Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 7. November 2007
Aktenzeichen: 41 O 122/03

(LG Düsseldorf: Urteil v. 07.11.2007, Az.: 41 O 122/03)

Tenor

Der Klageantrag 1. wird abgewiesen.

Auf den Klageantrag 2. wird der Beschluß der ordentlichen

Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Mai 2003 zum

Tagesordnungspunkt 5, mit dem die Hauptversammlung

der Beklagten die X Wirtschaftsprüfungs-

gesellschaft, E, zum Abschlußprüfer der Gesell-

schaft für das Geschäftsjahr 2003 gewählt hat, für nichtig

erklärt.

Die Nebenintervention der Nebenintervenientin zu 2) auf Seiten des Klägers wird zugelassen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander

aufgehoben.

Von den außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2) trägt die Beklagte ½; im übrigen trägt die Nebenintervenientin zu 2) ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Nebenintervenientin zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang selbst.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von

110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig

vollstreckbar.

Tatbestand

Mit seiner Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wendet sich der Kläger gegen zwei Beschlüsse aus der Hauptversammlung der Beklagten vom 22.5.2003 betreffend die Entlastung des Vorstandes (TOP 3) und die Wahl des Abschlußprüfers (TOP 5).

Der Kläger, der nach 23jähriger Tätigkeit bei der Beklagten 1994 als Mitglied der Generaldirektion der X ausschied, hält seit längerer Zeit 100 auf den Inhaber lautende Stammaktien der Beklagten. Das Grundkapital der Beklagten beträgt x € und ist in x Stück Stamm- und x Stück Vorzugsaktien ohne Stimmrecht aufgeteilt.

Die Beklagte beschloß 1998, sich von einigen zu ihrem Konzern gehörenden Gesellschaften zu trennen, da sie diese nicht mehr als zu ihrem Kerngeschäft gehörend betrachtete (u.a. das Warenhaus X, den Schuhfilialisten Y, das Bekleidungsunternehmen Y sowie die Computer-Vertriebskette Z. Zu diesem Zweck gründete sie zusammen mit der X und der Y die sog. XY-Gruppe, in die die Gesellschaften, von denen sie sich trennen wollte, eingebracht werden sollten. Anschließend sollte die XY-Gruppe diese Gesellschaften und ihre Vermögensgegenstände verkaufen. Der Kläger stellte bereits vor sowie in der Hauptversammlung der Beklagten vom 22.5.2002 kritische Fragen an den Vorstand der Beklagten im Hinblick auf die XY-Transaktion und die Bilanzierung der XY-Beteiligung. Der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hatte den Aktionären in jener Hauptversammlung zugesagt, bis zum 31.12.2002 eine Endabrechnung über die XY-Transaktion vorzulegen. Das geschah nicht.

Die Beklagte lud im elektronischen Bundesanzeiger vom 8.4.2003 ihre Aktionäre zu ihrer nächsten ordentlichen Hauptversammlung für den 22.5.2003 ein (Anlage K 1). Sie schlug darin unter TOP 3 die Entlastung ihres Vorstandes für das Geschäftsjahr 2002 sowie unter TOP 5 die G Gesellschaft in E (im folgenden: G) zur Wahl als Abschlußprüfer für das Geschäftsjahr 2003 vor. Der Kläger hatte bereits vor dieser Hauptversammlung sämtlichen Aufsichtsratsmitgliedern einen eigenen 13 Punkte umfassenden "Bericht " vom 30.4.2003 (Anlage K 2) zugeleitet, der die XY-Transaktion behandelte und der zugleich als Begründung eines Antrages auf Sonderprüfung gem. §§ 142 ff. AktG dienen sollte.

Der Kläger behauptet, er habe über seine Hausbank - die C-Bank - erfolglos versucht, die Pflichtauslagen der Beklagten sowie eine Eintrittskarte für die Hauptversammlung zu erhalten. Die L in K beantragte am 11.4.2003 die Ausstellung von Eintrittskarten auf den Namen des Klägers. Daraufhin erteilte die Beklagte ihr am 23.4.2003 die auf den Namen des Klägers lautende Eintrittskarte Nr. 8 (Anlage B 8) für 100 Stammaktien in Eigenbesitz. Einen Tag vor der Hauptversammlung, am 22.5.2003, bevollmächtigte der Kläger den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater X aus H auf dieser Karte, ihn auf der Hauptversammlung zu vertreten und das Stimmrecht für ihn auszuüben. Mit dieser Eintrittskarte nahm X für den Kläger an der Hauptversammlung teil. Neben dieser Eintrittskarte stellte die Beklagte am 14.5.2003 für den Kläger eine zweite Eintrittskarte mit der Nummer 123 für 200 Aktien in Fremdbesitz aus (Anlage B 11). Mit dieser Eintrittskarte Nr. 2722 nahm der Kläger selbst an der Hauptversammlung teil.

Auf der Hauptversammlung stellte der Kläger zu TOP 3 mit der Stimmkarte Nr. 2722 einen Antrag auf eine Sonderprüfung gem. §§ 142 ff. AktG "zur Aufklärung aller Vorgänge XY und aller damit zusammenhängenden Ansprüche der Gesellschaft gegen derzeitige und frühere Organgmitglieder sowie gegen Dritte, insbesondere auch der Unterbewertung der 10,05 % Beteiligung an C mit xx Euro anstatt xx Euro". Der Aufsichtsratsvorsitzende und Versammlungsleiter rügte diesen Antrag als nicht hinreichend konkret, worauf der Kläger den Antrag änderte und ihn dahin formulierte, die fehlende Konsolidierung der XY im Konzernabschluß der O 2002 nach §§ 142 ff. AktG zu prüfen und hierfür die X GmbH zum Sonderprüfer zu bestellen. Bei einer Präsens von 213.445.071 Stimmen ergab die Abstimmung über diesen Antrag 250 Ja-Stimmen, 206.551.994 Nein-Stimmen und 6.892.827 Enthaltungen. Die sich anschließende Abstimmung über den Vorschlag zur Entlastung des Vorstandes ergab 213.421.408 Ja-Stimmen und 17.367 Nein-Stimmen bei 6.226 Enthaltungen. Der Kläger hatte sich also mit seinem Gegenantrag auf Entlastungsverweigerung nicht durchsetzen können.

Zu TOP 5 stellte X mit der Stimmkarte Nr. 8 namens des Klägers den Antrag, die y Gesellschaft nicht zum Abschlußprüfer für das Jahr 2003 zu wählen und stattdessen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft X zu wählen. Der Kläger selbst stellte mit der Stimmkarte 2722 den Antrag, die y-Gesellschaft wegen Befangenheit nicht zum Konzernabschlußprüfer zu bestellen. Gemäß dem Vorschlag des Aufsichtsrates wählte die Versammlung die y-Gesellschaft mit 213.097.459 Ja-Stimmen bei 5.896 Nein-Stimmen und 341.646 Enthaltungen zum Abschlußprüfer für das Jahr 2003.

Im Verlaufe der Aussprache ergriffen sowohl der Kläger als auch Xdas Wort, wobei beide u.a. Fragen zu der XY--Transaktion stellten.

Der Kläger und X erklärten zu allen Beschlüssen der Hauptversammlung in den Punkten 2 bis 12 der Tagesordnung Widerspruch zu Protokoll des Notars. Weitere Widersprüche gegen Beschlüsse der Hauptversammlung wurden nicht erklärt.

In Ziff. 6 des notariellen Protokolles der Versammlung (Anlage B 4) heißt es abschließend:

Um Aufnahme von Fragen in die notarielle Niederschrift wurde nicht ersucht. Herr X (der Kläger) erklärte zum notariellen Protokoll, er habe Zweifel an einer gem. § 53 a AktG genügenden Verhandlungsführung durch den Vorsitzenden, da er erst ab 15:15 dazu komme, inhaltliche Fragen zur Vermögenslage der Gesellschaft zu stellen."

Der Kläger macht geltend:

Der Jahresabschluß der Beklagten habe in der Hauptversammlung nicht ausgelegen. Die Beklagte habe die Aufstellung des Anteilsbesitzes (sog. Beteiligungspiegels) weder während der Einberufungsperiode in den Räumen der Gesellschaft noch in der Hauptversammlung ausgelegt. Obwohl er sich bereits um 9:00 Uhr als zweiter Redner in die Rednerliste eingetragen habe, habe der Aufsichtsratsvorsitzende ihm erst gegen 15:15 als einem der letzten Aktionäre das Wort erteilt. Vorstand und Aufsichtsrat sei bekannt gewesen, daß der Kläger die als unangenehm empfundene Thematik der XY-Transaktion ansprechen werde. Die Beklagte habe sich deshalb intern darauf verständigt, dem Kläger nicht vor dem Redaktionsschluß der präsenten Wirtschaftspresse das Wort zu erteilen. Wegen des Ausbleibens der zugesagten Endabrechnung habe er in der Hauptversammlung zu 16 Punkten bezüglich der XY-Transaktion Fragen gestellt (Vgl. Klage Seiten 7-12), die größtenteils unrichtig und teilweise auch unvollständig beantwortet worden oder gänzlich unbeantwortet geblieben seien. Dies habe er in einem zweiten Redebeitrag moniert. Als er sich zum dritten Mal zu den daraufhin gegebenen Antworten zu Wort gemeldet habe, sei er von dem Vorsitzenden nicht mehr vorgelassen worden. Die Beklagte habe seine Informationsrechte und seine Teilnahmerechte verletzt, außerdem habe sie Auslegungsvorschriften und Konzernrechnungslegungsvorschriften verletzt. Das berechtige ihn zur Anfechtung der Vorstandsentlastung.

