Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2009
Aktenzeichen: 29 W (pat) 83/06

(BPatG: Beschluss v. 14.01.2009, Az.: 29 W (pat) 83/06)

Tenor

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 vom 7. Dezember 2004 und vom 18. April 2006 werden teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von1 Ton, Bild; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel)" und die Dienstleistungen "Geschäftsführung; Immobilienwesen; Betreiben und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation" zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentund Markenamt ist am 27. August 2003 die Wortmarke ValueCardfür folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische Mess-, Signal-, Kontrolloder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 36: Finanzwesen; Immobilienwesen;

Klasse 38: Telekommunikation; Betreiben und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

Die Markenstelle für Klasse 38 hat die Anmeldung durch Beschlüsse vom 7. Dezember 2004 und vom 18. April 2006, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen nicht um eine neue phantasievoll gebildete, sondern um eine übliche und einschlägige Wortverbindung handele. Mit dem Zeichenbestandteil "Card" würden maschinenlesbare Datenträger im Kartenformat bezeichnet, die als Wert-, Berechtigungs-, Ausweisoder Zutrittskarte vielfältig Verwendung fänden. Er werde durch das vorangestellte Bestimmungswort "Value" näher präzisiert, das im Sinne von Wert ein grundlegender Begriff in der Wirtschaftsund Managementsprache sei. Die Kombination der beiden Zeichenwörter sei trivial und sprachüblich. Sie vermittle lediglich den Bedeutungsgehalt "Wertkarte", zumal der Verkehr an vergleichbare Wortverbindungen bereits gewöhnt sei und über ausreichende Englischkenntnisse verfüge. Damit bringe das angemeldete Zeichen zum Ausdruck, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Rahmen eines Kartensystems, das wie eine elektronische Geldbörse oder eine Rabattkarte funktioniere, erhältlich seien bzw. in Anspruch genommen werden könnten. Es handele sich folglich um eine Inhalts-, Eignungsoder Bestimmungsangabe. Zudem sei die Wortfolge allenfalls begrifflich unbestimmt, jedoch nicht mehrdeutig. Im Übrigen führten auch die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen mangels Bindungswirkung nicht zur Eintragbarkeit des Zeichens.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 18. April 2006 aufzuheben.

Sie begründet ihr Rechtsmittel damit, dass es sich bei "ValueCard" um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung handele, die keinen Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. Weder sie noch ihre Bestandteile "Value" und "Card" seien im Verkehr gebräuchlich. Erstgenannter weise zudem verschiedene Bedeutungen auf, so dass die Wortkombination nicht nur mit "Wertkarte" übersetzt werden könne. Darüber hinaus würde sich das angemeldete Zeichen an alle Verbraucher richten, die jedoch mangels ausreichender Englischkenntnisse darunter mehrheitlich keine Wertkarte verstünden. Auch sei der Begriff "Wertkarte" als solcher interpretationsbedürftig. Außerdem weise die Wortzusammensetzung "ValueCard" im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen klaren Bedeutungsgehalt auf und stelle keine glatt beschreibende Angabe dar, so dass an ihm weder ein gegenwärtiges noch ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis bestehe. Für die Schutzfähigkeit spreche auch die Eintragung der Marke 303 59 625 ("MaxiCard").

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

1. Im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische Mess-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik, Klasse 35: Werbung, Klasse 36: Finanzwesen, Klasse 38: Telekommunikation, Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern, besitzt das angemeldete Zeichen nicht die notwendige Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 -Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 -DAS PRIN-ZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das (die) vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche(s) und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 -FUSSBALL WM 2006).

