Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2000
Aktenzeichen: 21 W (pat) 56/98

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2000, Az.: 21 W (pat) 56/98)

Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluß der Patentabteilung 35 des Deutschen Patentamts vom 14. Juli 1998 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Patent 43 25 214 mit der Bezeichnung "Urologischer Arbeitsplatz" wurde am 27. Juli 1993 beim Deutschen Patentamt angemeldet, seine Erteilung ist am 29. Februar 1996 im Patentblatt veröffentlicht worden.

Gegen die Erteilung des Patents ist ein Einspruch eingelegt worden. Daraufhin hat die Patentabteilung 35 des Deutschen Patentamts mit Beschluß vom 14. Juli 1998 das Patent widerrufen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Die Patentinhaberin hat am 6. Oktober 1998 einen "Vorschlag für neue Patentansprüche 1 bis 5" und am 14. März 2000 einen "Vorschlag für neue Patentansprüche 1 bis 6 mit der Bitte eingereicht, diese dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen". Schließlich hat sie in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche vorgelegt, und zwar Ansprüche 1 - 6 gemäß Hauptantrag, Ansprüche 1 - 6 gemäß Hilfsantrag 1, und Ansprüche 1 - 5 gemäß Hilfsantrag 2.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Urologischer Arbeitsplatz, aufweisend einen Sockel (1), an welchem ein Patientenlagerungstisch (3) mit einer Lagerungsplatte (5), deren Länge 145 cm nicht wesentlich übersteigt, und eine Röntgendiagnostikeinrichtung (7, 8, 9), die relativ zu dem Patientenlagerungstisch (3) derart verstellbar ist, daß ihr Zentralstrahl eine Parallelverschiebung in wenigstens zwei Raumrichtungen erfährt, befestigt sind."

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

"Urologischer Arbeitsplatz, aufweisend einen Sockel (1), an welchem ein Patientenlagerungstisch (3) mit einer Lagerungsplatte (5), deren Länge 145 cm nicht wesentlich übersteigt, und eine Röntgendiagnostikeinrichtung (7, 8, 9), die relativ zu dem Patientenlagerungstisch (3) derart verstellbar ist, daß ihr Zentralstrahl eine Parallelverschiebung in wenigstens zwei Raumrichtungen erfährt, befestigt sind, wobei die Lagerungsplatte (5) des Patientenlagerungstisches (3) relativ zu der Röntgendiagnostikeinrichtung (7, 8, 9) höhenverstellbar ist."

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

"Urologischer Arbeitsplatz, aufweisend einen Sockel (1), an welchem ein Patientenlagerungstisch (3) mit einer Lagerungsplatte (5), deren Länge 145 cm nicht wesentlich übersteigt, eine Röntgendiagnostikeinrichtung (7, 8, 9), die relativ zu dem Patientenlagerungstisch (3) derart verstellbar ist, daß ihr Zentralstrahl eine Parallelverschiebung in wenigstens zwei Raumrichtungen erfährt, wobei die Lagerungsplatte (5) des Patientenlagerungstisches (3) relativ zu der Röntgendiagnostikeinrichtung (7, 8, 9) höhenverstellbar ist, und eine Therapieeinrichtung (11) befestigt sind, wobei die Röntgendiagnostikeinrichtung (7, 8, 9) als Ortungseinrichtung zur Ortung eines mittels der Therapieeinrichtung (11) zu behandelnden Bereiches dient."

Die Unteransprüche 2 - 6 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 wie auch die Unteransprüche 2 - 5 nach Hilfsantrag 2 betreffen vorteilhafte Weiterbildungen des Gegenstands des zugehörigen Patentanspruchs 1.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist gegenüber dem Patentanspruch 1, welcher der Entscheidung der Patentabteilung zugrunde lag dahingehend präzisiert und damit eingeschränkt, daß der Zentralstrahl der Röntgendiagnostikeinrichtung eine Parallelverschiebung in wenigstens zwei Raumrichtungen erfährt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist durch das Anfügen des die Höhenverstellbarkeit der Lagerungsplatte betreffenden Merkmals gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag eingeschränkt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1, zusätzlich wurden die Merkmale des erteilten Anspruchs 4 eingefügt.

