Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 24. April 2009
Aktenzeichen: 15 A 2592/07

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 24.04.2009, Az.: 15 A 2592/07)

I. Grundsätzlich ist auch ein von der Gemeinde entsandter Aufsichtsrat nach der Regeln des Aktienrechts weisungsfrei und nur dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet.

II. Bedingt die Gemeinde die Anwendung der Vorschriften des § 52 GmbHG i. V. m. AktG durch Gesellschaftsvertrag für einen fakultativen Aufsichtsrat ab, ohne entsprechende Regelungen für die Weisungsrechte zu treffen, so kann der Gesellschaftsvertrag so auszulegen sein, als hätte die Gemeinde sich Weisungsrechte vorbehalten.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

Die Kläger sind Mitglieder des beklagten Rates der Stadt T. und wurden auf dessen Vorschlag von der Gesellschafterversammlung der T1. Versorgungsbetriebe GmbH (SVB) in deren Aufsichtsrat gewählt.

Die SVB wurden im Jahre 1973 durch Umwandlung des städtischen Eigenbetriebs "Stadtwerke T. " in eine städtische Eigengesellschaft gegründet. Unternehmensgegenstand der SVB ist die Versorgung mit Gas, Wärme und Wasser. Seit 1984 sind die s. S. Energie AG und die E. C. N. AG mit einem Anteil von zusammen 25,12 % als Gesellschafter an der SVB beteiligt. Die Stadt T. hält einen Gesellschaftsanteil von 74,88 %. Nach § 7 des aus dem Jahr 1972 stammenden Gesellschaftsvertrags hat die GmbH einen Aufsichtsrat, auf den die Bestimmungen des Aktiengesetzes keine Anwendung finden. In diesem Aufsichtsrat stellt die Stadt 14 von insgesamt 17 Mitgliedern. Der Bürgermeister der Stadt T. ist kraft Amtes Mitglied des Aufsichtsrates. Die übrigen 13 städtischen Mitglieder des Aufsichtsrates werden gewählt: acht Mitglieder nach dem Vorschlag des Rates und fünf Mitglieder auf Vorschlag der Arbeitnehmer des Unternehmens von der Gesellschafterversammlung.

Nachdem es in der Vergangenheit zu Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Bestehens eines Weisungsrechtes des Rates gegenüber den auf dessen Vorschlag gewählten Aufsichtsratsmitgliedern der SVB gekommen war, bat der Kläger zu 1. als Vorsitzender des Aufsichtsrates der SVB seine jetzigen Prozessbevollmächtigten um Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme zur Frage des Bestehens eines dementsprechenden Weisungsrechts. Nach dem wesentlichen Inhalt dieser Stellungnahme vom 4. April 2005 sollen Weisungen unzulässig sein, weil der Gesellschaftsvertrag keinerlei Anhaltspunkte dafür biete, dass dem beklagten Rat eine derartige Befugnis eingeräumt sei. Abgesehen davon sei der Aufsichtsrat durch das der Arbeitnehmerseite eingeräumte Vorschlagsrecht für 5 Aufsichtsratsmitglieder dem obligatorischen Aufsichtsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 stark angenähert. Bei einem obligatorischen Aufsichtsrat seien Weisungsrechte generell ausgeschlossen.

Auf Anfrage der Stadt T. vertrat der Städtetag Nordrhein-Westfalen die Auffassung, dass Weisungsrechte des Rates gegenüber kommunalen Aufsichtsratsmitglieder bestehen.

Am 13. September 2006 beschloss der Haupt- und Finanzausschuss des beklagten Rates, die städtischen Vertreter im Aufsichtsrat der SVB zu beauftragen, einer von der Geschäftsführung der SVB befürworteten Erhöhung der Erdgas- und Wärmeabgabepreise zum 1. Oktober 2006 in einer für den 14. September 2006 anberaumten Aufsichtsratssitzung nicht zuzustimmen. Zudem erteilte der Ausschuss den städtischen Vertretern die Weisung, einen Antrag im Aufsichtsrat auf geheime Abstimmung abzulehnen.

In der Aufsichtsratssitzung vom 14. September 2006 wurde mehrheitlich eine namentliche Abstimmung abgelehnt und eine Preiserhöhung zum 1.Oktober 2006 genehmigt.

Daraufhin beantragten vier Ratsfraktionen, der Rat möge in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2006 beschließen, seine Mitglieder im Aufsichtsrat der SVB zu beauftragen,

in der Aufsichtsratssitzung vom 14. Dezember 2006 für die Rücknahme der Preiserhöhung vom 1.Oktober 2006 zum 1. Januar 2007 einzutreten und einem entsprechenden Antrag zuzustimmen sowie

einen Antrag im Aufsichtsrat auf geheime Abstimmung abzulehnen.