a) Das angemeldete Zeichen "ValueCard" und die damit vergleichbare Wortkombination "Value Card" sind als solche weder in deutschnoch in englischsprachigen Nachschlagewerken zu finden. Bei dem ersten Bestandteil "Value" handelt es sich um das englische Wort für "schätzen" oder "Wert" (vgl. Pons Großwörterbuch, Englisch -Deutsch, 1. Auflage 2002, Seite 1009), während das zweite Element u. a. mit "Pappe", "Karton", "Karte" oder "Ausweis" übersetzt werden kann (vgl. Pons, a. a. O., Seiten 117/118). Insgesamt ist die Wortfolge "ValueCard" damit im Sinne von Wertkarte oder Wertausweis zu verstehen. Die weiteren Bedeutungen von "Value" und "Card" treten demgegenüber in den Hintergrund, da sie keine sinnvolle Gesamtaussage ergeben. Auch steht der Interpretation des Zeichens im Sinne von Wertkarte nicht der Umstand entgegen, dass sich zwischen den beiden Bestandteilen kein Leerraum befindet, denn der großgeschriebene Anfangsbuchstabe des Elements "Card" legt es nahe, dass es sich bei ihm um einen eigenständigen Begriff handelt.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird ein Großteil der Verbraucher dem angemeldeten Zeichen die Bedeutung "Wertkarte" beimessen. Hierfür spricht zum einen, dass der Begriff "Value Card" -auch in der synonymen Schreibweise "ValueCard" -im inländischen Verkehr vielfach in unterschiedlichsten Zusammenhängen zur Bezeichnung einer Karte verwendet wird, die einen bestimmten Geldwert oder ein bestimmtes Guthaben verkörpert und/oder zur Entgegenbzw. Inanspruchnahme von Waren bzw. Dienstleistungen berechtigt (vgl. "Google-Trefferliste", Suchbegriff "ValueCard"). Sie ist ausweislich nachfolgender Beispiele in Form einer aufladbaren Kreditoder Geldkarte, Copycard, Kantinenkarte, PayCashCard oder Guthabenkarte anzutreffen:

-"Mit der ValueCard aktivieren Sie die Veröffentlichungsfunktion von CV One." (vgl. "CVOne-Videobewerbung" unter "http://www.cvone.de/Produktekaufen.97 ..."),

-"Die Wertkarte kann auch zum normalen Telefonieren benutzt werden. ... Die Dienstnummer kann auf der Valuecard aufgedruckt sein." (vgl. "Verfahren zum Aufladen oder Nachladen einer Datenträgerkarte mit einem Geldbetragswert" unter "http://www.wipo.int/pctdb/en/wo.js ...") oder -"Über eine Value-Card-Akkreditierung gelangt der Nutzer ins System. Der Preis für die Tages-Value-Card beträgt ... Euro." (vgl. "W-LAN auf der Hannover Messe" unter "http://www.3sat.de/hitec/magazin/45192/index.html").

Für die überwiegende Interpretation des angemeldeten Zeichens im Sinne von Wertkarte spricht zum andern, dass die beiden Bestandteile "Value" und "Card" zum englischen Grundwortschatz gehören und auch auf deutschsprachigen Internetseiten millionenfach verwendet werden (vgl. "Google-Trefferlisten", Suchbegriffe "Value" und "Card").

c) Unter Zugrundelegung der Bedeutung "Wertkarte" weist die Wortzusammensetzung "ValueCard" zu nachfolgenden Waren und Dienstleistungen einen so engen sachlichen Bezug auf, dass sie nicht als Herkunftshinweis verstanden wird:

"Elektrische, elektronische, optische Mess-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten)" sowie "Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Daten" können dazu dienen, Daten auf einer Wertkarte zu überprüfen, auszuwerten, zu speichern, weiterzuleiten, zu aktualisieren, wiederherzustellen, auszulesen oder anzuzeigen.

