Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. April 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 231/04

(BPatG: Beschluss v. 12.04.2006, Az.: 26 W (pat) 231/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 303 19 243 Fleur Blancheunter anderem für "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine, Schaumweine; Spirituosen, weinhaltige Getränke" ist Widerspruch eingelegt aus der Wortmarke 1 113 667 Blanchet, die eingetragen ist für "alkoholische Getränke (ausgenommen Bier), insbesondere Wein".

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, trotz teilweiser Warenidentität bestehe unter Zugrundelegung durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keine Gefahr von Verwechslungen, weil "fleur blanche" ein Gesamtbegriff sei, der nicht auseinander gerissen werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 vom 7. Januar 2004 und vom 1. Juli 2004 aufzuheben und die Marke 303 19 243 zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat ihre Beschwerde - wie schon zuvor ihre Erinnerung - nicht begründet.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn die angefochtenen Beschlüsse entsprechen der Sach- und Rechtslage. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den einander gegenüberstehenden Marken zutreffend verneint.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Hierbei besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen, sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt. Marken, die eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, genießen einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vgl. EuGH MarkenR 1999, 22, 23 f. - Canon, st. Rspr.).

Im vorliegenden Verfahren stehen einander identische Waren gegenüber. Dabei sind die unter I. genannten, von den jeweiligen Warenverzeichnissen erfassten Produkte nicht nur (wie die Markenstelle ausführt) hinsichtlich der Weine, sondern insgesamt hinsichtlich aller alkoholischen Getränke (ausgenommen Biere) identisch; denn Weine, Schaumweine, Spirituosen und weinhaltige Getränke gehören zu den alkoholischen Getränken.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen. Hierbei ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart abzustellen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich diesem nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH vom 22. 6. 1999 - Lloyd, zu finden auf der Website des EuGH curia.eu.int).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht zwischen den einander gegenüberstehenden Marken keine relevante Ähnlichkeit. "Fleur Blanche" und "Blanchet" unterscheiden sich deutlich in ihrem jeweiligen Gesamteindruck. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die jüngere Marke auf ihren Bestandteil "Blanche" verkürzt wird. Die Teile der angesprochenen Verkehrskreise, die französische Sprachkenntnisse haben, werden die Bedeutung "weiße Blume" der jüngeren Marke verstehen und haben schon deshalb keine Veranlassung, sich allein am zweiten Markenbestandteil "Blanche" zu orientieren. Für die anderen Verbraucher ist ebenfalls kein Grund ersichtlich, der sie veranlassen könnte, die jüngere Marke auf einen ihrer Bestandteile - insbesondere auf "Blanche" - zu verkürzen und den anderen demgegenüber zu vernachlässigen. Zu vergleichen sind also die Bezeichnungen "Fleur Blanche" einerseits und "Blanchet" andererseits. Diese Bezeichnungen sind sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher Hinsicht aufgrund des in der jüngeren Marke enthaltenen Bestandteils "Fleur", der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat, deutlich unterschiedlich. In begrifflicher Hinsicht besteht ebenfalls keinerlei Ähnlichkeit. Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass nur ein geringer Teil der angesprochenen Verkehrskreise französische Sprachkenntnisse hat und aufgrund dieser Sprachkenntnisse den einander gegenüberstehenden Bezeichnungen überhaupt eine Bedeutung beimisst. Für diese der französischen Sprache ausreichend kundigen Verbraucher stehen einander die völlig unterschiedlichen Begriffe "weiße Blume" (fleur blanche) und "Seihtuch" (blanchet) gegenüber.

Da Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG eine Ähnlichkeit oder Identität der einander gegenüberstehenden Marken voraussetzt, die vorliegend nicht festgestellt werden kann, konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.






BPatG:
Beschluss v. 12.04.2006
Az: 26 W (pat) 231/04


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