Dieser Antrag wurde als Tagesordnungspunkt (TOP) 4.1 in die Tagesordnung der Ratssitzung vom 13. Dezember 2006 aufgenommen.

Die Kläger haben am 5. Dezember 2006 die vorliegende Klage erhoben und zunächst beantragt,

dem Beklagten zu untersagen, ihnen - als vom Rat der Stadt T. vorgeschlagenen und von der Gesellschafterversammlung der SVB gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats der SVB - in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechtes im Aufsichtsrat der SVB Weisungen oder das Stimmrecht berührende Aufträge zu erteilen oder sie in irgendeiner anderen Weise zu veranlassen, ihr Stimmrecht in einer bestimmten Art und Weise auszuüben und insbesondere dem Beklagten zu untersagen, den im Einladungsschreiben des Bürgermeisters der Stadt T. vom 1. Dezember 2006 zur Ratssitzung am 13. Dezember 2006 unter TOP 4.1 bezeichneten Beschluss zu fassen.

Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Der Beklagte habe kein Recht, ihnen in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechts im Aufsichtsrat Weisungen zu erteilen. Ein Weisungsrecht nach § 113 Abs.1 GO NRW bestehe nicht. Es sei schon fraglich, ob sie als Vertreter der Gemeinde im Sinne des § 113 Abs.1 S.1 GO NRW anzusehen seien, da sie lediglich vom Rat vorgeschlagen, aber von der Gesellschafterversammlung gewählt worden seien. Jedenfalls scheide ein Weisungsrecht nach § 113 Abs.1 GO NRW aber deshalb aus, weil einem Aufsichtsratsmitglied nach den bundesrechtlichen Bestimmungen des Gesellschaftsrechts allenfalls dann Weisungen erteilt werden dürften, wenn ein entsprechendes Weisungsrecht im Gesellschaftsvertrag verankert sei. Das bundesrechtliche Gesellschaftsrecht gehe den Regelungen des § 113 Abs.1 S.1 bis 3 GO NRW dabei im Rang vor, wie auch § 113 Abs.1 S.4 GO NRW verdeutliche. Da der Gesellschaftsvertrag der SVB ein Weisungsrecht jedoch nicht enthalte, seien ihnen gegenüber erteilte Weisungen des Rates schon aus diesem Grunde unzulässig. Die Regelung des § 108 Abs.4 Nr.2 GO NRW zeige, dass auch der Landesgesetzgeber davon ausgehe, dass Weisungen nur zulässig seien, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sei. Zudem widerstreite die hier in Rede stehende Weisung, die beschlossene Preiserhöhung rückgängig zu machen, dem Interesse der Gesellschaft, auf das sie verpflichtet seien. Denn eine Rückkehr zu den ursprünglichen Abgabepreisen würde im Jahr 2007 zu einer gravierenden Unterdeckung und damit zu einer existenziellen Gefahr für die SVB führen. Insofern gerieten sie bei Befolgung der Weisung in persönliche Konflikte und in die Gefahr, sich gesellschaftsrechtlichen Schadensersatzansprüchen und ggf. strafrechtlichen Vorwürfen auszusetzen. Die weitere Weisung, einen Antrag auf geheime Abstimmung im Aufsichtsrat abzulehnen, widerspreche ebenfalls dem Gesellschaftsrecht, nach dem geheim abgestimmt werden müsse, wenn auch nur ein Aufsichtsratsmitglied dies verlange.

Mit Erhebung der Klage haben die Kläger unter Hinweis auf die bevorstehende Ratssitzung den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt, dem Klageantrag vorläufig zu entsprechen.

Mit Beschluss vom 11. Dezember 2006 (12 L 1146/06) hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass den Klägern kein wehrfähiges subjektives Organrecht auf eine von Weisungen des Rates freie Ausübung ihrer Befugnisse als Aufsichtsratsmitglieder zustehe.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 12. Dezember 2006 (15 B 2625/06) zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar stehe den Klägern grundsätzlich ein wehrfähiges Organrecht zu, denn die Regelung des § 113 Abs.1 S.1 GO NRW wolle auch verhindern, dass Aufsichtsratsmitglieder gesellschaftsrechtlich unzulässigen Einwirkungen ausgesetzt würden. Die Auffassung, dass Aufsichtsratsmitglieder keinerlei Weisungen des Rates unterlägen, sei allerdings unzutreffend. Vielmehr finde der Einfluss der Kommune seine Grenze in der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder auf das Wohl der Gesellschaft. Streitentscheidend sei daher allein, ob die konkret in Rede stehende Weisung der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder auf das Wohl der Gesellschaft zuwiderlaufen würde. Dies könne hinsichtlich der Preiserhöhung im summarischen Verfahren nicht festgestellt werden, da dies eine umfassende Würdigung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft erfordere. Daraus dürfe indes nicht geschlossen werden, dass die in Rede stehende Weisung gesellschaftsrechtlich unbedenklich sei. Dies hätten die Kläger in eigener Verantwortung zu prüfen. Erweise sich die Weisung danach als gesellschaftsrechtlich unzulässig, seien die Kläger nicht gehindert, sich gesellschaftsrechtskonform zu verhalten und die unverbindliche Weisung zu ignorieren.

