTC ua), jedoch ohne Hinweis auf ein Netzwerk.

Darüber hinaus ist im Sinne von Merkmal (F) beim Absinken der Batteriespannung unter den vorbestimmten Wert ein automatisches Melden, dass die Batterie gewechselt werden soll, beschrieben.

Die beanspruchte Lehre unterscheidet sich davon in folgenden Punkten:

(U1) = (E) Automatisches Speichern des Inhalts der Speicherzellen ...

(U2) = (G) Zurückschreiben des gespeicherten Inhalts ... nach Neustart ...

(U3) Das Verfahren wird in einem Computernetzwerk angewandt, und die Meldung nach Merkmal (F) erfolgt an den Netzwerkadministrator.

(U4) Die Speicherung erfolgt auf einem "Netzwerkvolumen".

Hierzu ist zunächst aus Druckschrift 2 insbesondere Spalte 2 Zeile 19 - Spalte 3 Zeile 3 die Lehre zu entnehmen, bei einem Tischcomputer die Versorgungsspannung zu überwachen und bei einem Netzausfall, dh wenn die Versorgungsspannung unter einen vorbestimmten Wert sinkt, ein Unterbrechungssignal (Interrupt) zu erzeugen, das die Ausführung ua folgender Schritte bewirkt:

(U1) = (E) Automatisches Speichern des Inhalts der Speicherzellen des flüchtigen Hauptspeichers (RAM) auf einen Massenspeicher (19),

(U2) = (G) Zurückschreiben des auf dem Massenspeicher gespeicherten Inhalts der Speicherzellen in den Hauptspeicher nach einem Neustart des Datenverarbeitungssystems.

Dem Durchschnittsfachmann ist das Problem des Datenverlustes bei Absinken der CMOS-RAM-Pufferbatteriespannung vertraut, und er erkennt sofort, dass die Lehre von Druckschrift 1 auf halben Wege stehen bleibt: allein das Melden, dass ein Batteriewechsel erforderlich ist, ermöglicht offensichtlich noch keinen sicheren Weiterbetrieb, sondern kann nur als Auslöser verstanden werden. Um zu verhindern, dass die gespeicherten Daten beim Batteriewechsel verloren gehen, wird der Fachmann ohne Weiteres auf die Lehre von Druckschrift 2 zurückgreifen und eine automatische Datensicherung und Zurückschreibung, ausgelöst durch das Absinken der Batteriespannung, entsprechend den Schritten (E) und (G) (dh U1 und U2) vorsehen.

Die Anmelderin vertritt hierzu die Auffassung, aus Druckschrift 2 sei kein Hinweis entnehmbar, eine andere als die Versorgungsspannung des Datenverarbeitungssystems zu überwachen. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz. Denn die Überwachung der Pufferbatterie-Spannung ist bereits aus Druckschrift 1 bekannt. Diese Pufferbatterie liefert aber die Versorgungsspannung für die CMOS-Speicherzellen; Druckschrift 2 steuert lediglich noch die Anregung bei, wie auf ein zu starkes Absinken der Versorgungsspannung reagiert werden soll, nämlich durch automatisches Speichern (und Zurückschreiben nach Neustart).

Die so für Einzelplatzrechner naheliegende Lehre wird der Fachmann ganz selbstverständlich auf Netzwerkrechner anwenden. Denn Computernetzwerke waren auch schon am Anmeldetag allgemein üblich. Gerade weil die typischen Nutzer eines solchen Netzwerks, insbesondere in großen Firmen oder Behörden, keine Erfahrung mit Hardware-Arbeiten haben - wie auch von der Anmelderin ausgeführt - , drängt es sich geradezu auf, diese Arbeiten an den Netzwerkadministrator zu übertragen, weil genau dieses, die Funktionsfähigkeit der vernetzten Rechner sicherzustellen, seine ureigenste Aufgabe ist. Somit liegt auch Merkmal (U3) für den Durchschnittsfachmann ohne weiteres nahe. Im Übrigen wäre die Frage, an wen die Meldung übermittelt wird, eher als administratives Problem einzustufen und nicht als technische Lehre.

Zu Merkmal (U4) wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, welcher besondere Effekt durch das Abspeichern auf einem Netzwerkvolumen (im Gegensatz zur lokalen Festplatte gemäß Druckschrift 2) eintreten könnte. Der Fachmann erkennt dies vielmehr als gleichwirkend und als eine bei Vorhandensein eines Netzwerks unmittelbar naheliegende Option.

Nach alledem beruht die Lehre des Hauptanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn sie ergibt sich für den Fachmann unter Berücksichtigung seines Fachwissens in naheliegender Weise aus den Druckschriften 1 und 2. Der Hauptanspruch ist somit nicht gewährbar. Mit ihm ist auch Unteranspruch 2 nicht gewährbar.

Die Beschwerde war daher, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, zurückzuweisen.

Dr. Fritsch Eder Schuster Baumgardt WA






BPatG:
Beschluss v. 11.10.2005
Az: 17 W (pat) 75/03


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