Der Kläger macht im Hinblick auf die Anfechtung des Wahlvorschlages für den Abschlußprüfer weiter geltend, es bestehe die Besorgnis der Befangenheit. Erstens seien dem gewählten Abschlußprüfer Z und Partner eine Reihe von Fehlleistungen im Zusammenhang mit der in 1998 vollzogenen Einbringung von Beteiligungen der Beklagten in verschiedene XY-Gesellschaften vorzuwerfen. Die in die XY-Gruppe eingebrachten Beteiligungen hätten richtigerweise seit dem Geschäftsjahr 1998 konsolidiert werden müssen. Die Beteiligung der Beklagten an den XY-Gesellschaften seien jeweils unter 50 % gehalten worden, um - fehlerhaft - eine Nichtkonsolidierung zu erreichen. Das gesellschafstrechtliche Konstrukt der XY-Gruppe verschleiere die nötige Transparenz bezüglich der Möglichkeiten von Einflußnahmen. Die Beklagte habe fortlaufend seit 1998 Verluste der XY-Gesellschaften übernommen und Bürgschaften geleistet, ohne hierfür Ausgleichsansprüche bei ihren Mitgesellschaftern geltend zu machen und/oder diese zu aktivieren. Allein das begründe eine faktische Beherrschung der XY-Gruppe durch die Beklagte. Selbst wenn man dem nicht folge, habe es dem Abschlußprüfer oblegen, auf eine Aktivierung der Ausgleichsforderungen gegenüber den Mitgesellschaftern bei der XY-Gruppe zu drängen. Für eine Konsolidierung sprechende, vom Kläger vorgebrachte Kriterien seien von Z und Partner nicht, jedenfalls nicht mit der gebotenen Unabhängigkeit und mit falschem Ergebnis gewürdigt worden.

Zweitens bestehe eine historisch gewachsene Besorgnis der Befangenheit aufgrund folgenden Sachverhaltes: Der gewählte Abschlußprüfer sei aus der Wirtschaftsprüfersozietät G und Partner hervorgegangen. Diese Sozietät habe den Gründer der Beklagten - C - und die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerinnen schon seit deren Gründung im Jahre 1964 umfassend wirtschaftlich und steuerlich beraten. Die Begleitung durch M habe sich ab 1971 noch intensiviert, als die O-Gruppe ihre operativen Auslandsaktivitäten begonnen habe. In den Jahren 1980 bis 1986 seien C sowie dessen damaliger Juniorpartner D insbesondere bei der vom Bundeskartellamt gestoppten qualifizierten Beteiligung der Beklagten an der L AG unverzichtbare Partner gewesen, deren Mandat bei allen Expansionsschritten mitgewachsen sei. Aufgrund dieser langjährigen Zusammenarbeit hätten sich sehr enge Beratungsbeziehungen zwischen der X-Geselschaft und dem Gründer der O und dessen Gesellschaften ergeben. Die X-Gesellschaft sei als Berater und Abschlußprüfer für die O Vermögensverwaltungsgesellschaft m.b.H. und Co KG, die unmittelbare Aktionärin der Beklagten, sowie eine Vielzahl von Gesellschaften des O-Großaktionärs E tätig, u.a. für die O Vermögensverwaltung GmbH, die Y GmbH, die Z Betriebs-GmbH, die W Beteiligungs- und VermögensverwaltungsGmbH, die G Stiftung und die Q Vermögensverwaltung GmbH und Co KG. Diese enge Verbundenheit gehe besonders deutlich auch aus einem zwischen dem Kläger, dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzendem der Beklagten I und Caus dem Jahre 2002 stammenden Korrespondenz hervor.

Drittens habe die X-Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2003 nicht mehr zum Abschlußprüfer bestellt werden dürfen, weil X und Y in den vergangenen 10 Jahren mindestens 10 Mal Bestätigungsvermerke nach § 322 HGB unterzeichnet hätten und dies gegen die neu eingeführte Vorschrift des § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB verstoße.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Mai 2003 zum Tagesordnungspunkt 3, mit dem die Hauptversammlung der Beklagten dem Vorstand Entlastung erteilt hat, für nichtig zu erklären; den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Mai 2003 zum Tagesordnungspunkt 5, mit dem die Hauptversammlung der Beklagten die X-Gesellschaft, E, zum Abschlussprüfer der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2003 gewählt hat, für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Die Beklagte hält die Klage für unzulässig, weil der Kläger an der Hauptversammlung mit einer Stimmkarte für fremden Aktienbesitz teilgenommen habe und ihm deshalb die Klagebefugnis fehle, die ihm auch X nicht verschafft habe.

In der Sache selbst verteidigt die Beklagte die angefochtenen Beschlüsse als rechtsfehlerfrei zustandegekommen und auch inhaltlich rechtmäßig. Im Hinblick auf den -abgewiesenen- Klageantrag zu 1) wird diesbezüglich in vollem Umfang auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten Bezug genommen. Im Hinblick auf den Klageantrag 2) wendet die Beklagte ein:

Der gewählte Abschlußprüfer habe seine Aufgaben stets sachgerecht wahrgenommen. Die vom Kläger behaupteten Fehlleistungen lägen nicht vor. Unerheblich für die Frage der Besorgnis des gewählten Abschlußprüfers sei, ob zwischen ihm und Prof. C Beratungsbeziehungen bestünden, da Beratungsbeziehungen eines Abschlußprüfers zu einzelnen Aktionären des zu prüfenden Unternehmens aus Sicht eines objektiv und sachgerecht urteilenden Aktionärs nicht geeignet seien, die unparteiische und unabhängige Durchführung der Abschlußprüfung zu beeinträchtigen. Dies gelte umso mehr, als Prof. C keine unmittelbare Beteiligung an der Beklagten halte, sondern er lediglich mittelbar einer von drei paritätisch beteiligten Gesellschaftern der O Vermögensverwaltung GmbH und der O Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG sei. Auch ein Verstoß gegen § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB liege nicht vor, weil bei der Anwendung dieser Vorschrift die Bestätigungsvermerke zum Jahresabschluß und zum Konzernabschluß als Einheit zu berücksichtigen seien und nur als e i n e Unterschrift zählten und weil die Testate für die B AG und deren Tochter O AG der Beklagten nicht zugerechnet werden könnten.

Die Nebenintervenientin zu 1) hat trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt an der mündlichen Verhandlung der Kammer nicht teilgenommen.

Die Nebenintervenientin zu 2) beantragt ihre Zulassung auf Seiten des Klägers und schließt sich den Anträgen des Klägers an.

Die Beklagte beantragt, die Nebenintervention der Nebenintervenientin zu 2) als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt außerdem, auch die Nebenintervention der Nebenintervenientin zu 1) als unzulässig zurückzuweisen, weil die Nichtbeteiligung der Nebenintervenientin zu 1) an der mündlichen Verhandlung zeige, dass ihr jegliches Rechtsschutzinteresse fehle.

Die Kammer hat die die Beklagte betreffende Handelsregisterakte eingesehen und eine schriftliche Zeugenaussage des Notars Dr. S eingeholt, der die Niederschrift über die Hauptversammlung aufgenommen hat. Wegen des Ergebnisses dieser Aussage wird auf das Schreiben des Notars vom 13. Juni 2005 mit Anlagen ( Bl. 649 f. GA ) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und die zur Akte gereichten Urkunden verwiesen.

Gründe

A. Zur Zulässigkeit der Klageanträge

Die Klage ist mit beiden Anträgen zulässig.

Der Kläger hat als Aktionär der Beklagten an der Hauptversammlung teilgenommen und gegen die von ihm angefochtenen Beschlüsse Widerspruch zu Protokoll des Notars erklärt (§ 245 Nr. 1 AktG). Seine Klage ist auch innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG bei der Kammer eingegangen. Weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage bestehen nicht. Für die Klagebefugnis des Klägers kommt es insbesondere nicht auf die Art und Weise an, wie er eine Eintrittskarte für die Hauptversammlung erlangt hat, sondern nur darauf, dass er im Zeitpunkt der Hauptversammlung unstreitig über eigene Aktien der Beklagten verfügt hat . Angesichts der Vorgeschichte der vom Kläger erhobenen Einwendungen sowie seiner persönlichen Redebeiträge auf der Hauptversammlung konnte kein vernünftiger Zweifel der Beklagten daran bestehen, dass der Kläger eigene Aktionärsrechte wahrnehmen wollte und wahrnehmen will. Es ist demgegenüber unerheblich, dass der Kläger mit einer Eintritts- und Stimmkarte für fremden Aktienbesitz an der Hauptversammlung teilgenommen hat. Für seine Klagebefugnis reicht es, dass er eine Beeinträchtigung im Hinblick auf eigene Aktien und im Hinblick auf seine persönliche Rechtsstellung als Aktionär der Beklagten geltend macht.

B. Zum Klageantrag 1 - Entlastung

Der Klageantrag 1) ist unbegründet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschluß der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstandes wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung anfechtbar ist (§ 243 Abs. 1 AktG).

I.

Eine Verletzung von Teilnahme- und Stimmrechten des Klägers im Vorfeld der Hauptversammlung ist nicht gegeben, insbesondere liegt insoweit kein Verstoß gegen §§ 118 und 175 Abs. 2 AktG vor.

1.