Der Beklagte hat in der Ratssitzung vom 13. Dezember 2006 mehrheitlich einen Beschluss entsprechend dem Antrag zum TOP 4.1 gefasst. In der Sitzung des Aufsichtsrates vom 14. Dezember 2006 ist eine dementsprechende Beschlussfassung jedoch nicht zustande gekommen.

Die Kläger haben danach die Feststellung begehrt, dass die Beschlüsse des Beklagten vom 13. Dezember 2006 zum TOP 4.1 sie in ihren organschaftlichen Rechten verletzt haben, und des weiteren die Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, ihnen Weisungen o.ä. in Bezug auf ihr Stimmrecht im Aufsichtsrat zu erteilen.

Zur Begründung haben sie ergänzend vorgetragen: Eine Rücknahme der Preiserhöhung sei mit dem Wohl der Gesellschaft unvereinbar gewesen, was nunmehr im Klageverfahren nachgewiesen werden könne. Sie hätten ein berechtigtes Rehabilitationsinteresse, dass dies gerichtlich festgestellt werde, denn sie hätten in einem in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Thema einen äußerst unpopulären Standpunkt vertreten und auch versucht, diesen gerichtlich durchzusetzen, womit sie aber zunächst gescheitert seien. Es bestehe auch ein Interesse, persönliche Nachteile zu vermeiden, die für sie gerade mit Blick auf ihre Funktion als Ratsmitglieder ansonsten nicht ausgeschlossen werden könnten. Im Übrigen seien sie nach wie vor der Ansicht, dass ein Weisungsrecht mangels Verankerung im Gesellschaftsvertrag der SVB grundsätzlich nicht bestehe. Insofern gebe es ein Feststellungsinteresse ihrerseits, weil die Gefahr bestehe, dass der Beklagte auch künftig Weisungen aussprechen werde.

Die Kläger haben beantragt,

1. festzustellen, dass die Beschlüsse des Rates in der Sitzung vom 13. Dezember 2006 zu TOP 4.1 sie in ihren organschaftlichen Rechten verletzt haben,

2. festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihnen - als vom Rat der Stadt T. vorgeschlagenen und von der Gesellschafterversammlung der SVB gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrates der SVB - in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechtes im Aufsichtsrat der SVB Weisungen oder das Stimmrecht berührende Aufträge zu erteilen oder sie in irgendeiner anderen Weise zu veranlassen, ihr Stimmrecht in einer bestimmten Art und Weise auszuüben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen: § 113 Abs.1 GO NRW komme im Rahmen des Spannungsverhältnisses von Kommunalverfassungsrecht und Gesellschaftsrecht ein so beachtliches Gewicht zu, dass jedenfalls ein im Innenverhältnis gegebenes formales Weisungsrecht des Beklagten gegenüber den Klägern nicht in Abrede gestellt werden könne. Auf diese Weise werde eine kommunalverfassungsrechtlich gebotene Einflussnahme auf das Abstimmungsverhalten der Vertreter des Rates der Stadt im Aufsichtsrat der SVB gewährleistet. Eine abweichende Bewertung führe zu einer Aushöhlung von Kompetenzen des Rates und dessen Interessenvertretung für die Einwohner der Gemeinde. Gesellschaftsrechtliche Bestimmungen stünden einem Weisungsrecht hier im Übrigen auch deshalb nicht entgegen, weil gemäß § 7 Abs.1 des Gesellschaftsvertrages die Bestimmungen des Aktienrechtes auf den Aufsichtsrat keine Anwendung fänden.

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen ergänzend vor: Das für den Klageantrag zu 1. vorausgesetzte Feststellungsinteresse sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gegeben und entfalle nicht etwa deshalb, weil die Aufsichtsratssitzung am 14. Dezember 2006 stattgefunden habe. Es bestehe ein Rehabilitationsinteresse, weil sie - die Kläger - zur Frage des Weisungsrechts und damit mittelbar zur Erhöhung der Gaspreise in der kontrovers geführten Diskussion einen unpopulären Standpunkt eingenommen hätten. Verneine man das Feststellungsinteresse, so könne die Rechtmäßigkeit erteilter Weisungen praktisch gar nicht gerichtlich überprüft werden.

