Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 10. Oktober 2002
Aktenzeichen: 4 U 64/02

(OLG Hamm: Urteil v. 10.10.2002, Az.: 4 U 64/02)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Februar 2002 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, da das Landgericht sie zu Recht verurteilt hat, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Partnervermittlung

a)

unter der Bezeichnung "Y e.V." aufzutreten,

b)

Mitgliedern ein "BfP Gütesiegel" zur Verfügung zu stellen:

"Geprüftes Mitglied im Y e.V. für seriöse Partnervermittlung".

Zutreffend hat das Landgericht die Prozeßführungsbefugnis des Klägers gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG bejaht.

Dabei steht außer Frage, daß der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande ist, seine satzungsgemäßen Aufgaben wahrzunehmen (vgl. dazu auch § 1 Nr. 4 der Unterlassungsklage VO).

Zur Bejahung der Frage, ob dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehört, die gewerbliche Leistungen auf demselben Markt vertreiben wie der Beklagte zu 1), genügt die Mitgliedschaft des Gesamtverbandes der Y2 e.V. (X).

Entgegen der Auffassung der Beklagten vertreibt der X gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art wie der Beklagte zu 1), nämlich Partnervermittlungen. Dabei ist der Begriff der gewerblichen Leistungen weit auszulegen. Zu den Maßnahmen, durch die der Beklagte zu 1) seinen Satzungszweck verwirklicht, gehört u.a. die

"Partnerfindung für Singles" (vgl. § 2 Abs. 9 der Satzung des Beklagten zu 1) -

Bl. 181 ff der Akten). Zu den "Zielen für 2001/2002" zählt es u.a., "Singlepartys in Zusammenarbeit mit den professionellen Mitgliedern im regionalen Bereich der Partnervermittlung zur Aufklärung und Werbung neuer Kunden zu veranstalten" (vgl. Bl. 62 der Akten). Schließlich will der Beklagte zu 1) "keine Partnervermittlung im üblichen Sinne sein". Der Umstand, daß der Beklagte zu 1) kein Vermittlungshonorar, sondern von seinen Mitgliedern, die er vermitteln will, Beiträge fordert, ändert an der erforderlichen "gewerblichen Leistung" nichts.

Der Kläger nimmt auch die Interessen einer erheblichen Anzahl von Gewerbetreibenden auf diesem Gebiet wahr, die mit ihm über eine mittelbare Mitgliedschaft, d.h. über die Mitgliedschaft des X, verbunden sind. Auch eine solche, über einen anderen Verband vermittelte Mitgliedschaft genügt, um die Prozeßführungsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG darzutun (ständige Rechtsprechung des BGH - vgl. u.a. in GRUR 1999, 1116 ff - Wir dürfen nicht feiern). Die in der Mitgliederliste des X aufgeführten gewerblichen Vermittler belaufen sich auf 38, wobei die Beklagten von 20 Unternehmen mit 18 Filialen ausgehen. Nach beiden Betrachtungsweisen reicht das aus, um davon auszugehen, daß damit nach Anzahl und Größe eine ausreichende Repräsentanz gegeben ist, um ein mißbräuchliches Vorgehen auszuschließen. Handelt es sich nämlich um Filialbetriebe der "Die menschliche C2 GmbH", "Institut T2 GmbH" und vom "Partner-Institut Y3", so spricht das für deren Größe und Marktbedeutung. Die hinreichende Repräsentanz wird schon dadurch deutlich, daß die Beklagten selbst von 224 "seriösen Agenturen" - nur solche fallen hier ins Gewicht - ausgegangen sind, während sich die Angabe von "2.500" unstreitig auf die Anzahl der einzelnen als Vermittler tätigen Personen bezieht. Dafür, daß die angeführten Agenturen nicht Mitglied des X sein sollen, fehlen jegliche Anhaltspunkte.

Das Landgericht hat auch zu Recht eine Irreführung nach § 3 UWG bejaht. Auszugehen ist dabei davon, daß ein Verband ein organisatorischer Zusammenschluß von nicht unerheblicher Größe ist, der zwar nicht jedermann, aber doch allen Personen und Unternehmen, die einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Wirtschaftsgruppe angehören, in gleicher Weise zum Beitritt offensteht (vgl. Baumbach/ Hefermehl, UWG, 22. Auflage, § 3 Rdnr. 384).

Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht hinsichtlich des Vereinsnamens im Ergebnis zutreffend die Irreführung in der fehlenden Homogenität der Mitglieder des Beklagten zu 1) - 60 % professionelle Vermittler und 40 % Partnersuchende laut Angaben der Beklagten selbst - gesehen. Denn mit der Bezeichnung "Y" erweckt der Beklagte zu 1) den irreführenden Eindruck, ihm gehörten zumindest in erster Linie die "Partnersuchenden" an. Das ist aber nach den oben angeführten Angaben der Beklagten ersichtlich nicht der Fall.

Es handelt sich auf Grund der Bezeichnung des Beklagten zu 1) gerade nicht um einen Mischverband, der sowohl gewerblichen Interessen als auch Verbraucherinteressen dient (vgl. BGH GRUR 1983, 129 - Mischverband I), sondern um einen reinen Verbraucherverband.

Das ist der Beklagte zu 1) abgesehen von seiner Mitgliederstruktur auch nach seinen eigenen Zielen nicht, die in § 2 seiner Satzung aufgeführt sind. Danach stehen die Interessen der professionellen Mitglieder im Vordergrund, die von dem Beklagten zu 1) nach dessen Darstellung auch wahrgenommen werden. Verdeutlicht wird das zusätzlich durch die Angaben des Beklagten zu 1) auf seiner Homepage vom 20. November 2001 bezüglich seiner Tätigkeitsbereiche, die dort unter seinem Vereinsnamen aufgeführt sind.

Aber auch mit der Bezeichnung, ein "Bundesverband" zu sein, macht der Beklagte zu 1) eine irreführende Angabe im Sinne von § 3 UWG.

In einem Bundesverband vermuten die angesprochenen Verkehrskreise, die aus allen Interessenten bestehen, eine Organisation, die nicht nur bundesweit tätig ist, sondern der auch im Bereich der Interessenvertretung der Partnersuchenden eine gewisse Bedeutung zukommt (vgl. BGH GRUR 1984, 457 ff, 460 - Deutsche Heilpraktikerschaft).

Für eine bundesweite Tätigkeit in dem Bereich der Wahrnehmung der Interessen der Partnersuchenden fehlt es an der erforderlichen Darlegung. Der Internetauftritt des Beklagten zu 1) beinhaltet Hinweise auf Partnervermittler, nicht aber auf Aktivitäten im Bereich der Interessenvertretung - z.B. Namhaftmachen von "schwarzen Schafen" der Branche, Angaben von angemessenen Honoraren, Warnungen vor "0190...Nummern", Informationsveranstaltungen usw. Für eigene bundesweite Aktivitäten ist ebenfalls nichts dargetan. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, ob überhaupt und wenn ja in welchem Umfang eine Repräsentanz des Beklagten zu 1) als Interessenvertreter im Bereich des Verbraucherschutzes gegeben ist.

Der Hinweis auf 5.223 Mitglieder, bei denen es sich nicht allein um Mitglieder in Deutschland handelt, wie die Postleitzahlen zeigen, vermag diese Defizite nicht auszugleichen.

Dieses Handeln des Beklagten zu 1) ist auch geeignet, den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen, da in erheblichem Maße Verbraucherinteressen berührt sind.

Auch dem weiteren Unterlassungsbegehren des Klägers hat das Landgericht zu Recht stattgegeben.

Hier liegt die Irreführung über die bisherigen Ausführungen hinaus darin, daß ein "BfP Gütesiegel" vergeben worden ist, nach dem der Ausgezeichnete "geprüftes Mitglied im Y e.V. für seriöse Partnervermittlung" ist. Damit wird sowohl über die Stellung als auch die Kompetenz des Beklagten zu 1) getäuscht. Die Relevanz zeigt sich schon darin, daß verschiedene Mitglieder des Beklagten zu 1) mit diesem Hinweis geworben haben.

Die Wiederholungsgefahr ist allein dadurch, daß der Beklagte zu 1) die Vergabe der sogenannten Gütesiegel aufgegeben haben will, nicht ausgeräumt. Das hätte nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erreicht werden können.

Auch dieser Verstoß ist aus den dargelegten Gründen geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen.

Die Haftung der Beklagten zu 2) und 3) folgt daraus, daß sie alleinvertretungsberechtigt für den Beklagten zu 1) handeln und daher als Störer anzusehen sind.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 10.10.2002
Az: 4 U 64/02


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