Der vom Kläger geäußerte Vorwurf, die Beklagte habe ihn bewußt und gezielt gehindert, an der Hauptversammlung teilzunehmen, ist nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat diesen Vorwurf nicht durch konkrete und nachprüfbare Tatsachen untermauert. Der Kläger hat bereits erfolglose Bemühungen zur Erlangung einer Eintrittskarte sowie der Pflichtausauslagen nach § 175 Abs. 2 AktG nicht schlüssig dargelegt. Gegen das Bestreiten der Beklagten hat der Kläger der Kammer keine Bescheinigung der M AG vorgelegt, aus der sich ergibt, dass er seinerzeit Aktien an der Beklagten im Depot hielt. Aufgrund der vom Kläger vorgelegten Anlage K 8 kann lediglich davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Hausbank, die X Bank, beauftragt hat, Eintrittskarten für die Hauptversammlung vom 22.05.2003 zu bestellen und die L Bank dies am 30.04.2003 bei der X AG auch versucht hat. Nach der Bescheinigung der Anlage K 8 hat die X AG der L Bank jedoch am 09.05.2003 mitgeteilt, dass die Aktien des Klägers nicht mehr bei ihr deponiert seien. Die L Bank will deshalb noch am selben Tag (also am 09.05.2003) Eintrittskarten über "K" unmittelbar bei der Beklagten bestellt haben. Nach einer Auskunft der "K" habe die Beklagte die Karten am 14.05.2003 der L Bank zugestellt, die Karten seien jedoch nicht bei ihr, der L Bank, eingetroffen.

Diese Bescheinigung genügt nicht. Die Beklagte hatte in der Einladung zur Hauptversammlung darauf hingewiesen, dass zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts aus den Stammaktien diejenigen Aktionäre berechtigt sein würden, die ihre Aktien gemäß § 16 der Satzung bis spätestens Donnerstag, 15. Mai 2003, während der üblichen Geschäftsstunden bei der Beklagten in 00000 E, O Straße 0 einem deutschen Notar, einer Wertpapiersammelbank, der F Bank AG, der G Bank AG, der H Bank , der I Bank AG oder der Bank J AG hinterlegen und bis zur Beendigung der Hauptversammlung dort belassen würden. Die F Bank ist als zuverlässige Hinterlegungsstelle bekannt. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Behandlung von Anforderungen auf Erteilung von Eintrittskarten durch die F Bank AG begründen könnten, sind der Beklagten nicht bekannt. Zwar unterhält die L Bank bei der F Bank AG ein Depot. Aktien der Beklagten werden in diesem Depot nach der unwiderlegten Darstellung der Beklagten jedoch nicht verwahrt. Die F Bank AG bedient sich bei der Ausstellung von Eintrittskarten und der Übersendung von Pflichtauslagen der Hilfe rechtlich selbstständiger technischer Dienstleister. Für die Ausstellung von Eintrittskarten für die ordentliche Hauptversammlung 2003 der Beklagten hat sich die F Bank AG der Hilfe der M Bank AG bedient. Entsprechende Anforderungen wurden von der F Bank AG unverzüglich an die M Bank AG weiter geleitet. Eine Anforderung des Klägers oder der Zuger Kantonalbank, eine Eintrittskarte zur Hauptversammlung der Beklagten am 22.05.2003 zu übersenden, ist jedoch weder der F Bank AG noch der M Bank AG zugegangen oder anderweitig bekannt. Bei der Bezeichnung "K" handelt es sich unstreitig um die Kurzbezeichnung der T, X Laut öffentlich zugänglichen Informationen betreibt diese seit 1988 ein System des Wertpapierclearings, dass der Rationalisierung der Transaktionen mit ausländischen Wertpapieren dient. Der Kläger hat nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt, dass diese Gesellschaft am 09.05.2003 unmittelbar bei der Beklagten Eintrittskarten für ihn bestellt hat. Aus der vorgelegten Bescheinigung Anlage K 8 geht dies nicht hervor. Auch eine Erklärung der Beklagten, dass sie für den Kläger bestimmte Eintrittskarten am 14.05.2003 an die L Bank abgesandt habe, ist vom Kläger nicht dokumentiert. Die "Vernehmung eines instruierten Vertreters der L Bank", die der Kläger hierzu beantragt hat, ist nicht angezeigt, denn der ohnehin nicht namentlich benannte Vertreter der L Bank könnte bloß Angaben vom Hören-Sagen machen, nämlich Angaben darüber, was ihm ein Vertreter der Intersettle telefonisch berichtet hat. Solche Angaben vom bloßen Hören-Sagen reichen hier zum Nachweis der Tatsachenbehauptung aber nicht aus, sie haben allenfalls den Wert eines Indizes, das allzu schwach ist. Auch im Rahmen seiner Anhörung hat der Kläger Behinderungen bei der Erlangung einer Eintrittskarte nicht konkretisieren können. Der Kläger hat vielmehr geäußert, er habe sich "vorsorglich" zwei Eintrittskarten bei einer anderen Bank besorgt, weil er die Befürchtung gehegt habe, die Beklagte werde ihn nicht zur Hauptversammlung zulassen. Diese Befürchtung ist jedoch nicht plausibel dargelegt, denn aus dem erfolglosen Versuch, die Karte über die Zuger Kantonalbank zu beschaffen, konnte die Befürchtung entgegen der Behauptung des Klägers nicht resultieren, weil der Kläger bereits geraume Zeit vor dem 9.5./14.5.2003 - am 11.4.2003 - über die L und Co in I problemlos eine Eintrittskarte erhalten hatte.

2.

Nach § 175 Abs. 2 S. 1 AktG sind von der Einberufung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft folgende Unterlagen zur Einsicht der Aktionäre auszulegen: der Jahresabschluß, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats und der Vorschlag des Vorstandes für die Verwendung des Bilanzgewinnes. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist auf Verlangen jedem Aktionär unverzüglich eine Abschrift dieser Vorlage zu erteilen. Der Kläger hat indessen nicht schlüssig dargelegt, ein solches Verlangen an die Beklagte oder die von ihr mit der Abwicklung der Organisation betraute O Bank gerichtet zu haben. Eine Anforderung dieser Unterlagen bei der Beklagten geht aus der Bescheinigung der L Bank (Anlage K 8) nicht hervor. Die Beklagte hat in der Klageerwiderung detailliert dargelegt, wann und wo die Pflichtauslagen von der Einberufung der Hauptversammlung an zur Einsichtnahme durch die Aktionäre auslagen. Eigene Bemühungen, die Unterlagen in der Hauptverwaltung der Beklagten in E anzufordern oder einzusehen, vermochte der Kläger nicht darzustellen. Der Kläger hat auch nicht bestritten, dass die Pflichtauslagen vor der Einberufung der Hauptversammlung auf der Internetseite der Beklagte in deutscher und englischer Sprache zugänglich waren. Dass der Kläger dies nicht gewusst haben will, ist unerheblich. Der Kläger führt selbst an, er habe sich zu jenem Zeitpunkt regelmäßig in T aufgehalten, was die Kammer als Bestätigung für fehlende eigene Bemühungen des Klägers wertet, im Vorfeld der Hauptversammlung die Unterlagen zu bekommen. Auch hier gilt nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers das bereits zu 1. im Hinblick auf die Eintrittskarte Ausgeführte. Die Behauptung des Klägers, die Geschäftsberichte der Beklagten hätten zum Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung noch nicht druckfertig vorgelegen, wertet die Kammer als ins Blaue hinein erhoben, weil dafür jeder Anhalt fehlt. Auch hier ist zudem unwiderlegt weder bei der Beklagten noch bei der von der Deutschen Bank AG mit der Abwicklung der Übersendung der Pflichtauslagen beauftragten Q GmbH eine Anfrage des Klägers oder der L Bank auf Übersendung der Pflichtauslagen eingegangen .

II.

Eine Verletzung von Informationsrechten des Klägers in der Hauptversammlung wegen fehlerhafter Fragenbeantwortung nach § 131 AktG ist weder im Zusammenhang mit der x -Beteiligung noch im Hinblick auf die weiteren, vom Kläger behaupteten Fragen feststellbar.

1.

Die 1998 gegründete XY-Gruppe hat unstreitig folgende gesellschaftsrechtliche Struktur:

Obergesellschaft der XY ist die XY AG & Co KG, G. An der XY AG & Co KG hält die XY Beteiligungs AG, G., als Komplementärin 50 % der Stimmrechte, jedoch keine Kapitalbeteiligung. Alleinaktionär der XY Beteiligungs AG ist Herr N. Weitere 9,5 % der Stimmrechte an der XY AG & Co KG sowie eine 19%-Kapitalbeteiligung werden von der Kommanditistin E Beteiligungs GmbH, E, gehalten, einer 100%-Tochtergesellschaft der Beklagten. Die verbleibenden Anteile, also 40,5 % der Stimmrechte, sowie eine 81%-Kapitalbeteiligung, hält die weitere Kommanditistin E Beteiligungs GmbH, G. Deren Gesellschafter sind die Finanzinvestoren mit 63 % (davon O Bank AG 48 %, H Lebensversicherungs AG 15 %). Die Beklagte ist mit 37 % Minderheitsgesellschafter der E Beteiligungs GmbH, Die E AG & Co KG hat eine 100 %-Tochtergesellschaft, die XY Beteiligungsverwaltungs GmbH, G. Diese wiederum hält eine Kommanditbeteiligung an der XY Beteiligungs AG & Co KG (100 % der Kommandtianteile, 50 % der Stimmrechte). Die weiteren 50 % der Stimmrechte an der XY Beteiligungs AG &Co KG hält die bereits zuvor erwähnte XY Beteiligungs AG als Komplementärgesellschaft. Die Beteiligungsverhältnisse sind in dem Schaubild der Anlage B 21 graphisch dargestellt.

2.

Zu den 16 vom Kläger in der Klageschrift behaupteten Fragekomplexen hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung (Bl. 67 - 75 d.A.) folgende, wörtlich wiedergegebene Rechtsverteidigung vorgetragen:

3.