Die Kläger beantragen,

das angegriffene Urteil zu ändern und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihnen - als vom Rat der Stadt T. vorgeschlagenen und von der Gesellschafterversammlung der SVB gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrates der SVB - in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechtes im Aufsichtsrat der SVB Weisungen oder das Stimmrecht berührende Aufträge zu erteilen.

festzustellen, dass die Beschlüsse des Rates in der Sitzung vom 13. Dezember 2006 zu TOP 4.1 sie in ihren organschaftlichen Rechten verletzt haben.

Der beklagte Rat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet, denn die Klage hat mit beiden Anträgen keinen Erfolg.

Die Klage ist mit dem Antrag zu 1. zulässig, aber nicht begründet.

Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 43 VwGO zulässig, insbesondere ist das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der (baldigen) Feststellung gegeben. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil Bezug.

Die auf den Antrag zu 1. bezogene Feststellungsklage ist jedoch unbegründet, denn die begehrte Feststellung kann vom Senat nicht getroffen werden. Vielmehr ist der beklagte Rat berechtigt, den Klägern in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechts im Aufsichtsrat der SVB GmbH Weisungen - und damit auch das Stimmrecht berührende Aufträge - zu erteilen.

Das Weisungsrecht findet seine Rechtsgrundlage in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW, wonach die Vertreter der Gemeinde in Aufsichtsräten juristischer Personen, an denen die Gemeinde unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, an Beschlüsse des Rates gebunden sind. Die Bindung an Beschlüsse des Rates hat eine Weisungsgebundenheit der in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW genannten Vertreter der Gemeinde zur Folge, soweit Beschlüsse ihrem Inhalt nach auf eine derartige Weisung gerichtet sind.

Vgl. Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/ Wansleben, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, Loseblattsammlung: Stand Februar 2008, § 113 Anm. 8; Rehn/Cronauge/ von Lennep/Knirsch, Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen - Kommentar -, Loseblattsammlung, Stand: Oktober 2008, § 113 Anm. III.

§ 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die im Grundgesetz angelegte Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten.

Die vorgenannte Regelung ist Teil des Landeskommunalrechts. Sie berührt zwar in einem Randbereich das Gesellschaftsrecht. Darin liegt indes kein Übergriff in einen fremden Kompetenzbereich, der nur unter den - engen - Voraussetzungen einer Kompetenz kraft Sachzusammenhangs zulässig sein könnte.

Von seiner konkurrierenden Zuständigkeit für das Gesellschaftsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1998 - 2 BvL 2/97 - BVerfGE 98, 145, 157,

hast der Bund umfassend Gebrauch gemacht, so dass gemäß Art. 72 Abs. 1 GG insoweit eine Gesetzgebungszuständigkeit des nordrheinwestfälischen Gesetzgebers nicht in Betracht käme. Mit § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW wird allerdings ein solcher Kompetenztitel auch nicht in Anspruch genommen. Diese Bestimmung hat zwar unmittelbare Auswirkungen auf die Stellung der Vertreter der Gemeinde in den in der Norm aufgeführten Organen. Gleichwohl gehört sie auch insoweit der Materie des Landeskommunalrechts an. Die umfassende Regelung eines Zuständigkeitsbereichs kann Teilregelungen enthalten, die zwar einen anderen Kompetenzbereich berühren, die aber gleichwohl Teil der im übrigen geregelten Materie bleiben. Bei der Frage der Zuordnung solcher Teilregelungen zu einem Kompetenzbereich dürfen sie nicht aus ihrem Regelungszusammenhang gelöst und isoliert für sich betrachtet werden. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Regelung mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden ist. Eine enge Verzahnung und dementsprechend ein geringer eigenständiger Regelungsbereich der Teilregelung sprechen regelmäßig für die Zugehörigkeit zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung.

Vgl. BVerfG, a.a.O., 145, 157 f.

Zur der Normierung des Kommunalrechts gehören auch Regelungen über die rechtlichen Beziehungen zwischen der Gemeinde und ihren Vertretern in Organen von Gesellschaften, an denen sie unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Hiervon sind auch Vorschriften erfasst, die regeln, inwieweit die kommunalen Vertreter zur Verfolgung der Interessen der Kommune verpflichtet sind. In diesem Zusammenhang sind Normen zur Konkretisierung der vorstehenden Verpflichtung zulässig. Dies gilt zumal dann, wenn der Landesgesetzgeber der damit verbundenen Berührung des bundesrechtlichen Kompetenzbereichs des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG dadurch Rechnung trägt, dass die Geltung der von ihm getroffenen Regelungen unter den Vorbehalt anderslautender bundesrechtlicher Bestimmungen gestellt wird.

Hiernach ist § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW, auch soweit er konkurrierende Gesetzgebungsmaterien des Bundes berührt, eine mit den übrigen kommunalrechtlichen Vorschriften eng verbundene Teilregelung des Landeskommunalrechts und daher als - kompetenzgemäße - Regelung dieser Materie zu bewerten. Die Norm enthält eine Ausgestaltung des Verhältnisses der kommunalen Vertreter zu der durch sie repräsentierten Gemeinde und berührt den bundesrechtlichen Kompetenzbereich des Gesellschaftsrechts nur in geringem Umfang. Insbesondere gilt sie nach § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW nur, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW sind erfüllt.

