Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 21. März 2016
Aktenzeichen: 22 K 136.14

(VG Berlin: Urteil v. 21.03.2016, Az.: 22 K 136.14)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist seit... Wirtschaftsprüfer. Er ist Mitglied im Beirat der Beklagten. Der Beirat ist die Vertreterversammlung der Wirtschaftsprüferkammer (WPK), die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Nach § 2 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Beirats der Beklagten sind die Beiratssitzungen nicht öffentlich. § 12 Abs. 6 der Satzung bestimmt, dass sich Organe, Abteilungen und Ausschüsse zum Schutz des Beratungsgeheimnisses im Einzelfall mit einfacher Mehrheit zu Verschwiegenheit verpflichten können.

Zu Beginn der Beiratssitzung am 22. November 2013 wies der Vorsitzer des Beirats auf €die wie immer übliche Tonträgeraufnahme€ hin.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erhielten der damalige Vorsitzende der Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK), Herr Dr. h. c. S..., und im Anschluss der damalige Präsident der WPK, Herr S..., die beide als Gäste an der Beiratssitzung teilnahmen, das Wort. Dazu enthält das Protokoll folgende Angaben:

€Herr Dr. h.c. S... liest eine Erklärung der APAK vor, die anlässlich der Beiratssitzung auf der APAK-Homepage (www.apak-aoc.de) veröffentlicht wurde. Im Folgenden liest Herr Dr. h.c. S... das an die APAK adressierte Schreiben des Staatssekretärs Dr. H... aus dem BMWi vom 19. November 2013 vor, in dem letzterer der APAK seinen Dank für das Engagement bei der Ausübung der Fachaufsicht über die WPK ausdrückt und darauf hinweist, dass dem BMWi als Rechtsaufsicht über die APAK keine Anhaltspunkte für ein unrechtmäßiges Verhalten der APAK als solcher oder einzelner Mitglieder vorliegen.€

€Herr S... gibt in seiner Eigenschaft als Präsident der WPK eine Erklärung ab, in der er sich im Namen des Vorstandes von den Vorwürfen gegen die APAK und WPK ebenfalls distanziert und diese zurückweist. Die Verbreitung von offensichtlich falschen Informationen aus Wahlkampfkalkül sei nicht akzeptabel und nicht berufswürdig. Der Wirtschaftsprüferkammer drohe ein nicht wiedergutzumachender Schaden. Herr S... bringt seine Erwartungshaltung zum Ausdruck, dass zukünftig keine ehrverletzenden Äußerungen mehr getätigt werden, und fordert die anwesenden Beiratsmitglieder zur sachlichen und konstruktiven Mitarbeit auf.€

Das Protokoll wurde in der Sitzung des Beirats am 15. Mai 2014 € in diesen Punkten unverändert € genehmigt. Der Antrag eines Beiratsmitglieds, das Wortprotokoll der beiden Reden in das Protokoll aufzunehmen, fand keine Mehrheit (23 Beiräte dafür, 23 dagegen, eine Enthaltung).

Das Protokoll war zuvor den Mitgliedern des Beirats im Dezember 2013 als Entwurf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt worden. In diesem Zusammenhang beantragten mehrere Beiratsmitglieder bei der Beklagten die Herausgabe des Wortprotokolls bzw. der Tonbandaufnahme der Beiratssitzung vom 22. November 2013 hinsichtlich der am Anfang der Sitzung gehaltenen Reden. Der Kläger beantragte dies mit Schreiben vom 3. Februar 2014. Dabei stützte er sich auf seine Stellung als Beirat und daneben als Privatperson auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Die Anträge lehnte die Beklagte nach Anhörung der Redner Dr. h. c. S... und S..., die einer Weitergabe des Wortlauts ihrer Aussagen nicht zustimmten, ab, im Fall des Klägers mit Bescheid vom 14. Februar 2014. Seinen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2014 zurück.

Mit der am 30. Juli 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Herausgabe der Abschrift bzw. der Tonbandaufnahme der Beiratssitzung vom 22. November 2013 hinsichtlich der am Anfang der Sitzung gehaltenen Reden weiter. Zur Begründung führt er aus:

Als Organ des Beirats habe er einen Anspruch auf Überlassung der zu den einzelnen Tagesordnungspunkten einer Beiratssitzung vorhandenen Dokumente und Aufzeichnungen. Die Reden hätten sich an die Beiratsmitglieder in dieser Funktion gerichtet. Die Aussagen des WPK-Präsidenten seien schon deshalb für die Beiratsmitglieder wichtig, weil € z.B. bei bevorstehenden Wahlentscheidungen € Ansichten und Verhaltensweisen des WPK-Vorsitzenden von großer Bedeutung seien. Beim APAK-Vorsitzenden gelte dies für die bedeutenden berufspolitischen Diskussionen, die dem Berufsstand und den Gremien der WPK bevorstünden. Der Kläger sei in den Reden €persönlich verunglimpft€ worden und möchte deshalb weitergehende rechtliche Schritte prüfen. Wegen seiner persönlichen Betroffenheit komme es auf die einzelnen Formulierungen an. Dem werde der Inhalt des Protokolls nicht gerecht.