Der Kläger hat diese Rechtsverteidigung der Beklagten in keinem einzigen Punkt zu entkräften vermocht. Der Kläger hat eine unzureichende Beantwortung der von ihm gestellten Fragen durch den Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung nicht gerügt. Der Kläger hatte bereits dort die Gelegenheit, die ihm erteilten Auskünfte als unzureichend zu bemängeln. Der Versammlungsleiter hat vor der Schließung der Generaldebatte nachgefragt, ob irgendwelche Fragen unbeantwortet geblieben waren. Der Kläger hat sich darauf nicht gemeldet. Nach § 131 Abs. 5 AktG kann ein Aktionär, dem eine Auskunft verweigert wird, verlangen, dass seine Frage und der Grund, aus dem die Auskunft verweigert wird, in die Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen wird. Von diesem Recht hat der Kläger, der selbst Jurist ist und als solcher in leitender Funktion für die Beklagte ehemals tätig war, keinen Gebrauch gemacht. Das spricht dafür, dass er am Ende der Generaldebatte selbst davon ausgegangen ist, dass eine rechtswidrige Auskunftsverweigerung nicht vorlag.

Der Kläger, der die Rüge zu notariellem Protokoll als taugliches Beweismittel hätte nutzen können, hat auch im Verlaufe des Prozesses seine ursprünglich aufgestellten Behauptungen zu den von ihm gestellten Fragen und den nach seiner Behauptung fehlerhaften Antworten zwar wiederholt und ergänzt, er hat die behaupteten Fragen und Auskunftsmängel jedoch in keinem einzigen Punkt unter Beweis gestellt. Der Kläger hat mit der Klageerwiderung zur Kenntnis genommen, dass die Beklagte die von den Aktionären gestellten Fragen durch eigens dafür im sogenannten Backoffice eingesetzte Mitarbeiter hat aufnehmen lassen, um -so die Beklagte- die Beantwortung aller Fragen sicherzustellen. Ein taugliches eigenes Beweisangebot zum Nachweis der Klagebehauptungen hat der Kläger darauf bei der Kammer jedoch nicht angebracht. Die Beiziehung der notariellen Niederschrift, die der Kläger als einziges Beweismittel für seine Behauptungen beantragt hat, hat die Kammer vorgenommen, ohne daß diese Niederschrift in auch nur einem Fragenkomplex eine Bestätigung für die Richtigkeit der Klagebehauptungen erbringt. Stattdessen ist der Kläger in seinem Schriftsatz vom 13.10.2004 (Bl. 534 GA) von den Vorwürfen der Klage praktisch abgerückt. Der Kläger hat dort selbst die mit der Klage noch in den Vordergrund gerückten Vorwürfe einer Falschauskunft als nicht mehr maßgeblich bezeichnet, indem er sich nunmehr mit der Frage der Beweisbarkeit seiner Vorwürfe befaßt und erklärt, die Auskunftsmängel in Gestalt von Falschinformationen könnten "zunächst zurückgestellt" werden, da der ihnen zugrundeliegende Sachverhalt "in der Tat komplizierter" sei. Um sich über diese Haltung des Klägers zu vergewissern, hat die Kammer dem Kläger in einer mehrstündigen und zweitägig durchgeführten mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben, beispielhaft einige ihm als besonders gravierend erscheinende Verstöße gegen § 131 AktG darzustellen. Der Kläger hat diese Möglichkeit nicht genutzt. Er hat keinen einzigen Fragenkomplex in der mündlichen Verhandlung angesprochen und der Kammer erläutert. Auch mit diesem Verhalten hat der Kläger dokumentiert, dass er von den ursprünglich erhobenen Vorwürfen nunmehr abrückt. Die Kammer geht bei dieser Sachlage in tatsächlicher Hinsicht von demjenigen Sachverhalt aus, den die Beklagte -wie vorstehend zu 2) wiedergegeben- unwiderlegt zur Auskunftserteilung vorgetragen hat. Aus diesem Sachverhalt lassen sich keine Verstöße gegen § 131 AktG feststellen.

III.

Ebenfalls ohne Erfolg greift der Kläger die Vorstandsentlastung mit der Begründung an, die Beklagte habe in der Hauptversammlung Auslegungspflichten gemäß §§ 120 Abs. 3, 175 Abs. 2 AktG in anfechtungsrelevanter Weise verletzt.

1.

Nach § 120 Abs. 3 AktG hat der Vorstand der Hauptversammlung den Jahresabschluß, den Lagebericht und den Bericht des Aufsichtsrates vorzulegen. Die Beklagte hat als Konzern nicht nur einen Jahresabschluß für sich selbst, sondern auch einen Konzernabschluß aufzustellen (vgl. § 297 HGB). Diese Unterlagen sind -wie die Verweisung auf § 175 Abs. 2 AktG ergibt- zur Einsichtnahme durch die Aktionäre in der Hauptversammlung auszulegen. § 285 Nr. 11 HGB bestimmt, welche Pflichtangaben im Anhang enthalten sein müssen. Zu diesen Pflichtangaben zählen nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 285 Nr. 11 HGB auch Angaben über diejenigen Unternehmen, an denen die Beklagte mindestens den fünften Teil der Anteile besitzt. Die Beklagte hat von dem ihr in §§ 287, 313 Abs. 4 HGB eingeräumten Wahlrecht Gebraucht gemacht, die Aufstellung ihres Anteilsbesitzes nicht im Anhang ihres Jahres- und Konzernabschlusses, sondern stattdessen in gesonderten Aufstellungen vorzunehmen. Diese fortan als Beteiligungsliste oder Beteiligungsspiegel bezeichnete gesonderte Aufstellung hat die Beklagte der Kammer vorgelegt (Anlagen B 15 und B 16). Außerdem hat die Beklagte diese Beteiligungslisten, wovon die Kammer sich überzeugt hat, wenige Tage nach der Hauptversammlung zum Handelsregister eingereicht und damit öffentlich zugänglich gemacht.

2.

Durch die von dem Notar Dr. S errichtete Niederschrift über die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten (Anlage B 4) ist bewiesen, dass der Jahresabschluß, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats und der Vorschlag des Vorstandes für die Verwendung des Bilanzgewinnes der Beklagten sowie der Konzernabschluß, der Konzernlagebericht und der Bericht des Aufsichtsrates hierüber der Hauptversammlung vom Vorstand der Beklagten vorgelegt wurden und diese Unterlagen während der Hauptversammlung am Wortmeldetisch, der sich im Sitzungsraum vom Podium aus gesehen rechts befand, zur Einsichtnahme durch die Aktionäre auslagen. Darauf hatte der Aufsichtsratsvorsitzende und Leiter der Hauptversammlung der Beklagten zu Beginn der Versammlung auch ausdrücklich hingewiesen (vgl. Niederschrift Seite 5). Dies alles hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich auch nicht mehr in Abrede gestellt. Soweit der Kläger geltend macht, er habe sich vor Beginn der Hauptversammlung an eine Dame an dem für die Information der Aktionäre bereit gestellten Stand im Hauptfoyer des Kongresscenters gewandt, um "die ihm zu diesem Zeitpunkt immer noch fehlenden Geschäftsberichte, insbesondere den Einzelabschluß" zu erhalten, und soweit er weiter geltend macht, dort habe ihm eine der Mitarbeiterinnen der Beklagten lediglich den Geschäftsbericht 2002, der den Konzernabschluß der Metro Group enthalten habe, nicht aber den Jahresabschluß der Beklagten selbst übergeben, ist all dies für die Kammer kein hinreichendes Indiz dafür, dass der Einzelabschluß der Beklagten während der Hauptversammlung entgegen den Feststellungen des Notars nicht auslag. Dieser Umstand belegt nur, dass an einem von mehreren Ständen, der von dem in der Halle befindlichen Wortmeldetisch räumlich getrennt lag, möglicherweise im Zeitpunkt der Anfrage des Klägers kein Einzelabschluß der Beklagten verfügbar war. Die vom Kläger gezogene Schlußfolgerung, dass Unterlagen insgesamt nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden seien, weil er sie auf Anfrage an einem Stand nicht erhalten habe, ist nicht tragfähig. Auch im Rahmen seiner Anhörung hat der Kläger seine Schlußfolgerung nicht untermauern können. Der Kläger hat vielmehr einräumen müssen, dass er sich um das Vorhandensein der Unterlagen an anderen Ständen, insbesondere aber an dem Wortmeldetisch, nicht weiter gekümmert hat. So gesehen handelt es sich bei der Darstellung des Klägers letztlich nur um eine Vermutung, die sich aufgrund der notariellen Niederschrift als unrichtig erweist.

3.

Bewiesen ist dagegen, dass die Beteiligungslisten nach §§ 287, 313 HGB, die als Bestandteil des Jahres- und Konzernabschlusses ebenfalls hätten ausgelegt werden müssen, in der Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß auslagen. Das ergibt sich ebenfalls aus der notariellen Niederschrift der Hauptversammlung (Urkundenrolle Nr. 668/2003 des Notars Dr. Paul Rombach, dort Seiten 5 und 9). Diejenigen Unterlagen, die auslagen, hat der Notar ausdrücklich benannt. Die von der Beklagten im Prozess vorgelegten Beteiligungslisten der Anlagen B 15 und B 16 zählen nicht dazu. Notar Dr. Rombach hat die ausgelegten Unterlagen in der Anlage IV seiner Urkunde zu Protokoll genommen. Auch die Anlage IV enthält aber -was sich aus der schriftlichen Aussage des Notars ergibt- nicht die Beteiligungslisten. Der Notar hat die Beteiligungslisten dementsprechend auch nicht zum Handelsregister eingereicht, wovon sich die Kammer überzeugt hat. Die Beteiligungslisten sind vielmehr unmittelbar von der Beklagten am 4.6.2003 zum Handelsregister eingereicht worden. Die notarielle Urkunde entfaltet in diesem Punkt nicht nur positive, sondern -wie der Kläger zutreffend hervorhebt- auch negative Beweiskraft dahin, dass in ihr nicht erwähnte Unterlagen auch nicht ausgelegen haben. Da die Beteiligungslisten weder in der Niederschrift des Notars ausdrücklich Erwähnung finden, noch sie vom Notar als Teil der Anlage IV zu seiner Urkunde genommen wurden, steht fest, dass sie auch nicht ausgelegen haben. Ob und unter welchen Voraussetzungen dieser Negativbeweis entkräftet werden kann, kann dahinstehen, denn die Beklagte hat sich zum Beweis ihrer gegenteiligen Behauptung ebenfalls nur auf die Aussage des Notars bezogen.

