Landgericht Köln:
Urteil vom 21. September 2011
Aktenzeichen: 28 O 41/11

(LG Köln: Urteil v. 21.09.2011, Az.: 28 O 41/11)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen Nutzung von Lichtbildern durch die Beklagte im Internet geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte betreibt unter der Domain http://www.P.de/O-reisecenter ein Online-Reisebüro im Online-Reisevermittlungsportal „P.de“, das von der Streithelferin zu 1) betrieben wird. Über dieses Portal können Endverbraucher Flüge, Pauschalreisen, Hotels, Mietfahrzeuge etc. bei dem entsprechenden Reiseveranstalter bzw. Leistungsträger buchen. Im Rahmen eines Vertragsverhältnisses stellt die Streithelferin zu 1) die Internetseite den mit ihr vertraglich verbundenen Reisebüros zur Verfügung. Dazu wird für die jeweiligen Partner-Reisebüros ein Unterverzeichnis auf der Internetseite eröffnet und dem Reisebüro so ein Internetauftritt ermöglicht. Buchungen und Buchungsanfragen, die über die den Reisebüros zugewiesenen Internetseiten erfolgen, werden zentral von der Streithelferin zu 1) mit den Reiseveranstaltern abgewickelt, wobei das Partnerreisebüro hierfür eine Provision erhält. Im Rahmen der den Partner-Reisebüros überlassenen Internetseiten werden im Wesentlichen die Inhalte der Hauptseite der Streithelferin zu 1) genutzt, die von den Partner-Reisebüros nicht beeinflussbar sind. Die Internetseiten werden jedoch derart individualisiert, dass dort am oberen Rand der Internetseite das Reisebüro über ein Werbebanner bezeichnet wird und sich im rechten Bereich unter der Überschrift „Persönlich für Sie da“ die Kontaktdaten der Reisebüros befinden, unter denen der Benutzer eine persönliche Beratung einholen kann. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Internetseite auch noch weitergehend an das Corporate Identity des Reisebüros anzupassen, sowie eigene Inhalte und Funktionalitäten oder eine bereits bestehende Website oder Teile davon zu integrieren.

Derzeit sind der Streithelferin zu 1) auf diese Weise etwa 1200 Reisebüros angeschlossen, darunter auch die Beklagte, die ihre Dienstleistungen unter der Domain www.P.de/O-reisecenter anbietet. Sie war ursprünglich auch im Impressum als Anbieter ausgewiesen. Nach den ersten Abmahnungen in dieser Angelegenheit ist das Impressum dahingehend geändert worden, dass es nun den Zusatz trägt

„Betreiber der Website und somit verantwortlich für den Inhalt und alleiniger Ansprechpartner in allen urheberrechtlichen Fragen ist die P.de Touristik GmbH …“.

Die von der Streithelferin zu 1) den jeweiligen Partner-Reisebüros überlassenen Internetseiten boten den Nutzern die Möglichkeit, über das am rechten Seitenrand der Internetseite befindliche Feld „Onlinekataloge“ auf insgesamt etwa 1000 Onlinereisekataloge von Reiseveranstaltern zugreifen, darunter auch den Reisekatalog des Reiseveranstalters I GmbH, der die hier streitgegenständlichen 105 Fotografien enthält, an den die Klägerin ein ausschließlichen Nutzungsrecht behauptet.