Die notwendigen Informationen, die zum Empfang von Waren oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen berechtigen, werden in der Regel auf Karten im Format einer EC-Karte aus Kunststoff oder Pappe gespeichert, die Daten in aufgedruckter oder geprägter Schrift, in einem Magnetstreifen oder in einem elektronischen Speicherchip bzw. Prozessor enthalten (vgl. "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Wertkarte"). Bei diesen Daten kann es sich um Angaben zum Berechtigten, zur Laufzeit, zum Leistungsumfang oder zum gespeicherten Wert handeln. Um eine Wertkarte nutzen zu können, werden somit entweder elektrische oder elektronische Geräte zum Zugriff auf magnetisch gespeicherte Daten (z. B. Kartenleser) oder optische Geräte zum Zugriff auf Daten in Schriftform (z. B. Scanner) benötigt. In Verbindung mit einem Computer werden sie anschließend verarbeitet und übertragen. Demzufolge weist der Begriff "ValueCard" nur auf den Zweck der eben genannten Waren hin.

Wertkarten fallen des Weiteren unter "maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger", so dass mit "ValueCard" lediglich die besondere Form eines maschinenlesbaren Datenaufzeichnungsträgers benannt wird.

"Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate" können so konstruiert sein, dass der Preis für die gewünschte Ware von einer zuvor eingeschobenen Wertkarte abgebucht wird. So gibt es Zigaretten-, Süßigkeitenoder Getränkeautomaten, bei denen die Bezahlung mit Hilfe einer Guthabenkarte bargeldlos erfolgt. Insofern bringt der Begriff "ValueCard" nur zum Ausdruck, dass die Verkaufsautomaten und Mechaniken für die Verwendung von Wertkarten vorgesehen sind.

Mit Hilfe der Waren "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" sowie der Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern" werden die für den Einsatz einer Value Card erforderlichen Daten erstellt, gespeichert, verarbeitet und ausgegeben. Folglich gibt das beanspruchte Zeichen nur an, dass die Produkte und Tätigkeiten für die Nutzung einer Wertkarte bestimmt sind.

"Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik" können sich einerseits mit Value Cards beschäftigen, so dass das Zeichen lediglich ihren Inhalt wiedergibt. Andererseits kann es sich -wie durch die beispielhafte Aufzählung hinter "insbesondere" deutlich wird -um die Wertkarten selbst handeln.

Es ist weiterhin möglich, dass Wertkarten Gegenstand der "Werbung" sind. Wie aus den unter 1.b) genannten Belegen deutlich wird, werden sie der Öffentlichkeit vorgestellt und ihr gegenüber angepriesen. Insofern wird der Verkehr das Zeichen lediglich als Hinweis auf den Inhalt der Werbung auffassen (vgl. auch BPatG GRUR 2008, 430, 432, Ziffer 5.6. -My World).

Die Abrechnung der mit einer Wertkarte vorgenommenen Zahlungen ist Teil der Dienstleistung "Finanzwesen". Durch den Einsatz einer Value Card entfallen zwar Bargeldzahlungen, doch führt das Aufladen mit und das Abbuchen von Geldbeträgen über ein Girokonto zu Gutund Lastschriften. Sie setzen ein auf den Einsatz einer Wertkarte abgestimmtes Finanzwesen voraus, so dass das angemeldete Zeichen lediglich den thematischen Schwerpunkt dieser Tätigkeit angibt.

Die Dienstleistung "Telekommunikation" kann der Übermittlung der auf einer Wertkarte gespeicherten oder zu speichernden Daten dienen. Auf diese Weise werden beispielsweise über größere Entfernungen Guthaben von einem Bankkonto auf die Karte übertragen oder der fällige Betrag von dem auf der Karte befindlichen Guthaben abgezogen. Deshalb benennt das angemeldete Zeichen lediglich die Ausrichtung und Zweckbestimmung der Telekommunikation.

d) Die Unterscheidungskraft wird abweichend von der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht dadurch begründet, dass die Wortfolge "ValueCard" bisher lexikalisch nicht nachweisbar ist. Der Verkehr ist daran gewöhnt, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Insofern ist für die Annahme des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe oder das Zeichen bereits im Verkehr geläufig ist oder verwendet wird (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 66; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 und 1030, Rdnr. 37 bis 47 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

