Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Februar 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 453/02

(BPatG: Beschluss v. 15.02.2005, Az.: 33 W (pat) 453/02)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Widersprechenden werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I.

Gegen die Schutzgewährung für die am 10. September 1998 veröffentlichte international registrierte Marke 696 112 VILLABIT mit dem Warenverzeichnis

"19 Bitumes non traites"

ist am 3 November 1998 auf Grund der am 21. Dezember 1982 für die Waren der Klasse 19

"Straßenbaumaterialien, Asphalt, Pech und Bitumen, Bindemittel für asphalthaltige Straßenbeläge"

eingetragenen Marke 1 042 377 im Namen der Lafrentz Bau- und Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Widerspruch erhoben worden.

Auf die Einrede mangelnder Benutzung gemäß § 43 MarkenG vom 10. Januar 2000 hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Widerspruchsmarke für die Zeit vom 10. September 1993 bis zum 10. September 1998 eingereicht.

Die Markenstelle für Klasse 19 hat den Widerspruch mit Beschluss vom 30. August 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die rechtserhaltende Benutzung nicht substantiiert genug glaubhaft gemacht worden sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 30. September 2002, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Schutzverweigerung der angegriffenen Marke begehrt.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2004 hat der Vertreter der Widersprechenden einen entsprechenden Antrag gestellt und u.a. erklärt, dass über das Vermögen der Widersprechenden am 11. August 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.

Der Vertreter der Markeninhaberin stellte die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2003 zu den Ziffern 1 und 2. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schlossen die Beteiligten einen Vergleich, dessen Wirksamkeit vom Eingang der Zustimmung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Widersprechenden, sofern das Insolvenzverfahren noch anhängig sei, abhängig gemacht wurde.

Der Insolvenzverwalter hat dem Vergleich nicht zugestimmt. Er hat mitgeteilt, dass er die Widerspruchsmarke veräußert habe, die Erwerberin an der Fortführung des Verfahrens nicht interessiert sei und auch keine Umschreibung wünsche. Das Insolvenzverfahren sei noch anhängig, er nehme den Rechtsstreit jedoch nicht auf und gebe die formale Rechtsstellung der Widersprechenden frei. Auf die Mitteilung des Senats, dass das Verfahren von beiden Seiten wieder aufgenommen werden könne, hat die Markeninhaberin die Aufnahme des Verfahrens erklärt.

Die Markeninhaberin hat nunmehr beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, eine weitere mündliche Verhandlung anzuberaumen und der Widersprechenden die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Widersprechende habe die Benutzung der Widerspruchsmarke durch sie selbst oder durch Dritte nicht glaubhaft gemacht und die Kosten der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2004 verursacht.

Die Vertreter der Beschwerdeführerin haben auf die Terminsladung mit Schriftsatz vom 28. Januar 2005 mitgeteilt, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen werden und sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklären. Sie sind der Auffassung, dass sie kein Mandat der Markeninhaberin haben. Der Verhandlungstermin ist aufgehoben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist gemäß § 65 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch im übrigen zulässig.

a) Sie ist insbesondere nicht deshalb unzulässig, weil das Insolvenzverfahren bereits im Jahre 2000 eröffnet worden ist, so dass der Beschluss der Markenstelle über die Zurückweisung des Widerspruchs nicht hätte ergehen und die Beschwerde von der Widersprechenden nicht hätte erhoben werden dürfen. Zwar ist das Widerspruchsverfahren durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Widersprechenden, der L... mbH & Co., gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden. Der Beschluss und die Beschwerde sind dadurch aber nicht nichtig, sondern anfechtbar geworden. Die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke hat den für sie günstigen Beschluss der Markenstelle nach Kenntnis der Insolvenz nicht wegen fehlender Verfügungs- bzw. Prozessführungsbefugnis angefochten und diesen Mangel auch nicht hinsichtlich der Beschwerdeeinlegung gerügt.