Der Aussage des Notars kann aber nicht entnommen werden, daß die Beteiligungslisten auslagen. Er kann sich an diese Frage nicht mehr konkret erinnern.

4.

Die zu 3. festgestellte Pflichtverletzung des Vorstandes der Beklagten rechtfertigt jedoch nicht die Anfechtbarkeit der Entlastungsentscheidung nach §§ 120, 243 AktG. Nicht jeder Verstoß gegen das Gesetz führt zur Anfechtbarkeit der Entlastungsentscheidung. Durch die Entlastung billigt die Hauptversammlung die Verwaltung der Aktiengesellschaft durch die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates ( § 120 Abs. 2 S. 1 AktG). Der Anfechtbarkeit eines Entlastungsbeschlusses sind enge Grenzen gesetzt. Der Aktionär kann mit seiner Anfechtungsklage nur unter besondern Umständen geltend machen, dass der gefasste Entlastungsbeschluss deswegen nicht hätte getroffen werden dürfen, weil das Ergebnis der Verwaltung durch Vorstand und Aufsichtsrat eine Entlastung nicht rechtfertigt. Grundsätzlich eröffnet die Anfechtungsklage keine Richtigkeitskontrolle durch die Gerichte, sie kann nur auf die in § 243 AktG genannten Gründe gestützt werden. Ein Verstoß von Vorstand oder Aufsichtsrat gegen Gesetz oder Satzung bedeutet deshalb nicht automatisch, dass auch deren Entlastung gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Es würde dem Wesen der Entlastung widersprechen, wenn sie nicht gerade auch bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht aus § 93 AktG, der immer auch einen Verstoß gegen das Gesetz bedeutet, erteilt werden könnte (OLG Hamburg WM 2002, 696 ff.) Wenn der Entlastungsbeschluß nicht wegen unentschuldbarer Verstöße der Verwaltung inhaltlich fehlerhaft ist, kein Verfahrensfehler vorliegt und der Sonderfall des § 243 Abs. 2 AktG nicht eingreift, kann er zwar auch mit der Begründung angefochten werden, dass Auskunftsrechte der Aktionäre verletzt wurden. Liegen aber die Informationen über das beanstandete Verhalten des Vorstandes und des Aufsichtsrates vor, steht es den Aktionären frei, auf dieser Tatsachengrundlage die Entlastung zu verweigern oder sie gleichwohl zu beschließen. Auch eine Verwaltung, die falsche unternehmerische Entscheidungen getroffen oder ihre Sorgfaltspflicht aus § 93 AktG verletzt hat, kann durch die Mehrheit entlastet werden. Etwas anderes mag bei besonders gravierenden Vorwürfen, z.B. bei Verstößen gegen gesetzliche Kardinalpflichten oder bei kriminellen Handlungen des Vorstandes und des Aufsichtsrates, gelten, angesichts derer kein vernünftiger Aktionär die Verwaltung entlasten würde (OLG Hamburg a.a.O.). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 153, 47 "Macroton") ist ein Entlastungsbeschluss nur anfechtbar, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten von Vorstand oder Aufsichtsrat ist, dass e i n d e u t i g einen s c h w e r w i e g e n d e n Gesetzes- oder Satzungsverstoß beinhaltet.

Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Anfechtungsrelevanz hier zu verneinen. Für eine schwerwiegende Gesetzesverletzung spricht zwar, daß es dem Kläger - wie die Beklagte wußte - zentral um die Herstellung von Transparenz der XY-Gruppe und der mit ihr verbundenen Risiken ging und die Beteiligungslisten als ein wesentliches Informationsmittel hierzu dienen können und sollen. Immerhin offenbart die gem. § 285 HGB errichtete Beteiligungsliste zum 31.12.2002 Verluste der XY AG & Co KG von 255 MiO Euro und der E Beteiligungsgesellschaft mbH von 289 MiO Euro (Vgl. letzte Seite der Anlage B 15 unter der Rubrik der nicht konsolidierten, "At cost" bewerteten Beteiligungen). Die Nichtauslegung der Beteiligungslisten könnte von daher durchaus in einem unmittelbarer Zusammenhang mit der vom Kläger gerügten fehlenden Transparenz der XY-Gruppe und ihrer Verluste stehen. Letztlich hätte die Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses wegen der fehlerhaften Auslegung der Beteiligungslisten aber nur dann bejaht werden können, wenn der Vorstand der Beklagten die Beteiligungslisten absichtlich nicht ausgelegt hätte, um beispielsweise Verluste der XY-Gruppe zu verheimlichen und deren Geschäfte zu verschleiern (Vgl. hierzu den Straftatbestand des § 331 Nr. 3 HGB) oder den Aktionären bewußt die Möglichkeit der Information über die XY-Gruppe und ihre Verluste zu nehmen. Das ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung jedoch nicht feststellbar. Sowohl der Lagebericht der Beklagten (dort S. 3) als auch der Konzernlagebericht der O - Gruppe (dort S. 18) enthalten Aussagen über die Gründung der XY-Neu sowie über die Restrukturierungsmaßnahmen und die hierfür aufgewandten Beträge. Die dort enthaltenen Aussagen stimmen sachlich überein mit der Darstellung, die die Beklagte unter oo) zu der entsprechenden Frage des Klägers o) in der Hauptversammlung gegeben hat. Eine absichtliche Desinformation ist vor diesem Hintergrund nicht feststellbar. Im übrigen läßt der Klagevortrag gezielte Fragen in der Hauptversammlung nach Verlustbeteiligungen oder dem Ergebnis einzelner, nicht konsolidierter Gesellschaften der XY-Gruppe i.S.d. 285 Nr. 11 HGB nicht erkennen. Dass der Kläger selbst die fehlende Auslegung der Beteiligungslisten nicht als einen eindeutigen und schwerwiegenden Mangel angesehen hat, ergibt sich daraus, dass er diesen Gesichtspunkt im Rahmen seiner Redebeiträge mit keinem Wort angesprochen hat, obwohl ihm dies leicht möglich gewesen wäre, wenn er es für wesentlich befunden hätte. Den Umständen des Falles nach ist die unterbliebene Auslegung der Beteiligungslisten nicht vom Kläger selbst, sondern erst von seinen Anwälten im Rahmen von Recherchen bei der Vorbereitung der Klage bemerkt worden und es ist dann diesem leichter beweisbaren Punkt im Rahmen des Verlaufes des Prozesses nachträglich eine gewichtigere Bedeutung zugemessen worden, als dies während der Hauptversammlung der Fall war.

IV.

Der Kläger kann die Vorstandsentlastung im Ergebnis auch nicht erfolgreich mit der Behauptung angreifen, die Beklagte habe sein Rederecht verletzt.

1.

Allerdings war die Entscheidung des Versammlungsleiters und Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten ermessensfehlerhaft, dem Kläger erst mehr als vier Stunden nach Beginn der Generaldebatte das Wort zu erteilen. Hierbei geht die Kammer nicht davon aus, dass es auf Seiten der Beklagten eine interne Verständigung gegeben hat, dem Kläger nicht vor Redaktionsschluß der präsenten Wirtschaftspresse das Wort zu erteilen, um eine von ihr als unangenehm empfundene Problematik an den Schluß der Debatte zu bringen. Für eine solche interne Verständigung führt der Kläger keine konkreten Tatsachen an. Wer in der Presselounge hierüber wann, was gesagt haben soll, trägt der Kläger nicht vor. Gleichwohl ist die Verzögerung des Redebeitrages des Klägers bei Beginn der Generaldebatte um 11.30 Uhr bis 15.15 Uhr nachmittags ermessensfehlerhaft und verletzt den Kläger in seinem Recht auf Gleichbehandlung nach § 53 a AktG. Der Kläger hatte sich unstreitig bereits unmittelbar nach Öffnung des Hauptversammlungssaals um 9.00 Uhr an zweiter Stelle nach der Vertreterin der E als Redner gemeldet. Unerheblich ist, ob er sich in eine dort ausliegende Rednerliste eingetragen hat, wie er behauptet, oder ob er seinen Redewunsch nach Namen und Stimmkarte mündlich den zwei am Wortmeldetisch sitzenden Mitarbeitern der Beklagten übermittelt hat und diese dann seine Redewunsch in ein Wortmeldeformular eingetragen und weitergeleitet haben, wie die Beklagte das behauptet. Zwar gibt es keine Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung des Versammlungsleiters, Redebeiträge zwingend in der zeitlichen Reihenfolge zuzulassen, also ein Prinzip "first come - first serve" zu beachten. Es ist von daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte aus den von ihr geltend gemachten Gründen zunächst die Vertreterin der E und sodann die Vertreterin der T als Redner zugelassen hat. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte anschließend einen Herrn G als langjährigen Aktionär vor dem Kläger hat zu Wort kommen lassen. Einen sachlichen Grund dafür, dass die Beklagte Herrn G als vierten Redner dem Kläger vorgezogen hat, obwohl dieser sich erst erheblich später angemeldet hatte, vermag die Kammer jedoch nicht zu erkennen. Auch muß der Kläger sich den Redebeitrag G -was die Reihenfolge der Rednerliste angeht- nicht zurechnen lassen. Ohnehin hat die Kammer Zweifel, ob der Versammlungsleiter im Zeitpunkt der Wortmeldung G bereits gewußt haben kann, das G nur mit der Stimmkarte des Klägers an der Hauptversammlung teilgenommen hat. Selbst wenn man dies aber bejaht, so hat der Kläger als Aktionär der Beklagten ein eigenes Rederecht. Entweder hätte der Versammlungsleiter der Beklagten dem Kläger vor G das Rederecht erteilen müssen oder er hätte dem Kläger jedenfalls unmittelbar im Anschluß an den Redebeitrag G das Rederecht gewähren müssen. Dies war angezeigt, weil die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag wußte, dass die Wortbeiträge des Klägers und Wengerts dieselben Themenkomplexe - nämlich die XY-Gruppe und die Prüferwahl - behandeln würden. Indem anschließend nach dem Redner G noch weitere Redner dem Kläger vorgezogen wurden und der Kläger erst erhebliche Zeit später zu Wort kam, wurde dieser thematische Zusammenhang unterbrochen und dem Kläger zudem eine unangemessen lange Wartezeit zugemutet.

