Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Oktober 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 112/02

(BPatG: Beschluss v. 15.10.2003, Az.: 26 W (pat) 112/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 20 vom 21. März 2002 dahingehend abgeändert, daß wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 101 857 die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Bettwäsche, Überzüge (für Ober- und Unterbetten), Bettüberwürfe" angeordnet wird.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Polstermöbel, Polsterkissen, Bettzeug (soweit in Klasse 20 enthalten); Polsterfüllstoffe (nicht aus Kautschuk oder Kunststoffen); Bettdecken, Bettwäsche, Ober- und Unterbetten und Überzüge hierfür, Steppdecken und wattierte Decken, Bettüberwürfe"

unter der Nummer 399 41 007 eingetragene Marke Moonaist Widerspruch erhoben worden aus der Wort-Bild-Marke 2 101 857 siehe Abb. 1 am Endedie für die Waren

"Bekleidungsstücke für Damen, Kleider, Röcke, Blusen, Hosen, Jacken, Mäntel, Kostüme, gestrickte Bekleidungsstücke, Leder- und Kunstleder-Bekleidungsstücke; Bekleidungsstücke für Herren, Anzüge, Jacken, Sakkos, Blousons, Hosen, Mäntel, Hemden, gestrickte Bekleidungsstücke, Bekleidungsstücke für Kinder, Kleider, Jacken, Blusen, Röcke, Hosen, Mäntel, Hemden, gestrickte Bekleidungsstücke, wie Pullover; Lederwaren, nämlich Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepaßte Behältnisse, sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Koffer, Aktentaschen, Handtaschen, Herren- und Damenschuhe; echte und unechte Schmuckwaren, mechanische, elektrische und elektronische Uhren, Stand-, Wand- und Tischuhren, Kleinuhren, Armbanduhren, Schmuckwaren"

eingetragen ist. Der Widerspruch richtet sich ausschließlich gegen die Waren

"Bettdecken, Bettwäsche, Ober- und Unterbetten und Überzüge hierfür, Steppdecken und wattierte Decken, Bettüberwürfe"

der jüngeren Marke.

Die Markenstelle für Klasse 20 hat diesen Widerspruch mit Beschluß eines Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen. Zwar seien die Vergleichszeichen klanglich identisch und der Widerspruchsmarke komme eine normale Kennzeichnungskraft zu. Die Vergleichswaren seien jedoch nicht ähnlich. Die zu vergleichenden Produkte würden übereinstimmend aus textilen Stoffen hergestellt und wiesen damit eine gemeinsame stoffliche Beschaffenheit auf. Die Art der Vergleichsprodukte, der regelmäßige Verwendungszweck und ihre regelmäßige Nutzung seien jedoch unbestritten unterschiedlich. Auch unter dem Gesichtspunkt der Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren bestehe aufgrund ihrer unterschiedlichen Verwendungsweise und der unterschiedlichen Nutzung keine Ähnlichkeit.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Der Markenstelle sei insoweit zuzustimmen, als die Vergleichszeichen in phonetischer Hinsicht weitestgehend identisch seien. Daraus folge aber, daß eine Verwechslungsgefahr nur dann ausgeschlossen werden könne, wenn die einander gegenüberstehenden Waren unähnlich seien. Ausführungen hierzu mache der angegriffene Beschluß aber nicht. Jeder noch so geringe Grad der Warenähnlichkeit reiche nämlich bei identischen Marken aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Im Hinblick auf die von dem Inhaber der angegriffenen Marke erhobene Nichtbenutzungseinrede legt die beschwerdeführende Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vor. Der hohe Umsatz führe auch zu einer hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Deshalb beantragt die Widersprechende sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang des Widerspruchs anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke tritt dem entgegen und bestreitet die Benutzung der Widerspruchsmarke.

II.

Die gemäß § 165 Abs 4, § 66 Abs 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat teilweise, nämlich im Umfang der Waren "Bettwäsche, Überzüge (für Ober- und Unterbetten), Bettüberwürfe" der angegriffenen Marke, Erfolg, weil die Marken insoweit verwechselbar sind (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/ TISSERAND).