Den Gegenständen dieser Patentansprüche liegt gemäß der insoweit weiter geltenden Patentschrift Sp 1 Z 23 - 26 die Aufgabe zugrunde, einen urologischen Arbeitsplatz so auszubilden, daß dem Urologen ein bequemes Arbeiten ermöglicht wird.

Im Prüfungsverfahren war lediglich die Druckschrift DE 93 04 457 U1 als Stand der Technik in Betracht gezogen worden.

Von der Einsprechenden wurden dazu noch folgende Druckschriften ins Verfahren eingeführt:

Die Firmenschriften UROMAT 2000 (Druckvermerk HP 10.89 3000)

UROMAT 2000 (Druckvermerk hp/01 09/91 5000 d)

und die Patentschriften DE 39 15 381 C2 DE 37 14 397 C2 DE 34 26 398 C2.

Von den Firmenschriften wurden seitens der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung Originale vorgelegt. Als Herausgeber haben beide Parteien übereinstimmend die Firma Pausch, Erlangen, genannt.

Die Patentinhaberin trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor, daß mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag erstmals ein urologischer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde, bei welchem die Position des Patienten während eines urologischen Eingriffs raumfest zur optimalen Arbeitsposition des Arztes beibehalten werden könne, auch wenn für eine Zwischenuntersuchung eine Änderung der Position der Röntgendiagnostikeinrichtung relativ zum Patienten notwendig werde.

Für die dazu beanspruchte Lösung gebe es im Stand der Technik keine Anregung, nicht einmal dazu, sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen.

Die mit dem Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen zusätzlich beanspruchte relative Höhenverstellbarkeit zwischen Röntgendiagnostikeinrichtung und Patientenlagerungsplatte sei aus dem Stand der Technik ebenfalls nicht bekannt, sie sei zudem vorteilhaft, weil dadurch zB ein Lithotripter aus einer Parkstellung in Arbeitsstellung gebracht werden könne.

Mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 werde die Kombination eines Therapiegerätes mit dem im übrigen beanspruchten urologischen Arbeitsplatz zum Ausdruck gebracht. Der Stand der Technik zeige dazu nur modular aufgebaute Arbeitsplätze, bei welchen die Röntgendiagnostikeinrichtung vom übrigen urologischen Arbeitsplatz mit dem Patientenlagerungstisch und dem Therapiegerät, zB einer Lithotripsieeinrichtung, getrennt sei.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüchen 1 bis 6 gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüchen 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 2, im übrigen mit noch anzupassender Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Die Einsprechende hält das Aufgreifen des dem Beschluß im Einspruchsverfahren zugrunde liegenden Patentanspruchs 1 als Hauptantrag für unzulässig, weil die Patentinhaberin mit dem Einreichen der Patentansprüche am 14. März 2000 und dem in der damit verbundenen Eingabe gestellten Antrag auf den weitergehenden Schutzumfang des Patentanspruchs 1 nach der Patentschrift verzichtet habe.

Im übrigen spricht sie den Gegenständen der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2 unter Hinweis auf den Stand der Technik die für eine Patenterteilung erforderliche erfinderische Tätigkeit ab.