Die Kläger sind Verpflichtungsadressaten der Norm. Sie sind als gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 a) aa) des Gesellschaftsvertrages vom Beklagten vorgeschlagene und von der Gesellschafterversammlung der SVB gewählte Aufsichtsratsmitglieder Vertreter der Gemeinde i.S. dieser Vorschrift. Dazu zählen sowohl die von der Gemeinde bestellten als auch die auf deren Vorschlag gewählten Mitglieder in Aufsichtsräten der in der Norm aufgeführten juristischen Personen. Die Erstreckung der Weisungsgebundenheit auch auf die auf Vorschlag der Gemeinde gewählten Aufsichtsratsmitglieder erfolgte bereits durch das Änderungsgesetz vom 29. Mai 1984 (GV.NW. 1984 S. 314, 316). Dies brachte § 55 GO NRW i.d.F. des vorgenannten Änderungsgesetzes als Vorläuferregelung des § 113 GO NRW dadurch zum Ausdruck, dass nach § 55 Abs. 2 Satz 1 GO NRW a.F. die - der Bindung an Ratsbeschlüsse unterliegenden - Vertreter der Gemeinde vom Rat bestellt oder vorgeschlagen wurden.

Vgl. Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, a.a.O., § 113 Anm. I. 3.

Zwar enthält § 113 GO NRW keine dementsprechende ausdrückliche Regelung, aus der sich ergibt, dass sich die Weisungsbefugnis nicht nur auf die vom Rat bestellten, sondern auch auf die auf seinen Vorschlag gewählten Aufsichtsratsmitglieder bezieht. Dass sich insoweit durch § 113 GO NRW an der früheren Rechtslage nichts geändert hat, folgt aber bei systematischer Interpretation aus § 108 Abs. 4 Nr. 2 GO NRW, wonach Gemeinden sich an Unternehmen nur beteiligen dürfen, wenn durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages sichergestellt ist, dass der Rat den von der Gemeinde bestellten oder auf deren Vorschlag gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung eines Aufsichtsrats gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung,

vgl. LT-Drs. 12/3730, S. 109,

liegt dem das Verständnis zu Grunde, nach der im Gesellschaftsrecht herrschenden Meinung müssten Weisungsrechte gegenüber den Mitgliedern eines fakultativen Aufsichtsrates im Gesellschaftsvertrag verankert sein. § 108 Abs. 4 Nr. 2 GO NRW steht deshalb in unmittelbarem Funktionszusammenhang mit § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Der durch die letztgenannte Bestimmung bezweckten Weisungsgebundenheit kommunaler Vertreter in fakultativen Aufsichtsräten von Eigen- und Beteiligungsgesellschaften steht nach der Ansicht des Landesgesetzgebers vorrangiges Bundes(gesellschafts)recht entgegen, wenn Weisungsrechte nicht im Gesellschaftsrecht verankert sind. § 108 Abs. 4 Nr. 2 GO NRW dient damit der Effektivierung der Regelung in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW und verdeutlicht insoweit, dass auch vom Rat vorgeschlagene Vertreter dem Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW unterfallen. Dieser Befund wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sowohl § 55 Abs. 2 Satz 1 GO NRW a.F. als auch § 108 Abs. 4 Nr. 2 GO NRW erst nach der Gründung der SVB in Kraft getreten sind. Da es keine entsprechenden Übergangsvorschriften gibt, gelten die Bestimmungen auch für bei deren In-Kraft-Treten bereits bestehende Gesellschaften, zumal diesen kein Bestandsschutz zukommt.

Die Weisungsgebundenheit nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW entfällt nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW, wonach u.a. § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW nur gilt, soweit durch Gesetz nicht anderes bestimmt ist. Dieser - auch mit Blick auf den Vorrang bundesrechtlicher Bestimmungen (Art. 31 GG) bestehende - Vorbehalt greift hier nicht ein, weil die kommunalrechtliche Weisungsgebundenheit nicht durch andere gesetzliche Bestimmungen, insbesondere nicht durch solche des Gesellschaftsrechts eingeschränkt oder ausgeschlossen wird.

Die Weisungsgebundenheit wird zunächst weder durch § 111 Abs. 5 AktG noch durch § 116 AktG ausgeschlossen. Aus diesen - unmittelbar allerdings nur für eine Aktiengesellschaft geltenden - Bestimmungen wird die Weisungsungebundenheit von Mitgliedern des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft abgeleitet: § 111 Abs. 5 AktG, wonach die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt höchstpersönlich wahrzunehmen haben, schließt zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäß die Unterwerfung unter den Willen anderer aus. Für die Weisungsfreiheit spricht auch die jedes Aufsichtsratsmitglied persönlich treffende Verantwortlichkeit und Haftung gemäß § 116 AktG i.V.m. § 93 AktG.