Da bei der angegriffenen Marke in rechtserheblichem Umfang von der Aussprache "Mona" auszugehen ist, sind die Marken in ihrem klanglichen Gesamteindruck gleich. Der Widerspruchsmarke kann unabhängig von den eingereichten Unterlagen ohne weiteres jedenfalls eine mittlere Kennzeichnungskraft zugebilligt werden. Damit kommt es für die Beurteilung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf die Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren an. Eine Gefahr markenrechtlicher Verwechslungen kann hier nur bei Warenunähnlichkeit verneint werden.

Wegen der zulässigerweise bestrittenen Benutzung (§ 43 Abs 1 MarkenG) der Widerspruchsmarke war bei der Beurteilung der beiderseitigen Waren nur von den Waren auszugehen, für die eine Benutzung durch die Widersprechende glaubhaft gemacht worden ist. Die Widersprechende hat eine jedenfalls ausreichende Benutzung ihrer Marke für die in ihrem Warenverzeichnis ohne zwingende Beschränkung enthaltenen Bekleidungsstücke für Damen und Herren dargetan. Die Benutzungshandlung erstreckt sich nach den in der eidesstattlichen Versicherung gemachten Angaben über mehr als ein Jahrzehnt bei ständig steigenden Umsatzzahlen. Diese bewegen sich zudem in einer solchen Höhe (zwischen ca ... Mio und ... Mio DM jährlich), daß auch unter Berücksichtigung eines unspezifizier- ten Vortrags hinsichtlich einzelner Kleidungsstücke der Umsatz jedenfalls ausreichend erscheint. Die Art der Benutzung ergibt sich aus den eingereichten Beispielen.

Die Waren "Bekleidungsstücke für Damen und Herren" sind den Waren "Bettwäsche, Überzüge (für Ober- und Unterbetten), Bettüberwürfe" jedenfalls nicht unähnlich. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist nämlich dann anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größten Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (Ströbele/Hacker, MarkenR, 7. Aufl., § 9 Rdnr 57 mwN). Damit kann angesichts der übereinstimmenden stofflichen Beschaffenheit eine wenn auch nur am Rande gegebene Warenähnlichkeit nicht ausgeschlossen werden. Die Vergleichswaren können nämlich übereinstimmend aus praktisch denselben Stoffen gefertigt sein. Dies gilt einerseits für Bettwäsche, die Muster und stoffliche Beschaffenheiten aufweisen kann, die auch bei Bekleidungsstücke zu finden sind, aber auch für Bettüberwürfe, die ebenso aus denselben Stoffen - wie zB Baumwolle - gefertigt sein können. Auch Überzüge (für Ober- und Unterbetten) können im umgangssprachlichen Gebrauch mit Bettwäsche gleichgesetzt werden. Da allerdings die Zweckbestimmung dieser Waren jeweils eine deutlich andere ist, ist der Warenabstand nicht gering. Diese vielmehr nicht unbeträchtliche Warenferne vermag sich aber vorliegend angesichts der vollständigen klanglichen Markenidentität nicht kollisionsmindernd auszuwirken.

Soweit sich die Beschwerde der Widersprechenden auch gegen den Verbleib der Waren "Bettdecken, Ober- und Unterbetten, Steppdecken und wattierte Decken" richtet, konnte sie dagegen keinen Erfolg haben. Insoweit ist nach Auffassung des Senats nicht mehr von einer Warenähnlichkeit, sondern vielmehr von einer mangelnden Ähnlichkeit der Vergleichswaren auszugehen. Hier ist nämlich nicht nur die jeweilige Zweckbestimmung verschieden, sondern es sind auch keine stofflichen Gemeinsamkeiten mehr festzustellen. Sowohl in der Art, wie die jeweiligen Fasern, Stoffe und sonstigen zugehörigen Materialien bearbeitet worden sind, als auch in dem äußeren Erscheinungsbild liegen hier deutliche Unterschiede vor, die den Gedanken an dasselbe oder ein wirtschaftlich verbundenes Unternehmen nicht aufkommen lassen.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 S 1 MarkenG) bestand keine Veranlassung.

Albert Richter Kraft kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben.

Albert Eder Ko Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)112-02.2.3.gif






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