Auch die von der Beschwerdeführerin angesprochene Mehrdeutigkeit lässt dem angemeldeten Zeichen nicht die notwendige Unterscheidungskraft zukommen. Zwar weist insbesondere der Bestandteil "Card" eine Vielzahl von Bedeutungen auf, doch steht aus den bereits unter a) dargestellten Gründen die Interpretation im Sinne von Wertkarte gerade in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen als schutzunfähig angesehen wird, eindeutig im Vordergrund. Zudem reicht es für die Verneinung der Unterscheidungskraft aus, wenn die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Sinngehalt entnehmen können (vgl. BGH GRUR 2005, 257, 258 -Bürogebäude).

e) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtsprechung des Senats (vgl. BPatG 29 W (pat) 147/00 -DirectCard). Die Wortkombination "DirectCard" mit seiner Bedeutung "Direkte Karte" vermittelt keine klaren Vorstellungen, da nicht erkennbar wird, was mit dem Adjektiv "direkt" zum Ausdruck gebracht werden soll. Demgegenüber ist mit dem Gesamtbegriff "ValueCard" eine verständliche Sachaussage verbunden.

Ebenso ist die zitierte Voreintragung 303 59 625 ("MaxiCard") nicht geeignet, der Beschwerde im Hinblick auf die unter c) genannten Waren und Dienstleistungen zum Erfolg zu verhelfen. Sie stimmen zwar weitgehend mit den für die Marke 303 59 625 geschützten überein, unabhängig davon sind die beiden Zeichen jedoch nicht miteinander vergleichbar. Der Zeichenbestandteil "Maxi" in Alleinstellung wird sowohl im Deutschen als auch im Englischen zur Bezeichnung knöchellanger Kleidung verwendet (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage, Seite 999; Pons, a. a. O., Seite 546), so dass die Verbindung mit dem Wort "Card" ungewöhnlich erscheint. Hiervon kann jedoch bei der Kombination der Wörter "Value" und "Card" nicht ausgegangen werden.

f) Inwieweit das angemeldete Zeichen auch als unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe anzusehen ist und damit ergänzend dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, kann angesichts obiger Ausführungen dahingestellt bleiben.

2. Demgegenüber stehen dem angemeldeten Zeichen für die im Beschlusstenor genannten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse entgegen.

a) Insoweit kann der Wortzusammensetzung "ValueCard" die Eintragung nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt werden, da sie mangels eines eindeutigen Sachbezugs noch als ausreichend unterscheidungskräftige Angabe anzusehen ist.

Es ist nicht üblich, "Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten)" mit Hilfe von Wertkarten zu nutzen. Sofern der Einsatz beispielsweise von Dritten gehörenden Tageslichtprojektoren oder Beamern beabsichtigt ist, wird regelmäßig zuvor eine Miete entrichtet. Demzufolge ließen sich im Internet auch keine Belege ermitteln, nach denen die Bezeichnung "ValueCard" in Verbindung mit Unterrichtsapparaten und -instrumenten verwendet wird. Als Sachangabe kommt sie somit ernsthaft nicht in Betracht.

Auch im Hinblick auf "Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild" lässt sich dem angemeldeten Zeichen keine klar beschreibende Aussage entnehmen. Auf Wertkarten sind regelmäßig keine Tonoder Bilddaten abgelegt, da diese meist viel Speicherplatz benötigen, der auf den Karten nicht zur Verfügung steht. Auch dient eine Value Card als Schlüssel zur Entgegenoder Inanspruchnahme bestimmter Waren bzw. Dienste. Töne und Bilder sind hierfür nicht erforderlich. Demzufolge ist nicht davon auszugehen, dass Wertkarten zusammen mit den eben genannten Waren, zu denen beispielsweise Tonbandgeräte, CD-Brenner oder Fernsehapparate gehören, benutzt werden.

"Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)" stehen zu einer Wertkarte ebenfalls in keinem sachlichen Zusammenhang. Nachweise dafür, dass Value Cards Inhalt von Lehrund Unterrichtsmitteln wie Lehrbücher oder Tafeln sind, liegen nicht vor. Ebenso ist es wie bei Unterrichtsapparaten und -instrumenten fernliegend, dass sie nur durch das Einlösen einer Wertkarte in Anspruch genommen werden können.