Die Onlinereisekataloge der jeweiligen Reiseveranstalter wurden von der Streithelferin zu 2) zur Verfügung gestellt, die die Kataloge erstellt und zu diesem Zweck etwa 4-6 Mio. Lichtbilder digital aufbereitet. Der Zugriff auf die Online-Reisekataloge erfolgte von den Internetseiten der jeweiligen Reisebüros technisch durch einen Link, vermittels dessen die entsprechenden Inhalte auf einem Server der Streithelferin zu 2) in Bezug genommen wurden. Dabei öffnete sich in einem ersten Schritt ein Regalverzeichnis, in welchem die Reiseveranstalter mit ihrem jeweiligen Logo kenntlich gemacht, alphabetisch aufgeführt wurden. Nachdem der Nutzer einen Reiseveranstalter ausgewählt hatte, konnte er bei diesem in einem nächsten Schritt nach Reisezielen und sodann nach Hotelangeboten weitersuchen. Klickte er danach ein bestimmtes Hotel an, wurde die Hotelbeschreibung mit der entsprechenden Bebilderung angezeigt. Dies geschah sämtlich im Wege des so genannten Framing: die angewählten Inhalte wurden nicht in einem neuen Browserfenster dargestellt, sondern als Frame in die sichtbare Internetseite der Reisebüros eingebunden. Die Onlinekatalogsuche war bei allen vorgenannten Schritten überschrieben mit dem Hinweis

„Dieser Service wird ihnen von P.de zur Verfügung gestellt. Powered by Y“.

Die Klägerin mahnte daraufhin 535 der insgesamt etwa 1200 Partner-Reisebüros der Streithelferin zu 1) mit der Begründung ab, die Nutzung von 105 Fotografien aus dem Onlinekatalog des Reiseveranstalters I verletze ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Bildern, und forderte die jeweiligen Reisebüros zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassung hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichmachung dieser Lichtbilder auf, darunter mit Schreiben vom 03.11.2010 auch die hiesige Beklagte. Die Streithelferin zu 1) entfernte daraufhin am 05.11.2010 den Online-Katalog des Reiseveranstalters I GmbH und löschte schließlich am 07.11.2010 den Link auf die Online-Reisekataloge. Die Streithelferin zu 1) leistete überdies eine Zahlung in Höhe von EUR 25.000,00 an die Klägerin zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche gegen sie und sämtliche ihr vertraglich verbundenen Reisebüros. Die Klägerin nahm die Zahlung mit dem Hinweis an, dass sie dies nur als Teilzahlung verstehe.

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte nunmehr auf Unterlassung des öffentlich Zugänglichmachens der aus Anlage K 1 zur Klageschrift ersichtlichen Fotografien in Anspruch sowie auf Erstattung der durch die Abmahnung vom 03.11.2010 entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.680,10 berechnet nach einer 1,3 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale aus einem Unterlassungsstreitwert von EUR 1.000,00 je Lichtbild, mithin einem Gesamtgegenstandswert von EUR 105.000,00 EUR.

Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den aus Anlage K 1 zur Klageschrift ersichtlichen 105 Lichtbildern, die in dem Onlinereisekatalog des Reiseveranstalters I GmbH betreffend das Reiseziel Spanien zur Illustration der Hotels und Reiseziele wiedergegeben waren. Diese Nutzungsrechte habe sie von ihrem Verwaltungsrat T erworben, der sie wiederum unmittelbar von dem Fotografen S ableite. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe durch die Verlinkung auf die Online-Reisekataloge im Wege des Framing den Tatbestand des § 19a UrhG erfüllt und damit ihre ausschließlichen urheberechtlichen Nutzungsrechte verletzt. Die Online-Reisekataloge seien wie eigene Inhalte in die Internetseite der Beklagten eingebunden worden. Es habe auf der eigenen Entscheidung der Beklagten beruht, sich dem Geschäftskonzept der Streithelferin zu 1) anzuschließen. Für die Rechtsverletzung hafte sie daher in gleicher Weise, wie sie hierfür einzustehen hätte, wenn sie eine eigene Website generiert und mit der Erstellung einen Dritten beauftragt hätte. Die Beklagte habe im Übrigen nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme der Rechtsverletzung dafür gesorgt, dass die streitgegenständlichen Fotografien aus dem Internet entfernt würden. Die Linkverknüpfung zu den Online-Katalogen der Reiseveranstalter sei noch durch die direkte Eingabe der URL bis zum 23.11.2010 abrufbar gewesen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, ohne Berechtigung die in Anlage K 1 zur Klageschrift dargestellten Fotografien im Internet öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 1.680,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte und die Streithelferinnen beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, der Klage stehe bereits der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Die Abmahnung sämtlicher Reisebüros sei nur im Gebührengenerierungsinteresse erfolgt und deshalb rechtsmissbräuchlich. Um die vermeintliche Verletzungshandlung erfolgreich zu unterbinden, hätte es genügt, gegen die federführende Streithelferin zu 1) vorzugehen, die für die Inhalte der Internetseite allein verantwortlich gewesen sei, was überdies nach dem Geschäftskonzept der Streithelferin zu 1) auch ohne weiteres für die Klägerin erkennbar gewesen sei.

