Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. August 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 83/02

(BPatG: Beschluss v. 28.08.2002, Az.: 32 W (pat) 83/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 11 - vom 29. Januar 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke BIO SUN vom 8. November 1999 für die Waren und Dienstleistungen "Kosmetika, Haarwasser; Bestrahlungsgeräte für medizinische Zwecke, Bestrahlungsgeräte für kosmetische Zwecke, insbesondere Bräunungsgeräte; Dienstleistungen eines Sonnenstudios und eines Schönheitssalons" hat die Markenstelle für Klasse 11 mit Beschluss vom 29. Januar 2002 für Bestrahlungsgeräte für medizinische Zwecke, Bestrahlungsgeräte für kosmetische Zwecke, insbesondere Bräunungsgeräte; Dienstleistungen eines Sonnenstudios und eines Schönheitssalonszurückgewiesen, weil das üblich gebildete BIO SUN insoweit umweltfreundliche Eigenschaften beschreibe. SUN stehe für Bestrahlungsgeräte, weil diese umgangssprachlich mit "Sonne" bezeichnet würden. Damit fehle die erforderliche Unterscheidungskraft. BIO SUN sei auch eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Eintragung von Drittzeichen gebe der Anmelderin keine rechtlichen Ansprüche; die Eintragung sei keine Ermessensentscheidung.

Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, BIO sei in Zusammensetzungen ein Hinweis auf Leben (Biochemie, Biotop). Auf "natürlich, gesund" weise es nur bei Lebensmitteln und anderen Naturprodukten hin. Selbst "biologische Sonne" habe keinen klaren Aussagegehalt. Daher habe BIOSUN auch bereits mehrfach Markenschutz erlangt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2002 aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft der Marke noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer zu dienen. Weist eine Wortmarke keinen für die fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst gängigen Sprache, das die Verbraucher - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, fehlt es nicht an der erforderlichen Unterscheidungseignung (vgl. BGH GRUR 2000, 722 - LOGO).

Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH MR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best).

Es kann nicht festgestellt werden, dass das englische Wort SUN eine übliche Bezeichnung für Bestrahlungsgeräte ist, auch wenn diese zum Teil "Höhensonne" genannt werden und in "Sonnenstudios" stehen. Im Zusammenhang mit diesen Geräten und in der gegebenen Wortkombination ist auch BIO keine übliche Bezeichnung für "gesund, natürlich, strahlungsarm, unschädlich, gut verträglich" o.ä., weil BIO aus dem Bereich natürlicher Stoffe (Lebensmittel, Holz) übertragen werden müsste.

Die Verwendung von BIO SUN als im Vordergrund stehende Sachangabe für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ist nicht nachweisbar.

Bei fremdsprachigen Bezeichnungen ist eine Zurückweisung der Anmeldung nur gerechtfertigt, wenn die beschreibende Bedeutung von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn der Verbraucher aus Bezeichnungen, wie "Sonnenbank", "Höhensonne" und "Sonnenstudio", erst "Sonne" herauslösen und dann ins Englische übersetzen muss, obwohl SUN kein Fachbegriff oder sonst üblicher Ausdruck für diese Geräte ist.

Ohne beschreibende Aussage fällt die angemeldete Marke auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese Vorschrift schließt nämlich nur Marken von der Eintragung aus, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder zur Bezeichnung ihrer sonstigen Merkmale dienen können.

Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass die Bezeichnung BIO SUN insbesondere von den Mitbewerbern zum freien beschreibenden Gebrauch benötigt wird. Da es sich bei BIO SUN um keinen Fachausdruck handelt, benötigen die Mitbewerber die fragliche Bezeichnung auch nicht beim inländischen Warenvertrieb oder beim Ex- und Import.

Die wörtlich aus Art 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gebietet die Versagung der Eintragung zwar auch dann, wenn eine noch nicht feststellbare Benutzung als Sachangabe jederzeit erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 - Chiemsee; BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it). Hier ist jedoch keine Tendenz, "BIO" mit beschreibender Bedeutung für technische Geräte zu verwenden, mit hinreichender Sicherheit prognostizierbar. Dafür bietet sich dort eher "ÖKO" an.

Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Na






BPatG:
Beschluss v. 28.08.2002
Az: 32 W (pat) 83/02


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