Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 158/04

(BPatG: Beschluss v. 12.07.2006, Az.: 32 W (pat) 158/04)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 11. Februar 2004 für Waren der Klasse 30, nämlich für Tee und aromatisierter Tee, auch in Packungen und Aufgussbeuteln; Kräutertees (nicht für medizinische Zwecke) und Früchtetees, auch in Packungen und Aufgussbeuteln sowie in aromatisierter und/oder vitaminisierter und/oder mineralisierter Form; Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und granulierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert; Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und granulierter Form, Gewürzen, Milchbestandteilen und weiteren Zutaten; nichtalkoholische Fertiggetränke aus Tee und/oder teeähnlichen Erzeugnissen beziehungsweise deren Extrakten; nichtalkoholische Fertiggetränke aus Tee, teeähnlichen Erzeugnissen beziehungsweise deren Extrakten und allen vorgenannten Erzeugnissen; Getränkepulver auf Zuckerbasis zur Herstellung von Erfrischungsgetränkenangemeldete Wortmarke My Chaiist von der mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 21. Juni 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Das Publikum werde der Bezeichnung keine betriebskennzeichnende Eigenart beimessen, da sie lediglich eine glatt beschreibende Angabe über die Art der Ware, nämlich Tee, darstelle. Die beteiligten Verkehrskreise, nämlich Mitbewerber und Fachleute der Branche, würden in der Bezeichnung My Chai keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. Fachkreise verstünden unter "Chai" Tee. Das vorangestellte "My" könne die Unterscheidungskraft nicht herbeiführen, wie das Bundespatentgericht bereits mehrfach entschieden habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Markenstelle habe die beteiligten Verkehrskreise fehlerhaft auf Mitbewerber und Fachleute beschränkt. Als beteiligte Verkehrskreise seien hier alle Teetrinker der Gesamtbevölkerung anzusehen. Ein beachtlicher Teil dieser Verkehrskreise werde den Begriff "Chai" nicht mit der Angabe "Tee" gleichsetzen. Die Markenstelle habe auch nicht den Gesamtbegriff "My Chai" beurteilt, es sei nur auf die einzelnen Begriffe abgestellt worden. Dadurch sei die besondere Vokalkombination und das dadurch bedingte besondere Klangbild der Gesamtheit der Marke nicht berücksichtigt worden. Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liege nicht vor, da Mitbewerber zur Beschreibung ihrer Produkte nicht auf die Verwendung der Anmeldemarke in ihrer Gesamtheit angewiesen seien.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 MarkenG). In der Sache bleibt sie ohne Erfolg, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - für sämtliche beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr, etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt dieses jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörter bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFT-WARE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. BGH BlPMZ 2000, 161 - Radio von hier). Dies ist vorliegend der Fall.

Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus dem zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Wort "My" (= mein) und dem weiteren Wortbestandteil "Chai" zusammen. "Chai" wird, wie sich aus den der Anmelderin im Amtsverfahren übersandten Internetbelegen ergibt, von unterschiedlichen inländischen Mitbewerbern der Anmelderin zur Beschreibung von Tee verwendet. Das Wort beschreibt die traditionelle Art, nach der in Indien Tee zubereitet wird. So heißt es etwa in dem Internet-Ausdruck www.brigitte.de unter der Überschrift "Chai - Tee - die indische Variante":

"Schwarzer Tee, verschiedene Gewürze, eine Schuss heiße Milch und dazu Honig oder Zucker - so schmeckt das indische Nationalgetränk, das inzwischen auch bei uns zum Trendgetränk geworden ist: Chai - Tee."

Chai wird demnach ausschließlich warenbezogen, nämlich als Hinweis auf Art bzw. Herkunft der Teezubereitung, verstanden. Dabei ist entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht etwa nur auf das Verständnis aller Teetrinker der inländischen Gesamtbevölkerung abzustellen. Zu den beteiligten inländischen Verkehrskreisen gehören vielmehr auch die mit dem Vertrieb der Waren befassten gewerblichen Kreise (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 61), denen der Bedeutungsgehalt von "Chai" bekannt ist, wie sich aus der durch die Internetausdrucke belegten Verwendung ergibt.

Die Hinzufügung des Wortes "My" ändert nichts am Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dass es "mein Chai" und nicht "Dein" bzw. "Ihr Chai" heißt ist keine Besonderheit, da in der Werbung subjektbezogene Aussagen üblich sind, um den Verbraucher anzusprechen (ebenso BPatG 27 W (pat) 239/00 - My Way, 30 W (pat) 85/03 - My Solution).

Ob es sich bei "My Chai" zusätzlich auch um eine ausschließlich warenbeschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handelt - woran wegen des Bestandteils "My" Bedenken bestehen - kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.






BPatG:
Beschluss v. 12.07.2006
Az: 32 W (pat) 158/04


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