In der Sache bestreiten die Beklagte und die Streithelferinnen zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin. Weiterhin sind sie der Auffassung, dass es mangels eigener Verletzungshandlung der Beklagten an der Passivlegitimation fehle: diese habe keine eigenen Inhalte präsentiert, sondern lediglich fremde Inhalte in Form der Reisekataloge, auf die sie keinen Einfluss gehabt habe, wiedergegeben. Dies sei für den Internetnutzer erkennbar gewesen und vergleichbar mit der Aushändigung eines realen Reisekatalogs im Reisebüro. Folglich sei die Beklagte lediglich Nutzer dieser Kataloge nicht aber Verletzer oder Störer. Die Beklagte habe überdies auch keinen Einfluss auf den Inhalt der Internetseite gehabt; hierauf habe nur die Streithelferin zu 1) zugreifen können. Jedenfalls aber treffe die Beklagte deshalb kein Verschulden und keine Prüfpflicht, da sie die Inhalte nicht habe beeinflussen und angesichts der schieren Größe der Datenbank der Streithelferin zu 2) auch nicht in zumutbarer Weise die Rechteketten habe kontrollieren können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung aus § 97 Abs. 1 UrhG noch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus § 97 Abs. 2 UrhG oder § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG zu. Dabei bedarf die zwischen den Parteien streitige Frage der Aktivlegitimation ebenso wenig der Entscheidung wie die Frage, ob der Klage der beklagtenseits erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegensteht. Denn nach Auffassung der Kammer fehlt es jedenfalls an der Passivlegitimation der Beklagten. Die Beklagte haftet für die vermeintliche Rechtsverletzung weder als Täter, noch als Teilnehmer, noch als Störer.

a) Die Beklagte haftet nicht als Täterin einer vermeintlichen Rechtsverletzung, da sie nicht durch eigenes Handeln die streitgegenständlichen Lichtbilder im Internet öffentlich zugänglich gemacht hat.

aa) Der Tatbestand des § 19 a UrhG setzt voraus, dass der Öffentlichkeit der Zugriff auf das geschützte Werk eröffnet wird, wovon vorliegend auszugehen ist. Täter eines solchen Eingriffs in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung ist jedoch nur derjenige, auf dessen Initiative und unter dessen Verantwortung das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (Dreier/Schulze, UrhG, § 97, Rz. 30). Wer lediglich auf fremde Webseiten verlinkt, macht diese nicht schon selbst eigenständig zugänglich im Sinne von § 19 a UrhG (BGH v. 17.07.2003, I ZR 259/00, GRUR 2003, 958 - Paperboy). Der Link enthält grundsätzlich nur eine elektronische Verknüpfung, die dem Nutzer den Aufruf der verlinkten Webseite erleichtert; die Inhalte auf der verlinkten Webseite werden deshalb grundsätzlich nicht von demjenigen, der den Link setzt, sondern von dem Anbieter der verknüpften Seite öffentlich zugänglich gemacht (Fromm/Nordemann, UrhG, § 19a, Rz. 23; Schricker/Löwenheim, UrhG, § 19a, Rz. 46), der allein über deren Inhalte entscheidet.

