Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Mai 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 162/01

(BPatG: Beschluss v. 13.05.2003, Az.: 24 W (pat) 162/01)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke GRAND HAVANA ROOM ist unter der Nummer 395 43 135 für folgende Dienstleistungen in das Register eingetragen worden:

"Versorgung von Gästen in einem Zigarren-Rauchraum, der Befeuchter und Raucherartikel nämlich Streichhölzer, Feuerzeuge, Tabak, Zigarren und Zigaretten enthält; Verpflegung von Gästen in Restaurants und Bars; Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich zur Verfügung stellen von Räumen, Einrichtung und Ausrüstung für Karten- und Brettspiele".

Hiergegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der Marke 394 08 068 HAVANA CLUB die für

"Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender, kultureller und sportlicher Art, insbesondere von Shows, Partys, Spielen und Wettbewerben; Verpflegung und Beherbergung von Gästen, insbesondere in Restaurants, Diskotheken, Bars, Cafeterias, Cafes und Nachtclubs"

eingetragen ist.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zwar erfaßten die einander gegenüberstehenden Marken teils identische und im übrigen hochgradig ähnliche Dienstleistungen. Dennoch halte die angegriffene Marke den danach erforderlichen deutlichen Abstand von der Widerspruchsmarke ein. In ihrem Gesamteindruck unterschieden sich die beiden Marken sowohl in begrifflicher als auch in klanglicher Hinsicht ausreichend. Das in beiden Marken identisch enthaltene Wort "HAVANA" könne eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Denn insoweit handle es sich um ein beschreibendes und daher kennzeichnungsschwaches Element, das nicht geeignet sei, den jeweiligen Gesamteindruck der Vergleichsmarken zu prägen. Im Zusammenhang mit den von den Marken erfaßten Dienstleistungen weise es lediglich darauf hin, daß diese in einem Lokal erbracht würden, das im Kolonialstil ausgestattet sei und wo neben Getränken, insbesondere karibischen Cocktails, auch Zigarren aus Havanna bzw Kuba angeboten würden. Zwar wiesen auch die weiteren Markenbestandteile "GRAND ... ROOM" bzw "CLUB" einen beschreibenden Sinngehalt auf. Dies führe jedoch nicht dazu, daß die Marken jeweils von "HAVANA" geprägt würden. Vielmehr seien die Vergleichsmarken jeweils nur in ihrer konkreten Zusammenstellung geschützt. Schließlich liege auch keine Verwechslungsgefahr im Wege des gedanklichen Inverbindungbringens vor.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, das Markenwort "HAVANA" präge den Gesamteindruck beider Marken gleichermaßen. Im Hinblick auf die jeweils beanspruchten Dienstleistungen weise der Begriff "HAVANA" keine unmittelbar beschreibende Bedeutung auf. Die in der angegriffenen Marke enthaltenen weiteren Bestandteile "GRAND ... ROOM" träten demgegenüber als beschreibende Angaben in den Hintergrund. Im übrigen wiesen die Begriffe "GRAND ... ROOM" und "CLUB" nahe beieinander liegende Bedeutungen auf. Beide bezeichneten eine Räumlichkeit, in der Versammlungen und Veranstaltungen kultureller und unterhaltender Art stattfänden. Die Übereinstimmungen beider Marken überwögen.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der Marke 395 43 135 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle hat im Ergebnis zu Recht und mit im wesentlichen zutreffenden Erwägungen eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verneint (§ 42 Abs 2 Nr 1 iVm § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG).

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfaßten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 "Lloyd"; GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma"; BGH GRUR 2002, 626, 627 "IMS"; GRUR 2001, 1158, 1159 f "Dorf MÜNSTERLAND" mwN). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

Die Vergleichsmarken können sich allerdings im Zusammenhang mit teils identischen, teils im engeren Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen begegnen. Diesem kollisionsfördernden Umstand steht im vorliegenden Fall jedoch eine speziell in bezug auf diese Dienstleistungen bestehende Kennzeichnungsschwäche und ein entsprechend verminderter Schutzumfang der Widerspruchsmarke gegenüber. Zwar liegt es eher fern, die Bezeichnung "HAVANA" als Angabe über die geographische Herkunft der von der Widerspruchsmarke erfaßten Dienstleistungen anzusehen, da diese vor Ort erbracht werden. Die Bezeichnung "HAVANA CLUB" weist jedoch erkennbar beschreibend darauf hin, daß die Dienstleistungen in einem Club angeboten werden, der durch ein kubanisches Ambiente mit einem entsprechenden Angebot gekennzeichnet ist. Dies belegt auch die dem angefochtenen Beschluß beigefügte Internet-Recherche der Markenstelle, auf die insoweit Bezug genommen wird.