Vgl. Raiser, Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder, ZGR 1978, 391, 394 f.

Die vorgenannten Bestimmungen des Aktienrechts gelten indes nicht für die Kläger als Mitglieder des Aufsichtsrats der SVB. Sie sind auf diese auch nicht kraft gesetzlicher Verweisung anzuwenden. Die Verweisung auf u.a. die zitierten aktienrechtlichen Normen in § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (DrittelbG), welches das Betriebsverfassungsgesetz 1952 abgelöst hat, greift nicht ein, weil das Drittelbeteiligungsgesetz insoweit nur für eine GmbH mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern anwendbar ist und diese Zahl bei der SVB bei Weitem nicht erreicht wird. Die genannten aktienrechtlichen Vorschriften sind auch nicht entsprechend anwendbar auf Grund der Verweisung in § 52 Abs. 1 GmbHG. Danach sind, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen ist, u.a. die genannten Vorschriften des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. 52 Abs. 1 GmbHG regelt mit seiner Eingangsvoraussetzung, dass nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen ist, den sog. fakultativen Aufsichtsrat, also den, der nicht schon aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung bestellt zu werden braucht. Dieser Fall ist hier zwar gegeben, denn der Aufsichtsrat der SVB ist nach § 7 des Gesellschaftsvertrages und nicht etwa aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zu bestellen. Aber in § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ist bestimmt, dass die Bestimmungen des Aktiengesetzes auf den Aufsichtsrat gerade keine Anwendung finden.

Einer Weisungsbefugnis des Beklagten steht auch kein ungeschriebener (bundes)gesellschaftsrechtlicher Grundsatz der Weisungsfreiheit von Aufsichtsratsmitgliedern entgegen. Hinsichtlich des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft bzw. des obligatorischen Aufsichtsrats einer GmbH folgt die Weisungsfreiheit zwar aus den oben genannten Vorschriften des Aktienrechts.

Vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1962 - II ZR 1/61 -, BGHZ 36, 296, 306.

Diese Bestimmungen sind jedoch nicht etwa die positivrechtliche Ausprägung eines ohnehin bestehenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dem auch für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH zwingend, unabhängig von der Fassung des jeweils maßgeblichen Gesellschaftsvertrages die Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder zu entnehmen wäre.

Dies entspricht der Rechtsauffassung des Landesgesetzgebers, vgl. LT-Drs. 12/3730, S. 109. Ebenso: Altmeppen, Die Einflussrechte der Gemeindeorgane in einer kommunalen GmbH, NJW, 2003, 2561, 2564 f.; Roth/Altmeppen, GmbhG, 5. Aufl. 2005, § 52 Rn. 2; Strobel, Weisungsfreiheit oder Weisungsgebundenheit kommunaler Vertreter in Eigen- und Beteiligungsgesellschaften €, DVBl. 2005, 77, 80; Lohner/ Zieglmeier, Die Besetzung des Aufsichtsrats einer kommunalen GmbH und der Verbandsversammlung eines Zweckverbands, BayVBl. 2007, 581, 585 f.; Zieglmeier, Kommunale Aufsichtsratsmitglieder, LKV 2005, 338, 339 f.; Weiblen/ May, Die Weisungsgebundenheit der Gemeindevertreter in den Organen privatrechtlich geführter wirtschaftlicher Unternehmen, GemH 1987, 169, 171; a.A.: Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen der Kommunen, S. 226 f.; Keßler, Die kommunale GmbH - Gesellschaftsrechtliche Grenzen politischer Instrumentalisierung, GmbHR 2000, 71, 77; Harder/Ruter, Die Mitglieder des Aufsichtsrats einer GmbH mit öffentlich- rechtlichem Anteilseigner - ihre Rechte und Pflichten, GmbHR 1995, 813, 814; Schwintkowski, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für entsandte Aufsichtsratsmitglieder in öffentlichen Unternehmen, NJW 1995, 1316,1317.