Auf dieser Grundlage kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Beklagte den Online-Reisekatalog des Reiseveranstalters I GmbH und damit die streitgegenständlichen Lichtbilder öffentlich zugänglich gemacht hat. Denn diese hat die Kataloge weder selbst erstellt noch erstellen lassen; vielmehr wurden die Kataloge von der Streithelferin zu 2) erstellt, ohne dass die Beklagte auf die Auswahl der Bilder Einfluss gehabt hätte. Die Streithelferin zu 2) hat die Kataloge sodann auf ihrem Server für den Abruf bereit gehalten. Dass die Kataloge über einen Link auch von der Internetseite der Beklagte aus abrufbar waren, begründet deren Tatherrschaft nicht. Sie mag über die Verlinkung zwar eine Ursache für die Rechtsverletzung gesetzt haben; sie hatte indes keinen, eine Tatherrschaft begründenden Einfluss darauf, welche Onlinereisekataloge von der Verlinkung erfasst sind und welchen Inhalt diese aufwiesen. Schon die Verlinkung selbst war nicht durch die Beklagte sondern vielmehr durch die Streithelferin zu 1) erfolgt, so dass es der Beklagten aus eigener Kompetenz nicht möglich war, den Link zu unterbinden; vielmehr bedurfte es hierfür der Mithilfe der Streithelferin zu 1). Inhaltlich lag es zudem allein in der Kompetenz der Streithelferin zu 2), welche Inhalte diesem Link hinterlegt waren. Angesichts dessen ist nicht von einem eigenständigen Zugänglichmachen der Beklagten auszugehen.

bb) Die Beklagte haftet auch nicht deshalb, weil sie sich die streitgegenständlichen Inhalte der unter dem Link abrufbaren Online-Reisekataloge zu Eigen gemacht hätte und damit bei normativer Betrachtung von einem eigenständigen öffentlichen Zugänglichmachen auszugehen wäre.

Ein zu Eigen machen fremder Inhalte liegt nur vor, wenn der Anbieter auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles aus der Sicht eines verständigen Internetnutzers die Verantwortung für die über seine Internetseite veröffentlichten Inhalte übernimmt (BGH v. 12.11.2009, I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 - Marions Kochbuch). Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht gegeben. Der verständige Internetnutzer wird die Onlinereisekataloge vielmehr als fremde Inhalte erkennen. Dies ergibt sich aus folgendem:

Zwar ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass die Verlinkung auf die Online-Reisekataloge im Wege des Framing erfolgt. Es öffnet sich also kein neues Browserfenster, indem erkennbar auf eine fremde Quelle verwiesen wird. Vielmehr werden die Kataloge in die eigene Internetseite der Beklagten derart eingebunden, dass die Verlinkung fremder Inhalte auf den ersten Blick nicht erkennbar ist. Die Erkennbarkeit folgt indes aus den sonstigen Umständen. So ist zum einen jede Seite der Online-Katalogsuche überschrieben mit dem Hinweis:

„Dieser Service wird ihnen von P.de zur Verfügung gestellt. Powered by Y.“

Hieraus ergibt sich für den verständigen Internetnutzer bereits, dass die Onlinesuche nicht unter der Verantwortung der Beklagten erfolgt. Dies wird weiterhin verdeutlicht durch die Schrittabfolge der Suche, die damit beginnt, dass sich ein Regalverzeichnis mit den Logos der Reiseveranstalter öffnet und sich daran eine Suche zunächst nach Reiseziel und dann nach Hotels anschließt, bevor die Hotelbeschreibung mit den streitgegenständlichen Lichtbildern erscheint. Schon aufgrund der Anzahl der abrufbaren Kataloge sowie der konkreten Form deren Aufrufs, insbesondere der plakativen Wiedergabe der Logos der jeweiligen Reiseveranstalter, wird der verständige Internetnutzer in Verbindung mit dem einleitenden Hinweis ohne weiteres erkennen, dass es sich dabei nicht um eine Leistung des Reisebüros handelt, sondern die Kataloge von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass diese Form der Katalogsuche mit einer solchen nach und in gedruckten Reisekatalogen vergleichbar ist, die er in einem Reisebüro ausgehändigt erhält, und von denen der Kunde weiß, dass diese nicht unter der Verantwortung des Reisebüros hergestellt, sondern von den jeweiligen Reiseveranstaltern zur Verfügung gestellt werden. Aufgrund dieser objektiven Umstände erkennt der Internetnutzer ohne Weiteres, dass es sich bei den Onlinekatalogen um fremde Inhalten handelt; er wird diese deshalb nicht der Beklagten zurechnen, so dass ein zu Eigen machen fremder Inhalte vorliegend nicht anzunehmen ist.