Es gehe ihm um seine Rehabilitation. Das Amt eines Beirats lebe von der Glaubwürdigkeit, dass sich der einzelne Vertreter auch für den Berufsstand einsetze. Durch die Reden der beiden Herren habe gezielt erreicht werden sollen, die Seriosität und die Glaubwürdigkeit von Kritikern wie dem Kläger in Frage zu stellen. Durch ehrverletzende Vorgehensweise (Unterstellungen, Verleumdungen und Beschimpfungen von Amtsseite) sei deren für die Amtsführung als Beirat unerlässliche Autorität gemindert und diese seien daher in ihren unmittelbaren Rechten in der damaligen Sitzung sowie auch im Nachgang eingeschränkt worden. Die Reden hätten dazu dienen sollen, Kritiker wie den Kläger mundtot zu machen und die betroffenen Beiräte von Amts wegen bloßzustellen und somit unglaubwürdig zu machen. Die damalige Sitzung sei noch immer ein Grund, dass der Kläger sich für sein Verhalten vor den Mitgliedern der WPK rechtfertigen müsse € obwohl er im Recht gewesen sei.

Der Kläger ist der Ansicht, dass Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes ihm als Beiratsmitglied nicht entgegengehalten werden könnten. Bei der nach dem IFG vorzunehmenden Interessenabwägung seien die Interessen der beiden Redner nicht schutzwürdig, weil sie sich im Beirat der Beklagten geäußert hätten. Vertraulichkeitsschutz sei im Beirat nicht beschlossen worden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 14. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2014 zu verpflichten, ihm die Tonbandaufzeichnung der Reden des damaligen Präsidenten S... sowie des damaligen Vorsitzenden der Abschlussprüferaufsichtskommission Dr. h.c. S... zu Beginn der Sitzung des Beirats der Wirtschaftsprüferkammer am 22. November 2013 (TOP A) und die davon gefertigte Abschrift zu übersenden

sowie

die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, Beiratsmitglieder hätten keinen Anspruch auf Herausgabe von Tonbandaufzeichnungen einer Beiratssitzung oder daraus gefertigter Abschriften. Ein Wortprotokoll werde nicht geführt. Die Tonbandaufzeichnung diene lediglich dazu, bei späterem Streit über den Wortlaut eines Beschlusses oder die wesentlichen Gesichtspunkte für die Entscheidungsfindung in bedeutsamen Angelegenheiten Klarheit zu schaffen. Es handele sich nur um vorbereitende Aufzeichnungen. Nach Ende einer Legislaturperiode würden die Tonbandaufzeichnungen vernichtet. Als Privatperson habe der Kläger kein überwiegendes Informationsinteresse substantiiert dargelegt. Informationsansprüche zur Befriedigung privater Interessen entsprächen nicht den Zielen des Informationsfreiheitsgesetzes und überwögen daher in der Regel nicht das Geheimhaltungsinteresse des Dritten. Eine Ausnahme sei hier nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Ordner €RAP 9/2014€ und €Sitzung des Beirates am 22. November 2013 in Berlin€) Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung der Kammer war.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.

Der angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig; dem Kläger steht der begehrte Anspruch nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat aus keinen rechtlichen Gesichtspunkten Anspruch auf die Überlassung der begehrten Tonbandaufzeichnung bzw. einer davon gefertigten Abschrift.

1. Weder die Wirtschaftsprüferordnung (WPO) noch die Satzung der WPK und auch nicht die Geschäftsordnung des Beirats enthalten eine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch.

Der Kläger hat auch keinen ungeschriebenen Anspruch auf das Abhören der Tonbänder, der sich aus seiner Aufgabe als Beiratsmitglied ergibt. Ein solcher kann zum Beispiel bestehen, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Niederschrift bestehen, da die Genehmigung derselben zu den Aufgaben der Mitglieder des Beirats gehört (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 6. April1987 € 2 TG 912/87 € juris Rn. 7 [für Gemeinderatsmitglieder]). Die Niederschrift der Sitzung des Beirats vom 22. November 2013 ist jedoch bereits genehmigt. Auch hat der Kläger keine Zweifel an deren Richtigkeit. Da im Beirat gemäß § 6 seiner Geschäftsordnung Niederschriften als Ergebnisprotokolle geführt werden, sind die vom Kläger begehrten Informationen in diesen nur nicht enthalten (vgl. Verwaltungsgericht Bayreuth, Urteil vom 26. April 2013 € B 5 K 11.594 € juris Rn. 37).