2.

Der Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre, der hier in einer unangemessenen Hinauszögerung des Redebeitrages des Klägers seinen Ausdruck findet, hat aber keine anfechtungsbegründende Relevanz. Es handelt sich nicht um einen schwerwiegenden und eindeutigen Verfahrensverstoß zum Nachteil eines Aktionärs, der geeignet ist, die Entscheidungsgrundlage der Hauptversammlung wesentlich zu beeinflußen. Der Kläger ist letztlich ausreichend zu Wort gekommen, wie sein umfangreicher Fragenkatalog aus der Klage bezeugt. Dem Kläger wurden auch vielfältige Auskünfte auf seine Fragen gegeben. Auch wurden nach dem Kläger unstreitig noch mindestens sieben Aktionäre und Aktionärsvertreter als Redner aufgerufen und zugelassen, so daß der Kläger nicht willkürlich an den Schluß der Debatte gesetzt wurde, um seinem Redebeitrag die gebotene Aufmerksamkeit zu nehmen. Es kann den Umständen nach ausgeschlossen werden, dass die Hauptversammlung ihre Entlastungsentscheidung nicht -wie geschehen- getroffen hätte, wenn der Kläger rechtzeitig als Redner angehört worden wäre.

V.

Fehlleistungen des Abschlussprüfers, die der Entlastung des Vorstandes entgegenstehen, sind nicht feststellbar.

1.

Die in die XY Gruppe eingebrachten Beteiligungen wurden erstmals zum 31.12.1998 nicht mehr im Konzernabschluß konsolidiert. Diese Rechnungslegungsmaßnahme war Gegenstand der Abschlußprüfungen der E Gesellschaft seit dem Geschäftsjahr 1998. Für eine solche Nichtkonsolidierung muss eine beherrschende Beteiligung oder ein Managementeinfluß der Gesellschafter formal ausgeschlossen werden können. Um dies zu erreichen, wurden die Beteiligungen der Beklagten an den XY Gesellschaften jeweils unter 50 % gehalten. Der Kläger wirft der E Gesellschaft im Wesentlichen vor, sie habe bestimmte Kriterien, die gegen den Ausschluss einer beherrschenden Beteiligung der Gesellschafter sprechen, nicht, jedenfalls aber nicht mit der gebotenen Unabhängigkeit und im Hinblick auf die unterlassene Konsolidierung auch mit falschem Ergebnis gewürdigt (Klageschrift Seite 15). Um das wiederum zu untermauern, behauptet der Kläger beispielhaft einige seiner Meinung nach bestehende Fehlleistungen der E Gesellschaft Mit der Darstellung dieser Fehlleistungen verfolgt der Kläger in der Hauptsache das Ziel, die Befangenheit des Abschlußprüfers zu manifestieren (vgl. Replik Seite 19, Bl. 180 GA). Die Besorgnis der Befangenheit des Abschlußprüfers ist jedoch wiederum Gegenstand des Klageantrages zu 2). Da dieser Klageantrag indessen aber bereits ungeachtet etwaiger sachlicher Fehlleistungen des Abschlußprüfers begründet ist (vgl. Ausführungen zu nachstehend C.), bedürfen die Ausführungen des Klägers nur insoweit hier einer gesonderten Beurteilung der Kammer, als diese Ausführungen zusätzlich auch geeignet sein können, die Rechtmäßigkeit der Vorstandsentlastung in Zweifel zu ziehen.

2.

Unter dieser eingeschränkten Prüfungsbetrachtung sind Fehlleistungen des Abschlußprüfers im Geschäftsjahr 2002, die der Entlastung des Vorstandes entgegenstehen, im Ergebnis nicht feststellbar.

a)

Der Kläger trägt beispielhaft folgende Indizien vor:

aa)

Zusätzlich zu diesen in der Klageschrift vorgetragenen Indizien hat der Kläger in seiner Replik weitere Umstände wie folgt vorgetragen:

b)

Die Beklagte hat unter den Ziffern 6 und 7 ihrer Klageerwiderung (dort Seiten 64-71 d. A. ) zu ihrer Rechtsverteidigung folgendes vorgebracht:

3.

Die Kammer, der als ehrenamtlicher Handelsrichter ein Wirtschaftsprüfer angehört, hat die beiderseits vorgetragenen und noch vertieften Argumente geprüft. Die für eine Konsolidierung sprechenden Argumente des Klägers sind durchaus beachtlich und würden der Kammer in der Situation des § 142 Abs. 2 AktG möglicherweise ausreichen, um die Bestellung von Sonderprüfern zur Untersuchung des XY-Komplexes anzuordnen. Bedenklich erscheint der Kammer dabei insbesondere, daß die Beklagte der XY-Gruppe im Geschäftsjahr 2002 unstreitig verlorene Zuschüsse von Euro sowie von weiteren Euro zur Verfügung gestellt hat wohingegen die Mitgesellschafter der Beklagten X Bank AG und H Lebensversicherungs AG solche Zuschüsse nicht geleistet haben. Angesichts der immensen Größenordnung dieser Zahlungen vermißt die Kammer eine überzeugende Begründung dafür, daß die Beklagte diese Lasten allein und einseitig trägt und sie auch keine Ausgleichsansprüche gegen ihre beiden Mitgesellschafter geltend macht. Diese Handhabung deutet darauf hin, daß eine Beherrschung der XY-Gruppe nur formal ausgeschlossen ist, faktisch jedoch die Beklagte den maßgeblichen Einfluß auf die Geschäfts- und Finanzpolitik dieser Gruppe besitzt, sie im Sinne des Klagevortrages das alleinige wirtschaftliche Risiko dieser Gruppe trägt und die immensen Stützungszahlungen an die XY-Gruppe Ausdruck und Ergebnis ihrer beherrschenden Stellung sind.

Soweit die Beklagte dabei eine Konsolidierungspflicht unter Hinweis auf die International Accounting Standards (IAS) - dort 27 - mit der Begründung verneint, dort geregelte Beherrschungstatbestände seien nicht gegeben, läßt sie außer acht, daß eine Konsolidierungspflicht auch unter dem Gesichtspunkt einer Zweckgesellschaft nach SIC 12 der verbindlichen Interpretationsrichtlinien der IAS gegeben sein kann. Eine Unternehmensgründung zur Auslagerung verlustträchtiger Geschäftsbereiche kann durchaus eine Zweckgesellschaft im Sinne von SIC 12-1 darstellen. Die gewählte Konstruktion der XY-Gruppe und ihre Zwecksetzung hätte Anlaß geben müssen, eine Konsolidierungspflicht nach Maßgabe von SIC 12 (dort Textziffrn 8 bis 10) zu prüfen. Daß der Abschlußprüfer der Beklagten diesen Gesichtspunkt erkannt und untersucht hat, ist nicht zu ersehen.

4.

Letztlich kann die Frage der Konsolidierungspflicht hier jedoch offenbleiben. Die vom Kläger herangezogenen Vorgänge sind nämlich zu komplex, als dass sie allein an Hand der Aktenlage beurteilt werden können. Eine Beurteilung ist nur durch Hinzuziehung eines oder mehrerer Wirtschaftsprüfer im Rahmen einer umfangreichen Beweisaufnahme möglich. Der im Ausgangspunkt für Prüfungsfehler beweispflichtige Kläger hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens jedoch nicht beantragt. Die Kammer ist ungeachtet dessen aber auch der Auffassung, dass eine Beweisaufnahme durch Einholung von Sachverständigengutachten über die vom Kläger behaupteten Fehlleistungen des Abschlussprüfers letztlich nicht in Betracht kommt. Dem stehen mehrere Gesichtspunkte entgegen.

Zum einen genügt es nicht, wenn der Kläger bestimmte Fehlleistungen des Abschlussprüfers nachweisen könnte. Bei den behaupteten Fehlleistungen muss es sich vielmehr um schwerwiegende und eindeutige Fehlleistungen handeln, die für den Vorstand der Beklagten auch als solche erkennbar gewesen sein müssen. Nur wenn dies der Fall ist, kann davon ausgegangen werden, dass mit der Rechtsprechung des BGH in BGHZ 153, 147 eine anfechtungsrelevante Gesetzesverletzung vorliegt, die der Entlastung des Vorstandes entgegenstehen kann und bei deren Kenntnis die Hauptversammlung mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Entlastung nicht ausgesprochen hätte. Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich indessen nicht ersehen, dass die von ihm behaupteten Fehlleistungen des Abschlussprüfers so krass und offensichtlich waren, dass der Vorstand sie ohne weiteres als Fehlleistungen hätte erkennen und der Hauptversammlung entsprechend berichten müssen.