Die Beschwerde ist - ungeachtet der Falschbezeichnung im Titel der Beschwerdeschrift - im Namen und im Auftrag der Widersprechenden von Patentanwalt V... eingelegt worden. Die Vollmacht ist zwar durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst erloschen. Patentanwalt V... bzw. sein Kollege K... sind aber sowohl während der Zeit der Unterbrechung als auch nach deren Beendigung durch die Freigabe seitens des Insolvenzverwalters als Vertreter der Widersprechenden aufgetreten. Der Vertreter der Gegenseite hat den Mangel der Vollmacht nicht geltend gemacht (§ 81 Abs. 3 Satz 1 MarkenG). Beim Auftreten eines Rechts- oder Patentanwalts ist aber eine von Amts wegen erfolgende Überprüfung der Vollmacht nach § 81 Abs. 3 Satz 2 MarkenG ausgeschlossen, wenn das Verfahren vom Insolvenzverwalter freigegeben ist und die Widersprechende ihre Prozessführungsbefugnis insoweit wieder erlangt hat. Nachdem der Vertreter der IR-Marke nach der Freigabe Anträge gestellt hat, ohne den Verfahrensablauf zu rügen, und sich die nach der Freigabe wiederholt aufgetretenen Vertreter der Widersprechenden mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben, geht der Senat von einer Heilung des Verfahrensmangels der möglicherweise ursprünglich vollmachtlosen Beschwerdeeinlegung aus.

b) Die von der Inhaberin der angegriffenen IR-Marke beantragte weitere mündliche Verhandlung musste nicht durchgeführt werden, weil die Beschwerdeentscheidung ihren Anträgen in vollem Umfang entspricht (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 69 Rdn 20, 21).

c) Die fehlende Vollmacht der Erwerberin der Widerspruchsmarke für die Vertreter der Widersprechenden hat für die Beschwerdeentscheidung keine Bedeutung, da das Verfahren von der bisherigen Widersprechenden als der formell Berechtigten gemäß § 28 Abs. 1 MarkenG fortgeführt wird, was sich aus dem wiederholten Auftreten der Vertreter ergibt. Im übrigen wird nach Mitteilung des Insolvenzverwalters vom 10. Dezember 2004 von der Erwerberin der Widerspruchsmarke als der materiell Berechtigten eine Umschreibung nicht gewünscht, so dass die Möglichkeit einer Übernahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolgerin nach § 28 Abs. 2 MarkenG derzeit nicht besteht.

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Sie ist nicht schon deswegen unbegründet, weil der Beschluss über die Zurückweisung des Widerspruchs während der Unterbrechung des Widerspruchverfahrens ergangen ist. Nachdem der Beschluss insoweit weder vom Insolvenzverwalter noch von der Markeninhaberin angefochten worden ist und die Widersprechende ihre Befugnis zur Verfahrensführung wiedererlangt hat, bedarf es nurmehr der Überprüfung des Widerspruchs in der Sache (§ 43 Abs. 1 und 2 MarkenG).

Ungeachtet der Frage, ob die Markenstelle die eidesstattliche Versicherung vom 24. Mai 2000 zu isoliert betrachtet und die Glaubhaftmachungsunterlagen nicht als im Zusammenhang stehend ihrer Beurteilung einer rechtserhaltenden Benutzung im ersten Benutzungszeitraum zu Grunde gelegt hat, kann der Antrag, der angegriffenen IR-Marke den Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verweigern (§ 114 Abs. 3 iVm § 43 Abs. 2 MarkenG), keinen Erfolg haben.

Die Widersprechende hat auf die zulässig erhobene und uneingeschränkt aufrechterhaltende Nichtbenutzungseinrede des § 43 MarkenG die Benutzung der Widerspruchsmarke durch sie selbst oder durch Dritte jedenfalls für den zweiten Benutzungszeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch (§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG) mangels eingereichter Unterlagen oder Erklärungen nicht glaubhaft gemacht. Da bei der Entscheidung nur die Waren berücksichtigt werden, für die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), kann nicht beurteilt werden, ob für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG wegen der Ähnlichkeit der Marken und der durch die beiden Marken erfassten Waren besteht, was Voraussetzung für die Schutzverweigerung wäre.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Es entspricht der Billigkeit, der Widersprechenden die aus ihrer Beschwerdeeinlegung der Inhaberin der angegriffenen IR-Marke entstandenen Kosten aufzuerlegen. Sie hat auf die zulässige Einrede der Nichtbenutzung ihren Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erforderlichen Glaubhaftmachung der Benutzung innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch weiterverfolgt und aufrecht erhalten. Die Widersprechende muss den bisherigen Verfahrensgang für und gegen sich gelten lassen.

Winkler Kätker Pagenberg Hu






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Az: 33 W (pat) 453/02


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