Wegen der rechtlichen Vorgaben für den fakultativen Aufsichtsrat in § 52 Abs. 1 GmbHG und der dispositiven Verweisung auf aktienrechtliche Bestimmungen erfolgt die konkrete Ausformung des fakultativen Aufsichtsrates und der Rechte seiner Mitglieder vielmehr maßgeblich durch den Gesellschaftsvertrag. Dabei besteht für die Gesellschafterversammlung weitgehende Gestaltungsfreiheit. Ist die Gesellschafterversammlung nämlich zur Errichtung eines Aufsichtsrates nicht einmal verpflichtet, so hat sie erst Recht die Möglichkeit, die rechtliche Ausgestaltung eines freiwillig gebildeten Aufsichtsrats nach ihren Vorstellungen vorzunehmen. Die Gesellschafterversammlung kann die Kontrollbefugnisse des Aufsichtsrats und die Rechte seiner Mitglieder daher über das im Aktienrecht vorgegebene Maß ausdehnen; die genannten Positionen dürfen aber auch deutlich hinter denen des Aufsichtsrats einer AG zurückbleiben. Weil die Gesellschafter dem Aufsichtsrat etwa eingeräumte Rechte durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages auch wieder entziehen dürfen, kann es ihnen auch nicht verwehrt sein, für sich oder einzelne ihrer Mitglieder im Gesellschaftsvertrag ein Weisungsrecht zu begründen. Denn das Weisungsrecht bedeutet beim fakultativen Aufsichtsrat keinen Eingriff in originäre Rechte des Aufsichtsorgans. Die Gesellschafterversammlung, die bestimmte Befugnisse auf einen Aufsichtsrat überträgt, begibt sich vielmehr freiwillig ihr selbst zustehender Rechte. Es muss daher grundsätzlich ihrer Entscheidung überlassen bleiben, wie weit sie dabei gehen will. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, durch die Bestellung eines Aufsichtsrates werde ein Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine Position des Aufsichtsrates begründet, die ein Weisungsrecht ausschlösse. Angesichts des vertraglichen Gestaltungsfreiraums bei Gesellschaften mit fakultativem Aufsichtsrat kann ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsverkehrs nur insoweit begründet sein, als es durch den Gesellschaftsvertrag gerechtfertigt wird.

Vgl. zum Vorstehenden Weiblen/May, a.a.O., S. 169, 171 f.

Fehlt es danach auch an einem ungeschriebenen Rechtsgrundsatz genereller Weisungsfreiheit von Aufsichtsratsmitgliedern, so steht der im vorliegenden Fall aus § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW abzuleitenden kommunalrechtlich fundierten Weisungsgebundenheit der Kläger keine abweichende gesetzliche Bestimmung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW entgegen. Soweit - wie hier - eine mögliche Kollision mit bundesrechtlichen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in den Blick zu nehmen ist, ist zur Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW auf die zu Art. 31 GG entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Danach greift Art. 31 GG nur ein, wenn Bundes- und Landesrecht je denselben Sachverhalt regeln.

Vgl. BVerfG, a.a.O., 145, 159.

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Das Bundesrecht enthält im hier interessierenden Zusammenhang für den Aufsichtsrat einer GmbH die schon oben genannte Regelung in § 52 Abs. 1 GmbHG. Dieser ist zu entnehmen, dass die dort aufgeführten Vorschriften des Aktienrechts, aus denen u.a. die Weisungsfreiheit der Mitglieder des Aufsichtsrates abgeleitet werden, entsprechend anwendbar sind, soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist. Daraus folgt für die Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW, dass das in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW verankerte Weisungsrecht durch anderslautende gesetzliche Regelung ausgeschlossen wird, wenn der Gesellschaftsvertrag die entsprechende Anwendung der einschlägigen aktienrechtlichen Bestimmunen nicht abbedingt. Wird diese aber - wie im vorliegenden Fall - abbedungen, so steht dem durch § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW landeskommunalrechtlich begründeten Weisungsrecht i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW keine gesetzliche gesellschaftsrechtliche Bestimmung entgegen. Wenn auch davon auszugehen ist, dass ein gesellschaftsrechtlich begründetes Weisungsrecht nur dann besteht, wenn es im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist,

vgl. etwa Weiblein/May, a.a.O., 169, 171; wohl auch Lutter, ZIP 2007, 1991 f,

so kann daraus nicht abgeleitet werden, das Gesellschaftsrecht regele die Zulässigkeit von Weisungen abschließend und lasse - auch bei Fehlen einer gesellschaftsvertraglichen Regelung des Weisungsrechts - keinen Raum für ein Weisungsrecht auf kommunalrechtlicher Grundlage. Das bundesrechtliche Gesellschaftsrecht enthält nämlich für die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats einer GmbH über die oben genannten Vorgaben hinaus keine Regelung zu der Frage, inwieweit in dem Sonderfall, dass die Aufsichtsratsmitglieder gerade Vertreter der Gemeinden sind, eine Weisungsgebundenheit anzunehmen ist. Das Fehlen einer derartigen gesellschaftsrechtlichen Regelung kann nicht als beredtes Schweigen des Bundesgesetzgebers in dem Sinne gedeutet werden, dass damit im genannten Sonderfall auch eine kompetenzgemäße kommunalrechtliche Regelung des Weisungsrechts ausgeschlossen werden soll. Deshalb steht das Bundesrecht landesrechtlich begründete Weisungen jedenfalls dann nicht entgegen, wenn - wie hier - im Gesellschaftsvertrag für den Aufsichtsrat die Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmungen abbedungen und im Übrigen gesellschaftsvertraglich ein Weisungsrecht nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Im letztgenannten Falle handelt es sich nämlich der Sache nach um eine Einschränkung der Abbedingung aktienrechtlicher Vorschriften mit der Folge, dass diese Normen dem Weisungsrecht aufgrund der Verweisung in § 52 Abs. 1 GmbHG entgegenstehen. Unter den im vorliegenden Fall gegebenen Voraussetzungen entspricht der Aufsichtsrat entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht dem obligatorischen Aufsichtsrat des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 mit der jenen kennzeichnenden Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder.