Zum anderen würde eine Beweisaufnahme der Kammer über die Frage, ob die vom Kläger behaupteten Fehlleistungen des Abschlussprüfers im Geschäftsjahr 2002 sachlich zutreffen, zu einer Umgehung des § 142 AktG führen und deshalb unzulässig sein. Der Kläger hat die wesentlichen Argumente seines Vorwurfes, dass die Beklagte die Vorgänge um die XY-Gruppe verschleiere und sie den Einwänden gegen die sachliche Unabhängigkeit des Abschlussprüfers nicht nachgehe, bereits in seinem Bericht an die Mitglieder des Aufsichtsrates vom 30.04.2003 (Anlage K 2) im Vorfeld der Hauptversammlung vorgebracht. Der Aufsichtsrat ist gleichwohl der Anregung des Klägers, eine Sonderprüfung nach § 142 AktG zu beantragen, nicht gefolgt. Der Kläger hat daraufhin in der Hauptversammlung selbst einen Antrag auf Sonderprüfung nach § 142 AktG i.V. mit § 258 AktG "zur Aufklärung der Vorgänge XY ..." gestellt und diesen Antrag dahin konkretisiert, dass es ihm darum gehe, die fehlende Konsolidierung der XY im Konzernabschluss der Beklagten 2002 durch einen Sonderprüfer prüfen zu lassen. Die Hauptversammlung hat diesen Antrag mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Gegen diese Entscheidung ist eine gerichtliche Kontrolle möglich. Nach § 142 Abs. 2 AktG kann ein Aktionär gegen die ablehnende Entscheidung der Hauptversammlung bei Gericht den Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern stellen, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei bestimmten Vorgängen der Geschäftsführung Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind. Voraussetzung einer solchen gerichtlichen Kontrolle ist allerdings, dass der Antrag von Aktionären gestellt wird, deren Anteile zusammen den 10. Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von Euro erreichen. Über solche Aktienanteile verfügt der Kläger nicht und es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Zusammenwirken mit anderen Aktionären über diese Anteilsmenge verfügt. Der Kläger hat sich in dieser Situation offenbar entschlossen, seine Vorwürfe im Rahmen einer einzelnen Anfechtungsklage unter dem Gesichtspunkt der Vorstandsentlastung geltend zu machen und zu wiederholen. Würde die Kammer nun diesen Vorwürfen durch eine Beweisaufnahme nachgehen, so würde sie praktisch das tun, was Aufgabe des Gerichtes im Falle des § 142 Abs. 2 AktG wäre, wenn mit der erforderlichen Mehrheit von Anteilseignern ein solcher Antrag gestellt worden wäre. Um einen Wertungswiderspruch zu § 142 AktG zu vermeiden, muss deshalb die Möglichkeit des Minderheitsaktionärs, in dem hier gegebenen Fall eine Vorstandsentlastungsentscheidung anfechten zu können, eine Einschränkung dahin erfahren, dass dieselben Argumente, mit denen er erfolglos eine Sonderprüfung nach § 142 AktG hat durchsetzen wollen, nicht mit Erfolg für einen Angriff gegen die Vorstandsentlastung nutzbar gemacht werden können.

VI.

Schließlich ist auch kein anfechtungsrelevanter Verstoß gegen Ziffer 7.1.4 des Deutschen Corporate Goverance Kodex im Hinblick auf die vom Kläger gerügte Verletzung von Auslegungsvorschriften feststellbar.

Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten haben am 19.12.2002 eine Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG mit dem Inhalt abgegeben, sämtlichen Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex entsprechend zu wollen (Anlage K 5). Der Kläger beanstandet, dass die Beklagte entgegen Ziffer 7.1.4 dieses Kodex keine Liste von Drittunternehmen veröffentlicht habe, an denen sie eine Beteiligung von für das Unternehmen nicht untergeordneter Bedeutung hält und welche die Angaben zu Name, Sitz der Gesellschaft, Höhe des Anteils und Eigenkapitals sowie Ergebnis des letzten Geschäftsjahres enthält. Der Kodex fordere in dieser Ziffer eine erweiterte Auflistung des Beteiligungsbesitzes, die mit der Auflistung des Beteiligungsbesitzes i.S. der §§ 313 Abs. 2 Nr. 4, 287 HGB nicht identisch sei. Da die Entsprechenserklärung trotz dieser Abweichung von den Kodex Empfehlungen nicht bis zur Hauptversammlung korrigiert worden sei, stelle die Entsprechenserklärung als Dauererklärung eine Falschinformation der Aktionäre dar, die zur Anfechtung berechtige.

Dieser Rechtsauffassung des Klägers folgt die Kammer nicht. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass der Corporate Governance Kodex die Veröffentlichung einer weitergehenden Liste von Drittunternehmen fordert, was die Beklagte in Abrede stellt, so begründet das Fehlen einer solchen Liste von Drittunternehmen keine für die Anfechtung eines Beschlusses der Hauptversammlung erforderliche Gesetzesverletzung. Die Verletzung von Ziffer 7.1.4 Corporate Governance Kodex begründet keinen zur Anfechtung berechtigenden Gesetzesverstoß. Der Corporate Governance Kodex selbst ist kein Gesetz. Auch über § 161 AktG erlangt er nicht mittelbar Gesetzeskraft. Das zeigt sich bereits daran, dass der Corporate Governance Kodex abgewählt werden kann. Eine Gesetzesverletzung könnte deshalb nur dann bejaht werden, wenn mittelbar § 161 AktG verletzt wäre. Das würde aber bedeuten, dass über § 161 AktG sämtlichen Sollvorschriften des Corporate Goverance Kodex nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich Gesetzeskraft zukäme. Das ist jedoch nicht der Fall.

Außerdem müsste, wie bereits ausgeführt, Gegenstand der Entlastung ein Verhalten sein, dass eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstellt. Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an der Eindeutigkeit eines solchen Gesetzesverstoßes. Das Verhältnis der nach dem HGB erforderlichen Aufstellungen des Beteiligungsbesitzes zur Liste nach 7.1.4 Corporate Goverance Kodex ist nämlich aus den von der Beklagten vorgetragenen Gründen zumindest unklar.

C. Zum Klageantrag 2 - Abschlussprüferwahl

Der Klageantrag 2) ist begründet. Auf den Anfechtungsantrag des Klägers ist die Wahl der E Gesellschaft zum Abschlussprüfer der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2003 für nichtig zu erklären. Hierbei kann dahinstehen, ob sich eine Besorgnis der Befangenheit des Abschlussprüfers bereits auf Grund der vom Kläger behaupteten Fehlleistungen im Zusammenhang mit der unterbliebenen Konsolidierun-Gruppe ergibt und/oder ob sich eine solche Besorgnis nicht bereits aus der historisch gewachsenen Beraterbeziehung zum Gründer der Beklagten X ergibt. Dies kann offen bleiben, weil jedenfalls ein Verstoß gegen § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB vorliegt.

I.

Im Streitfall anwendbar ist § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB in der Fassung vom 21.06.2002, die gültig ist ab dem 01.07.2002 bis zum 09.12.2004 und die folgenden Wortlaut hat:

"Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Buchprüfungsgesellschaft darf nicht Abschlussprüfer sein, wenn ... Ziffer 6 sie bei der Prüfung einer Aktiengesellschaft, deren Aktien zum Handeln im amtlichen Markt zugelassen sind, einen Wirtschaftsprüfer beschäftigt, der in den dem zu prüfenden Geschäftsjahr vorhergehenden zehn Jahren den Bestätigungsvermerk nach § 322 über die Prüfung der Jahres- oder Konzernabschlüsse der Kapitalgesellschaft in mehr als sechs Fällen gezeichnet hat."

§ 319 Abs. 3 Nr. 6 wurde in dieser Fassung eingeführt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 21.06.2002 (Bundesgesetz Blatt I Seite 2010) mit Wirkung vom 01.07.2002. Von dieser Gesetzesfassung und seiner Anwendbarkeit für das Geschäftsjahr 2002 der Beklagten gehen beide Parteien übereinstimmend und zutreffend aus.

II

In tatsächlicher Hinsicht sind folgende Bestätigungsvermerke gemäß § 322 HGB festzustellen:

aa)

Von dem Wirtschaftsprüfer Y unterzeichnete Bestätigungsvermerke für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die B AG:

1. Konzernabschluss 1992

2. Einzelabschluss 1992

3. Konzernabschluss 1993

4 . Einzelabschluss 1993

5. Konzernabschluss 1994

6. Einzelabschluss 1994

7. Konzernabschluss 1995

8. Einzelabschluss 1995.

bb)

von dem Wirtschaftsprüfer X unterzeichnete Bestätigungsvermerke für die Beklagte:

1. Konzernabschluss 1996

2. Einzelabschluss 1996

3. Konzernabschluss 1997

4. Einzelabschluss 1997

5. Konzernabschluss 2001

6. Einzelabschluss 2001

7. Konzernabschluss 2002

8. Einzelabschluss 2002.

Aus Sicht des relevanten Jahres 2002 hat X also in den vergangenen zehn Geschäftsjahren 16 Bestätigungsvermerke zu Konzern- und Einzelabschlüssen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin testiert.

Der dahingehende Sachvortrag des Klägers (vgl. Replik Seiten 17, 18 -Bl. 178/179 GA-) ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien unstreitig.