II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüche sind zulässig. Insbesondere hat die Patentinhaberin mit dem Einreichen neuer Patentansprüche am 14. März 2000 nicht auf weitergehende Fassungen verzichtet. Ein Verzicht muß den eindeutigen Willen erkennen lassen, weitergehende Rechte aus dem Patent sofort und endgültig aufzugeben (Busse, PatG 5. Aufl, § 20, Rn 26). Ein solcher Wille ist dem Antrag, die Ansprüche als Vorschlag dem Verfahren zugrunde zu legen, nicht zu entnehmen. Ein Vorschlag ist als Angebot für eine Anspruchsfassung zu verstehen, die bei fehlender Akzeptanz der prüfenden Stelle abänderbar ist (vgl Benkard, PatG GbmG 9. Aufl, PatG § 35, Rn 156 ff). Das in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aufgenommene Merkmal zur Höhenverstellbarkeit der Patientenlagerungsplatte ist der Figur 2 der Streitpatentschrift in Verbindung mit deren Beschreibung entnehmbar.

Im übrigen kann die Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche dahinstehen, da weder der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag noch die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hilfsantrag 1 oder 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

Mit dem Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 und 2 fallen auch die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 - 6 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 und die Unteransprüche 2 - 5 nach Hilfsantrag 2.

1. Aus der Firmenschrift "UROMAT 2000 ..." mit dem Druckdatum 09/91, deren öffentliche Zugänglichkeit von beiden Parteien nicht angezweifelt worden ist, ist ein urologischer Arbeitsplatz bekannt, aufweisend einen Sockel, an welchem ein Patientenlagerungstisch mit einer Lagerungsplatte befestigt ist, deren Länge 145 cm nicht wesentlich übersteigt (s "Technische Daten": "Größe der Patientenlagerungsplatte 640 x 1370 mm"), wie auch eine Röntgendiagnostikeinrichtung, die relativ zu dem Patientenlagerungstisch derart verstellbar ist, daß ihr Zentralstrahl eine Parallelverschiebung in einer Raumrichtung erfährt (s Datenblatt mittlere Sp: "Motorische Längsverschiebung des Strahlers mit Rasterlade 440 mm").

Demgegenüber verbleibt beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag als neu, daß die Röntgendiagnostikeinrichtung mit ihrem Zentralstrahl auch noch in eine zweite Raumrichtung relativ zum Patientenlagerungstisch - parallel - verschiebbar ist.

Beim "UROMAT 2000 ..." ist dagegen für eine weitere Zentrierung des Untersuchungsbereichs nur noch eine Tisch(quer)verschiebung vorgesehen (s Datenblatt reSp: "Motorische Tischlängs- und Querverschiebung, längs 220 mm, quer ± 100 mm").

Wenn dies vom Benutzer, dem Arzt, während eines Eingriffs als störend empfunden wird, weil er nach einer Querverschiebung des Tisches für eine Zwischenuntersuchung seine vorher eingenommene und als optimal empfundene Arbeitsposition verändern muß, und dies von ihm dem für die Konstruktion des urologischen Arbeitsplatzes zuständigen Fachmann vorgetragen wird, mit dem er in der Regel für technische Weiterentwicklungen eng zusammenarbeitet, bedarf es für diesen lediglich einer handwerklichen Änderung der bestehenden Konstruktion des bekannten Gerätes, um zur beanspruchten Lösung zu gelangen.

Die einzige Alternative zur Tischquerverschiebung ist nämlich die Querverschiebung des Zentralstrahls. Einer solchen Lösung steht beim UROMAT 2000 auch prinzipiell nichts im Wege, nachdem dort nicht nur der Strahler mit der Rasterlade bereits längsverschiebbar am Tisch befestigt ist, sondern auch bereits der Röhrentragarm (hier allerdings nur zur Erleichterung des Einstiegs für den Patienten, s Abschnitt "UROMAT 2000 - bei Bedarf ausbaufähig") nach hinten verschiebbar ist (s Datenblatt reSp: "verschiebbarer Röhrentragarm nach hinten 320 mm"), so daß der Fachmann dies letztlich konstruktiv lediglich in eine Querverschiebbarkeit von Strahler/Röhre mit Rasterlader/Bildwandler abwandeln muß.

2. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch das zusätzliche Merkmal, daß "die Lagerungsplatte des Patientenlagerungstisches relativ zu der Röntgendiagnostikeinrichtung höhenverstellbar ist."

