Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 7. Februar 1992
Aktenzeichen: 19 U 219/91

(OLG Hamm: Urteil v. 07.02.1992, Az.: 19 U 219/91)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5. Juni 1991 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

1)

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.156,48 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. März 1990 zu zahlen;

2)

Es wird festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin zum Ersatz aller künftigen Schäden verpflichtet ist, wie sie im Tenor des vorgenannten Urteils des Landgerichts Hagen unter Ziffer 2) im einzelnen wörtlich und bildlich umschrieben sind.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Beklagte in Höhe von 40.156,48 DM (zugleich Kostenstreitwert der Berufungsinstanz).

Tatbestand

Die Klägerin ist Herstellerin und Vertreiberin von Kinderbekleidung, während die Beklagte Etikette aller Art produziert. Die Klägerin hat mit der Klage von der Beklagten den Ersatz der Schäden begehrt, die ihr durch Verwendung eines von der Beklagten hergestellten Etiketts entstanden sind bzw. noch entstehen werden. Für die Saison 1988/89 beabsichtigte die Klägerin, bei der Beklagten ein Etikett für den neuen Modetrend zu bestellen. Der Klägerin wurde von einem Handelsvertreter der Beklagten ein Musterkatalog mit den verschiedenartigsten Etiketten vorgelegt. Ein Etikett mit einem Südseemotiv und der Beschriftung "xxx" gefiel der Klägerin besonders gut.

Nach dem Wunsch der Klägerin sollte das Motiv und die Worte "xxx" beibehalten und lediglich die weitere Beschriftung in "xxx" geändert werden. Die Beklagte fertigte in ihrem Atelier einen entsprechend abgeänderten Entwurf, der von der Klägerin genehmigt wurde. Den nachfolgenden Auftrag der Klägerin über Herstellung von 5.000 Etiketten bestätigte die Beklagte unter Bezugnahme auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen mit dem Schreiben vom 18.08.1988, auf das Bezug genommen wird (Blatt 37 GA). Sowohl in der Auftragsbestätigung als auch in den AGB (Blatt 38 R Ziff. 2) der Beklagten ist folgendes aufgenommen:

"Der Verkäufer ist befreit von Forderungen und Kosten hinsichtlich der Verletzung von Urheberrechten, ... die im Zusammenhang mit der Herstellung dem Verkauf dieser Etiketten entstehen können." Die von der Beklagten gelieferten Etikette nähte die Klägerin in ihre Kinderkleidung ein und verkaufte sie. Als fast der gesamte Warenbestand verkauft war, meldete sich die xxx aus xxx (im folgenenden: xxx) und machte gegenüber der Klägerin Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend, weil die Benutzung des abgewandelten Etiketts ihre Urheberrechte an dem Etikett "xxx " verletze und zur Verwechslung auf dem Markt führe. Tatsächlich handelte es sich bei dem in die Mustermappe der Beklagten aufgenommenen Etikett "xxx" nicht um einen Entwurf der Beklagten, sondern um einen solchen der xxx. Diese hat daraufhin die jetzige Klägerin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren - in dem die jetzige Klägerin der jetzigen Beklagten den Streit verkündet hat - mit Erfolg auf Unterlassung in Anspruch genommen (Az.: 7 O 96/89 LG Saarbrücken). Dadurch sind der jetzigen Klägerin - in zwei Instanzen - Prozeßkosten von insgesamt 20.156,48 DM entstanden, die sie gezahlt hat.

Die Klägerin hat ferner .geltend gemacht, daß ihr durch das inzwischen eingeleitete Hauptsacheverfahren seitens der xxx weitere Kosten entstehen könnten. Auch habe die xxx gegen den Käufer der Kinderbekleidung, der xxx, gerichtliche Verfahren auf Unterlassung eingeleitet. Es sei zu erwarten, daß die xxx sie (die Klägerin) wegen der Verfahrenskosten auf Schadensersatz in Anspruch nehmen werde. Auch unabhängig davon seien Schadensersatzansprüche der xxx und der xxx gegen sie (die Klägerin) zu befürchten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sei. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Aufklärungspflichten verletzt, indem sie nicht darauf hingewiesen habe, daß ihre Mustermappe auch Entwürfe enthalte, an denen Urheberrechte Dritter bestehen könnten.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 20.156,48 DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 01.03.1990 zu zahlen,

2.

festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin zum Ersatz aller künftigen Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der Verwendung des von der Beklagten hergestellten und gelieferten Etiketts mit folgenden Charakteristika entstehen: einer bunten Südseelandschaft mit einer großen Palme links im Vordergrund, einem quer über die untere Bildfläche laufenden Ozeanausschnitt, einer Sonne am unteren Rand der oberen Bildhälfte, über zwei darunter befindlichen, weiter entfernt wirkenden Palmen und zwei großen Hibiskusblüten im Vordergrund rechts, einem welligen, aus vier Linien bestehenden Streifenband über dem Ozean, sowie diversen Blumen links neben der großen Palme am linken Bildrand kombiniert mit folgender Beschriftung: "xxx" am oberen Bildrand verbunden mit einem senkrecht; am linken Bildrand geschriebenen Wort 'xxx' in der Weise, daß in beiden Wörtern der Anfangsbuchstabe C in der linken oberen Bildecke gemeinsam ist, sowie den Worten: "xxx" am

unteren Bildrand.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einen umfassenden Haftungsausschluß enthielten. Sie hat die Ansicht vertreten, daß es Sache des Auftraggebers sei, sich über etwaige Urheberrechte zu informieren. Es sei auch offensichtlich, daß die Mustermappe Auftragsarbeiten anderer Firmen enthalte.

Das Landgericht hat der Klägerin 1/4 des verlangten bezifferten Schadensersatzes zugesprochen und weiter die Feststellung getroffen, daß die Beklagte der Klägerin 1/4 des zukünftigen Schadens der Klägerin aus der Verwendung des von der Beklagten hergestellten Etiketts zu ersetzen habe. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, daß zwar auf den zwischen den Parteien zustandegekommenen Werklieferungsvertrag Kaufrecht zur Anwendung komme. Eine Rechtsmängelhaftung der Beklagten sei jedoch nicht gegeben, da die Voraussetzungen der §§ 440 Abs. 2 bis Abs. 4, 441 BGB nicht vorlägen. Es bestehe aber für die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, da die Beklagte ihre Aufklärungs- und Hinweispflicht verletzt habe. Der in den AGB der Beklagten festgelegte Haftungsausschluß sei nach den §§ 24, 9, 11 Nr. 7 AGBG unwirksam: Da die Klägerin allerdings selbst habe erkennen können, daß möglicherweise an den ihr vorgelegten Musteretiketten Urheberrechte anderer Firmen bestanden, sei ein nicht unerhebliches Mitverschulden der Klägerin anzunehmen, so daß sich der Anspruch der Klägerin auf 1/4 des Schadens begrenze.

Hiergegen wenden sich die Berufungen der Klägerin und der Beklagten, mit der beide Parteien ihre Schlußanträge erster Instanz in vollem Umfang weiterverfolgen.

Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Rechtsmängelhaftung der §§ 434 ff. BGB eingreife. Es läge ein Rechtsmangel vor, da das von der Beklagten gelieferte Etikett Urheberrechte der xxx verletze. Aus § 439 Abs. 1 BGB ergäbe sich, daß die Beklagte sich nicht gemäß § 254 BGB auf ein Mitverschulden der Klägerin berufen könne. Entsprechend sei die Beklagte in vollem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet. Im übrigen macht die Klägerin geltend, daß ihr nicht erkennbar gewesen sei, daß an den ihr vorgelegten Musteretiketten Rechte Dritter bestanden hätten. Sie weist ferner darauf hin, daß die Beklagte selbst Entwürfe anfertige. Hierzu überreicht die Klägerin ein Formularschreiben der Beklagten, auf das Bezug genommen wird (Bl. 174 GA) und in dem u.a. folgendes vermerkt ist:

"Der Entwurf ist unser geistiges Eigentum und darf ohne unsere Einwilligung weder vervielfältigt noch dritten Personen vorgelegt werden. Wir bitten in jedem Fall um Rücksendung. Andernfalls setzen wir Ihr Einverständnis zur Übernahme der Entwurfskosten voraus".