Ferner ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien unstreitig, dass der Wirtschaftsprüfer Y jun. folgende Bestätigungsvermerke der Beklagten gezeichnet hat:

1. Konzernabschluss 1998

2. Einzelabschluss 1998

3. Konzernabschluss 1999

4. Einzelabschluss 1999

5. Konzernabschluss 2000

6. Einzelabschluss 2000

7. Konzernabschluss 2001

8. Einzelabschluss 2001

9. Konzernabschluss 2002

10. Einzelabschluss 2002.

Der Wirtschaftsprüfer Y hat mithin im Zeitraum von 1998 bis 2002 zehn Bestätigungsvermerke bei der Beklagten unterzeichnet.

III.

Der zu II. festgestellte Sachverhalt begründet in mehrfacher Hinsicht einen Verstoß gegen § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB. Jede Zeichnung eines Bestätigungsvermerkes unter Einzel- und Konzernabschluss ist jeweils als eine Zeichnung i.S. des § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB zu werten, so dass bereits bei Zeichnung von Einzel- und Konzernabschlüssen in vier aufeinanderfolgenden Jahren der betroffene Prüfer von der Prüfung ausgeschlossen ist (Zimmer, in Staub, 2002, § 319 HGB Rn. 57). Der unter Hinweis auf Adler/Düring/Schmalz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auflage 2000, § 319 Rn. 225 vertretenen Rechtsauffassung der Beklagten, derzufolge Bestätigungsvermerke zum Jahresabschluss und zum Konzernabschluss nicht einzeln gezählt werden, sondern als Einheit zu berücksichtigen seien, vermag die Kammer nicht zu folgen. Diese Auslegung verbietet sich bereits auf Grund des klaren Gesetzwortlautes, der durch das Wort "oder" angezeigt ist. Nach dem Gesetzeswortlaut genügt es also, dass entweder ein- und derselbe Prüfer den Jahreseinzelabschluss der Gesellschaft oder ihren Konzernabschluss gezeichnet hat. Die von der Beklagten vorgetragene Auslegung ist ungeachtet ihres Verstoßes gegen den Wortlaut der Norm auch mit dem Zweck der Norm nicht vereinbar. Zweck der Norm ist die Sicherung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers im Interesse des Kapitalmarktes und seiner Anleger. Die Kammer legt die Vorschrift dahin aus, dass der Gesetzgeber mit dem Wort "oder" diesem Zweck entsprechend sicherstellen wollte, dass jede Zeichnung eines Bestätigungsvermerkes -gleich, ob sie als Bestätigung des Einzelabschlusses oder des Konzernabschlusses vorgenommen wird- die Sperrwirkung der Norm auslösen soll. S hat in den vergangenen zehn Geschäftsjahren 16 Bestätigungsvermerke zu Konzern- und Einzelabschlüssen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin erteilt und damit die gesetzliche Sperre um ein mehrfaches überschritten.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten muss die Beklagte sich die zu Gunsten ihrer Rechtsvorgängerin gezeichneten Bestätigungsvermerke des Wirtschaftsprüfers S im Rahmen des § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB zurechnen lassen. Die börsennotierte B AG wurde im Jahre 1996 auf die Beklagte verschmolzen. Die nach §§ 2 ff. des Umwandlungsgesetzes mit dieser Verschmelzung verbundenen Rechtsfolgen verpflichten die Beklagte als übernehmenden Rechtsträger zur Beachtung der durch den übertragenden Rechtsträger gesetzten Rechtsakte. Derjenige Abschlussprüfer, der bereits für das übertragende Unternehmen mehrere Jahre Prüftestate erteilt hat und der solche Testate in dem verschmolzenen Unternehmen weiter erteilt, ist deshalb in gleichem Maße in seiner Unabhängigkeit gefährdet, in dem gefährdet wäre, wenn er ohne Verschmelzung von Anfang an für das selbe Unternehmen tätig gewesen wäre. Unerheblich ist demgegenüber, dass der Verschmelzungsvertrag zwischen der B AG und der Beklagten von einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der ABC Treuhand GmbH, geprüft wurde. Dies mag auf eine Handelsregisterpraxis zurückzuführen sein, für Verschmelzungsprüfungen andere Prüfer als den Abschlussprüfer zu bestellen. Es mag auch andere Ursachen haben. Jedenfalls hat es für die Identität und Zurechnung der hier in Rede stehenden Abschlussprüfertestate keine Relevanz.

Eine weitere Verletzung des § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB ist auch durch die zehn von dem Wirtschaftsprüfer E in dem Zeitraum von 1998 bis 2002 gezeichneten Bestätigungsvermerke gegeben.

IV.

Der Verstoß der Beklagten gegen § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB stellt keinen Nichtigkeitsgrund gemäß § 241 Nr. 3 AktG bezüglich des Abschlussprüferwahl gefaßten Beschlusses dar. Das folgt aus § 256 Abs. 1 Ziff. 3 AktG, der die Nichtigkeitsfolge eines festgestellten Jahresabschlusses nur bezogen auf § 319 Abs. 1 HGB anordnet. Die Nichtigkeitsfolge greift danach nur ein, wenn etwa eine Person den Jahresabschluß prüft, die gar nicht die Qualifikation als Wirtschaftsprüfer besitzt. Nach der in § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG zum Ausdruck gebrachten speziellen Wertung dient § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB nicht dem öffentlichen Interesse im spezielleren Sinn des allgemeinen Nichtigkeitstatbestandes nach § 241 Nr. 3 AktG (Hüffer, AktG, 5. Aufl. 2002, § 256 Rdn. 14).

Der Verstoß der Beklagten gegen § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB führt auf Antrag des Klägers jedoch ohne weiteres zum Erfolg seiner Anfechtung. Dies gilt umsomehr, als im Zeitpunkt der Abschlussprüferwahl die berechtigte Besorgnis einer Wiederholung des Verstoßes in dem Geschäftsjahr, für das die Wahl erfolgt, bestand. Durch Abgabe der Unabhängigkeitserklärung für das Geschäftsjahr 2003 hat der Wirtschaftsprüfer E zum Ausdruck gebracht, sich wieder aktiv an der Abschlussprüfung bei der Beklagten beteiligen zu wollen. Der Ausschluss nach § 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB führt jedoch dazu, dass der ausgeschlossene Wirtschaftsprüfer nicht mehr bei der Prüfung beschäftigt werden darf. Er darf weder als Mitglied des Prüfungsteams beteiligt noch als Berater zum Prüfungsvorgehen tätig sein, so dass ein Verstoß für das Geschäftsjahr, welches Gegenstand der Wahl ist, bereits eingetreten ist.

D. Zu den Nebeninterventionen

I.

Der Beitritt der Nebenintervenientin zu 2) auf Seiten des Klägers ist gem. §§ 66, 70 ZPO zuzulassen. Die Nebenintervenientin zu 2) ist unstreitig vom Zeitpunkt ihres Beitrittes bis zur mündlichen Verhandlung Aktionärin der Beklagten. Das genügt für ihr Rechtsschutzinteresse. Das Interventionsinteresse des einem Anfechtungskläger beitretenden Aktionärs einer Aktiengeselschaft ergibt sich daraus, daß sich die Rechtskraft eines auf eine solchen Klage ergehenden Urteils auf ihn erstreckt (§§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG). Für das in diesem Sinne verstandene Interventionsinteresse ist es ohne Belang, ob der Nebenintervenient selbst nach Maßgabe des § 245 Nr. 1 oder 2 AktG eine Anfechtungsklage hätte erheben können, namentlich ob er schon zur Zeit der Hauptversammlung Aktionär war (Vgl. den in dieser Sache ergangenen Beschluß des OLG Düsseldorf vom 11.5.2004 - 6 W 5/04 - Seite 4 Bl. 320 GA).

II.

Der Antrag der Beklagten auf Zurückweisung der Nebenintervention der Nebenintervenientin zu 1) ist unzulässig und deshalb abzulehnen. Die Kammer hat die Nebenintervenientin zu 1) rechtskräftig durch Zwischenurteil vom 17.12.2003 als Streithelferin des Klägers zugelassen. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage, um ihr diese Rechtsstellung allein wegen ihres unentschuldigten Nichterscheinens in der mündlichen Verhandlung wieder abzuerkennen, auch wenn dieses Nichterscheinen im nachinein erhebliche Zweifel am Rechtsschutzinteresse für die Nebenintervention aufkommen läßt.

E. Zu den weiteren Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt im Hinblick auf die Parteien und die Gerichtskosten aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Im Hinblick auf die Nebenintervenientin zu 1) folgt die Kostenentscheidung aus § 101 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO. Das teilweise Obsiegen der Hauptpartei kann einer Nebenintervenientin, die an der mündlichen Verhandlung gar nicht teilnimmt und dort deshalb auch gar keinen Antrag stellt, nicht zugutekommen, weil in Bezug auf sie kein Obsiegen nach § 101 Abs. 1, 1. Halbsatz i.V.m. §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO gegeben ist. Nach Sinn und Zweck des § 101 Abs. 1 ZPO soll eine Überwälzung der Kosten des Nebenintervenienten auf die unterlegene Partei nur stattfinden, wenn der Nebenintervenient die obsiegende Hauptpartei tatsächlich gem. § 66 Abs. 1, 70 ZPO unterstützt, was bei notwendiger mündlicher Verhandlung nur durch Teilnahme an dieser Verhandlung geschehen kann. Nimmt ein durch Zwischenurteil zugelassener Nebenintervenient unentschuldigt an der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gar nicht teil, so fehlt ihm gem. §§ 70 Abs. 3, 129, 130 Nr. 2, 137 Abs. 1 ZPO jegliches Rechtsschutzinteresse für eine Kostenüberwälzung.

Im Hinblick auf die Nebenintervenientin zu 2) folgt die Kostenentscheidung aus § 101 Abs. 1, 1. Halbsatz ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 07.11.2007
Az: 41 O 122/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8ea12866f089/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_7-November-2007_Az_41-O-122-03




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