25Im Übrigen haben die Mitglieder des Beirats auch nur Anspruch auf die Mindestinformation, die es ihnen ermöglicht, über den jeweiligen Beschlussgegenstand zu entscheiden. Weitergehende Informationsrechte der Beiratsmitglieder, insbesondere das Recht auf Einsicht in bestimmte Vorgänge, lassen sich der WPO nicht entnehmen und mussten dort auch nicht bundesrechtlich geregelt werden; denn wenn ein Mitglied Rechtsverstöße vermutet, steht es ihm frei, auf einen der Klärung des Sachverhalts dienenden Beschluss des Beirats hinzuwirken, der auch die Einsichtnahme in bestimmte Akten zum Gegenstand haben kann. Zudem unterliegt die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse der WPK der Aufsicht demokratisch legitimierter Amtswalter. In § 66 WPO ist bundesgesetzlich geregelt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie darüber zu wachen hat, dass die WPK ihre Aufgaben im Rahmen der geltenden Gesetze und Satzungen erfüllt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31. März 2004 € 6 C 25/03 € juris Rn. 18[Vollversammlung einer IHK]).

Zu den vom Bundesverwaltungsgericht genannten €Mindestanforderungen€ gehören die Tonbandaufzeichnungen der Beiratssitzung nicht. Diese Tonbandaufzeichnungen sind ein Hilfsmittel für die Protokollführer der Verwaltung der WPK. Sie dienen der Erleichterung der Erstellung des Sitzungsprotokolls und der Lösung von Streitfällen bei Genehmigung des Sitzungsprotokolls. Über dessen Inhalt bestimmt § 6 der Geschäftsordnung des Beirats:

€Über den Verlauf und Abstimmungsergebnisse der Sitzungen ist ein Protokoll zu fertigen, aus dem sich Ort und Tag der Sitzung, die Teilnehmer, die Tagesordnung, der Wortlaut der Beschlüsse und in bedeutsamen Angelegenheiten die für die Entscheidungsfindung wesentlichen Gesichtspunkte ergeben.€

28Der Wortlaut der Reden von Gästen ist danach nicht zu protokollieren. Er wird mithin nur aufgezeichnet, um gegebenenfalls € wie vorliegend € eine Zusammenfassung in das Protokoll aufzunehmen. Wer damit nicht einverstanden ist, kann im Rahmen der Genehmigung des Protokolls eine Ergänzung oder Berichtigung geltend machen. Das ist vorliegend versucht worden, hat im Beirat aber keine Mehrheit gefunden.

Fraglich wäre auch, ob ein solcher positiver Beschluss nicht Datenschutzrechte verletzt hätte. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass auch Gäste gewohnheitsmäßig konkludent € wie die Mitglieder des Beirats € der Tonbandaufzeichnung zugestimmt haben.

In Hilfsmittel der Protokollführer besteht auch in anderen Rechtsverhältnissen kein Einsichtsanspruch (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 12. September 1988 € 24 W 2242.88 € juris Rn. 4 und 6 [private Aufzeichnungen des Verwalters einer WEG]; Verwaltungsgericht Bayreuth, Urteil vom 26. April 2013 € B 5 K 11.594 € juris Rn. 27 [Anhören einer Tonbandaufzeichnung einer nichtöffentlichen Ausschuss- und einer öffentlichen Sitzung des Stadtrats durch einen Stadtrat].

2. Anspruchsgrundlage für das Informationsbegehren als €natürliche Privatperson€ ist § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

Der Kläger ist als Privatperson neben seiner organschaftlichen Stellung als Mitglied des Beirats antragsberechtigt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 9. November 2006 € 8 A 1679/04 € juris Rn. 89), die Beklagte als Körperschaft öffentlichen Rechts eine anspruchsverpflichtete Behörde des Bundes.

a) Keiner abschließenden Entscheidung bedarf, ob die streitbefangene Tonbandaufzeichnung einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis i.S.v. § 3 Nr. 4 IFG unterliegt. Eine solche Rechtsvorschrift könnte hier § 2 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Beirats darstellen. Ob eine untergesetzliche Rechtsvorschrift € hier in einer Geschäftsordnung € genügt, ist umstritten (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Januar 2015 € OVG 12 B 2.13 € juris Rn. 29 m.w.N.). Selbst wenn man es ausreichen lassen wollte, dass eine solche Vorschrift auf ein Gesetz im formellen Sinn zurückgeführt werden kann (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. September 2007 € 7 C 4.07 € juris Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. Rn. 30) dürfte man aus der Nicht-Öffentlichkeit der Sitzungen des Beirats aber nicht auf eine Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht i.S.v. § 3 Nr. 4 IFG schließen können. Denn die Verschwiegenheitspflicht ist in § 12 Abs. 6 Satz 1 der Satzung der Beklagten speziell geregelt. In der zum Zeitpunkt der Sitzung am 22. November 2013 geltenden Fassung lautete die Vorschrift:

