Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 166/05

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2009, Az.: 30 W (pat) 166/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortfolge VIP.de -hier sind die Starsist für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25, 28, 35, 38, 41 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts hat diese Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen mit der Begründung, dass die angemeldete Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht in erster Linie als Hinweis auf das Herkunftsunternehmen im Unterschied zu anderen Herkunftsunternehmen wahrgenommen werde, sondern lediglich als verkaufsfördernde Werbebotschaft.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Anmelderin die Eintragung der angemeldeten Wortfolge in das Register weiter. Sie meint, spruchartige Wortfolgen seien wie andere Wortmarken zu behandeln und keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterworfen. Als kurzer und einprägsamer Werbespruch, der jedoch ohne eindeutigen Sinngehalt sei und der bezüglich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen zumindest mehrere Gedankenschritte erfordere, um überhaupt zu der Interpretation zu gelangen, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochen seien, sei die angemeldete Marke schutzfähig und könne nicht lediglich als Werbebotschaft aufgefasst werden. Eine besondere Prägnanz der angemeldeten Marke ergebe sich daraus, dass die Domainadresse "VIP.de" nicht, wie üblich, vollständig in Kleinbuchstaben wiedergegeben sei. Im Übrigen handele es sich bei der angemeldeten Wortmarke auch nicht um eine lediglich beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Mit Schriftsatz vom 26. November 2007 hat die Anmelderin das Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

"Optische Apparate; Brillen, Brillenfassungen und -gestelle; Ferngläser; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Filmapparate; Fotoapparate; geldbetätigte Apparate; Verkaufsautomaten; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Computer-Hardware; elektrische Kabel, Drähte, Leiter hierzu; für Computer-Input-Signale geeignete Verteiler oder Schalter zur Kontrolle von Software für Video und/oder Computerspiele; Rechenmaschinen; Registrierkassen; Papier, Pappe (Karton), Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckung; Spiele, Spielzeug; Turnund Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck; Werbung, Marketing, Verkaufsförderung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, nämlich wirtschaftliche Beratung und organisatorische Beratung; Erziehung"

und beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts vom 2. Mai 2005 und 8. August 2005 aufzuheben.

Gleichzeitig hat die Anmelderin den ursprünglich gestellten Hilfsantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache keinen Erfolg, weil der angemeldeten Wortfolge auch nach Einschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. dem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f. (Nr. 61, 62) "Orange"; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) "SAT.2"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) "FUSS-BALL WM 2006"; BGH WRP 2008, 1428 -Marlene Dietrich-Bildnis). Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKALK"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard") oder eine bloße Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft") zuordnen.

Das gilt in gleicher Weise für Wortmarken in Form von Slogans, wie die vorliegende Marke einen darstellt. Wenngleich an solche Marken keine strengeren Maßstäbe anzulegen sind als an sonstige Arten von Zeichen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbesprüchen vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 32 -35) "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). So werden die betroffenen Verkehrskreise einem Zeichen, das ihnen nicht auf Anhieb einen für ihren Erwerbswunsch relevante Herkunftsund/oder Bestimmungsangabe, sondern ausschließlich eine abstrakte Werbeaussage vermittelt, nur wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen und sich weder damit aufhalten, den verschiedenen denkbaren Funktionen des Ausdrucks nachzugehen, noch sich diesen als Marke einzuprägen (vgl. EuG GRUR Int. 2008, 853 f. Rz. 22 -Substance for Success).

Als einen derartigen Werbespruch, dem die angesprochenen Verkehrskreise für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich eine im Vordergrund stehende werblich anpreisende Aussage, nicht jedoch die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises entnehmen werden, hat die Markenstelle die angemeldete Wortfolge zu Recht bewertet. Sie ist grammatikalisch regelgerecht und aus allgemein geläufigen Wörtern des deutschen Sprachschatzes gebildet und mit einer Internet-Adresse kombiniert. Das gilt auch für den Bestandteil "VIP", der zwar als Abkürzung für "very important person" aus dem Englischen stammt, aber ohne weiteres auch von den hiesigen Verkehrskreisen verstanden wird, da er -wie die Markenstelle im Erstprüferbeschluss ausführlich und unter Hinweis auf zahlreiche Fundstellen erläutert hat -in den deutschen Sprachschatz übergegangen ist als Kürzel für "besonders wichtige Menschen"; das Bundespatentgericht hat dies ebenfalls in diesem Sinne festgestellt (BPatG GRUR 2008, 451 -WEB VIP). Dieses Verständnis wird zudem durch den Nachsatz "hier sind die Stars" gefördert, weil Stars in der Regel zu den VIPs gehören.

Daher werden die angesprochenen Verbraucher "VIP.de -hier sind die Stars" für sämtliche noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nächstliegend und unmissverständlich als bloßen Hinweis auf eine Internet-Adresse verstehen, unter der (irgendwelche) VIPs zu finden sind, sei es mit oder ohne Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, mit den sich VIPs vielleicht gerne umgeben und deshalb auch für "Nicht-Prominente" attraktiv sind, weil sie -möglicherweise -den Ansprüchen von verwöhnten Kunden genügen, oder wo die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als beste oder beliebteste, also wie "Stars", aufgeführt sind. Dass hier verschiedene Verständnismöglichkeiten in Betracht kommen, hängt mit der konkreten Ware oder Dienstleistung zusammen, schließt aber die Annahme fehlender Unterscheidungskraft nicht aus (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 -DOUBLEMINT). Letztlich wird der Verkehr der Wortfolge insgesamt lediglich eine pauschal anpreisenden Werbeaussage entnehmen, ihr aber keinesfalls den Charakter eines betrieblichen Herkunftshinweises zumessen, was zwangsläufig die Schlussfolgerung mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nach sich zieht.

Ob darüber hinaus der weitere Versagungsgrund einer beschreibenden Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt -was zumindest hinsichtlich einiger Waren und Dienstleistungen naheliegt wie etwa bei "Brillen", "Bekleidungsstücken" oder "Werbung" -, kann dahingestellt bleiben, da einer die Eintragung bereits dann versagt bleiben muss, wenn lediglich ein Eintragungshindernis vorliegt.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Dr. Vogel von Falckenstein Viereck Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2009
Az: 30 W (pat) 166/05


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