Ferner trägt die Klägerin vor, daß die xxx inzwischen auch im Hauptsacheverfahren obsiegt habe. Auf das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 08.11.1991 (Az.: 7 O 141/89 IV) (Bl. 195-211 GA) wird Bezug genommen. Auch in diesem Verfahren war der Beklagten seitens der Klägerin der Streit verkündet worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils und unter Zurückweisung ihrer Berufung die Beklagte zur Zahlung eines .weiteren Betrages von 15.117,36 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.03.1990 zu verurteilen und festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin weitere 3/4 aller Schäden aus der Verwendung des umstrittenen Etiketts ersetzen muß.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, daß für sie eine Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin nicht bestanden habe. Eine solche Pflicht bestehe gegenüber dem Vertragspartner nur dann, wenn diesem für den Vertragsabschluß wichtige Umstände nicht bekannt seien bzw. von ihm nicht erkannt werden können und er redlicherweise Auskunft verlangen könne. Die Klägerin habe jedoch aus den Musteretiketten entnehmen können, daß es sich hierbei nicht um Originalentwürfe der Beklagten, sondern um Auftragsarbeiten anderer Firmen gehandelt habe. Die Beklagte hat zudem in ihrem vorbereitenden Schriftsatz behauptet, daß sie kein Designerbetrieb sei. Die Mustermappe habe lediglich den Zweck, dem Kunden Anregungen zu geben, in welcher Ausführung Etikette hergestellt werden können. Ferner ist die Beklagte der Ansicht, daß ihr eine Aufklärungspflicht schon allein deswegen nicht aufgebürdet werden könne, weil von ihr ein unverhältnismäßig großer Verwaltungsaufwand betrieben werden müßte, um jeden anderen Kunden über das Bestehen von Urheberrechten aufzuklären. Schließlich hält sie den in ihren AGB festgelegten Haftungsausschluß für wirksam.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Senatstermin eingeräumt, eine eigene Design-Abteilung zu haben, in der auch eigene Etiketten-Muster entworfen wurden.

Gründe

Die wechselseitigen Berufungen der Parteien sind zulässig. Die Berufung der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg, während die der Beklagten unbegründet ist. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten gemäß den §§ 651 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1, 434, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 1 BGB sowohl einen Anspruch auf Zahlung von 20.156,48 DM als auch einen Anspruch auf die Feststellung, daß die Beklagte ihr den gesamten künftigen Schaden aus der Verwendung des Etiketts "xxx" zu ersetzen hat.

Zwischen den Parteien ist ein Werklieferungsvertrag im Sinne von §§ 651 Abs. 1 BGB zustandegekommen, der die Herstellung eines Etiketts zum Gegenstand hat. Auf diesen Werklieferungsvertrag sind gemäß § 651 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 BGB die Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung nach §§ 434 ff. BGB anzuwenden. Aus § 434 BGB ergibt sich die Verpflichtung des Herstellers, dem Auftraggeber den Gegenstand frei von Rechten Dritter zu übergeben, die von Dritten gegen den Auftraggeber geltend gemacht werden können. Diese Verpflichtung hat die Beklagte nicht erfüllt. Sie hat nämlich ein Muster der xxx verwendet, dessen wesentliche Gestaltungsmerkmale in dem für die Klägerin hergestellten Etikett beibehalten worden sind. Durch die Benutzung dieses Etiketts hat die Klägerin Urheberrechte der xxx verletzt. Denn der Entwurf dieser Firma stellt eine individuelle, geistige Leistung dar und ist somit ein nach § 2 Urhebergesetz geschütztes Werk. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es auch allgemein anerkannt, daß die Verletzung von Urheberrechten die Haftung gemäß § 434 BGB auslösen kann (Soergel-Huber, BGB, 12. Aufl., § 434 Rdn. 42). § 434 BGB grenzt die Rechte, deren Verletzung zur Rechtsmängelhaftung führt, in keiner Weise ein. Einzige Voraussetzung für die Haftung nach § 434 BGB ist, daß der Dritte den Auftraggeber wegen der Verletzung seines Rechtes in Anspruch nehmen kann. Dies ist bei Verletzung des Urheberrechtes wegen der damit verbundenen Unbenutzbarkeit des für die Klägerin hergestellten Etiketts der Fall.

Die Rechtsmängelhaftung gemäß § 434 BGB ist auch nicht durch die §§ 440 Abs. 2 - 4, 441 BGB ausgeschlossen. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht gegeben. Nur in dem Fall, in dem das verletzte Recht eines Dritten ein Recht zum Besitz gibt, ist die Rechtsmängelhaftung eingeschränkt. Das Urheberrecht der xxx begründet jedoch kein Besitzrecht an den von der Beklagten hergestellten und von der Klägerin in Verkehr gebrachten Etiketten.

Im Hinblick auf die vorstehenden Feststellungen braucht auf die Frage von Nebeninterventionswirkungen des einstweiligen Verfügungsverfahrens 7 O 96/89 LG Saarbrücken für den vorliegenden Rechtsstreit gemäß §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO nicht weiter eingegangen zu werden. Die Parteien haben dazu nichts näheres vorgetragen; die Akten jenes Verfügungsverfahrens haben nicht vorgelegen.

Im Ergebnis ist für den vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls ohne Bedeutung, daß der Unterlassungsanspruch der xxx im Hauptsacheprozeß auf den möglicherweise durchschlagenderen rechtlichen Gesichtspunkt der §§ 1,3 UWG gestützt wird.