€Die ehrenamtlich für die Wirtschaftsprüferkammer Tätigen sind nach § 64 WPO zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auch auf sonstige Mitteilungen, Tatsachen und Verhandlungen, die ihrer Natur nach vertraulich sind oder ausdrücklich als vertraulich bezeichnet werden, und dauert über die Amtszeit hinaus.€

In der Sitzung am 22. November 2013 hat der Beirat aus dieser Verschwiegenheitspflicht allerdings ein Verschwiegenheitsrecht gemacht. Danach können sich Organe, Abteilungen und Ausschüsse zum Schutz des Beratungsgeheimnisses im Einzelfall mit einfacher Mehrheit zur Verschwiegenheit verpflichten. An einer solchen Verschwiegenheitsverpflichtung fehlt es hier in Bezug auf die fraglichen Redebeiträge.

Allerdings regelt die Wirtschaftsprüferordnung in § 64 die Pflicht der Mitglieder des Vorstands, des Beirats und der Ausschüsse € auch nach ihrem Ausscheiden aus diesen Gremien € zur Verschwiegenheit in Bezug auf alle Angelegenheiten, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Vorstand, im Beirat, in der Abteilung oder im Ausschuss über Mitglieder der Wirtschaftsprüferkammer, Bewerber oder andere Personen bekannt werden. Diese allgemeine Verschwiegenheitspflicht in § 64 WPO bezieht sich jedoch erkennbar auf personenbezogene Vorgänge. Nicht personenbezogene gremieninterne Vorgänge (Meinungsbildungsprozesse in Sachfragen und deren Ergebnisse, Abstimmungsergebnisse ohne Hinweis auf persönliches Abstimmungsverhalten usw.) sind nicht von der Verschwiegenheitspflicht nach § 64 WPO erfasst (vgl. Thorn in WPO-Kommentar, 2. Aufl. 2013, Rn. 8 zu § 64). § 12 Abs. 6 der Satzung der WPK ist in diesem Zusammenhang betrachtet eine Ausnahmevorschrift, die es Gremien der WPK im Einzelfall ermöglicht, sich über § 64 WPO hinaus zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Äußerungen in der berufspolitischen Auseinandersetzung im Beirat der WPK stellen keine personenbezogenen Vorgänge i.S.v. § 64 WPO dar.

37b) Ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG scheitert bei den streitbefangenen Tonbandaufzeichnungen bzw. Abschriften aber daran, dass es sich dabei nicht um amtliche Informationen i.S.v. § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG handelt. Amtliche Information ist nach der dortigen gesetzlichen Definition: Jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden, gehören nicht dazu.

Wie bereits zu 1. ausgeführt handelt es sich bei der Tonbandaufzeichnung lediglich um ein Hilfsmittel für die Protokollerstellung und damit um Notizen i.S.v. § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG.

Dass die Aufzeichnungen tatsächlich für die Dauer der laufenden Legislaturperiode aufgehoben werden, macht sie nicht zu Bestandteilen eines amtlichen Vorgangs.

c) Es kann deshalb dahinstehen, ob dem Kläger aus dieser Aufbewahrung auch deshalb kein Anspruch auf Herausgabe erwächst, weil diese Aufbewahrung gegen die Pflicht zur Löschung von personenbezogenen Daten verstößt, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG). Denn der Auskunftsanspruch dürfte sich nicht auf solche Daten beziehen, die aus Gründen des Datenschutzgesetzes nicht mehr aufbewahrt werden dürfen (vgl. Verwaltungsgericht Bayreuth, Urteil vom 26. April 2013 € B 5 K 11.594 € juris Rn. 33). Der Zweck der Tonbandaufzeichnung erledigte sich mit der Genehmigung der Niederschrift des Protokolls in der Beiratssitzung am 15. Mai 2014. Aus dem Verwaltungsvorgang €Sitzung des Beirates am 22. November 2013 in Berlin€ ergibt sich nicht, dass eine Abschrift der Tonbandaufzeichnung zum Bestandteil des Vorgangs gemacht wurde.

d) Das Gericht brauchte somit auch nicht zu klären, ob dem persönlichen Interesse des Klägers am Informationszugang überwiegendes Gewicht zukommt (§ 5 Abs. 1 IFG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, bedurfte angesichts der getroffenen Kostenfolge keiner Bescheidung.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

5.000,00 Euro

festgesetzt.






VG Berlin:
Urteil v. 21.03.2016
Az: 22 K 136.14


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