Gleichfalls ließen sich keine Belege dafür finden, dass "Büroartikel (ausgenommen Möbel)" lediglich mit Hilfe von Value Cards in Gebrauch genommen werden können. Auch gibt es keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, es gebe spezielle, auf den Gebrauch gerade von Wertkarten abgestimmte Büroartikel.

Die weiterhin im Tenor genannte "Geschäftsführung" weist zu einer Wertkarte einen zu großen sachlichen Abstand auf, um der Bezeichnung "ValueCard" eine eindeutige Aussage über ein Merkmal dieser Dienstleistung entnehmen zu können. Selbst wenn ein Wertkartensystem das Führen von Geschäften voraussetzt, so bringt das angemeldete Zeichen nicht ohne weiteres ihren Gegenstand zum Ausdruck. Die Geschäftsführung ist auf die Erledigung von Aufgaben gerichtet, die im Bereich der Organisation und Verwaltung angesiedelt und in vergleichbarer Weise auch auf anderen Tätigkeitsfeldern zu erbringen sind. Die Geschäfte werden somit nicht durch die Kartenform im Allgemeinen und eine Value Card im Besonderen charakterisiert.

Die Dienstleistung "Immobilienwesen" besitzt ebenfalls keine ausreichenden sachlichen Berührungspunkte zu einer Wertkarte. Zum einen konnte im Internet eine beschreibende Verwendung der näher liegenden Bezeichnung "Value Card" im Zusammenhang mit dem Immobilienwesen nicht nachgewiesen werden. Zum anderen erscheint es unwahrscheinlich, dass beispielsweise für die Bezahlung der Vermittlung einer Wohnung oder der Errichtung eines Hauses eine Value Card eingesetzt wird. Dies setzt auf Grund der für den Einsatz einer Guthabenkarte notwendigen Infrastruktur (Ausgabe und Verwaltung der Karte, Installation von Kartenlesern, Abrechnung etc.) normalerweise eine gewisse Kundenbindung voraus. Von einer solchen kann jedoch gerade im Immobilienbereich nicht ausgegangen werden, da ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück meist nicht sehr häufig gekauft oder gemietet und dann meist auf verschiedene Dienstleister wie Makler, Banken oder Bauunternehmen zurückgegriffen wird. Es handelt sich somit nicht um Massengeschäfte, für die sich Wertkarten besonders eignen.

Bei den Dienstleistungen "Betreiben und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen" sowie "Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation" stehen der Betrieb und die Vermietung bzw. die Projektierung und Planung im Vordergrund. Die Einrichtungen für die Telekommunikation können zwar der Übertragung der für die Nutzung einer Wertkarte erforderlichen Daten dienen. Doch geht es bei den eben genannten Tätigkeiten vornehmlich nicht um Wertkarten, sondern um die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit, die Instandsetzung, die entgeltliche Verwertung und die Konzeption dieser Einrichtungen. Die Dienstleistungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf Sendeund Empfangsanlagen sowie die ggf. zwischen ihnen befindlichen Leitungen. Ein Sachbezug zu einer Value Card liegt somit nicht auf der Hand.

Im Übrigen handelt es sich bei "ValueCard" nicht um eine im Verkehr gebräuchliche Wortfolge, die unabhängig von den zugrundeliegenden Waren oder Dienstleistungen nicht als Herkunftshinweis geeignet wäre.

b) Für die tenorierten Waren und Dienstleistungen kommt dem beanspruchten Zeichen auch nicht die Funktion einer unmittelbar beschreibenden freihaltungsbedürftigen Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu.

Nach dieser Vorschrift sind solche Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 -Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 -DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 -BIOMILD). Dies ist jedoch aus den unter a) genannten Gründen nicht der Fall.

Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde teilweise stattzugeben war.

Grabrucker Dr. Mittenberger-Huber Dr. Kortbein Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.01.2009
Az: 29 W (pat) 83/06


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