Die Rechtsmängelhaftung der Beklagten nicht gemäß § 439 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, daß die Klägerin bei Vertragsabschluß positive Kenntnis von den Rechten der xxx gehabt hat. Daß die Klägerin bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt leicht von den Rechten dieser Firma Kenntnis hätte erlangen können, reicht für einen Ausschluß der Rechtsmängelhaftung nicht aus. Die Haftung der Beklagten ist auch nicht unbillig. In § 434 BGB ist für den Hersteller die Verpflichtung normiert, lediglich Waren in Verkehr zu bringen, die frei von Rechten Dritter sind. Dieser Verpflichtung kann die Beklagte auch ohne unzumutbaren Mehraufwand nachkommen. Sie hätte lediglich bei Aufnahme eines Musters in die Musterkollektion zu prüfen, ob Rechte Dritter bestehen, und gegebenenfalls diese Rechte neben dem Muster zu vermerken.

Da die Beklagte ihrer Verpflichtung, ihre Ware frei von Rechten Dritter zu liefern, nicht nachgekommen ist, hat die Beklagte gemäß den §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. § 325 BGB betrifft zwar grundsätzlich lediglich den Schadensersatzanspruch wegen verschuldeter Unmöglichkeit. Es ist jedoch allgemeine Ansicht, daß über § 440 Abs. 1 BGB § 325 BGB analog auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung infolge anfänglichen Unvermögens anzuwenden ist, da der Hersteller grundsätzlich anfängliches Unvermögen zu vertreten hat (Palandt-Putzo, BGB, 50. Aufl., §§ 440/441 Rdn. 4).

Die Haftung der Beklagten ist auch nicht durch Ziffer 2) ihrer AGB wirksam ausgeschlossen. Diese Klausel ist gemäß den §§ 24, 9, 11 Nr. 7 AGBG unwirksam. Es ist in der Literatur und Rechtsprechung (Soergel-Huber, BGB, 12. Aufl., § 440 Rdn. 62-64) einhellige Meinung, daß formularmäßig nicht die Haftung für eine grob fahrlässige bzw. vorsätzliche Vertragsverletzung ausgeschlossen werden kann. Wenn dennoch formularmäßig ein vollständiger Haftungsausschluß vereinbart wird, ist die gesamte Klausel unwirksam.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht auf ein Mitverschulden der Klägerin und einer entsprechenden Haftungsminderung gemäß § 254 Abs. 1 BGB berufen. Zwar wird in der Literatur (Münch. Komm. H.P. Westermann, BGB, 2. Aufl., § 439 Rdn. 4 am Ende) die Ansicht vertreten, daß im Rahmen der Rechtsmängelhaftung nach § 434 BGB die Vorschrift des § 254 BGB anwendbar ist. Die Rechtsprechung (BGHZ 110, 197 ff., 203) lehnt jedoch eine Anwendung des § 254 BGB ab. Im Rahmen der Rechtsmängelhaftung widerspricht die Anwendung des § 254 BGB dem Grundgedanken des § 439 BGB. Gemäß § 439 BGB soll sich der Käufer so lange auf seine Gewährleistungsrechte berufen können, solange er nicht positive Kenntnis vom Rechtsmangel hat. Bei Anwendung des § 254 BGB würde jedoch bereits bei fahrlässigem Verhalten des Käufers das Gewährleistungsrecht eingeschränkt. Die Beklagte haftet somit in vollem Umfang auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung und hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits xxx/Klägerin in Höhe von insgesamt 20.156,48 DM zu ersetzen.

Freilich berührt § 439 BGB nicht die Obliegenheit des Käufers zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 BGB. Für eine Verletzung dieser Obliegenheit der Klägerin ist aber im vorliegenden Fall nichts ersichtlich, auch nicht deshalb, weil die jetzige Klägerin in dem in Rede stehenden Verfügungsverfahren zunächst Berufung eingelegt hat, die sie alsdann zurückgenommen hat.

Der Zinsanspruch der Klägerin ist gemäß den §§ 284, 286 BGB gerechtfertigt.

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig und begründet. Insbesondere besteht das Rechtsschutzinteresse im Sinne von § 256 ZPO für diesen Antrag, da die Klägerin dargelegt hat, daß ihr durch Verwendung der von der Beklagten hergestellten Etikette noch weitergehende Schäden entstehen können, die zur Zeit nicht abschließend bezifferbar sind.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus dem § 708 Nr. 10 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 07.02.1992
Az: 19 U 219/91


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