Im Hinblick auf die dargelegte Kennzeichnungsschwäche und den entsprechend eher unterdurchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke genügen daher, trotz teilweiser Dienstleistungsidentität, schon geringere Abweichungen in den Marken, um eine im markenrechtlichen Sinne relevante Verwechslungsgefahr auszuschließen (vgl BPatG BlPMZ 2001, 292, 293 f "COMFORT HOTEL"). Den hiernach erforderlichen Abstand von der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ein.

Daß sich die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit sowohl klanglich als auch schriftbildlich hinreichend unterscheiden, bedarf keiner näheren Ausführungen. In begrifflicher Hinsicht kommen sich die beiden Marken zwar näher. Die insoweit vorhandenen übereinstimmenden Sinnanklänge betreffen aber gerade den dargelegten dienstleistungsbeschreibenden Begriffsgehalt der Marken. In solchen Fällen entnimmt der angesprochene Verkehr den Marken allenfalls dieselbe oder eine ähnliche beschreibende Aussage, ordnet die Marken aber nicht demselben Unternehmen zu (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rn 219 mwN).

Eine (unmittelbare) Verwechslungsgefahr kommt jedoch auch dann in Betracht, wenn die Vergleichsmarken lediglich in einem von mehreren Bestandteilen übereinstimmen (hier in dem Bestandteil "HAVANA"). Dies setzt indessen voraus, daß der Gesamteindruck beider Marken von dem betreffenden Bestandteil geprägt wird (vgl BGH GRUR 1999, 995, 997 "HONKA"; GRUR 1999, 583, 584 "LORA DI RECOARO"; GRUR 1996, 775, 777 "Sali Toft"). Daran fehlt es hier.

Wie oben ausgeführt, kommt dem Bestandteil "HAVANA" in der Widerspruchsmarke eine weitgehend beschreibende Bedeutung für die von ihr erfaßten Dienstleistungen zu. Gleiches gilt im Hinblick auf die angegriffene Marke. Solche im wesentlichen beschreibenden Markenbestandteile sind nicht geeignet, den Gesamteindruck der betreffenden Marke im Rechtssinne zu prägen. Zwar weisen auch die in den Vergleichsmarken des weiteren enthaltenen Bestandteile "GRAND ... ROOM" bzw "CLUB" jeweils einen beschreibenden Sinngehalt auf. Dies führt jedoch, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, nicht dazu, daß dem Bestandteil "HAVANA" eine prägende Stellung zugesprochen werden kann. Vielmehr wird der Gesamteindruck einer Marke (bzw hier beider Marken) in einem solchen Fall von keinem seiner Einzelbestandteile geprägt (vgl BGH GRUR 1992, 203, 205 "Roter mit Genever").

Auch eine Verwechslungsgefahr im Wege des gedanklichen Inverbindungbringens (§ 9 Abs 1 Nr 2, 2. Halbsatz MarkenG) hat die Markenstelle im Ergebnis mit Recht verneint. Mit diesem Tatbestand werden im wesentlichen die Fälle einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens und einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne erfaßt. Dabei handelt es sich um zurückhaltend zu handhabende Ausnahmefälle, in denen der angesprochene Verkehr die Vergleichsmarken zwar hinreichend zu unterscheiden vermag, sie jedoch aus anderen Gründen irrtümlich demselben Unternehmen zuordnet (vgl BPatG BlPMZ 2002, 291, 292 "ASTRO BOY/Boy" mwN). Insbesondere kann eine Verwechslungsgefahr unter den genannten Gesichtspunkten nicht angenommen werden, wenn die Marken - wie hier - lediglich in - wie ausgeführt - kennzeichnungsschwachen Bestandteilen mit im wesentlichen beschreibendem Sinngehalt übereinstimmen. Denn an solche schwachen Bestandteile kann sich weder die Vorstellung knüpfen, die jüngere Marke sei Teil einer Markenserie der Inhaberin der prioritätsälteren Marke, noch sind solche Übereinstimmungen geeignet, unzutreffende Vorstellungen über sonstige Beziehungen der Markeninhaber hervorzurufen (vgl BPatG GRUR 1995, 416, 417 "Rebenstolz"; Mitt 2001, 170 "Vogelglück/Hundeglück").

Es bestand kein Anlaß, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Hacker Guth Kirschneck






BPatG:
Beschluss v. 13.05.2003
Az: 24 W (pat) 162/01


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