b) Die Beklagte ist auch nicht Teilnehmerin einer fremden Verletzungshandlung. Weder hat sie hierzu angestiftet, noch hat sie hierzu Hilfe geleistet. Die Eigenschaft als Teilnehmer einer Verletzungshandlung setzt voraus, dass der Beteiligte die Handlung eines Dritten unterstützt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass hierdurch Urheberrechte Dritter verletzt werden (Fromm/Nordemann, UrhG, § 97, Rz. 153). Ein solcher mindestens bedingter Beteiligungsvorsatz ist vorliegend nicht zu erkennen. Dem Geschäftskonzept der Streithelferin zu 1) wohnt nicht bereits per se eine Missbrauchsgefahr inne, aufgrund derer die Beklagte mit Urheberrechtsverletzungen hätte rechnen müssen. Vielmehr durfte sie im Gegenteil aufgrund des Konzeptes grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Reiseveranstalter über die Rechte an den Bildern verfügen, die sie der Streithelferin zu 2) zur Bebilderung der Reisebeschreibungen in den Onlinekatalogen zur Verfügung stellten.

c) Die Beklagte hat für die vermeintliche Verletzungshandlung vor diesem Hintergrund auch nicht nach § 99 UrhG einzustehen. Denn § 99 UrhG setzt voraus, dass die Urheberrechtsverletzung im Unternehmen der Beklagten erfolgt. Daran fehlt es jedoch: nach den vorstehenden Ausführungen handelt es sich bereits nicht um eine Urheberrechtsverletzung im Unternehmen der Beklagten, sondern um eine fremde Urheberrechtsverletzung.

d) Die Beklagte haftet auch nicht als Störerin gemäß § 97 Abs. 1 UrhG für die vermeintliche Verletzung eines etwaigen ausschließlichen Nutzungsrechts der Klägerin an den 105 verfahrensgegenständlichen Fotoaufnahmen aus dem Veranstaltungsprospekt der I GmbH.

aa) Nach der herrschenden Rechtsprechung kann bei der Verletzung absoluter Rechte als Störer in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein - willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt, sofern es ihm tatsächlich und rechtlich möglich und zumutbar ist, die konkrete Rechtsverletzung zu verhindern (BGH NJW 2010, 2061, 2062 - Sommer unseres Lebens m. w. N.). Da die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, setzt die Haftung des Störers für Handlungen Dritter eine Verletzung ihm obliegender Prüfpflichten voraus (BGH a. a. O.). Die Reichweite der jeweiligen Prüf- oder Verhaltenspflicht richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des Störers und der Eigenverantwortlichkeit desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung unmittelbar vorgenommen hat (BGH GRUR 2003, 969, 970 f. - Vermessungsgrundlagen; GRUR 2004, 860 ff. - Internetversteigerung I; GRUR 2007, 708, 711 - Internetversteigerung II; s. auch Schricker/Loewenheim/Wild, 4. Aufl. 2010, § 97 UrhG Rn. 70).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet eine Haftung der Beklagten als Störerin für die vermeintliche Rechtsverletzung aus.

Nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen der Störerhaftung, wie sie in der Rechtsprechung anerkannt sind, folgt eine Störerhaftung der Beklagten nicht schon allein daraus, dass sie sich dazu entschlossen hätte, unter Inanspruchnahme der Dienste der Streithelferin zu 1) ein Onlinereisebüro zu führen, in dem die elektronischen Reisekataloge der unterschiedlichen Reiseveranstalter abrufbar waren. Zwar mag hierin ein adäquat kausales Handeln der Beklagten zu sehen sein. Da die Beklagte jedoch auf die Inhalte ihrer Internetseite keinerlei Einfluss hatte und daher die Haftung für ein Handeln Dritter in Rede steht, setzt die Verantwortlichkeit der Beklagten als Störer im Sinne des § 97 Abs. 1 UrhG die Verletzung einer ihr obliegenden Prüfpflicht voraus. In welchem Umfang der Beklagten Prüf- und Handlungspflichten zuzumuten sind, beurteilt sich somit anhand einer wertenden Betrachtung ihrer Funktion und Aufgabenstellung unter Berücksichtigung des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit fremden Handelns.

Diese wertende Betrachtung führt vorliegend dazu, dass eine Störerhaftung der Beklagten in Hinblick auf das öffentliche Zugänglichmachen der streitgegenständlichen Bilder nicht angenommen werden kann. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die von der Streithelferin zu 2) zur Verfügung gestellten Online-Reisekataloge ohne konkreten Anlass auf Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen.

Eine solche Überprüfung war der Beklagten angesichts der Anzahl der Kataloge und der darin enthaltenen Lichtbilder weder möglich noch zumutbar. Die Beklagte als bloßes Reisebüro durfte vielmehr aufgrund der Herkunft der Kataloginhalte von den Reiseveranstaltern darauf vertrauen, dass die Reiseveranstalter über die zur Veröffentlichung erforderlichen Rechte verfügen. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil die Beklagte keinerlei Anhaltspunkte dafür hatte, dass die urheberrechtliche Lage zweifelhaft sein könnte. Vor diesem Hintergrund erscheint eine anlasslose Prüfpflicht der Beklagten als wirtschaftlich nicht zumutbar und tatsächlich auch nicht möglich. Das bloße Setzen eines Frame-Links ohne zu Eigen machen der verlinkten Inhalte begründet deshalb im vorliegenden Fall eine Störerhaftung jedenfalls solange nicht, bis die Beklagte von der vermeintlichen Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wird. Die Beklagte erlangte von einer möglichen Verletzung von Rechten der Klägerin frühestens mit der Abmahnung vom 03.11.2010 Kenntnis, woraufhin der streitgegenständliche Link am 05.11.2010 unverzüglich gelöscht wurde. Ab diesem Zeitpunkt waren die etwaigen rechtsverletzenden Inhalte nicht mehr über die Internetseite der Beklagten erreichbar. Soweit die Parteien darüber streiten, ob der streitgegenständliche Katalog des Reiseveranstalters I GmbH noch bis zum 23.11.2010 bei manueller Eingabe der URL auffindbar war oder ob dies nur für die sonstigen Onlinekataloge mit Ausnahme des Katalogs der I GmbH galt, ist zum einen anzumerken, dass die insoweit beweispflichtige Klägerin einen Beweis hierfür nicht angetreten hat und zum anderen, dass dies auch deshalb unerheblich ist, weil diese URL als Speicherort auf dem Server der Streithelferin zu 2) dem Zugriff der Beklagten entzogen war, diese also über die bloße Löschung der Linkverknüpfung hinaus keine Möglichkeit hatte, auch auf die Inhalte der verknüpften Seite zuzugreifen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

3. Der Schriftsatz der Klägerin vom 01.09.2011 hat vorgelegen und ist in seinen rechtlichen Ausführungen berücksichtigt worden. Er gibt zur Wiedereröffnung der Verhandlung keine Veranlassung.

4. Streitwert: EUR 105.000,00






LG Köln:
Urteil v. 21.09.2011
Az: 28 O 41/11


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