Die Annahme eines kommunalrechtlichen Weisungsrechts auch bei Fehlen einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage wird auch nicht durch § 108 Abs. 4 Nr. 2 GO NRW in Frage gestellt, wonach die Gemeinde - unbeschadet des § 108 Abs. 1 GO NRW - Unternehmen oder Einrichtungen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur gründen oder sich daran beteiligen darf, wenn durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages sichergestellt ist, dass der Rat den von der Gemeinde bestellten oder auf Vorschlag der Gemeinde gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung eines Aufsichtsrats gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Diese Bestimmung spricht nicht für ein Verständnis des § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW dahin, dass ein Weisungsrecht nur bestünde, wenn es im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich festgeschrieben wäre. Die Formulierung "wenn durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages sichergestellt ist..", ist vielmehr Ausdruck der zutreffenden Erkenntnis des Landesgesetzgebers, dass ein Weisungsrecht gegenüber den Mitgliedern des fakultativen Aufsichtsrats einer GmbH nur dann gegeben sein kann, wenn die in § 52 Abs. 1 GmbHG angelegte entsprechende Anwendung der dort genannten Vorschriften des Aktiengesetzes, soweit aus ihnen die Weisungsfreiheit abzuleiten ist, durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen wird. Weitergehende Aussagen zu der Frage, wie das Weisungsrecht durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages sicherzustellen ist, sind § 108 Abs. 4 Nr. 2 GO NRW nicht zu entnehmen.

Der Weisungsgebundenheit der genannten Vertreter der Gemeinde wird schließlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass die fünf von den Arbeitnehmern des Unternehmens aus ihren Reihen vorgeschlagenen und von der Gesellschafterversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder (vgl. § 7 Abs. 2 a) ac) des Gesellschaftsvertrages der SVB-GmbH) nicht dem Weisungsrecht nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW unterliegen dürften. Denn die unterschiedliche Geltung des Weisungsrechts ist gesetzlich vorgezeichnet und entspricht damit dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers.

Inhaltlich wird die Weisungsgebundenheit der Kläger im vorliegenden Fall nicht einmal beschränkt durch eine Verpflichtung auf das Wohl der Gesellschaft. Weder sieht das in § 113 Abs. 1 GO NRW enthaltene kommunalrechtliche Weisungsrecht eine derartige Einschränkung vor, noch ergibt sie sich hier über § 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW aus gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, da letztere - wie dargelegt - im vorliegenden Fall das kommunalrechtliche Weisungsrecht nicht einengen. Vielmehr gelten die allgemeinen weisungsrechtlichen Grundsätze, nach denen der Angewiesene Weisungen zu befolgen hat. Dies wird durch § 113 Abs. 6 Sätze 1 und 2 GO NRW bestätigt, nach denen die Gemeinde dem Angewiesenen den Schaden - und zwar sogar den vorsätzlich herbeigeführten - zu ersetzen hat, wenn der Angewiesene aus seiner Tätigkeit in dem Organ haftbar gemacht wird. Dass das Weisungsrecht - wie Weisungsrechte allgemein - durch die Unbeachtlichkeit von Weisungen, mit denen ein strafbares Verhalten verlangt wird, gewissen Einschränkungen unterliegt, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Weisungsbefugnis ist auch nicht etwa insoweit eingeschränkt, als sie eine im Aufsichtsrat durchzuführende Abstimmung darüber betrifft, ob über eine bestimmte Angelegenheit geheim abgestimmt werden soll. Dies gilt insbesondere unabhängig davon, welches Quorum für eine geheime Abstimmung erforderlich ist.

Der Antrag zu 2. hat ebenfalls keinen Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet. Nach den vorstehenden Ausführungen zum Antrag zu 1. ist nichts dafür greifbar, dass die Beschlüsse des Beklagten in der Sitzung vom 13. Dezember 2006 zu TOP 4.1 die Kläger in ihren organschaftlichen Rechten verletzt haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 24.04.2009
Az: 15 A 2592/07


Link zum Urteil:
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