Diese Art der Höhenverstellung ist beim UROMAT 2000 nicht vorgesehen. Dort ist vielmehr nur eine Höhenverstellung des gesamten Patientenlagerungstisches mit der an ihm längs verschiebbaren Röntgendiagnostikeinrichtung möglich (s ua Datenblatt liSp u Figuren).

Die relative Verstellbarkeit der Patientenlagerungsplatte zur Röntgendiagnostikeinrichtung ist jedoch im Prinzip bekannt, so zB aus der DE 37 14 397 C2 (s Fig 1: das den Patientenlagerungstisch tragende "Bauteil 6" ist höhenverstellbar) und insbesondere bei solchen Lithotriptern selbstverständlich, bei welchen die Röntgeneinrichtung zur Ortung und Positionierung des zu behandelnden Konkrements beiträgt (hierzu sei nur beispielsweise die im Einspruchsverfahren zitierte DE 34 26 398 C2 erwähnt).

Das Merkmal der relativen Höhenverstellbarkeit kann deshalb auch in Verbindung mit den übrigen, schon im Anspruch 1 nach Hauptantrag enthaltenen Merkmalen die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht begründen. Der Fachmann kann und wird vielmehr ohne erfinderisch tätig werden zu müssen je nach den weiteren funktionellen und konstruktiven Randbedingungen eine der beiden Maßnahmen zur Höhenverstellbarkeit der Lagerungsplatte auswählen.

Entgegen der Meinung der Patentinhaberin wird durch die beanspruchte Maßnahme auch nicht, wie geltend gemacht, auf überraschende Weise Raum für das Einfügen einer Behandlungsvorrichtung, wie zB eines Lithotripters, aus einer Parkposition heraus geschaffen. Dies ist im Prinzip auch bereits beim UROMAT 2000 allein durch die Längsverschiebung des Strahlers mit der Rasterlade möglich.

3. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 durch das zusätzliche Merkmal, daß an dem Sockel des urologischen Arbeitsplatzes nocheine Therapieeinrichtung befestigt ist, wobei die Röntgendiagnostikeinrichtung als Ortungseinrichtung zur Ortung eines mittels der Therapieeinrichtung zu behandelnden Bereichs dient.

Letztlich kann auch dieses zusätzliche Merkmal die Patentfähigkeit des nunmehr beanspruchten Gegenstandes nicht begründen, für den im übrigen die Bewertung des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 gilt.

Denn die Befestigung von Therapieeinrichtungen ist prinzipiell auch bereits beim UROMAT 2000 vorgesehen (s Datenblatt liSp Kasten "Vielfältiges Zubehör ...: Infusionsflaschenhalter, Kreiselspüle, Spülbeutel ... Tragarme für Zusatzgeräte"). Der unter "Zusatzgeräte" fallende, im vorliegenden genannte Lithotripter stellt hier keine erfinderische Besonderheit dar, wenn ein Gerät wie der UROMAT 2000 als universeller urologischer Arbeitsplatz Verwendung finden soll, wie dies zB von dem modular aufgebauten Arbeitsplatz nach der DE 37 14 397 C2 bekannt ist, weil, wie bereits zum Hilfsantrag 1 ausgeführt, der UROMAT 2000 ohne besonderen konstruktiven Aufwand bereits die Befestigung einer solchen Therapieeinrichtung gestattet.

Die Verwendung der vorhandenen Röntgendiagnostikeinrichtung zur Ortung des mittels der Therapieeinrichtung zu behandelnden Bereichs ist für viele auf dem urologischen Arbeitsplatz zu behandelnden Erkrankungen glatt selbstverständlich und insbesondere auch bei vielen Lithotriptern bekannt und üblich, wie dies beispielsweise die bereits erwähnte DE 34 26 398 C2 zeigt.

Dr. Hechtfischer Klosterhuber Dr. Franz Haaß

Fa






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2000
Az: 21 W (pat) 56/98


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