Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2010
Aktenzeichen: 6 W (pat) 46/09

(BPatG: Beschluss v. 07.12.2010, Az.: 6 W (pat) 46/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentanmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 04 G des Deutschen Patentund Markenamts vom 29. Oktober 2008 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

- Ansprüche 1 bis 10,

- Beschreibung Seiten 1, 2, 2a, 3 bis 11, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung und - Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3, eingegangen am 19. April 1996.

Gründe

I.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 04 G vom 29. Oktober 2008 gerichtet, mit dem die Patentanmeldung 196 13 437.4-25 zurückgewiesen worden ist. In dem Beschluss hat die Prüfungsstelle die Auffassung vertreten, der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe im Hinblick auf den Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt ist zum Stand der Technik die DE 93 05 289 U1, die WO 94/23 156 A1 und die DE 38 03 211 A1 berücksichtigt worden. Außerdem wurde zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens auf die DE 28 51 987 A1 verwiesen.

Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2008, eingegangen am 13. Dezember 2008, Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung neue Ansprüche 1 bis 10 sowie neue Beschreibungsseiten 1, 2, 2a und 3 bis 11 vorgelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

neue Ansprüche 1 bis 10, neue Beschreibung S. 1, 2, 2a, 3 bis 11 jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3, eingegangen am 19. April 1996.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Verwendung einer Schutzvorrichtung zum Verhindern des Herabfallens von Personen von einem Gebäude-Flachdach (2) beim Ausführen von Dacharbeiten, wobei die Schutzvorrichtung Folgendes aufweist: -auf dem Dach (2) dem Dachumfang entlang mit Abstand zueinander anzuordnende Haltegeräte (4), die jeweils einen in Benutzungslage im Bereich des Dachumfangs angeordneten, hochstehenden Geländerpfosten (5) mit mindestens einer Halteeinrichtung (6) zum Anbringen von zwischen den aufgestellten Haltegeräten (4) verlaufenden Schutzelementen (7) wie Geländerbretter, Geländerstangen, Schutznetze oder dergleichen aufweisen, -ein auf das Dach (2) zu stellendes Fußstück (13) -einen quer zum Geländerpfosten (5) gerichteten, in Gebrauchslage oberhalb des Daches (2) verlaufenden Haltearm (14) zum lösbaren Befestigen eines auf das Dach (2) zu stellenden und das Haltegerät (4) auf dem Dach (2) haltenden Gewichtskörpers, wobei die Haltegeräte (4) an der dem Haltearm (14) abgewandten Seite über das Fußstück hinaus verlängert sind und an ihrem äußeren Ende mit Abstand zum Fußstück (13) einen nach unten ragenden Endabschnitt aufweisen und zwischen dem Fußstück (13) und dem Endabschnitt ein nach unten hin offener Zwischenraum (18) gebildet ist, -dadurch gekennzeichnet, dass der Endabschnitt als Anschlagteil (16) verwendet wird, das in Gebrauchslage außerhalb des Daches (2) vor der Gebäude-Außenseite (17) ein Stück weit nach unten ragt, indem das Haltegerät (4) derart am Dach (2) positioniert wird, dass ein erhöhter Dachrandbereich (3) in den nach unten hin offenen Zwischenraum hineinragt."

Hinsichtlich der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die fristund formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig.

Der geltende Anspruch 1 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 1 i. V. m.

S. 2, letzter Absatz der Anmeldungsunterlagen. Die geltenden Ansprüche 2 bis 10 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 10. Hierbei ist es unerheblich, dass nun statt eines Erzeugnispatents ein Verwendungspatent Verfahrensgegenstand ist, weil auch die Verwendung ursprünglich offenbart worden ist (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 1, Rdn. 229, 201).

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis 5 dar.

a.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu, da keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften die Verwendung einer Schutzvorrichtung mit sämtlichen im geltenden Anspruch 1 enthaltenen Merkmalen zeigt, was sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b.

Die zweifelsfrei gewerblich anwendbare Verwendung des Gegenstandes des geltenden Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem Anmeldungsgegenstand am nächsten kommt die Schutzvorrichtung nach der DE 93 05 289 U1. Diese Schutzvorrichtung wird derart auf ein Flachdach aufgestellt, dass ein am unteren Ende des Seitenschutzpfosten 5 angeordnetes Bodenbrett 3 mit dem Dach bzw. der Mauer abschließt (Figur, S. 5. Z. 26 bis 30 und S. 8, Z. 5 bis 6). Wenn nun diese Schutzvorrichtung auf ein Dach mit einer umlaufenden kleinen Kante aufgestellt wird, kann die Sicherungsvorrichtung nicht über die Kante geschoben werden, da zu diesem Zweck erst der Stützfuß über die Kante gehoben werden müsste (S. 5, Z. 19 bis 24). Somit bildet der Stützfuß einen Anschlag, welcher einer nach außen gerichteten Kraft entgegenwirkt. Bei einer nach innen gerichteten Kraft, z. B. infolge Windeinfluss, kann die Schutzvorrichtung jedoch auf das Dach geschoben werden, da weder das Bodenbrett 3 noch das untere Ende des Seitenschutzpfostens 5 einen Anschlag in dieser Richtung bilden.

Folglich kann von dieser Druckschrift auch keine Anregung dahingehend ausgehen, das untere Ende des Seitenschutzpfostens 5 als Anschlag zu verwenden.

Die DE 38 03 211 A1 offenbart eine Schutzvorrichtung, die ebenfalls keinen Anschlag gegen nach innen gerichtete Kräfte aufweist, so dass von dort keine entsprechende Anregung ausgehen kann.

Die WO 94/23 156 A1 offenbart eine Schutzeinrichtung, bei der ebenfalls kein Anschlag gegen nach innen gerichtete Kräfte vorgesehen ist (Fig. 1 bis 4) bzw. die im Zusammenhang mit Satteldächern Verwendung findet (Fig. 5 bis 7) und von daher ebenfalls keine Anregung geben kann, die Schutzvorrichtung so auf einem Flachdach anzuordnen, dass das untere Ende des Seitenschutzpfostens als Anschlag verwendet wird.

Die DE 28 51 987 A1 liegt erkennbarerweise noch weiter vom Erfindungsgegenstand ab, da sie eine Stützvorrichtung für Leitern, aber keine Schutzvorrichtung im erfindungsgemäßen Sinn betrifft.

Aus Vorstehendem ergibt sich somit, dass der nachgewiesene Stand der Technik weder einzeln noch in einer Zusammenschau eine Anregung zu der im geltenden Anspruch 1 angegebenen Verwendung geben kann, da der grundlegende Gedanke, das untere Ende des Seitenschutzpfostens als Anschlag für nach innen gerichtete Kräfte zu verwenden, im gesamten Stand der Technik ohne Vorbild und Anregung ist.

Der geltende Anspruch 1 ist somit gewährbar.

Das Gleiche gilt auch für die auf diesen Anspruch rückbezogenen Ansprüche, die auf Merkmale zur Weiterbildung des Gegenstandes nach Anspruch 1 gerichtet sind.

Lischke Guth Schneider Hildebrandt Cl






BPatG:
Beschluss v. 07.12.2010
Az: 6 W (pat) 46/09


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